Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision 1. des H A A und 2. der K S, beide in B, beide vertreten durch Mag. Christian Pachinger, Rechtsanwalt in 4701 Bad Schallerbach, Grieskirchner Straße 10/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2020, 1. G305 2143897-2/13E und 2. G305 2158753-2/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Erstrevisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, und die Zweitrevisionswerberin, eine ukrainische Staatsangehörige, sind miteinander verheiratet. Der Erstrevisionswerber stellte am 16. März 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er damit begründete, im Irak als Arzt sowie infolge der Eheschließung mit einer Christin asylrelevanter Verfolgung durch den „Islamischen Staat“ ausgesetzt zu sein. Er sei auch in der Ukraine, wo er seit dem Jahr 2008 überwiegend gelebt habe, durch einen irakischen Staatsangehörigen, der dem „Islamischen Staat“ angehöre, bedroht worden. Die Zweitrevisionswerberin, die mit dem Erstrevisionswerber Anfang März 2015 vor dessen Ausreise aus der Ukraine standesamtlich die Ehe geschlossen hatte, stellte am 12. August 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005, den sie im Wesentlichen auf die Fluchtgründe des Erstrevisionswerbers stützte.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies den Antrag des Erstrevisionswerbers mit Bescheid vom 13. Dezember 2016 ab, erteilte diesem keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit Erkenntnis vom 16. August 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Erstrevisionswerbers, soweit sich diese gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtete, als unbegründet ab. Unter einem hob das Bundesverwaltungsgericht die übrigen Aussprüche des BFA gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG mit Beschluss auf und verwies - insoweit - die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurück.
4 Mit Bescheid vom 23. Juli 2018 wies das BFA den Antrag des Erstrevisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten neuerlich ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
5 Mit Bescheid vom selben Tag wies das BFA ebenfalls im zweiten Rechtsgang (nach einer uneingeschränkt aufhebenden und zurückverweisenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts) den Antrag der Zweitrevisionswerberin sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten neuerlich ab. Weiters erteilte ihr das BFA (in Wiederholung der bereits im ersten Rechtsgang erfolgten Aussprüche) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung in die Ukraine zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
6 Die gegen die Bescheide vom 23. Juli 2018 erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis jeweils als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit unter Verweis auf die behauptete Verfolgung des Erstrevisionswerbers in dessen Herkunftsstaat geltend gemacht, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gruppenverfolgung abgewichen und es seien verfahrensrechtliche Vorschriften missachtet worden. Dabei übersieht die Revision jedoch, dass der über den Antrag des Erstrevisionswerbers ergangene Bescheid des BFA vom 13. Dezember 2016 hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten bereits in Rechtskraft erwachsen ist und der Antrag des Erstrevisionswerbers, soweit er die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten betraf, nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht war.
11 Dass im Übrigen die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zu den von der Zweitrevisionswerberin zu ihrer Flucht erstatteten Angaben in einer unvertretbaren Weise vorgenommen worden wären (zur eingeschränkten Revisibilität der Beweiswürdigung im Revisionsverfahren vgl. etwa VwGH 31.7.2020, Ra 2020/20/0240, mwN), wird von der Revision nicht aufgezeigt. Eine Aktenwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn sich die Behörde oder das Verwaltungsgericht bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt haben, wenn also der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde, nicht aber, wenn Feststellungen getroffen wurden, die auf Grund der Beweiswürdigung mit den Behauptungen einer Partei nicht übereinstimmen (vgl. VwGH 6.10.2020, Ra 2019/12/0080, mwN). Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Bedrohung der revisionswerbenden Parteien durch eine Einzelperson angenommen, sondern das dazu erfolgte Vorbringen als solches auf Basis schlüssiger und nachvollziehbarer Überlegungen als unglaubwürdig erachtet.
12 Schließlich wenden sich die revisionswerbenden Parteien mit der Behauptung von Feststellungsmängeln gegen die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative und machen damit Verfahrensfehler geltend, deren Relevanz für den Verfahrensausgang schon in der abgesonderten Begründung für die Zulässigkeit hätte dargetan werden müssen (vgl. VwGH 16.10.2020, Ra 2020/20/0344, mwN). Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht die revisionswerbenden Parteien nicht auf die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative verwiesen.
13 Von den revisionswerbenden Parteien werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 11. Februar 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020200428.L00Im RIS seit
07.04.2021Zuletzt aktualisiert am
07.04.2021