Gbk 2020/10/29 GBK II/395/19

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Veröffentlicht am 29.10.2020
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Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung aufgrund der Religion und der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Dienstverhältnisses

Text

Senat II der Gleichbehandlungskommission

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/395/19 gem. § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund der Religion und der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch B (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin

l i e g t n i c h t v o r.

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin

l i e g t v o r.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der in Rumänien geborene und aufgewachsene Antragsteller mit ungarischer Muttersprache und orthodoxem Glaubensbekenntnis sich in der Vergangenheit mehrfach beim B um verschiedene Jobs beworben habe. Ebenso habe er seinen Lebenslauf freigegeben um für passende Jobs kontaktiert zu werden.

Da er bisher nur Absagen erhalten habe, glaube er, dass die Antragsgegnerin ihn wegen seiner Herkunft sowie seiner durch christliche Werte geprägten Weltanschauung diskriminiere.

Sein Antrag beziehe sich auf seine Bewerbung um einen Ausbildungsplatz als „WagenmeisterIn …“, für die er eine Absage erhalten habe.

Nachdem er die Voraussetzungen zur Gänze erfülle und die Eignungsuntersuchung und die medizinische Untersuchung positiv bestanden habe, sei ihm nach dem Vorstellungsgespräch mitgeteilt worden, dass sich die Antragsgegnerin für einen anderen Bewerber entschieden habe.

Er habe im Ausland eine in Österreich anerkannte HTL-ähnliche Berufsmatura absolviert; wegen seiner Beschäftigung als Sicherheitsdienstmitarbeiter habe er das Arbeiten am Abend, in der Nacht und am Wochenende kennengelernt und erfolgreich ausgeübt.

Am … habe er die Antragsgegnerin telefonisch kontaktiert um nachzufragen, ob sein E-Mail mit dem "Ersuchen um Begründung der Ablehnung meiner Stellenbewerbung" angekommen sei.

Er habe mit Herrn C gesprochen und habe nochmal eine detaillierte Begründung für die Absage verlangt. Dieser habe ihm gesagt, dass die Absage wegen einer begrenzten Anzahl an Ausbildungsplätzen zum Wagenmeister erfolgt sei, ferner sei die Antragsgegnerin „nicht verpflichtet, eine Absagebegründung bekannt zu machen".

Auf einen Verbesserungsauftrag des Senates zur Konkretisierung seines Antrags gab er u.a. an, „es scheine so, als ob B die Antragsgegnerin ein Beschäftigungsverbot/Berufsverbot ausgehändigt habe“.

Bei den Bewerbungsgesprächen für die Stelle als Wagenmeister habe er seine Herkunft bzw. seine christlich geprägte Weltanschauung gar nicht zurückhalten oder verbergen können.

Er vermute daher, dass seine Herkunft und sein Glaube für die Ablehnung ausschlaggebend gewesen seien und nicht ein Mangel an Qualifikation oder Erfahrung.

In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Antragsvorbringen unrichtig sei und zur Gänze bestritten werde, sofern es im Folgenden nicht ausdrücklich außer Streit gestellt werde. Die vom Antragsteller behauptete Diskriminierung bestehe nicht.

Bei der Antragsgegnerin habe sich der Antragsteller ausschließlich für die Stelle „WagenmeisterIn …" beworben.

Die Stelle „WagenmeisterIn …" sei intern und extern ausgeschrieben gewesen. Die Bewerbung des Antragstellers sei bei der Antragsgegnerin eingelangt. Am … sei der Antragsteller für den „Info-Tag" per E-Mail eingeladen worden. Diesen Termin habe der Antragsteller jedoch nicht wahrgenommen, was er der Antragsgegnerin mitgeteilt habe. Nach einer neuerlichen Einladung für den „Info-Tag" habe der Antragsteller diesen wahrgenommen. Am … habe die eignungspsychologische Untersuchung und am … die ärztliche Untersuchung stattgefunden, wobei der Antragsteller als geeignet befunden worden sei.

Am … habe schließlich das Bewerbungsgespräch stattgefunden, bei welchem von Seiten der Antragsgegnerin D, E, F und G anwesend gewesen seien.

Am … sei an den Antragsteller das Schreiben mit der Information ergangen, dass man sich seitens der Antragsgegnerin für einen andere/n Bewerber/in entschieden habe.

