TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/15 95/15/0184

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Veröffentlicht am 15.05.1997
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §21 Abs1;
BAO §23;
EStG 1972 §4;
EStG 1988 §4;
FinStrG §11;
FinStrG §29 Abs1;
FinStrG §29 Abs3 lita;
FinStrG §29 Abs3;
FinStrG §34 Abs1;
FinStrG §89 Abs5;
FinStrG §9;
StGB §12;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. K in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat) vom 6. Juli 1995, Zl. 16/10/2-GA6-ZoW/95, betreffend fahrlässige Abgabenverkürzung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565,-- S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erstattete am 15. Dezember 1989 bei der Finanzstrafbehörde Selbstanzeige. Er habe in den Jahren 1986 und 1987 in den Einkommensteuererklärungen Verluste aus Verlustbeteiligungen geltend gemacht (1986: 220.000,-- S; 1987: 660.000,-- S), und zwar zu Unrecht, weil er nicht Gesellschafter der die Verluste erwirtschaftenden Gesellschaften geworden sei, bei diesen keine Einlage gezahlt habe und sich auch nicht zur Zahlung einer Einlage verpflichtet habe.

Mit Bescheid vom 13. Jänner 1994 leitete die Finanzstrafbehörde gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahrens ein wegen des Verdachtes, er habe vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht Abgaben verkürzt. Der Beschwerdeführer habe in der Einkommensteuererklärung 1986 einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 220.000,-- S aus der Beteiligung an der W GmbH & Co KG, in der Einkommensteuererklärung 1987 einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 660.000,-- S aus der Beteiligung als typischer stiller Gesellschafter an der G GmbH & Co Leasing OHG geltend gemacht. Nach Beurteilung der Abgabenbehörde und der Finanzstrafbehörde lägen aber ernsthaft gewollte Gesellschaftsverhältnisse nicht vor, sondern stelle die Zeichnung der Gesellschaftsverträge eine Scheinhandlung zur Lukrierung ungerechtfertigter Verlustzuweisungen dar; es seien auch keine Einlagen auf die Beteiligungen geleistet worden. Der Selbstanzeige könne keine strafbefreiende Wirkung zukommen, weil im Zeitpunkt ihrer Einbringung bereits Verfolgungshandlungen gegen andere an der Tat Beteiligte gesetzt gewesen seien. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Administrativbeschwerde, welche sich im wesentlichen gegen die Annahme vorsätzlichen Handelns und die Versagung der strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige wendet, wies die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz mit Beschwerdeentscheidung vom 14. März 1994 als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer habe die Verluste aus den in Rede stehenden Beteiligungen in den Einkommensteuererklärungen angeführt, es sei sodann zu einer erklärungsgemäßen Einkommensteuerveranlagung gekommen. Erst in der Folge sei festgestellt worden, daß lediglich fingierte Beteiligungen vorgelegen seien. Es lägen im gegenständlichen Fall genügend Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens vor.

Mit Erkenntnis der Strafbehörde erster Instanz vom 24. Februar 1995 wurde der Beschwerdeführer der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt, weil er im Bereich bestimmt bezeichneter Finanzämter in Österreich vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen (Ansatz ungerechtfertigter Verluste) Einkommensteuer 1986 in Höhe von 72.140,-- S und Einkommensteuer 1987 in Höhe von 315.415,-- S verkürzt habe. Im Konzern, in welchem der Beschwerdeführer tätig gewesen sei, hätten leitende Angestellte Zuweisungen von Verlustgesellschaften erhalten, an denen sie sich nur zum Schein und ohne eigenes finanzielles Risiko beteiligt hätten, um entsprechende Steuervorteile zu lukrieren. Diesbezüglich habe sich der Beschwerdeführer an den im Bereich dieses Konzerns tätigen Dr. G gewandt, der ihm erklärt habe, er müsse die "Beteiligung" nicht selbst leisten, das Geld stelle die Firma zur Verfügung, die Tilgung dieser Beträge erfolge aus den Mitteln der Barauszahlung. Der Beschwerdeführer habe daraufhin derartige Beteiligungen gezeichnet. Als der Beschwerdeführer seinen Steuerberater mit der Erstellung der Steuererklärungen unter Berücksichtigung der Verlustanteile beauftragt habe, sei er sich gewiß gewesen, daß er hiedurch eine entsprechende Steuervergünstigung erreichen werde, und habe auch das Unrechtmäßige seiner Vorgangsweise sowie die Verschweigung maßgeblicher Umstände für die Steuerfestsetzung ernstlich erwogen und sich damit billigend abgefunden. Der Selbstanzeige des Beschwerdeführers komme keine strafbefreiende Wirkung zu; es seien nämlich bereits vor ihrer Einbringung gegen die Geschäftsführer der Verlustbeteiligungsgesellschaften wegen Verdachtes der Abgabenhinterziehung Anzeigen erstattet und daher gegen am Delikt des Beschwerdeführers Beteiligte Verfolgungshandlungen gesetzt gewesen. Diese Geschäftsführer seien hinsichtlich der Meldung von Scheinbeteiligungen im Abgabenverfahren als Beitragstäter und sohin als Beteiligte iSd § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG anzusehen.

