Gbk 2020/8/19 GBK II/387/18

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Veröffentlicht am 19.08.2020
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Diskriminierungsgrund

Religion

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung auf Grund der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

Text

Senat II der Gleichbehandlungskommission

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/387/18 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch B (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin

l i e g t n i c h t v o r.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin als Straßenbahnfahrer beworben habe. Er habe den Eindruck, dass er wegen „seiner christliche Werte (orthodox)“ von einer zukünftigen Beschäftigung bei der Antragsgegnerin ausgeschlossen worden sei.

Er habe die schriftliche Bestätigung bekommen, dass seine Wiederaufnahme abgelehnt werde, nachdem er sich für verschiedene Jobs bei der Antragsgegnerin beworben habe. Ihm sei telefonisch erklärt worden, dass seine Bewerbungen sowie eine „Wiederaufnahme" von HR-Verantwortlichen geprüft worden seien.

Er habe am … eine Ausbildung bei der Antragsgegnerin als Busfahrer begonnen, wobei es mit einem seiner damaligen Lehrlenker, Herrn C, Probleme - u.a. im Zusammenhang mit einer Ausbildungsfahrt - gegeben habe. Er habe vorgehabt, einen Lehrlenker-Wechsel zu verlangen. Nach dem Ausscheiden bei der Antragsgegnerin habe er privat die D-Schein-Prüfung erfolgreich bestanden.

Er vermute, dass sein „Berufsverbot" bei der Antragsgegnerin irgendetwas mit Herrn C zu tun haben könnte. Als Christ versuche er, ständig aus seinen Fehler und Unzulänglichkeiten zu lernen und ein besseres Mitglied der Gesellschaft zu werden. Aus Treue zu seinem Glauben trage er bewusst ein schwarzes geflochtenes Textil-Kreuz als Halskette. Es sei sehr wahrscheinlich, dass Herr C beim Umziehen im Bus während der Lehrzeiten dieses Kreuz bemerkt und sein Verhalten ihm gegenüber entsprechend angepasst habe.

In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass diese in X im Wesentlichen den öffentlichen Personennahverkehr betreibe. … Fahrgäste nähmen täglich das Angebot der Antragsgegnerin in Anspruch, wobei diese aus der ganzen Welt kämen, in verschiedenen Sprachen kommunizierten und unterschiedlichste Hintergründe hätten.

Die Antragsgegnerin beschäftige aktuell ca. … MitarbeiterInnen, die ihre Wurzeln in unterschiedlichen Nationen der Welt hätten und … Konfessionen angehörten. Internationalität und Vielfalt seien der Antragsgegnerin ein großes Anliegen.

Bereits aus diesen Gründen seien die Ausführungen des Antragstellers zu einer etwaig bestehenden Diskriminierung aus religiösen Umständen nicht nachvollziehbar. Der Antragsteller sei von… bis … bei der Antragsgegnerin als Autobuslenkerschüler beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei im Probemonat gelöst worden. Grund dafür sei gewesen, dass der Antragsteller die praktische D-Prüfung, welche vom Verkehrsamt X abgenommen werde, nicht bestanden habe. Eine Wiederaufnahme habe nicht befürwortet werden können, insbesondere auch deshalb, da die Antragsgegnerin in kostenaufwendige Ausbildungen für ihre MitarbeiterInnen - etwa als StraßenbahnfahrerInnen oder SicherheitsdienstmitarbeiterInnen - investieren müsse.

Angeführt wurde, dass die Antragsgegnerin eine Beschwerdestelle für alle MitarbeiterInnen, die sich am Arbeitsplatz durch Konflikte udgl. belastet fühlten, eingerichtet habe. Auch dem Antragsteller sei es offen gestanden, mit seinen Anliegen während der Ausbildung an die Beschwerdestelle heranzutreten. Der Beschwerdestelle lägen aber keine Anfragen oder Beschwerden des Antragstellers vor.

Zusammenfassend halte die Antragsgegnerin fest, dass keine Diskriminierung aus religiösen Gründen vorliege.

BEFRAGUNG VON AUSKUNFTSPERSONEN

In der gemeinsamen Befragung des Antragstellers und Frau Dr.in D als Vertreterin der Antragsgegnerin führte der Antragsteller aus, dass es sich bei der im Antrag von ihm thematisierten Ablehnung seiner Bewerbung auf Grund der Religion um eine Vermutung seinerseits gehandelt habe. Er habe alle Voraussetzungen erfüllt, eine technische Schule absolviert. Er habe dann per E-Mail die Mitteilung erhalten, dass er für eine Wiederaufnahme gesperrt sei. Er habe aber nichts Schlechtes gemacht.

