Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §9Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision 1. des K R, und 2. des K R, beide in L, beide vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 24. September 2020, 1. W195 2226174-3/2E und 2. W195 2226177-3/2E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die revisionswerbenden Parteien, beide Staatsangehörige von Bangladesch, stellten am 10. Juni 2020 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diese Anträge mit den Bescheiden je vom 20. Juli 2020 ab, gewährte den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die revisionswerbenden Parteien Rückkehrentscheidungen, stellte jeweils fest, dass ihre Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, gewährte jeweils keine Frist für die freiwillige Ausreise und erkannte jeweils einer Beschwerde gegen diese Bescheide die aufschiebende Wirkung ab.
3 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesverwaltungsgericht - soweit für die revisionsgegenständlichen Verfahren maßgeblich - die gegen die Bescheide vom 20. Juli 2020 (in einem gemeinsamen Schriftsatz) erhobenen Beschwerden als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Die revisionswerbenden Parteien erhoben Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 24. November 2020, E 3776-3777/2020-7, die Behandlung derselben ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Werden Verfahrensmängel - wie hier die behaupteten Ermittlungs-, Feststellungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss bereits in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 7.9.2020, Ra 2020/20/0297, mwN). Eine solche Relevanzdarstellung ist der Revision nicht zu entnehmen.
9 Soweit sich die revisionswerbenden Parteien gegen die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidungen nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz vorgenommene Interessenabwägung des Bundesverwaltungsgerichts wenden, ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. VwGH 23.10.2020, Ra 2020/20/0359, mwN).
10 Mit dem pauschalen Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht habe ohne Gesamtabwägung bloß einzelne „Integrationsgründe und Umstände“ herausgegriffen, um das Überwiegen des öffentlichen Interesses zu begründen, verabsäumen es die revisionswerbenden Parteien, konkret jene Umstände zu bezeichnen, die - ihrer Ansicht nach - unberücksichtigt geblieben wären oder welchen zu viel Gewicht beigemessen worden wäre. Die Revision vermag daher nicht aufzuzeigen, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Interessenabwägung in einer unvertretbaren Weise vorgenommen hätte oder die Gewichtung der einbezogenen Umstände den in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien widerspräche (vgl. zur fehlenden Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei identem Zulässigkeitsvorbringen VwGH 5.8.2020, Ra 2020/20/0154, mwN).
11 Von den revisionswerbenden Parteien werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 3. Februar 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200015.L00Im RIS seit
17.03.2021Zuletzt aktualisiert am
14.05.2021