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L70308 Buchmacher Totalisateur Wetten VorarlbergNorm
B-VG Art10 Abs1 Z8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der L GmbH in L, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 1. Juni 2018, Zl. LVwG-414-6/2018-15, betreffend Maßnahme gemäß § 360 GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Bescheid vom 5. März 2018 verfügte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (belangte Behörde) gegenüber der Revisionswerberin die Einstellung des Getränkeausschankes in einem näher bezeichneten Wettlokal in H. Die belangte Behörde ordnete an, dass der verwendete Getränkekühlschrank sowie der Getränkeautomat stillzulegen seien und die Erfüllungsmeldung über die erfolgte Maßnahme zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes der Behörde bis spätestens 20. März 2018 vorgelegt werden müsse.
2 2.1. Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit der Maßgabe ab, dass die Erfüllungsmeldung der Behörde bis spätestens 15. Juni 2018 vorzulegen sei. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 2.2. In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass die Revisionswerberin an dem näher bezeichneten Standort in H ein Wettlokal betreibe. Der Revisionswerberin sei hiefür eine Bewilligung nach dem Wettengesetz zur Ausübung der Tätigkeit eines Vermittlers von Wettkunden ohne Wettterminals unter Auflagen bis 30. Juni 2020 erteilt worden. Im Hauptraum des Lokals befänden sich ein Kaffeeautomat sowie ein Kühlschrank mit alkoholischen Getränken. Die Getränke würden den Kunden des Wettlokals unentgeltlich zur Verfügung gestellt und nicht vom Personal ausgegeben. Die Kunden bedienten sich an den Getränken selbst. Im Lokal hätten circa 20 Personen bzw. Gäste Platz. Das Lokal sei öffentlich zugänglich, wobei jedoch eine Altersbeschränkung von 18 Jahren bestehe. Darüber hinaus gäbe es eine Beschränkung für gesperrte Spieler. Das Lokal habe täglich von 10:00 bis 23:00 Uhr geöffnet.
4 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Revisionswerberin über keine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe am gegenständlichen Standort verfüge. Die Revisionswerberin bestreite jedoch, dass im vorliegenden Fall eine gewerbliche Tätigkeit vorliege. Soweit dazu vorgebracht werde, die Getränke würden unentgeltlich und daher nicht gewerblich angeboten, sei festzuhalten, dass die Erzielung eines unmittelbaren Ertrages für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit kein notwendiges Erfordernis sei. Eine Tätigkeit werde nämlich auch dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie neben anderen Kriterien in der Absicht betrieben würde, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt sei. Auch sonstige den Geschäftszielen dienende positive Effekte stellten einen wirtschaftlichen Vorteil dar. Es mache dabei keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil in Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich der GewO 1994 fallenden Tätigkeit oder in Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden solle. Das Zurverfügungstellen von Getränken im Wettlokal habe zweifellos den Zweck, die Kunden zu einem längeren Verweilen im Lokal zu animieren, in dem ihnen der Aufenthalt im Lokal angenehmer gemacht werde, um dadurch die Vermittlung von Wettabschlüssen durch Wettkunden zu steigern. Selbst wenn sich unmittelbar aus der Zurverfügungstellung der Getränke kein Gewinn ergebe, sei die Absicht jedenfalls darauf gerichtet, Erträge aus dem Betrieb des Wettlokals zu vergrößern. Somit sei davon auszugehen, dass die Tätigkeit gewerblich ausgeübt werde.
5 Nachdem somit im gegenständlichen Lokal das Gastgewerbe ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt und auch die gewerbliche Betriebsanlage ohne die gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden sei, bestehe der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 und 2 GewO 1994. Die aufgetragene Stilllegung des Getränkekühlschrankes und des Getränkeautomaten sei geeignet, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen. Sie erweise sich auch nicht als unverhältnismäßig, zumal ein gelinderes Mittel nicht vorhanden sei. Auch verstoße die Stilllegung nicht gegen das Doppelbestrafungsverbot, weil es sich nicht um eine Verwaltungsstrafe handle, sondern um eine Maßnahme zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes. Der angefochtene Bescheid sei daher zu bestätigen zu gewesen.