Auf Frage, warum die Nichtaufnahme seiner Meinung nach etwas mit seinem früheren Arbeitsverhältnis zur Antragsgegnerin zu tun habe, gab er an, dass er immer in Kontakt mit den MitarbeiterInnen gewesen sei und diese ihn sehr gut kennenlernen hätten können, sie hätten sich eine Meinung über ihn gebildet.

Es habe sein können, dass diese sein Kreuz gesehen hätten. Auf Frage, warum er glaube, dass die Ablehnung seiner Bewerbung etwas mit seinem Kreuz zu tun habe, meinte er, dass es eine Diskriminierung sei, dass man ihn nicht nochmals einstellen wolle, obwohl er „unschuldig“ sei. Er sei ständig dafür, Gutes zu tun – „vielleicht das“, er habe „keine Ahnung, was“. Er würde auch gerne wissen, warum er „gesperrt“ sei.

Auf Nachfrage gab er an, dass die christliche Herkunft ein „Image“ bilde, möglicherweise „hasse“ man ihn. Die Nachfrage, ob dies jemand zu ihm gesagt habe, verneinte er.

Die Frage, ob es bei seiner Lehrfahrt bei seiner Ausbildung zum Busfahrer 2017 einen Unfall gegeben habe, verneinte er. Sein Trainer habe ihm zu spät gesagt, dass er aufpassen solle.

Danach habe er sich für mindestens 15 Stellen, bei denen er die Voraussetzungen erfüllt hätte, bei der Antragsgegnerin beworben. Auf Nachfrage habe er dann ohne weitere Erklärungen erfahren, dass er für eine Neuaufnahme „gesperrt“ sei.

Mittlerweile habe er aus eigenem die Prüfung wiederholt und den entsprechenden D-Führerschein erworben. Er habe aber die Hoffnung gehabt, bei der Antragsgegnerin arbeiten zu können.

Sein Lehrausbildner Herr C habe wenig Geduld mit ihm gehabt. Im Vergleich zu anderen Trainern war er etwas zu „rau“, er habe gewartet, bis er (der Antragsteller) das Auto kaputt mache. Er habe immer ein mulmiges Gefühl gehabt, wenn er mit Herrn C gefahren sei, er habe dann auch einen anderen Trainer beim Garagenchef verlangt.

Auf den Hinweis, dass er dies im Antrag anders geschildert habe, meinte er, dass er bis zur praktischen Prüfung glaublich noch einen anderen Trainer gehabt habe. Auf Frage gab er an, dass Herr C anfangs „minimal freundlich“ gewesen sei, er habe ein schlechtes Gefühl gehabt.

Auf Frage, ob Herr C nur zu ihm oder grundsätzlich unfreundlich gewesen sei, meinte der Antragsteller, dass es sehr „konfrontationell“ gewesen sei, er glaube, mit anderen Kollegen sei dieser nicht so umgegangen. Mit ihm sei es ein Alptraum gewesen.

Auf Frage, wie er seinen Glauben im täglichen Leben lebe, meinte der Antragsteller, dass er niemanden bekehre, er versuche, seinem Glauben treu zu sein, in dem er sich gut benehme und das Richtige tue.

Auf Frage gab er an, dass er sich für eine Ausbildungsstelle beworben habe.

Auf Frage, ob die Chemie mit Herrn C von Anfang an nicht gestimmt habe, führte er aus, dass sich diese im Lauf der Zeit noch verschlechtert habe. Was ausschlaggebend für seinen Wunsch nach einem anderen Trainer gewesen sei, konnte er nicht angeben.

Ob Herr C sein Kreuz gesehen habe, wisse er nicht, er habe Herrn C nicht darauf angesprochen – das sei eine Vermutung von ihm, weil er versucht habe, dessen „Hass“ zu verstehen.

Auf Frage, ob er bei der antragsgegenständlichen Bewerbung Bezug auf das Arbeitsverhältnis als Busfahrer genommen habe, gab er an, sich nicht erinnern zu können.

Die Frage, ob er sein Glaubensbekenntnis bei der Bewerbung angegeben habe, verneinte er. Kontakt zu anderen Fahrschülern habe er damals nicht gehabt. Mit Herrn C habe er nicht über seinen Glauben gesprochen.

