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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1053;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des F in R, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 4. Dezember 1996, Zl. 411.367/01-I 4/95, betreffend Verbindung eines Wasserrechts mit einer Anlage (mitbeteiligte Partei: W in K, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Wiener Neustadt ist unter Post Nr. 335 ein Wasserbenutzungsrecht zum Betrieb einer Wasserkraftanlage eingetragen. Dieses Wasserbenutzungsrecht ist mit dem Grundstück Nr. 72/1 der KG E verbunden. Mit Kaufvertrag vom 6. Juni 1988 erwarb der Beschwerdeführer dieses Grundstück.
Mit einem weiteren Kaufvertrag vom 19. Oktober 1990 verkaufte der Beschwerdeführer das Grundstück Nr. 72/1 an die mitbeteiligte Partei (mP). Im Punkt IV dieses Kaufvertrages räumt der Käufer dem Beschwerdeführer (Verkäufer) das Recht ein, jenen Teil des auf Grundstück Nr. 72/1 befindlichen Gebäudes, in welchem das Kraftwerk betrieben wird (Kraftwerksraum) ausschließlich zu nutzen und das darin befindliche und "im Eigentum des Verkäufers verbleibende Wasserkraftwerk" im Rahmen der Regelungen des Vertrages zu betreiben. Weiters wird dem Beschwerdeführer auch das Recht eingeräumt, den Fischabach unterhalb des Gebäudes ausschließlich zu nutzen.
Mit Eingabe vom 30. Oktober 1990 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, das mit dem Grundstück Nr. 72/1 verbundene Wasserbenutzungsrecht an den Beschwerdeführer als Eigentümer der Betriebsanlage zu übertragen.
Mit Bescheid vom 6. März 1992 wies der Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) diesen Antrag mit der Begründung ab, nach den Bestimmungen des ABGB teilten Bauwerke und Anlagen das rechtliche Schicksal des damit verbundenen Grundstückes. Eine Wasserkraftanlage sei naturgemäß mit dem Grundstück verbunden und daher sei auch der Grundstückseigentümer der jeweilige Eigentümer an der Wasserbenutzungsanlage und somit Wasserberechtigter. Zubehörsanlagen wie z.B. der im Antrag des Beschwerdeführers erwähnte Kanal teilten das rechtliche Schicksal der eigentlichen Wasserbenutzungsanlage. Auf Grund der Tatsache, daß die gesamte Wasserkraftanlage mit dem Grundstück Nr. 72/1 baulich verbunden sei, sei eine Verbindung des Wasserbenutzungsrechtes mit der Anlage nicht gerechtfertigt, da diese Anlage ohnehin das rechtliche Schicksal des Grundstückes teile. Die Wasserkraftanlage könne nämlich nicht, wie dies der Beschwerdeführer in seinem Antrag formuliert habe, bloß auf den Raum, in welchem die Wasserkraftanlage untergebracht sei, reduziert werden. Das Objekt, in dem oder für das die Wasseranlage praktische Ausnutzung finde, werde nämlich als Betriebsanlage angesehen.
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Eingabe vom 8. Februar 1994 beantragte der Beschwerdeführer beim LH die Erlassung eines Feststellungsbescheides des Inhalts, daß er Wasserbenutzungsberechtigter für das im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Wiener Neustadt unter Postzahl 335 eingetragene Wasserbenutzungsrecht sei.
Diesen Antrag änderte der Beschwerdeführer in der Folge ab. Er begehrte den bescheidmäßigen Ausspruch, daß das Wasserbenutzungsrecht anstelle mit dem Eigentum am Grundstück mit der Anlage verbunden wird.
Mit Bescheid vom 1. Juni 1995 verfügte der LH unter Berufung auf § 22 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), daß das im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Wiener Neustadt unter Postzahl 335 eingetragene Wasserbenutzungsrecht, welches bisher mit dem Eigentum am Grundstück Nr. 72/1 der KG E verbunden war, nunmehr mit dem Eigentum an der Anlage (Wasserkraftwerk) verbunden wird.
Von einer Begründung wurde unter Berufung auf § 58 Abs. 2 AVG Abstand genommen.
Dieser Bescheid erging sowohl an den Beschwerdeführer als
auch an die mP.
Die mP berief.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 4. Dezember 1996 gab die belangte Behörde der Berufung der mP Folge und wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Verbindung des Wasserbenutzungsrechtes für die Wasserkraftanlage Postzahl 335 mit der Anlage anstelle mit dem Eigentum am Grundstück mangels Antragslegitimation zurück.
