TE Vwgh Beschluss 2021/2/8 Ra 2021/20/0009

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Veröffentlicht am 08.02.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §7 Abs1
BFA-VG 2014 §21 Abs7
BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des S Y in W, vertreten durch Mag. Florian Kreiner, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Friedrich-Schmidt-Platz 7/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. November 2020, W146 2229934-1/8E, betreffend Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Dem Revisionswerber, einem aus Tschetschenien stammenden russischen Staatsangehörigen, wurde im Juni 2004 in Österreich Asyl gewährt. Bereits kurz darauf - im September 2004 - wurde er erstmals strafgerichtlich (wegen Einbruchsdiebstahles) rechtskräftig verurteilt. Er wurde auch weiterhin straffällig und in den darauffolgenden Jahren - zuletzt im November 2019 (abermals wegen Einbruchdiebstahles) - mehrfach gerichtlich (und auch wegen diverser Verwaltungsübertretungen von Behörden) bestraft.

2        Aufgrund der wiederkehrenden strafrechtlichen Delinquenz des Revisionswerbers nahm das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das zuletzt geführte Strafverfahren zum Anlass, ein Verfahren zur Aberkennung des dem Revisionswerber zuvor gewährten Asyls (wegen geänderter Verhältnisse im Heimatland) einzuleiten.

3        Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis vom 27. November 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 4. März 2020, womit dem Revisionswerber der Status des Asylberechtigten aberkannt, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot erlassen, eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt und festgestellt worden war, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei, erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Der Revisionswerber wendet sich in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision ausschließlich gegen die im Rahmen der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme erfolgte Interessenabwägung nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG). Er beruft sich insoweit auf das Bestehen eines schützenswerten Familienlebens und macht in diesem Zusammenhang Verfahrensfehler geltend.

8        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 18.12.2020, Ra 2020/20/0384, mwN).

9        Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. auch dazu VwGH Ra 2020/20/0384, mwN).

10       Mit ihrem - zwar weitwendigen, inhaltlich aber unsubstantiiert gebliebenen - Vorbringen wird die Revision diesen Anforderungen nicht gerecht. Im Besonderen ist festzuhalten, dass sich aus den Ausführungen in der Revision nicht ergibt, weshalb die Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts, angesichts der seit Asylgewährung wiederholten erheblichen Straffälligkeit des Revisionswerbers sei jedenfalls von einem Überwiegen der als hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen gegenüber den privaten und familiären Interessen des Revisionswerbers auszugehen, unvertretbar wäre. Der damit der Sache nach zum Ausdruck gebrachten Beurteilung, die Trennung der Familienangehörigen sei im öffentlichen Interesse hinzunehmen, setzt die Revision, der zudem nicht zu entnehmen ist, dass zwischen dem Revisionswerber und seinen Familienangehörigen (noch) solche maßgebliche enge Bindungen vorhanden wären, die der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegen stünden, nichts Maßgebliches entgegen. Vor diesem Hintergrund ist - auch mit Blick auf die Ausführungen des Revisionswerbers in der an das Bundesverwaltungsgericht erhobenen Beschwerde - nicht zu sehen, dass das Verwaltungsgericht nicht nach dem hier anzuwendenden § 21 Abs. 7 BFA-VG von der Durchführung einer Verhandlung hätte Abstand nehmen dürfen (vgl. zu den diesbezüglichen Voraussetzungen VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018).

11       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 8. Februar 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200009.L00

Im RIS seit

16.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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