Über die gegen dieses Straferkenntnis eingebrachte Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid entschieden. Mit diesem wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe fahrlässig im Bereich bestimmt bezeichneter Finanzämter in Österreich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1986 und 1987 (Ansatz ungerechtfertigter negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 1986 in Höhe von 220.000,-- S und eines Verlustes aus Gewerbebetrieb für 1987 in Höhe von 660.000,-- S) Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen waren, und zwar Einkommensteuer 1986 in Höhe von 72.140,-- S und Einkommensteuer 1987 in Höhe von 315.415,-- S verkürzt. Er habe dadurch das Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG begangen, weshalb eine Geldstrafe von 80.000,-- S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen) verhängt werde. Der Beschwerdeführer sei Jurist und habe im Herbst 1986 Funktionen in der Firmengruppe X, Bautreuhand I, übernommen. JP sei Geschäftsführer der zum Konzern gehörigen W GmbH; diese sei geschäftsführende Komplementärin der gleichnamigen KG. JP habe als Geschäftsführer u.a. unrichtige Erklärungen der Einkünfte der Gesellschafter der KG für das Jahr 1986 (durch Ausweisung von tatsächlich nicht beteiligten Gesellschaftern) erstellt und dadurch bewirkt, daß die zu Unrecht zugewiesenen Verluste in die Steuererklärung der Gesellschafter Aufnahme gefunden hätten. Ing. M sei Geschäftsführer der weiteren Konzernfirma G GmbH gewesen, die ihrerseits geschäftsführende Komplementärin der gleichnamigen Leasing OHG gewesen sei. Ing. M sei in gleicher Weise vorgegangen wie JP. Dipl.Vw. S sei Geschäftsführer der C-AG gewesen, die unrichtige Treuhandkonten der genannten Firmen geführt habe und Einzahlungen von tatsächlich nicht beteiligten Personen zum Zweck der Abgabenverkürzung vorgetäuscht habe. Leitende Angestellte des Konzerns und auch dem Konzern nahestehende Rechtsanwälte und Steuerberater hätten unter dem Schlagwort "hausinterne Verlustbeteiligung" Zuweisungen von Verlustgesellschaften erhalten, an denen sie sich nur zum Schein und ohne finanzielles Risiko beteiligt hätten, um entsprechende Steuervorteile zu lukrieren. Der Beschwerdeführer habe sich in der Frage dieser Beteiligungen an Dr. G gewandt, der die Firmengeschicke maßgeblich geleitet habe. Dr. G habe dem Beschwerdeführer erklärt, die "Beteiligung" an diesen Verlustgesellschaften müsse er nicht selbst leisten, das Geld stelle die Firma zur Verfügung, die Tilgung dieser Beträge erfolge auf 10 Jahre mit den Mitteln der Barauszahlung; der Beschwerdeführer solle lediglich seinen steuerlichen Abschreibungsbedarf durch einen Steuerberater ermitteln lassen. Der Beschwerdeführer habe daraufhin bei der Wohnungseigentum B GmbH & Co KG eine Beteiligung der genannten Art in Höhe von 220.000,-- S gezeichnet, die ihm mit Schreiben dieser Firma vom 13. Mai 1987 als Verlust zugewiesen worden sei. Bei der G GmbH & Co Leasing OGH habe er eine Beteiligung dieser Art in Höhe von 660.000,-- S gezeichnet; mit Schreiben vom 29. Juli 1988 sei ihm in diese Höhe ein Verlust zugewiesen worden. Als der Beschwerdeführer den Steuerberater Dipl.Vw. S mit der Erstellung der Steuererklärungen für 1986 und 1987 unter Geltendmachung der Verluste beauftragt habe, sei er sich nicht nur gewiß gewesen, daß er hiedurch eine entsprechende Steuerverminderung erreichen würde, sondern habe auch das Unrechtmäßige seiner Vorgangsweise sowie die Verschweigung maßgeblicher Umstände für die Steuerfestsetzung ernstlich erwogen und sich damit billigend abgefunden.

