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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §8 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des S T, vertreten durch Mag.a Sarah Kumar, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Schießstattgasse 30/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Oktober 2020, W203 2198268-1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 9. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Bescheid vom 11. Mai 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für unzulässig.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend, das angefochtene Erkenntnis leide an Begründungsmängeln. Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht amtswegigen Ermittlungspflichten nicht entsprochen. Insbesondere sei das Verwaltungsgericht der Verpflichtung, seiner Entscheidung aktuelle Länderberichte zugrunde zu legen, nicht nachgekommen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in den vom Gericht dafür ins Auge gefassten afghanischen Städten Mazar-e Sharif und Herat sei auch auf die durch die Covid-19 Pandemie bedingte, prekäre sozio-ökonomische Situation im Herkunftsstaat des Revisionswerbers Bedacht zu nehmen gewesen. Von den „massiv nachteiligen“ Auswirkungen der Pandemie seien vor allem „Rückkehrer“ betroffen. Zudem rechtfertigten selbst die vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan nicht den Schluss, dass ungeachtet von bestehenden Versorgungsengpässen und der hohen Arbeitslosigkeit das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den Revisionswerber in Mazar-e Sharif oder Herat zu bejahen wäre.
8 Werden - wie hier - Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 20.11.2020, Ra 2020/20/0241, mwN). Eine solche Relevanzdarstellung ist der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht zu entnehmen.
9 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Herkunftsland vorfinden würde, für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um die Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu verneinen (vgl. etwa VwGH 25.5.2020, Ra 2019/19/0192, mwN). Vor diesem Hintergrund zeigt die Revision nicht auf, dass die einzelfallbezogene Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach dem jungen, gesunden und arbeitsfähigen Revisionswerber, der über Berufserfahrung als Elektriker verfüge, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e Sharif zumutbar sei, unvertretbar erfolgt wäre (vgl. VwGH 18.12.2020, Ra 2020/20/0384, mwN).
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 29. Jänner 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200396.L00Im RIS seit
08.03.2021Zuletzt aktualisiert am
08.03.2021