Nach der Absage habe es ein Telefonat zwischen dem Antragsteller und C, Mitarbeiter im Stab Personal der Antragsgegnerin, gegeben. Herr C, der beim Bewerbungsgespräch nicht anwesend gewesen sei und dementsprechend den Grund für die Absage auch nicht gekannt habe, habe dem Antragsteller mitgeteilt, dass er den Grund für die Absage nicht wisse und dass das Unternehmen grundsätzlich auch keine Auskunft über den Absagegrund geben müsse.

Weiters habe er dem Antragsteller erklärt, dass es bei der Antragsgegnerin immer mehr BewerberInnen als verfügbare Stellen gebe und daher nicht nur er, sondern auch viele andere positiv untersuchte BewerberInnen eine Absage erhalten hätten.

Der Antragsteller habe kurz zusammengefasst behauptet, dass er bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses auf Grund seiner ethnischen Zugehörigkeit sowie seiner Religion diskriminiert worden sei. Dies werde bestritten und sei unrichtig, wie im Folgenden aufzuzeigen sein werde:

Vorauszuschicken sei, dass B …. seine Vorbildrolle im Bereich der Antidiskriminierung sehr ernst nehme. Er trete entschieden gegen jegliche Art von Diskriminierung ein.

….

Bei der Antragsgegnerin seien im Jahr 2018 … neue MitarbeiterInnen aus elf verschiedenen Nationen aufgenommen worden. Darunter hätten sich MitarbeiterInnen mit zB ungarischer, rumänischer, spanischer oder togoischer Herkunft befunden. 2019 seien zum Zeitpunkt der Abgabe der Stellungnahme im GBK-Verfahren bereits … neue MitarbeiterInnen aus sieben unterschiedlichen Nationen aufgenommen worden.

Der Antragsteller habe sich gemäß § 1 Abs. 2 der Eisenbahn-Eignungs- und Prüfungsverordnung (kurz: EisbEPV) für eine qualifizierte Tätigkeit im Eisenbahnbetrieb und Fahrzeugdienst (Fahrzeugdienst; Fahrzeugdienst für alle Güterwagen) beworben.

Gemäß § 2 Abs. 1 der EisbEPV ergebe sich die Eignung für eine qualifizierte Tätigkeit aus verschiedensten Kriterien, wie zB Mindestalter, körperliche und geistige Eignung etc. Unter Z 4 sei auch die „ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache" genannt.

Für die Ausbildung und Tätigkeit als WagenmeisterIn seien ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache erforderlich, um im Betrieb eine einwandfreie Kommunikation zwischen allen im Zusammenhang mit der Tätigkeit beteiligten Personen gewährleisten und einen reibungslosen sowie sicheren Betriebsablauf sicherstellen zu können.

Kurz zusammengefasst würden WagenmeisterInnen die wagentechnische Behandlung (Kontrolle sowie kleinere Reparaturen und Austausch von Verschleißteilen) an Fahrzeugen und Zügen durchführen.

Die Aufgaben der WagenmeisterInnen würden im Wesentlichen umfassen:

?     die Durchführung von wagentechnischen Behandlungen an Schienenfahrzeugen und allen Güterwagen,

?     die Beurteilung des Betriebszustandes von Fahrzeugen und Ladungen,

?     die Einleitung erforderlicher Maßnahmen,

?     die Dokumentation der wagentechnischen Behandlung und Instandsetzungen von Wagen.

Die WagenmeisterInnen würden im sicherheitsrelevanten Bereich arbeiten und hätten mit sämtlichen an einem Bahnhof tätigen Personen, wie FahrdienstleiterInnen, TriebfahrzeugführerInnen, VerschieberInnen, BetriebsmanagerInnen etc. direkt bzw. über Funk (unter Beachtung der Funkvorschriften) zu kommunizieren (z.B. Schallmuffenschraube fehlt) bzw. müssten sie deren Anweisungen/Aussagen verstehen.

Bei der Durchführung von Bremsproben würden WagenmeisterInnen beispielsweise über Funk mit TriebfahrzeugführerInnen kommunizieren. Dabei werde von WagenmeisterInnen eine deutliche und klare Sprache erwartet, damit sie die EmpfängerInnen verstünden. Des Weiteren komme es wesentlich auf ihr Sprachverständnis an, da über Funk naturgemäß die Wörter schwieriger zu verstehen seien und zudem eine abgekürzte, spezielle Sprache verwendet werde. Die Geräuschkulisse auf einem Bahnhof sei dabei natürlich auch nicht außer Acht zu lassen, die jedoch mit der Tätigkeit als WagenmeisterIn einhergehe.