Dr.in D gab an, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Antragsteller im Probemonat gelöst worden sei, weil dieser die praktische externe D-Prüfung nicht bestanden habe. Es gebe bei der Antragsgegnerin kein Aufnahmeverbot für in der Vergangenheit bereits bei der Antragsgegnerin beschäftigte Personen, hinsichtlich der Nichtwiederbeschäftigung von Personen, die eine Prüfung in einem vorherigen Arbeitsverhältnis zur Antragsgegnerin nicht bestanden hätten, gebe es aber finanzielle Erwägungen.

Auf Frage, ob es hier einen „Automatismus“ gebe, meinte sie, dass das Recruiting bei der Ausbildungsabteilung nachfrage, ob diese einer Wiederaufnahme zugänglich sei oder nicht; da die praktische Prüfung vom Antragsteller nicht erfolgreich absolviert worden sei, habe sich die Ausbildungsabteilung gegen eine Wiederaufnahme ausgesprochen. Für die Ausbildung zum Straßenbahnfahrer sei eine mehrmonatige Ausbildung zu durchlaufen.

Sie selbst sei nicht für das direkte Auswahlverfahren zuständig, man müsse den Konnex zu weiteren BewerberInnen um offene Stellen sehen. Das Straßenbahnfahren sei jedoch ihrer Meinung nach eine mit dem Busfahren vergleichbare Tätigkeit.

Es sei gängige Praxis, dass eine nicht bestandene Prüfung nicht wiederholt werden könne, sondern das Probedienstverhältnis aufgelöst werde. Die Frage, ob diese Praxis den BewerberInnen vorab kommuniziert werde, konnte nicht beantwortet werden.

Die Frage, ob Herr C eine Einflussmöglichkeit auf spätere Bewerbungsprozesse des Antragstellers gehabt habe, wurde mit dem Hinweis auf die Recruitingstelle, die „aussondere“, dahingehend verneint, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass dieser hier beigezogen worden sei, da es ja insgesamt drei Ausbildungsfahrer gegeben habe. Herr C sei zweimal als Ausbildungsfahrer tätig gewesen.

Auf Frage, wie lange Informationen über vorherige Ausbildungsverhältnisse gespeichert würden bzw. intern abrufbar seien, gab sie an, dass die Antragstellung in einem zeitlichen Naheverhältnis erfolgt sei – der Zeitraum der Datenspeicherung müsse bei der Datenschutzabteilung der Antragsgegnerin erfragt werden.

Herr C schilderte bei seiner Befragung, dass er Fahrlehrer für den D-Führerschein, nicht aber für die Befähigung zum Straßenbahnfahrer sei. Er sei mit dem Antragsteller zweimal als Instruktor gefahren. Es komme auf die Einteilung an, es seien auch die eigenen Mitarbeiter zu schulen. Das Verhältnis zum Antragsteller umschrieb er mit „ein Schüler wie jeder andere“, man arbeite den Lehrplan ab, die Fahrschüler seien individuell. Auf Frage nach Schwierigkeiten gab er an, sich nicht mehr genau erinnern zu können, seit damals habe er einige hundert Fahrschüler betreut. Von einem Kollegen habe er damals nach einer Nachtfahrt erfahren, dass der Antragsteller noch weit hinter dem Lehrziel liege.

Auf Frage, ob die Lernziele dokumentiert werden, gab er an, dass es Feedback gebe, dokumentiert werde nur die Vorprüfung. Man versuche immer, das Feedback gut zu verpacken, damit etwas Positives dabei sei.

Rückfragen bezüglich Personen, die schon einmal ein Dienstverhältnis zur Antragsgegnerin gehabt haben, ergingen allenfalls an den Fachbereichsleiter, aber nicht an ihn. Inhaltliche Vermerke über die Fahrten gebe es nicht, das besprächen die Instruktoren untereinander.

Weit über 90 % der Fahrschüler schafften die Fahrprüfung. Auf Frage nach einem Zwischenfall mit dem Antragsteller während einer Lehrfahrt sei ihm keine konkrete Situation mehr erinnerlich.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin sowie auf die oben angeführten mündlichen Befragungen.

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das GlBG die GBK nicht zur Prüfung von jeglichen Vorwürfen auf Grund einer subjektiv empfundenen Ungerechtigkeit oder von Mobbing im Allgemeinen ermächtigt, sondern dass sich die Kognitionsbefugnis der GBK ausschließlich auf die Prüfung von Diskriminierungsvorwürfen im Zusammenhang mit den in § 17 genannten Gründen beschränkt, wobei dieser Zusammenhang bei Antragseinbringung vom/von der AntragstellerIn glaubhaft zu machen ist.