In der Begründung heißt es, nach den Bestimmungen des ABGB sei, wenn die Verbindung eines Teiles mit der Hauptsache so eng sei, daß er von dieser tatsächlich nicht oder nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden könnte, wie dies bei einem auf einem Grundstück festgebauten Haus der Fall sei, dieser Bestandteil unselbständig. Unselbständige Bestandteile teilten das Schicksal der Hauptsache, d.h., sie seien sonderrechtsunfähig; das Eigentum an der Hauptsache und am unselbständigen Bestandteil könne nicht verschiedenen Personen zustehen. Wie die meisten sachenrechtlichen Normen sei auch diese Bestimmung zwingendes Recht und unterliege somit nicht der Parteiendisposition. Für den Beschwerdefall bedeute dies, daß die Bestimmungen des Kaufvertrages zwischen dem Beschwerdeführer und der mP nicht dazu geeignet seien, den Übergang des Eigentums an der Wasserkraftanlage vom Beschwerdeführer an die mP zu verhindern. Somit sei auch das Wasserrecht mit Rechtsgültigkeit des Vertrages aus der Rechtssphäre des Beschwerdeführers an die mP übergegangen, die dadurch alleiniger Verfügungsberechtigter über das Wasserrecht geworden sei. Unabhängig von der grundsätzlichen Zulässigkeit des Antrags sei der Beschwerdeführer als Nicht-Eigentümer und Nicht-Wasserberechtigter somit keinesfalls legitimiert, einen solchen Antrag zu stellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer bringt vor, § 22 Abs. 1 WRG 1959 behindere eine Disposition über das Wasserrecht nicht. Die Übertragung eines Wasserrechtes von einer Liegenschaft bzw. Anlage auf eine andere sei grundsätzlich zulässig. Das Wasserbenutzungsrecht könne mit der Liegenschaft oder mit der Betriebsanlage verbunden werden. Neben dem Grundeigentum sei auch das Recht an der Betriebsanlage sonderrechtsfähig und könne den Gegenstand eines eigenen Wasserbenutzungsrechtes bilden. Lediglich Zubehör sei nicht sonderrechtsfähig. Die Auffassung der belangten Behörde, ein auf einem Grundstück fest gebautes Haus bilde einen unselbständigen Bestandteil eines Grundstückes, sei unrichtig. Die belangte Behörde übersehe, daß § 22 WRG 1959 neben dem Grundstück ausdrücklich auch auf die Betriebsanlage abstelle. Der Betriebsanlage werde daher vom Gesetzgeber Sonderrechtsfähigkeit zuerkannt. Auch zivilrechtlich komme dem Begriff der Betriebsanlage eine gewisse rechtliche Eigenständigkeit insofern zu, als damit auch zivilrechtliche Rechte und Pflichten verbunden seien. Der im § 22 WRG 1959 verwendete Begriff der Betriebsanlage dürfe sich nicht am Gebäude oder am Grundstück orientieren, sondern vielmehr daran, ob eine eigenständige Wasserkraftanlage vorhanden sei, die getrennt vom Gebäude oder vom Grundstück selbst einer Benutzung bzw. einem eigenständigen Betrieb zugänglich sei. Da der Beschwerdeführer und die mP im Kaufvertrag zum Ausdruck gebracht hätten, daß der eigenständige Betrieb des Wasserkraftwerkes unabhängig vom Grundstückseigentum zulässig und möglich sei, könne kein Zweifel daran bestehen, daß eine eigenständige Betriebsanlage vorliege, die dem Beschwerdeführer das Recht der Wasserbenutzung einräume. Die belangte Behörde übersehe auch, daß zivilrechtlich gesehen einem Gebäude sehr wohl Sonderrechtsfähigkeit zukommen könne und nicht immer notwendigerweise das Eigentum am Gebäude auch mit dem Eigentum am Grundstück verbunden sein müsse. Zu verweisen sei in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit der Errichtung eines Superädifikates sowie auf die Möglichkeit der Einräumung eines Baurechtes.
Das Verwaltungsverfahren sei insofern mangelhaft geblieben, als die Verwaltungsbehörde es verabsäumt habe, einen Ortsaugenschein durchzuführen, um Feststellungen darüber treffen zu können, wie sich die Rechtsverhältnisse tatsächlich verhalten.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mP hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 22 Abs. 1 WRG 1959 ist bei nichtortsfesten Wasserbenutzungsanlagen die Bewilligung auf die Person des Wasserberechtigten beschränkt; bei allen anderen Wasserbenutzungsrechten ist Wasserberechtigter der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder Liegenschaft, mit der diese Rechte verbunden sind. Wasserbenutzungsrechte sind kein Gegenstand grundbücherlicher Eintragung.