Am 15. Dezember 1989 habe der Beschwerdeführer Selbstanzeige erstattet und vorgebracht, er sei gar nicht Gesellschafter jener Gesellschaften gewesen, hinsichtlich derer er in den Einkommensteuererklärungen für 1986 und 1987 Verlustanteile ausgewiesen habe. Dieser Selbstanzeige könne nach Ansicht der belangten Behörde strafbefreiende Wirkung nicht zukommen, weil das Finanzamt bereits am 29. November 1989 Anzeige gegen die Geschäftsführer JP, Ing. M sowie Dipl. Ing. S wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung nach den §§ 11 und 33 Abs. 1 FinStrG erstattet habe, da sich der Verdacht ergeben habe, daß erhebliche Verluste an Scheingesellschafter verteilt worden seien, an Personen, die nie eine Einlage in eine der Gesellschaften einbezahlt hätten. Am 4. Dezember 1989 habe das Landesgericht Salzburg gegen JP. Ing. M und Dipl. Ing. S Strafverfahren wegen dieser Delikte eingeleitet und das Finanzamt gemäß § 197 FinStrG mit den erforderlichen Ermittlungen beauftragt. Die genannten Geschäftsführer seien hinsichtlich der Meldung von Scheinbeteiligten (im Abgabenverfahren) als Beitragstäter und damit als Beteiligte iSd § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG anzusehen; es seien sohin Verfolgungshandlungen gegen in § 29 Abs. 3 FinStrG genannte Personen gesetzt gewesen.

Aus den Betriebsprüfungsberichten über die abgabenbehördlichen Prüfungen bei den in Rede stehenden Verlustgesellschaften ergebe sich, daß Einzahlungen über die Concentra AG lediglich buchhalterisch vorgetäuscht worden seien, um hieraus die "hausinternen" Zeichner "zum Schein zu beteiligen".

