TE OGH 2021/2/2 15Os129/20i

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Veröffentlicht am 02.02.2021
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Februar 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen M***** N***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. Juli 2020, GZ 13 Hv 33/20w-22, und über dessen Beschwerde gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Verfallserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und über die Beschwerde werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1]       Mit dem angefochtenen Urteil wurde M***** N***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt. Gemäß § 20 Abs 1 und 3 StGB wurde ein Betrag von 217.726,84 Euro für verfallen erklärt.

[2]       Danach hat er in W***** gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, C***** M***** durch die Vortäuschung finanzieller Schwierigkeiten, von Schicksalsschlägen und unerwarteten Ereignissen sowie seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit, also durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen, die sie „in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag“ an Vermögen schädigten oder schädigen sollten, nämlich zur Übergabe von Geldbeträgen als Darlehen,

A. verleitet, und zwar von Jänner 2017 bis August 2019 in über 100 im angefochtenen Urteil im Einzelnen angeführten Angriffen zur Übergabe von in mehreren Fällen 5.000 Euro übersteigenden Geldbeträgen,

B. zu verleiten versucht, und zwar von August 2019 bis zum 4. Oktober 2019, indem er die Genannte in mehrfachen Angriffen telefonisch um weitere finanzielle Unterstützung ersuchte, wobei es beim Versuch blieb, weil sie ihm mangels finanzieller Mittel kein weiteres Geld mehr geben konnte.

[3]       Gegen dieses Urteil meldete der Angeklagte rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wegen Strafe an (ON 24). Nach Zustellung der Urteilsausfertigung an den Verteidiger wurde die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch nicht ausgeführt.

Rechtliche Beurteilung

[4]       Diese war somit bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, weil auch bei der Anmeldung kein Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet worden war (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285 Z 2 StPO).

[5]       Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe und die (implizite) Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[6]       Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dem Verfallserkenntnis eine sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkende Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO anhaftet.

[7]       Das Erstgericht erklärte gemäß § 20 Abs 1 und 3 StGB einen Geldbetrag von 217.726,84 Euro für verfallen (US 7), ohne (hinreichende) Feststellungen zur Höhe dieses Betrages zu treffen.

[8]       Gemäß § 20a Abs 2 Z 2 StGB ist der Verfall überdies ausgeschlossen, soweit der Betroffene zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt hat.

[9]       Nach den erstgerichtlichen Feststellungen erstattete der Angeklagte der Geschädigten gelegentlich „geringere, maximal im unteren dreistelligen Bereich liegende Beträge“ zurück (US 8). Dadurch wurde – noch vor der Urteilsfällung in erster Instanz – deren zivilrechtlicher Anspruch teilweise, in einem der Höhe nach jedoch nicht festgestellten Umfang befriedigt.

[10]     In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war daher das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Verfallserkenntnis aufzuheben (vgl RIS-Justiz RS0119220 [T9]) und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien (als Einzelrichter; siehe RIS-Justiz RS0100271 [T13, T14]) zu verweisen.

[11]     Die Kostenentscheidung, die die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), gründet sich auf § 390 Abs 1 StPO.

Textnummer

E130812

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00129.20I.0202.000

Im RIS seit

04.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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