WagenmeisterInnen müssten weiters schadhafte Wägen kennzeichnen und ein „Schadproto-koll" erstellen. Im „Schadprotokoll" müssten sie den Schaden angeben (z.B. Bremse untauglich) und diesen näher erläutern (z.B. Bremsgestänge schadhaft). Dabei könne es unter Umständen auch zu ausführlicheren und komplexeren Erläuterungen kommen.

Für die Tätigkeit als WagenmeisterIn sei faktisch immer eine einwandfreie Kommunikation im Berufsalltag erforderlich, um einen reibungslosen und sicheren Betriebsablauf gewährleisten zu können.

Im Rahmen des Bewerbungsgesprächs sei festgestellt worden, dass die Sprachkenntnisse des Antragstellers nicht ausreichend seien, was auch alle vier „Interviewer" einheitlich in ihrem Bewertungsbogen angemerkt hätten. Man habe sich schlussendlich für andere BewerberInnen entschieden, die besser für die Stelle „WagenmeisterIn …" geeignet gewesen seien.

Das Thema Religion sei im Zuge des Bewerbungsverfahrens (auch im Bewerbungsgespräch) weder thematisiert noch hinterfragt worden, weshalb der Vorwurf des Antragstellers sehr verwundere. Bei der Antragsgegnerin würden alle BewerberInnen (egal welcher Herkunft, Religionszugehörigkeit etc.) gleichbehandelt werden.

Das Vorliegen einer unmittelbaren bzw. mittelbaren Diskriminierung werde ausdrücklich bestritten. Der Antragsteller sei auf Grund seiner mangelnden Sprachkenntnisse nicht als Wagenmeister aufgenommen worden.

Für die Ausbildung und Tätigkeit als WagenmeisterIn seien ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache erforderlich, um im Betrieb eine einwandfreie Kommunikation zwischen allen im Zusammenhang mit der Tätigkeit beteiligten Personen gewährleisten zu können und einen reibungslosen sowie sicheren Betriebsablauf sicherstellen zu können.

Ergänzend wurde ausgeführt, dass eine Liste mit Neuaufnahmen von …. eindeutig zeige, dass die Antragsgegnerin nicht nur österreichische StaatsbürgerInnen bzw. Personen, deren Muttersprache Deutsch sei, als WagenmeisterIn aufnehme bzw. aufgenommen habe.

In den letzten zwei Jahren seien Personen aus elf verschiedenen Staaten aufgenommen worden, u.a. Personen mit beispielsweise togoischer, afghanischer, bulgarischer, türkischer und sogar ungarischer Staatsbürgerschaft, was Beweis darüber abgebe, dass beim Antragsteller nicht die Herkunft ausschlaggebend für die Ablehnung seiner Bewerbung gewesen sei.

Viele andere WagenmeisterInnen, die aufgenommen worden seien, hätten zwar die österreichische Staatsbürgerschaft gehabt, aber hätten Merkmale aufgewiesen, die als fremd hätten wahrgenommen werden können.

Dem Antragsteller sei eine Absage erteilt worden, weil es für die Stelle als WagenmeisterIn besser geeignete BewerberInnen als ihn gegeben habe, die die Stelle schlussendlich auch erhalten hätten.

Das im Lebenslauf angeführte Sprachzertifikat aus dem Jahr 2015 diene nicht als Beweis für die Sprachkenntnisse des Antragstellers im Jahr 2018, als er sich bei der Antragsgegnerin beworben habe. An den österreichischen Universitäten würden als Deutschnachweise bei der Zulassung beispielsweise auch nur Sprachzertifikate anerkannt werden, die nicht älter als zwei Jahre seien.

Bei der Ausschreibung als „WagenmeisterIn …“ handle es sich um eine sogenannten „Dauerausschreibung“, weil in diesem Bereich häufig ein Bedarf an Neuaufnahmen bestehe. Die Ausbildung als WagenmeisterIn dauere 30 Wochen und sei mit sehr hohen Kosten (EUR 20.700,-- pro Neuaufnahme) verbunden.

Die Religion habe im ganzen Bewerbungsverfahren keine Rolle gespielt und sei auch nie thematisiert worden. Für die Antragsgegnerin, für die ein allfälliges religiöses Bekenntnis ihrer MitarbeiterInnen völlig bedeutungslos sei, sei auch nicht nachvollziehbar, warum in einem mehrheitlich christlichen Land wie Österreich der christliche Glaube ein Ablehnungsgrund hätte ein sollen.