Die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe sich hinsichtlich der "hausinternen Verlustbeteiligungen" an Dr. G aus der Firmengruppe der X gewandt und von diesem Auskünfte und Anweisungen erhalten, erscheine der belangten Behörde als glaubwürdig. Zu klären sei in diesem Zusammenhang, ob der Beschwerdeführer gutgläubig gewesen sei oder ob er das Unrechtmäßige seines Verhaltens zumindest ernstlich erwogen und in Kauf genommen habe. Die Strafbehörde erster Instanz sei zur Auffassung gelangt, daß der Beschwerdeführer nicht gutgläubig gewesen sei; sie verweise in diesem Zusammenhang zunächst auf die Selbstanzeige, in welcher zum Ausdruck gebracht werde, daß die Verluste zu Unrecht geltend gemacht worden seien. Unabhängig davon sei - so der erstinstanzliche Bescheid - der Beschwerdeführer nach seiner Ausbildung, seiner langjährigen Tätigkeit in der Bundeswirtschaftskammer und seiner Funktionen in der betroffenen Firmengruppe, auch wenn er sich vorwiegend im Ausland aufgehalten habe, zweifelsfrei in der Lage gewesen, das Unrechtmäßige seiner Vorgangsweise zu erkennen, und habe diese Unrechtmäßigkeit auch erkannt; der Beschwerdeführer habe Dr. G mehrfach befragt, ob die Vorgangsweise rechtlich in Ordnung sei, und habe damit seine Bedenken zum Ausdruck gebracht. Ein weiteres Indiz sei, daß die Höhe der Beteiligungen danach bemessen worden sei, was aufgrund der Höhe des Einkommens des Beschwerdeführers erforderlich gewesen sei. Es sei nach Ansicht der Strafbehörde erster Instanz auch völlig unzweifelhaft, daß der Beschwerdeführer das Konzept der "hausinternen Verlustbeteiligung" durchschaut habe, zumal es selbst einem Laien erkennbar sei; der Beschwerdeführer habe der Abgabenbehörde gegenüber die Zeichnung von Gesellschaftsbeteiligungen und dadurch erlittene Verluste behauptet, ohne selbst das geringste wirtschaftliche Risiko eingegangen zu sein; es sei ihm erkennbar gewesen, daß er sich mit dieser Konstruktion in gesetzwidriger Weise aus dem Steuertopf bediene, ohne der Behörde die wahren Hintergründe offenzulegen. In der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, es sei ihm von Dr. G vorgeschlagen worden, daß die Einlagen auf die Scheinbeteiligungen von einer anderen Konzerngesellschaft als Darlehen vorgeschossen würden, sodaß es also tatsächlich zu einer Einzahlung komme. Es sei ihm dann mitgeteilt worden, daß es tatsächlich zu diesen Einzahlungen gekommen sei. Hiezu entgegne die belangte Behörde, auf Grund des Überprüfungsberichtes stehe fest, daß es sich um Scheinbeteiligungen und buchhalterisch durchgeführte Manipulationen gehandelt habe. Weiters sei aus den vorliegenden Zeichnungsscheinen ersichtlich, daß sich der Beschwerdeführer bei der Zeichnung verpflichtet habe, binnen drei Wochen den Zeichnungsbetrag einzuzahlen; daraus sei erkennbar, daß es sich nicht um ein Geschenk oder ein Darlehen der Firma gehandelt habe. Der Beschwerdeführer habe auch weder einen Darlehensvertrag vorlegen noch einen Nachweis für eine von ihm erbrachte Leistung erbringen können. Dem Beschwerdeführer sei aber hinsichtlich der subjektiven Tatseite Recht zu geben. Wenn er vorbringe, er habe sich auf die Zusagen des Dr. G, der seinerzeit als seriöser Geschäftsmann gegolten habe, verlassen, so folge daraus, daß der Vorsatz mit "straferforderlicher" Sicherheit nicht nachweisbar sei. Es ergebe sich sohin, daß in objektiver und subjektiver Hinsicht das Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG verwirklicht worden sei. Es hätte dem Beschwerdeführer auffallen müssen, daß er 820.000,-- S an Verlusten geltend mache, denen konkrete Leistungen von seiner Seite nicht gegenüberstünden. Er hätte dies bei entsprechender Sorgfalt erkennen können, zumal er eine profunde Ausbildung im Wirtschaftsbereich habe. Er habe daher die Sorgfalt außer acht gelassen, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt gewesen wäre und die ihm zuzumuten gewesen wäre. Deshalb habe es dazu kommen können, daß er die Abgabenverkürzung nicht erkannt habe. Zumindest wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, sich bei Abgabe der Einkommensteuererklärung zu erkundigen, ob die vom Zeichnungsschein abweichenden Vorgangsweisen tatsächlich zur Einzahlung der Beteiligung geführt hätten.

Bei der Strafbemessung sei mildernd die bisherige Unbescholtenheit, die erfolgte Schadensgutmachung und die Verleitung zu den Straftaten, insbesondere durch Dr. G, als erschwerend hingegen die Wiederholung der strafbaren Handlung zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit sei daher die Strafe auf 80.000,-- S zu reduzieren.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Finanzstrafakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, der Beschwerdeführer sei im Hinblick auf seine Auslandstätigkeit in Taiwan mit dem österreichischen Steuerrecht nicht vertraut gewesen, er habe sich deshalb bei Dr. G, einem Mitarbeiter aus dem Konzernbereich, in welchem auch der Beschwerdeführer tätig gewesen sei und zu welchem auch die in Rede stehenden Verlustgesellschaften gehörten, informiert und sich auf dessen Rechtsauskunft verlassen, nach welcher mit Beteiligungen der gegenständlichen Art alles in Ordnung sei, wird dadurch ein Irrtum iSd § 9 FinStrG, und zwar ein Rechtsirrtum behauptet.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer geglaubt, daß er sich hinsichtlich der "hausinternen Verlustbeteiligung" um Aufklärung an Dr. G gewandt habe und sich auf dessen Auskunft verlassen habe. Gerade weil nach der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde der Beschwerdeführer auf die Zusagen des Dr. G, daß die "hausinternen Verlustbeteiligungen" den steuerrechtlichen Vorgaben entsprächen, vertraut hat, hat sie dem Beschwerdeführer kein vorsätzliches Handeln zugerechnet. Sie ist daher davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer aufgrund eines - durch die Auskunft des Dr. G bewirkten - Irrtums geglaubt habe, die Scheinbeteiligungen an den in Rede stehenden Gesellschaften, die für den Beschwerdeführer in keiner Weise ein wirtschaftliches Verlustrisiko bedeutet hätten, würden zu einkommensteuerlich relevanten (im Rahmen der Einkommensteuererklärung anzusetzenden) Verlusten führen. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer sohin ohnedies einen Rechtsirrtum zugebilligt. Sie hat ihm aber, weil sie nicht von einem entschuldbaren Irrtum oder einer entschuldbaren Fehlleistung ausgegangen ist, im Grunde des § 9 FinStrG Fahrlässigkeit zugerechnet.

