TE Vwgh Beschluss 2021/2/3 Ra 2020/03/0128

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Veröffentlicht am 03.02.2021
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Index

L37351 Jagdabgabe Burgenland
L65001 Jagd Wild Burgenland
L65005 Jagd Wild Salzburg
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

JagdG Bgld 2004 §67 Abs1 Z13
JagdG Slbg 1993 §44 Abs1
JagdG Slbg 1993 §44 Abs1 Z3
JagdG Slbg 1993 §44 Abs1 Z4
JagdG Slbg 1993 §46 Abs2
VStG §44a Z3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Dr. Lehofer als Richter und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des J H in P, vertreten durch Mag. Friedrich Kühleitner und Mag. Franz Lochbichler, Rechtsanwälte in 5620 Schwarzach im Pongau, Marktplatz 2, gegen das am 13. Juli 2020 mündlich verkündete und am 24. Juli 2020 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg, Zl. 405-1/522/1/4-2020, betreffend Entziehung der Jagdkarte (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 4. Mai 2020 wurde dem Revisionswerber gemäß § 46 Abs. 2 und § 44 Abs. 1 „lit. 4“ Salzburger Jagdgesetz 1993 (im Folgenden: JG) die Jahresjagdkarte bis zum 7. September 2023 entzogen und ihm aufgetragen, diese unverzüglich der belangten Behörde zurückzustellen.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe, dass die Rechtsgrundlage „§ 46 Abs 2 und § 44 Abs 1 Ziff 4 Salzburger Jagdgesetz“ zu lauten habe, als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

3        Das Verwaltungsgericht stellte begründend fest, dass der Revisionswerber im Hofbereich seiner Liegenschaft, dem Anwesen „H-Bauer“, im Revierteil L. des Gemeinschaftsjagdgebietes P. einen ca. einjährigen Rehbock erlegt habe. Der Erlegungsort sei im südlichen Feld in Richtung Objekt L. (Anwesen „G.-Bauer“) gewesen. Zur Erlegung dieses Rehbocks habe er ein Gewehr im Kaliber .22 Hornet verwendet. Der Rehbock sei zunächst geflüchtet und habe nachgesucht werden müssen. Der Revisionswerber sei im Gemeinschaftsjagdgebiet P. nicht jagdausübungsberechtigt. Der vom Revisionswerber erlegte Rehbock sei nicht krank gewesen und habe auch nicht an Qualen gelitten. Der Jagdgesellschaft P. sei durch den Abschuss ein Schaden in der Höhe von ca. € 300,-- entstanden. Gegen den Revisionswerber sei ein Strafverfahren wegen des Eingriffes in ein fremdes Jagd- und Fischereirecht eingeleitet worden, welches mittels Diversion erledigt worden sei. Das Ehrengericht der Salzburger Jägerschaft habe den Revisionswerber wegen dieses Delikts verurteilt und über ihn ein Bußgeld in der Höhe von € 700,-- verhängt.

4        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, es stehe unzweifelhaft fest, dass der Revisionswerber einen Rehbock in einem fremden Jagdgebiet erlegt habe, ohne dort jagdausübungsberechtigt zu sein. Dabei habe er eine Waffe verwendet, die eine Munition verschieße, die keine ausreichende, schnelltötende Wirkung auf Rehwild habe. Die Jagdausübung sei im Hofbereich des Revisionswerbers erfolgt. In solchen Bereichen ruhe die Jagd.

Die vom Revisionswerber verletzten jagdrechtlichen Bestimmungen wiesen ganz klare Schutzzwecke auf. So solle das Verbot der Verwendung von Kugelpatronen, die eine Mindestgeschossenergie von unter 1000 Joule in einer Entfernung von 100 Metern aufweisen, gewährleisten, dass beschossenes Wild sofort getötet werde, ohne unnötige Qualen zu erleiden. Gegen diesen Schutzzweck habe der Revisionswerber verstoßen, indem er eine Patrone im Kaliber .22 Hornet verwendet habe, die weit unter dieser geforderten Mindestgeschossenergie liege. Damit habe er bewusst in Kauf genommen, dass der von ihm beschossene Rehbock Qualen erleide. Aus dem Akt ergebe sich auch, dass der Rehbock nicht sofort verendet sei, weshalb klar gegen den Schutzzweck der Norm verstoßen worden sei.