§ 22 Abs. 1 WRG 1959 schafft keinen vom Zivilrecht abweichenden Eigentumsbegriff, sondern knüpft am Eigentumsbegriff des Zivilrechts an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1992, Zl. 88/07/0107).
Aus den Bestimmungen der §§ 297 und 417 f ABGB folgt, daß Bauwerke grundsätzlich Bestandteil der Liegenschaft, auf der sie errichtet sind, werden. Unter Bauwerk ist dabei grundfest Errichtetes zu verstehen, das seiner Zweckbestimmung nach nicht an einen anderen Ort bewegt werden soll. Grundfest errichtete Anlagen auf fremdem Grund sind - abgesehen von im Baurecht errichteten Gebäuden - nur dann sonderrechtsfähig, wenn sie Überbauten sind. Ein Überbau setzt das Fehlen der Absicht dauernder Belassung voraus. Diese Absicht ergibt sich entweder aus dem äußeren Erscheinungsbild des Bauwerkes oder aus den zwischen dem Grundeigentümer und dem Errichter des Bauwerkes bestehenden Rechtsverhältnissen. Ein Überbau kann nur entstehen, wenn die hiefür erforderlichen Voraussetzungen spätestens zum Zeitpunkt des Beginnes der Arbeiten am Bauwerk erfüllt sind. Waren die Voraussetzungen für das Entstehen eines Überbaus zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt, so wurde das Bauwerk gemäß § 297 ABGB unselbständiger Bestandteil des Grundstücks, auf dem es errichtet ist, und fällt dem Eigentümer schon kraft Gesetzes zu. Allfällige spätere Vereinbarungen zwischen dem Grundeigentümer und dem Benützer des Bauwerkes könnten daran nichts mehr ändern. War das Bauwerk einmal Bestandteil des Grundstückes, auf dem es errichtet worden war, geworden, dann kann es nachträglich nicht mehr verselbständigt werden, wenn man vom Baurechtsgesetz absieht (vgl. das Urteil des OGH vom 12. Jänner 1994, SZ 67/1).
Daß die wesentlichen Teile der in Rede stehenden Wasserkraftanlage grundfest in dem Sinn sind, daß sie ihrer Zweckbestimmung nach nicht an einen anderen Ort bewegt werden sollen, ist offenkundig. Eine zivilrechtlich relevante Sonderrechtsfähigkeit käme demnach nur im Falle eines Baurechts oder eines Superädifikats in Betracht.
Die beschwerdeführende Partei erwähnt zwar beide Institutionen, behauptet aber selbst nicht, daß die Betriebsanlage im Baurecht errichtet worden sei oder einen Überbau darstelle. Die Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der mP begründet nicht die Eigenschaft der Betriebsanlage als Überbau, da sie keine Bestimmung des Inhalts enthält, daß die Betriebsanlage nur vorübergehend auf dem Grundstück Nr. 72/1 bestehen soll und da insbesondere nachträgliche Vereinbarungen eine einmal eingetretene Zugehörigkeit eines Bauwerkes zu einer Liegenschaft nicht mehr rückgängig machen können.
Daß in der Vereinbarung davon die Rede ist, daß das Eigentum an der Betriebsanlage beim Beschwerdeführer verbleiben soll, ist rechtlich irrelevant, da die zwingende Bestimmung des § 297 ABGB durch Parteienvereinbarung nicht ausgeschaltet werden kann (vgl. Pimmer in Schwimann, ABGB-Praxiskommentar, Rz 1 zu § 297).
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Verbindung des Wasserbenutzungsrechtes mit der Betriebsanlage anstelle des Grundstückes Nr. 72/1 war somit auf etwas (rechtlich) Unmögliches gerichtet. Die Entscheidung der belangten Behörde erweist sich daher nicht als rechtswidrig.
Angesichts dieses Ergebnisses erübrigt sich eine Untersuchung, ob der Antrag vor dem Hintergrund des Bescheides des LH vom 6. März 1992 nicht auch unter dem Aspekt der entschiedenen Sache unzulässig war oder ob § 68 Abs. 2 AVG eine Grundlage für eine Neuentscheidung bot.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997070012.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
22.03.2012