BEFRAGUNG VON AUSKUNFTSPERSONEN

In der gemeinsamen Befragung des Antragstellers und Frau I als Vertreterin der Antragsgegnerin führte der Antragsteller aus, dass ihm telefonisch die Auskunft erteilt worden sei, dass die Antragsgegnerin ihre Entscheidung nicht begründen müsse. Danach habe er die Mitteilung per Mail bekommen, dass seine Deutschkenntnisse nicht ausreichend seien. Ob er sein dann nachgereichtes B2-Zertifikat schon seiner Bewerbung beigelegt habe, wisse er nicht mehr. Er habe davor sowohl Bewerbungsgespräch als auch medizinische Untersuchung und Psychotest absolviert, alles sei erfolgreich gewesen.

Das Bewerbungsgespräch habe seiner Erinnerung nach ca. eine halbe Stunde gedauert, unterschiedliche Themen seien behandelt worden. Seine Ausbildung in Rumänien sei nicht sehr praxisorientiert gewesen, sein Wunsch sei damals gewesen, mit einer Ausbildung dieses Defizit zu überwinden. Seine Deutschkenntnisse seien damals nicht thematisiert worden. In der Ausschreibung sei technisches Verständnis und Bereitschaft zu Nachtdiensten gefordert gewesen.

Er habe sich längere Zeit davor als … beworben und die Vermutung geäußert, dass damals – ca. 2013 – seine Deutschkenntnisse möglicherweise nicht ausreichend gewesen seien. Er sei 2012 nach Österreich gekommen.

Bei der nunmehrigen Bewerbung als Wagenmeister gehe er davon aus, dass nicht seine Deutschkenntnisse das Thema gewesen seien, er vermute einen Zusammenhang mit seiner Herkunft. Auf Nachfrage gab er an, dass es vermutlich mit seinem Eindruck, den die Antragsgegnerin von ihm bzw. seinem Charakter gewonnen habe, zusammenhänge.

Die Nachfrage, warum er einen Zusammenhang mit seiner Religion vermute bzw. dass auch andere Gründe ausschlaggebend hätten sein können, beantwortete er mit „keine Ahnung“.

Religion sei beim Bewerbungsgespräch kein Thema gewesen. Er selbst habe das im Lebenslauf nicht angeben, weil er es nicht als relevant erachtet habe. Möglicherweise brauche man für den Job, „rauere Kerle“ – er habe nicht versucht, derartiges zu projizieren.

Ob seine Ungarisch- und Rumänischkenntnisse beim Bewerbungsgespräch thematisiert worden seien, wisse er nicht mehr.

Frau I gab zu dem in der Stellungnahme angeführten Grund der mangelnden Sprachkenntnisse an, dass sie selbst nicht beim Bewerbungsgespräch anwesend gewesen sei und dies nur von den von ihr namhaft gemachten Zeugen erfahren habe. Wagenmeister würden im sicherheitsrelevanten Bereich arbeiten, wo eine einwandfreie Kommunikation erforderlich sei. Auf Grund der Geräuschkulisse sei es dort schwierig, sich zu verstehen, weshalb eine einwandfreie Kommunikation essentiell sei.

Auf Nachfrage zu der von ihr in der Stellungnahme zitierten Verordnung und den konkreten Aufgaben eines Wagenmeisters meinte sie, dass sie nur auf die von ihr vorgebrachten Aufgaben bzw. die genannten Zeugen verweisen könne.

Auf Frage, welches Sprachniveau für eine Tätigkeit als Wagenmeister ausreichend sei, gab sie an, dass sie diesbezüglich auf die genannten Zeugen verweisen müsse. Das Zertifikat aus dem Jahr 2015 allein beweise aber noch nicht die Sprachkenntnisse im Jahr 2018, da sich diese ja auch verschlechtern könnten. Auch hinsichtlich der konkreten Überprüfung der Sprachkenntnisse von BewerberInnen sei auf die Zeugen zu verweisen.

Auch die Frage, ob alle WagenmeisterInnen muttersprachlich deutschsprachig seien, müssten die genannten Zeugen beantworten. Soweit sie wisse, gebe es keine Überprüfung der Sprachkenntnisse an sich, sondern es gehe um den Eindruck der Zeugen beim Bewerbungsgespräch. … .