Der Schutzzweck der Norm betreffend das Ruhen der Jagd im Sinne des § 10 JG liege darin, zu gewährleisten, dass in diesen Bereichen niemand gefährdet oder geschädigt werde. Indem die Jagdausübung im unmittelbaren Bereich des Gehöftes des Revisionswerbers erfolgt sei, habe er auch gegen den Schutzzweck dieser Norm verstoßen und bewusst in Kauf genommen, dass die bei der Jagdausübung gebotenen Sicherheitsregeln missachtet und andere Personen potentiell gefährdet würden.

Weiters habe er fremdes Eigentum missachtet. Es sei Inhalt des Jagdrechtes im Sinne des § 2 JG, das Wild zu hegen, zu jagen und sich dieses und dessen nutzbare Teile anzueignen. Dieses Recht stehe nur dem Jagdinhaber bzw. den von diesen legitimierten Personen zu. Zu diesem Personenkreis zähle der Revisionswerber zweifelsfrei nicht.

Aus einer Zusammenschau dieser Umstände ergebe sich, dass der Revisionswerber nach seinem sonstigen bisherigen Verhalten keine Gewähr für eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Ausübung der Jagd biete.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, welche Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision vor, es bedürfe der Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof, ob ein einmaliges Fehlverhalten eines bislang unbescholtenen Jägers, welcher sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch vom Jägerehrengericht nur relativ milde bestraft worden sei, den Entzug der Jagdkarte für die Dauer von fünf Jahren rechtfertigen könne. Möge die Schussabgabe im Kaliber .22 Hornet zwar gegen die Verordnung des Landes Salzburg über die zulässigen Munitionsarten für die Jagd auf Schalenwild verstoßen haben, sei jedoch Fakt, dass der Rehbock nach kurzer Flucht verendet sei und diesem faktisch keine unnötigen Qualen zugefügt worden seien. Der Schutzzweck der Norm sei daher nicht verletzt. Zum Verstoß gegen das Gebot des Ruhens der Jagd habe das Verwaltungsgericht keine näheren Feststellungen darüber getroffen, welche einzeln bewohnte Häuser und Gehöfte in nächster Umgebung gewesen wären. Tatsächlich befänden sich in nächster Umgebung der Schussabgabe keine sonstigen Häuser oder Gehöfte, sondern sei dort nur das Anwesen des Revisionswerbers situiert. Betreffend den Eingriff in fremdes Jagdrecht habe der Revisionswerber stets ausgeführt, dass die Erlegung des Rehbocks aus Gründen der Weidgerechtigkeit als Hegeabschuss geboten gewesen sei. Schließlich habe das Verwaltungsgericht einen falschen Tatbestand angewandt, da die gegenständliche Angelegenheit nicht über § 44 Abs. 1 Z 4 JG, sondern über § 44 Abs. 1 Z 3 JG hätte gelöst werden müssen. Hierzu fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

10       Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

11       Gemäß § 46 Abs. 2 JG hat die Behörde (§ 41 Abs. 3 JG) unverzüglich ein Verfahren zur Entziehung der Jahresjagdkarte einzuleiten, wenn ihr Tatsachen bekannt werden, die das Vorliegen eines Verweigerungsgrundes gemäß § 44 Abs. 1 JG nahelegen.

12       Gemäß § 44 Abs. 1 Z 4 JG ist die Ausstellung der Jahresjagdkarte Personen, die nach ihrem sonstigen bisherigen Verhalten keine Gewähr für eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Ausübung der Jagd bieten, auf die Dauer von fünf Jahren nach Beendung des vorgehaltenen Verhaltens zu verweigern.

13       § 44 Abs. 1 Z 4 JG stellt darauf ab, dass das bisherige Verhalten des Revisionswerbers keine Gewähr für eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Ausübung der Jagd bietet. Um die gesetzlich geforderte Prognose anstellen zu können, hat die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht das bisherige Verhalten des Revisionswerbers in Betracht zu ziehen (vgl. idS VwGH 26.4.2011, 2011/03/0088, mwN, zur insoweit gleichlautenden - mittlerweile nicht mehr in Kraft stehenden - Bestimmung des § 67 Abs. 1 Z 13 Burgenländisches Jagdgesetz 2004, LGBl. Nr. 11/2005).

14       Das Verwaltungsgericht stützte seine Prognose darauf, dass der Revisionswerber am 7. September 2018 im unmittelbaren Bereich seines Gehöfts, in einem fremden Jagdgebiet, ohne dort jagdausübungsberechtigt zu sein, einen Rehbock erlegt hat, wobei die von ihm verwendete Munition keine ausreichende, schnelltötende Wirkung auf Rehwild aufgewiesen hat.