Für eine solche Glaubhaftmachung genügt nach der Rsp zwar eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei der zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers sprechen als dagegen (OGH 9 ObA 144/14p, ARD 6455/14/2015 = Arb 13.203; 9 ObA 177/07f, ZAS 2009/29, 186 [Klicka] = DRdA 2010/11, 137 [Eichinger]; vgl auch Windisch-Graetz, in ZellKomm3 [2018] § 12 GlBG Rz 16). Wird zB eine Bewerbung mit dem Hinweis abgelehnt, man verfüge über keine Sanitäreinrichtungen für männliche Mitarbeiter, liegt ein starkes Indiz für eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts vor (OGH 9 ObA 46/04m, ecolex 2004, 420 = ASoK 2005, 26).

Wesentlich ist dabei, dass das GlBG von einem gestuften Beweislastmodell ausgeht (dazu eingehend Weberndorfer, Glaubhaftmachung von Diskriminierung am Arbeitsplatz, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung – Hilfe oder Hemmnis beim Rechtszugang [2018] 35 [72]). Der/die AntragstellerIn ist aufgefordert, das verpönte Merkmal sowie die darauf basierende Benachteiligung zu benennen und mittels ausführlicher Darstellung des Geschehens zu konkretisieren. Der Senat der GBK ist dabei von der Richtigkeit und vom Vorliegen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zu überzeugen mit dem Ziel, die Kausalität einer besonderen Eigenschaft (hier Religion) mit einer Benachteiligung so zu verknüpfen, dass der damit befasste Senat der GBK vom Vorliegen einer Diskriminierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist.

Erst wenn dies gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn in einem weiteren Schritt zu beweisen, dass ein anderer als der glaubhaft gemachte Grund für die Ungleichbehandlung maßgeblich war (so überzeugend Weberndorfer, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung 72).

BEGRÜNDUNG

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

"§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ des behaupteten nach dem GlBG verbotenen Motivs, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss – wie bereits oben ausgeführt – mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).

Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist dabei extensiv zu interpretieren – alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge – sind hiervon umfasst.

Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren Religion herstellen, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.

Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus, der auf Basis der schriftlichen Stellungnahmen und Befragungen auf Grund der darzulegenden Erwägungen festgestellt wurde:

Der Antragsteller hat sich bei der Antragsgegnerin auf eine Anzeige hin als Straßenbahnfahrer beworben und eine Absage erhalten. Auf Nachfrage nach den dafür maßgeblichen Gründen hat er die Mitteilung erhalten, dass seine „Wiederaufnahme“ abgelehnt worden sei.

Aus übereinstimmendem Vorbringen ergibt sich, dass es im Jahr davor ein Arbeitsverhältnis mit der Antragsgegnerin zum Zweck der Ausbildung als Buslenker gegeben hatte, welches in der Probezeit gelöst worden war, nachdem der Antragsteller die D-Führerschein-Prüfung beim Verkehrsamt nicht bestanden hatte.

Die Glaubhaftmachung einer Diskriminierung im Sinne des GlBG erfordert mehr als das Äußern von reinen Vermutungen einer Person, dass ein vom GlBG geschütztes Merkmal – wie eben hier die Religion – bei einer konkreten Auswahlentscheidung eine Rolle gespielt haben könnte. Es müssen weitere objektivierbare Faktoren, wie zB dahingehende Äußerungen seitens der künftigen ArbeitgeberInnen oder eine „selektive“ Einstellungspolitik, hinzukommen, um das vom GlBG geforderte Maß an Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen Merkmal und Ablehnung zu indizieren, was im vorliegenden Fall jedoch nicht erbracht werden konnte.

Der Antragsteller konnte dem Senat zur Glaubhaftmachung einer Diskriminierung auf Grund der Religion befragt lediglich seine Vermutung ins Treffen führen, dass einer seiner Lehrlenker der Ausbildung im Jahr 2017, Herr C, möglicherweise sein Kreuz gesehen haben könnte und es auf Grund dessen in weiterer Folge zu einer Ablehnung seiner Person durch Herrn C gekommen sein könnte. Er gab dem Senat gegenüber an, mit dem Lehrlenker nicht über seine Religion gesprochen zu haben, auch habe er sein Religionsbekenntnis bei seiner Bewerbung nicht angegeben. Weitere Anhaltspunkte für sein Vorbringen, dass sein Religionsbekenntnis (mit)ausschlaggebend für die Ablehnung seiner Bewerbung als Straßenbahnfahrer im Jahr 2018 durch die Antragsgegnerin gewesen sei, konnte er nicht anführen.