6 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 4. In der vorliegenden Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil es gegen die Begründungspflicht verstoße (Verweis auf VwGH 8.9.2016, Ra 2016/11/0081). Das Erkenntnis enthalte keinen einzigen Satz zur Frage, ob „nicht vielleicht die wettenrechtliche Bewilligung die Ausgabe von Getränken an die dort aufhältigen Kunden decken könnte“. Es werde mit keinem Wort auf den Berechtigungsumfang der vorhandenen wettenrechtlichen Bewilligung eingegangen, insbesondere auch nicht auf „ihre potentielle Eignung, auch die beiden Getränkeautomaten als notwendige Voraussetzung als Teil der Bewilligung anzusehen“. Nach der Logik des angefochtenen Erkenntnisses müsste jeder Wettkunde sein Getränk selbst mitnehmen und wäre dies existenzielle Voraussetzung dafür, dass keine Gewerbeanlagengenehmigungspflicht bestehe. „Eine derartige Beleidigung für den gesunden Menschenverstand“ müsse zur Zulassung der Revision führen.
10 5. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in Zusammenhang mit einem vergleichbaren Sachverhalt (Getränkeautomaten in einem Wettlokal) ausgesprochen hat, unterliegt bei fehlender räumlicher und zeitlicher Trennung einer Betriebsanlage, die sowohl einem gewerblichen als auch einem nichtgewerblichen Zweck dient, die gesamte Betriebsanlage der Genehmigungspflicht nach der GewO 1994 (vgl. VwGH 22.4.2015, Ra 2015/04/0025; 16.12.2015, Ra 2014/04/0041, jeweils mwN).
Ausgehend davon ist es auch im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass das verfahrensgegenständliche Lokal, das nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch dem Konsum der angebotenen Getränke dient, als gewerbliche Betriebsanlage angesehen wurde.
11 Ebenso ist nach der - unter anderem zu einem unentgeltlichen Kundendienst (Bustransfer) im Rahmen einer Schischule ergangenen - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Unentgeltlichkeit allein nicht geeignet, das Tatbestandsmerkmal der Gewinnerzielungsabsicht und damit die Gewerbsmäßigkeit einer Leistung von vornherein auszuschließen. Vielmehr kommt es auf die Ertragsabsicht an, weshalb es nicht erforderlich ist, dass unmittelbar Gewinn erzielt wird (vgl. VwGH 13.10.1993, 92/03/0054; vgl. ferner VwGH 12.5.2011, 2010/04/0013).
Insofern ist dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall nicht entgegen zu treten, wenn es ausgehend von seinen Feststellungen die Tätigkeit der Revisionswerberin als gewerblich angesehen hat, weil die Absicht jedenfalls darauf gerichtet war, die Erträge aus dem Betrieb des Wettlokals zu vergrößern.
12 Schließlich ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt, dass gemäß dem sich aus der Regelung der Kompetenzverteilung im B-VG ergebenden Kumulationsprinzip jeweils die sich aus den verschiedenen Rechtsmaterien ergebenden Anforderungen einzuhalten sind (vgl. VwGH 1.4.2008, 2004/06/0104; 18.5.2016, Ra 2015/04/0093).
Die Revision lässt mit ihrem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit dem Berechtigungsumfang der vorhandenen „wettenrechtlichen“ Bewilligung auseinandergesetzt, außer Acht, dass nach dem Kumulationsprinzip auf einen bestimmten Sachverhalt die Bestimmungen mehrerer Verwaltungsmaterien anzuwenden sein können, wenn dieser unter verschiedenen Aspekten durch mehrere Regelungen erfasst wird. In einem solchen Fall sind grundsätzlich mehrere Bewilligungen nebeneinander notwendig. Das Vorliegen einer Bewilligung nach dem Vorarlberger Wettengesetz, die allenfalls auch die gegenständlichen Getränkeautomaten umfasst, schließt im vorliegenden Fall daher nicht aus, dass die gegenständliche Betriebsstätte auch einer gewerbebehördlichen Bewilligung bedarf.
13 6. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 4. Februar 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2018040201.L00Im RIS seit
07.04.2021Zuletzt aktualisiert am
07.04.2021