Soweit das Beschwerdevorbringen dahingehend zu verstehen ist, daß der Rechtsirrtum dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall nicht vorwerfbar sei, ist folgendes zu entgegnen: Die Unkenntnis des Gesetzes ist nur dann als unverschuldet anzusehen, wenn dem Steuerpflichtigen die Rechtsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, 92/16/0163). Die mangelnde Erkundigung ist dem Steuerpflichtigen vorzuwerfen, wenn ihm zumindest Zweifel über die Rechtslage kommen mußten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1986, 83/13/0033). Mußten dem Normadressaten Zweifel über die Rechtmäßigkeit seines Handelns aufkommen, so haben ihn die Zweifel zu veranlassen, hierüber bei der zuständigen Behörde anzufragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1990, 89/16/0044).

Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde hinsichtlich der objektiven Tatseite davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer eine Scheinbeteiligung an Gesellschaften eingegangen ist, und daß diese Scheinbeteiligung für den Beschwerdeführer in keiner Weise ein Risiko auf tatsächlichen Vermögensverlust mit sich gebracht habe. Es liegt auf der Hand, daß es für jeden wirtschaftlich denkenden Menschen zweifelhaft sein mußte, daß das Steuerrecht trotz des Ausschlusses der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Vermögenseinbuße einkommensteuerlich Verluste zubilligen sollte. Es kann daher auf sich beruhen, ob die belangte Behörde, was in der Beschwerde gerügt ist, zu Recht davon ausgegangen ist, der Beschwerdeführer habe über eine "profunde" Ausbildung im Wirtschaftsbereich verfügt. Der Beschwerdeführer hat sich im übrigen aufgrund dieser Zweifel tatsächlich um eine Auskunft bemüht; dabei hat er sich an Dr. G gewandt. Der Erkundigungspflicht ist allerdings dann nicht entsprochen, wenn die Auskunft, wie im gegenständlichen Fall, bei einer Person eingeholt wird, die erkennbar im Naheverhältnis zu den Verlustgesellschaften steht. Daran ändert nichts, daß der Beschwerdeführer keinen Anlaß hatte, an der Seriosität des Dr. G zu zweifeln, und daß er die Erkundigung bei einer außenstehenden Person als "eklatante Mißtrauensdemonstration" gegenüber Dr. G angesehen hätte.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, Dr. G habe ihm mitgeteilt, daß auch andere leitende Angestellte der Unternehmensgruppe und auch Anwälte und Steuerberater Verlustbeteiligungen der gegenständlichen Art gezeichnet hätten, so ändert auch dies nichts daran, daß der Beschwerdeführer nicht iSd hg. Erkenntnisses 89/16/0044 eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde eingeholt hat.

Der Beschwerdeführer verweist darauf, die Einkommensteuererklärungen seien von seinem steuerlichen Vertreter erstellt worden, diesem seien die Unterlagen über die Beteiligungen an den in Rede stehenden Gesellschaften vorgelegen. Der Beschwerdeführer behauptet aber nicht, er hätte den Steuerberater darüber informiert, daß - wie dies der Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde entspricht - bloße Scheinbeteiligungen vorgelegen seien. Wie aus den im Akt befindlichen Kopien der Zeichnungsscheine zu ersehen ist, ergibt sich - naturgemäß - auch aus diesen nicht, daß Beteiligungen bloß zum Schein eingegangen worden seien. Solcherart ist für den Beschwerdeführer aus dem Umstand, daß der vom Beschwerdeführer bevollmächtigte Steuerberater die "Verlustanteile", ohne den Beschwerdeführer über deren einkommensteuerrechtlichen Charakter aufzuklären, in die Steuererklärung aufgenommen hat, nichts zu gewinnen.