15       Dieser Vorfall, wie er vom Verwaltungsgericht der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, wird vom Revisionswerber im Grunde nicht bestritten.

16       Soweit der Revisionswerber nunmehr ausführt, Fakt sei, dass der Rehbock nach kurzer Flucht verendet sei, so entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt, wonach der Rehbock gerade nicht sofort verendet sei und nachgesucht habe werden müssen. Unbestritten ist zudem, dass der Revisionswerber durch die Verwendung von Munition, welche nicht die ausreichende schnelltötende Wirkung erwarten ließ, der Norm des § 70 Abs. 3 lit. b JG iVm der Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 22. August 2014 über die zulässigen Munitionsarten für die Jagd auf Schalenwild zuwider gehandelt hat.

17       Auch mit dem Vorbringen, wonach die Erlegung des Rehbocks als Hegeabschuss geboten gewesen sei, entfernt sich der Revisionswerber vom festgestellten Sachverhalt, zumal das Verwaltungsgericht in seiner Begründung überzeugend ausführte, dass der erlegte Rehbock weder krank gewesen sei noch an Qualen gelitten habe.

18       Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Verwaltungsgericht auch nähere Feststellungen zum konkreten Vorfallsort getroffen und zum missachteten Gebot des Ruhens der Jagd im Sinne des § 10 JG ausgeführt, dass die Jagd im unmittelbaren Bereich des Gehöfts des Revisionswerbers ausgeübt wurde. Der vom Revisionswerber geltend gemachte Begründungsmangel liegt demnach nicht vor.

19       Schließlich trifft auch nicht zu, dass eine Entziehung der Jagdkarte nach § 46 Abs. 2 iVm § 44 Abs. 1 Z 4 JG nur bei wiederholtem Fehlverhalten in Betracht kommt. Vielmehr kann auch ein einmaliger, gravierender Verstoß - wie im vorliegenden Fall - die Prognose rechtfertigen, dass der Betroffene keine Gewähr für eine gesetzeskonforme Jagdausübung (mehr) bietet (vgl. erneut VwGH 26.4.2011, 2011/03/0088, mwN, zum Burgenländischen Jagdgesetz 2004; sowie zum insoweit gleichlautenden § 61 Abs. 1 Z 13 Niederösterreichisches Jagdgesetz 1974, Gürtler/Lebersorger, Niederösterreichisches Jagdrecht7 (2010) § 61, Anm. 6).

20       Soweit der Revisionswerber schließlich ausführt, das Verwaltungsgericht hätte im gegenständlichen Fall nicht § 44 Abs. 1 Z 4 JG, sondern Z 3 leg. cit. anwenden müssen, ist darauf hinzuweisen, dass es für die Anwendung des § 44 Abs. 1 Z 3 JG erforderlich ist, dass die betreffende Person bestraft sein muss, was bedeutet, dass die von der Behörde auszusprechende Rechtsfolge der Entziehung der Jagdkarte die Verhängung einer Strafe iSd § 44a Z 3 VStG voraussetzt (vgl. idS VwGH 29.6.2015, Ra 2015/03/0039, und VwGH 23.10.2013, 2013/03/0071, jeweils mwN, zur insoweit vergleichbaren Textierung im Niederösterreichischen Jagdgesetz 1974; sowie VwGH 29.4.2015, Ra 2015/03/0015, mwN, zum Steiermärkischen Jagdgesetz 1986).

21       Den vorliegenden Akten lässt sich nicht entnehmen, dass über den Revisionswerber eine verwaltungsbehördliche Strafe wegen Übertretung einer jagdrechtlichen Vorschrift, einer Naturschutz- oder einer Tierschutzbestimmung iSd § 44 Abs. 1 Z 3 JG verhängt worden wäre. Gegenteiliges bringt auch die Revision nicht vor. Damit geht das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach § 44 Abs. 1 Z 3 JG anzuwenden gewesen wäre, fehl.

22       Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt kann dem Verwaltungsgericht im Ergebnis daher nicht entgegengetreten werden, wenn es im Revisionsfall aus dem bisherigen Verhalten des Revisionswerbers die Prognose ableitet, dass dieser keine Gewähr für eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Ausübung der Jagd biete.

23       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Februar 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020030128.L00

Im RIS seit

16.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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