TE Vwgh Beschluss 2021/2/11 Ra 2020/20/0368

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Veröffentlicht am 11.02.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision der S S in W, vertreten durch Mag. Georg Huber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2020, W116 2222768-1/5E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin, eine syrische Staatsangehörige, stellte am 4. Februar 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den sie im Wesentlichen damit begründete, im Herkunftsstaat wegen ihres christlichen Glaubens verfolgt zu werden.

2        Mit Bescheid vom 2. August 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab, erkannte der Revisionswerberin den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

3        Die gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall nur über die Beschwerde der Revisionswerberin gegen die Abweisung ihres Antrags auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zu entscheiden hatte. Somit erweist sich das (erstmals in der Revision erstattete und insofern auch dem aus § 41 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbot unterliegende) Vorbringen, die Revisionswerberin sei im vierten Monat schwanger, was im Lichte der fehlenden Versorgungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat und ihrer besonderen Schutzwürdigkeit zu berücksichtigen gewesen sei, sowie jenes zu ihren familiären Verhältnissen im Bundesgebiet als unbeachtlich.

8        Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Frage, ob eine aktuelle Verfolgungsgefahr vorliegt, eine Einzelfallentscheidung ist, die grundsätzlich - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist. Dem Revisionswerber muss, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 23.9.2020, Ra 2020/01/0329, mwN).

9        Die Revision vermag mit dem lediglich allgemein gehaltenen Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht hätte zur Beurteilung einer „religiös bedingten“ Verfolgung die „Herkunftslandinformation“ einer Bewertung unterziehen müssen, weder ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach im Rahmen der Beweiswürdigung die Asylbehörden den realen Hintergrund der vom Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in ihre Überlegungen einzubeziehen und die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen auch im Vergleich zur einschlägigen Berichtslage zu messen haben (vgl. VwGH 11.4.2018, Ra 2018/20/0040, mwN), aufzuzeigen, noch darzulegen, dass die fallbezogene Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts zu den von der Revisionswerberin geschilderten fluchtauslösenden Ereignissen unvertretbar wäre (zur eingeschränkten Revisibilität der Beweiswürdigung im Revisionsverfahren vgl. etwa VwGH 31.7.2020, Ra 2020/20/0240, mwN).

10       Wenn die Revision weiters Feststellungs-, Ermittlungs- und Begründungsmängel ins Treffen führt, werden Verfahrensfehler geltend gemacht, deren Relevanz für den Verfahrensausgang schon in der abgesonderten Begründung für die Zulässigkeit hätte dargetan werden müssen (vgl. VwGH 4.2.2020, Ra 2020/14/0024, mwN). Dem wird die Zulässigkeitsbegründung der Revision indes nicht gerecht, zumal nicht dargelegt wird, welche Feststellungen vom Bundesverwaltungsgericht zur Situation von Christen in Syrien konkret zu treffen gewesen wären.

11       Soweit schließlich die Revision - ohne auf die Voraussetzungen für das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung Bezug zu nehmen - die Verletzung der Verhandlungspflicht rügt, verabsäumt sie es, konkret darzulegen, inwiefern das Bundesverwaltungsgericht von den in der Rechtsprechung zu § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre (vgl. zu diesen Leitlinien grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018).

12       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 11. Februar 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020200368.L00

Im RIS seit

16.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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