Die belangte Behörde hat dem Vorbringen des Beschwerdeführers, auf die Beteiligungen der gegenständlichen Art seien im Darlehenswege Einzahlungen geleistet worden, keinen Glauben geschenkt und darauf verwiesen, daß kein (schriftlicher) Darlehensvertrag vorliege und der Beschwerdeführer auch keinerlei Leistungen erbracht habe. Auf das gegen diese Beweiswürdigung gerichtete Beschwerdevorbringen braucht nicht eingegangen zu werden. Die gegenständlichen Beteiligungen stellen nämlich nach der Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, welcher der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegentritt, Scheinbeteiligungen dar; selbst wenn hinsichtlich solcher Beteiligungen - etwa aus Gründen der Bilanzoptik - ein Geldfluß stattgefunden hätte, könnten sie nicht einkommensteuerlich beachtliche Verlustanteile vermitteln.

Der Beschwerdeführer bekämpft mit seinem weiteren Vorbringen die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Selbstanzeige komme im gegenständlichen Fall keine strafbefreiende Wirkung zu, weil bereits Verfolgungshandlungen iSd § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG gegen Beteiligte vorgelegen seien. Die JP, Ing. M und Dipl.Vw. S vorgeworfenen Tathandlungen lägen darin, daß sie angeblich unrichtige Bestätigungen über Beteiligungen ausgestellt haben. Die Tathandlung des Beschwerdeführers habe darin bestanden, daß er Verluste aus nicht bestehenden Beteiligungen in den Einkommensteuererklärungen abgesetzt habe. JP, Ing. M und Dipl.Vw. S könnten deshalb nicht Mittäter hinsichtlich der Tat des Beschwerdeführers sei, weil sie nicht gewußt hätten, inwieweit der Beschwerdeführer tatsächlich die Verluste aus den (nicht bestehenden) Beteiligungen an den in Rede stehenden Gesellschaften geltend machen werde.

Der Verwaltungsgerichtshof verweist in diesem Zusammenhang auf sein Erkenntnis vom 23. Februar 1994, 93/15/0155, das einen Steuerpflichtigen betrifft, welcher Verluste aus einer behaupteten Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter an der G GmbH & Co OHG geltend gemacht hat und dessen Selbstanzeige am 22. Dezember 1989 beim Finanzamt eingelangt ist. In diesem Erkenntnis wird die Frage aufgeworfen, ob eine Verfolgungshandlung iSd § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG darin zu erblicken sei, daß am 12. Dezember 1989 Verfolgungshandlungen u. a. gegen Ing. M im Zusammenhang mit den Scheinbeteiligungen an der OHG gesetzt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof führt in diesem Erkenntnis aus, für den gemäß § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG maßgeblichen Begriff des "Beteiligten" komme es nicht darauf an, ob der Beteiligte ein Mittäter ist; es seien ua alle Personen als "Beteiligte" und damit als Täter anzusehen, die zur Ausführung der Tat beitragen. Durch die Meldung von Scheinbeteiligungen im Abgabenverfahren betreffend die OHG sei Ing. M als Beitragstäter und damit als Beteiligter iSd § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG anzusehen.

Der Verwaltungsgerichthof sieht sich durch den vorliegenden Fall nicht zu einem Abgehen von seiner Rechtsprechung veranlaßt. Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im gegebenen Zusammenhang Ing. M hinsichtlich der Scheinbeteiligungen an der gewerblichen OHG, JP hinsichtlich jener an der vermögensverwaltenden KG als Beteiligte angesehen und im Hinblick auf die unstrittigen Verfolgungshandlungen gegen diese Personen für den Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Straffreiheit nach § 29 FinStrG als nicht erfüllt angesehen hat.

Die Beschwerde wendet sich schließlich gegen die Strafzumessung. In Anbetracht des in § 34 Abs. 4 FinStrG festgelegten Strafrahmens, der im gegenständlichen Fall bis ca. 387.000,-- S reicht, ist aber für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde nicht in einer dem Gesetz entsprechenden Weise von ihrem Ermessensspielraum Gebrauch gemacht hätte. In Anbetracht des Umstandes, daß die Abgabenverkürzungen durch Scheinbeteiligungen an den in Rede stehenden Gesellschaften offenkundig modellhaft praktiziert worden sind, kann keine Rede davon sein, daß, wie dies in der Beschwerde behauptet wird, der "soziale Störwert" der Tat untypisch niedrig sei. Im gegenständlichen Fall erstattete der Beschwerdeführer Selbstanzeige zu einem Zeitpunkt, in welchem die Liste der "Scheingesellschafter" bereits beschlagnahmt, sich aber (iSd § 89 Abs. 5 FinStrG) noch in einem versiegelten Kuvert befand. Eine derartige Selbstanzeige brauchte jedenfalls nicht strafmildernd berücksichtigt zu werden.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995150184.X00

Im RIS seit

07.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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