Die Vertreterin der Antragsgegnerin brachte zudem in der Sitzung vor, dass es bei der Wiederbeschäftigung von Personen, die zuvor in einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis zur Antragsgegnerin eine Prüfung nicht bestanden haben, generell finanzielle Erwägungen hinsichtlich der Ausbildungskosten gebe und daher die recruitingverantwortliche Stelle bei der Ausbildungsabteilung im Einzelfall nachfrage, ob eine Wiederaufnahme befürwortet werde. Dies sei im Fall des Antragstellers nicht der Fall gewesen, weshalb dieser eine Absage erhalten habe. Somit sei vielmehr das davor gelöste Arbeitsverhältnis des Antragstellers wegen der nichtbestandenen Führerscheinprüfung maßgeblich für die Ablehnung seiner Bewerbung. Weiters könne sie sich nicht vorstellen, dass der Lehrlenker, Herr C, Einfluss auf die Nichtaufnahme des Antragstellers im Jahr 2018 haben hätte können, was von Herrn C durch dessen Aussage, dass allenfalls beim Fahrbereichsleiter, nicht aber bei ihm, betreffend einen ausgeschiedenen Mitarbeiter nachgefragt werden würde, auch bestätigt wurde.

Der Senat hat erwogen, dass der Antragsteller durch die bloße Vermutung, dass im Jahr 2017 jemand sein Kreuz gesehen haben könnte und daraufhin negative Ressentiments gegen ihn entwickelt haben könnte, nicht glaubhaft machen konnte, dass seine Religionszugehörigkeit in einem Zusammenhang mit der Ablehnung der Bewerbung als Straßenbahnfahrer durch die Antragsgegnerin gestanden ist.

Im gesamten Verfahren sind keinerlei Indizien für einen Zusammenhang zwischen der Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers im Jahr 2018 und dessen Religion ans Licht gekommen. Das Vorbringen der Antragsgegnerin war mangels Glaubhaftmachung durch den Antragsteller nicht weiter zu prüfen.

Das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin war daher zu verneinen.

EMPFEHLUNG

Das Vorbringen der Vertreterin der Antragsgegnerin betreffend die generelle Ablehnung von Personen, die bereits in einem früheren Arbeitsverhältnis zur Antragsgegnerin eine Prüfung nicht bestanden haben, gibt Anlass zu folgenden Bemerkungen:

Der Senat weist darauf hin, dass der Umstand, dass eine derartige Rekrutierungspolitik der Antragsgegnerin – allein aus Gründen der Transparenz eines künftigen Bewerbungsprozesses – diesem Personenkreis bereits im Vorfeld oder spätestens bei Absage kommuniziert werden sollte, um Vermutungen von BewerberInnen, dass andere Faktoren als der Umstand der nichtbestandenen Prüfung entscheidungsrelevant gewesen sein könnten, hintanzuhalten.

Überdies ist darauf hinzuweisen, dass ein derartiger Automatismus nach Meinung des Senates deshalb grundsätzlich problematisch ist, weil er zu einer mittelbaren Diskriminierung, etwa auf Grund der ethnischen Herkunft, führen könnte. Durch den Automatismus, wonach eine Wiederaufnahme nach einem mangelnden Ausbildungserfolg in einem vergangenen Probedienstverhältnis generell nicht mehr möglich ist, werden zwar dem Anschein nach alle BewerberInnen gleichbehandelt. Allerdings erfolgt dadurch im Einzelfall keine Berücksichtigung der Gründe der vorherigen Auflösung des Probedienstverhältnisses bzw. des Scheiterns der Ausbildung, sodass durch diese Vorgangsweise zB Menschen mit Migrationshintergrund in besonderer Weise benachteiligt werden könnten. So könnte etwa der mangelnde Ausbildungserfolg im vormaligen Probedienstverhältnis u.a. auf zu geringe Deutschkenntnisse zurückzuführen gewesen sein. Der Automatismus berücksichtigt jedoch nicht, dass eine Verbesserung der Deutschkenntnisse – wie sie im Laufe der Zeit bei Menschen mit Migrationshintergrund zu erwarten oder zumindest möglich ist – dazu geeignet ist, die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen künftigen Ausbildungsabschlusses maßgeblich zu beeinflussen.

Der Senat regt daher an, die von der Antragsgegnerin geschilderte Vorgangsweise im Sinne einer GlBG-konformen Vorgangsweise zu überdenken.

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2021
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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