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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §13 Abs8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der Mag. K A, LLM, in W, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 7. Oktober 2020, VGW-111/072/1366/2020-28, VGW-111/072/1493/2020, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörden vor dem Verwaltungsgericht: 1. Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 12. Bezirk; 2. Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: L GmbH, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ausgeführt, dass dort, wo eine gärtnerisch auszugestaltende Fläche oder eine Baufluchtlinie festgesetzt wurde, zwar eine bauliche Änderung, nicht aber ein Neu-, Zu- oder Umbau zulässig sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes liege ein Umbau vor (wurde näher ausgeführt).
5 Durch die Bauordnungsnovelle 2018, LGBl. Nr. 69, sei die Bauordnung zu Gunsten der Nachbarn geändert worden (wurde näher ausgeführt). Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einem anhängigen Verfahren und damit der Nichtanwendbarkeit der Bauordnungsnovelle 2018 ausgegangen, weil nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage durch Projektmodifikationen die Grenzen der zulässigen Antragsänderung im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG überschritten worden seien. Das Verwaltungsgericht habe lediglich das ursprünglich verfahrensgegenständliche Projekt (Plandatum 15. September 2017) mit dem Projekt mit Plandatum 10. Oktober 2019 verglichen und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die zwischen diesen Planständen liegenden Modifikation keinen Umfang aufwiesen, auf Grund dessen davon ausgegangen werden müsse, dass es sich um ein aliud handle. Die mitbeteiligte Partei habe aber das Projekt nach dem Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 2018 im Vergleich zum ursprünglichen Projekt erheblich geändert, insbesondere durch neue Einreichpläne vom 13. März 2019, „die etwa eine Änderung der Raumnutzung des Hofgebäudes gegenüber dem dem bisherigen Konsens (nämlich als Gartenabstellraum) vorsahen und dazu führten, dass die belangte Baubehörde in der mündlichen Bauverhandlung am 10.05.2019 diese Projektpläne der mitbeteiligten Partei zurückstellte (ungeachtet der Frage, ob das Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs 3 AVG zulässig war)“. Zur Beurteilung der Frage, ob durch Projektmodifikationen die Grenzen der zulässigen Antragsänderung seit Inkrafttreten der neuen Rechtslage überschritten worden seien, hätte das Verwaltungsgericht daher auch den Projektstand auf Basis der Einreichpläne vom 13. März 2019 feststellen müssen. Nur nach Feststellung dieses Projektstandes könne beurteilt werden, ob im Vergleich dieses (Zwischen) Projektstandes sowohl zum ursprünglichen Projekt als auch zum Projekt, das dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde liege, eine zulässige Projektmodifikation vorgelegen und damit noch die Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung anzuwenden sei.
6 Sowohl die Frage, ob ein konkretes Bauvorhaben als Umbau oder bauliche Änderung zu qualifizieren ist, als auch die Frage, ob ein Projekt nach einer Projektmodifikation die Sache ihrem Wesen nach im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG geändert hat, betreffen Beurteilungen des Einzelfalles. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung lägen insoweit nur dann vor, wenn die jeweilige Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 26.2.2019, Ra 2019/06/0012, mwN; 22.9.2020, Ra 2020/05/0169, 0170, mwN; 16.10.2020, Ra 2020/06/0192, mwN).
7 Das Verwaltungsgericht hat sich in dem angefochtenen Erkenntnis umfassend mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein Umbau oder bloße bauliche Änderungen vorliegen (S. 47 ff des angefochtenen Erkenntnisses). Ebenso hat das Verwaltungsgericht begründend dargelegt, weshalb es davon ausgegangen ist, dass durch die Projektmodifikationen die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert worden ist (S. 44 ff des angefochtenen Erkenntnisses). Dabei ist es auch auf die Modifikationen zwischen den Planständen vom 15. September 2017 und vom 10. Oktober 2019 eingegangen und hat dargelegt, dass auch diese Modifikationen keinen Umfang aufwiesen, auf Grund dessen davon auszugehen wäre, dass es sich um ein anderes Projekt gehandelt hätte.
8 Dass die einzelfallbezogenen Beurteilungen des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wären, zeigen die Revisionszulässigkeitsgründe nicht auf (zur Abgrenzung von Umbauten von baulichen Änderungen vgl. neben dem von der Revisionswerberin zitierten hg. Erkenntnis vom 21.5.2007, 2005/05/0088, auch die Erkenntnisse VwGH 10.9.2008, 2008/05/0018, und 23.8.2012, 2010/05/0006). Weshalb der Projektstand vom 13. März 2019, der „etwa eine Änderung der Raumnutzung des Hofgebäudes gegenüber dem dem bisherigen Konsens (nämlich als Gartenabstellraum)“ vorgesehen habe, zu einem anderen Projekt im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG geführt haben sollte, wird in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht nachvollziehbar dargelegt.
9 Bemerkt wird, dass der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. VwGH 25.6.2014, Ra 2014/07/0026 mwN; 10.3.2020, Ra 2020/05/0020, mwN; 9.12.2020, Ra 2019/08/0019, mwN).
10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 3. Februar 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050006.L00Im RIS seit
23.03.2021Zuletzt aktualisiert am
23.03.2021