Herr F gab an, dass ihm der Fall des Antragstellers bekannt sei, er aber auf Grund der vielen Vorstellungsgespräche nicht mehr alles in Erinnerung habe. Er selbst sei ausgebildeter Wagenmeister und Instruktor, aber nicht Prüfer.

Bei den Bewerbungsgesprächen würden Mitschriften erstellt, standardisierte Bewertungsbögen verwende er eher nicht, sondern notiere, was ihm aufgefallen sei, wie sich der Bewerber vorbereitet habe, ob jemand nervös sei. Das Gespräch sei für ca. 30 Minuten angesetzt gewesen.

Das Bewerbungsgespräch mit dem Antragsteller sei ihm in Erinnerung, weil dieser zum vereinbarten Termin in der Früh nicht am ... , sondern in … erschienen sei. Zunächst gebe man den Bewerbern die Möglichkeit der Vorstellung, dann frage man, wie sich diese über den Beruf des Wagenmeisters informiert hätten. Für den Beruf des Wagenmeisters sei „Standfestigkeit“ erforderlich, man müsse zu getroffenen Entscheidungen stehen. Es würden unterschiedliche Fragen gestellt.

Zum Thema Deutschkenntnisse befragt meinte er, dass diese sehr wichtig seien, weil ein großer Teil der Kommunikation über Funk und Telefon laufe. Deswegen seien gute Deutschkenntnisse sehr wichtig. Wenn die Kommunikation nicht funktioniere, könne es beispielsweise passieren, dass falsche Bremsproben gemacht würden, was im schlimmsten Fall dazu führen könne, dass der Zug dann nicht stehenbleiben könne.

Es gebe beim Bewerbungsgespräch keine „großartigen Prüfungskriterien“, sondern es gehe darum, wie man sich unterhalten könne, wenn sie das „Gefühl“ hätten, sich mit dem Bewerber nicht unterhalten zu können. Es gehe darum, ob jemand die Fragen verstehe und was er darauf antworte. Darauf werde geachtet. Mit dem Bewerber seien die Deutschkenntnisse nicht thematisiert worden.

Auf Frage, ob mit dem Antragsteller dessen Religion oder Herkunft thematisiert worden sei, antwortete er, dass die Bewerber sich üblicherweise vorstellen und erzählen würden, woher sie kämen und was sie bisher gemacht hätten – die „Herkunft“ sei für die Antragsgegnerin üblicherweise kein Problem.

Zum konkreten Gespräch mit dem Antragsteller befragt meinte er, dass – wenn ein Bewerber am falschen Ort sei – es sich um einen „Fehlstart“ handle. Sicherheit und Pünktlichkeit seien oberstes Gebot. Der Antragsteller habe im Bewerbungsgespräch erzählt, dass er sich bei … als Buslenker beworben habe und in der Ausbildung durchgefallen sei, was für ihn als Instruktor relevant sei, da die Ausbildung zum Buslenker deutlich kürzer als jene bei der Antragsgegnerin sei, die 30 Wochen umfasse.

Für ihn sei dies ein Ausschlusskriterium gewesen, da die Erfolgsaussicht für die Absolvierung der Ausbildung zum Wagenmeister sehr gering sei, wenn jemand die Ausbildung zum Buslenker nicht schaffe. Für ihn persönlich sei der Bewerber daher nicht geeignet gewesen.

Nach den Deutschkenntnissen des Antragstellers befragt meinte er, dass notiert worden sei, dass die Deutschkenntnisse „mangelhaft“ seien, weil sie sich sehr schwer getan hätten, sich mit dem Antragsteller zu unterhalten. Wenn man schon beim Bewerbungsgespräch „Hochdeutsch“ sprechen müsse, sei es ein Thema, wie man dann bei einem Funkspruch verstanden werde. Auf Frage, wie er zu diesem Eindruck gekommen sei, meinte er: „Wenn man Fragen stellt und eine andere Antwort bekommt…“.

Auf Frage nach den in der Eisenbahneignungs-Verordnung thematisierten „ausreichenden Deutschkenntnissen“ gab er an, dass es darum gehe, dass man sich „ohne große Not verständigen könne“; auf eine gestellte Frage sollte man eine Antwort bekommen und nicht etwas Anderes.

Auf den Hinweis nach dem laut Lebenslauf erworbenen B2-Sprachzertifikat des Antragstellers hielt er fest, dass sie nicht auf Zertifikate, sondern darauf achten würden, wie man sich wirklich unterhalten könne. Auch die Ausbildner würden im Dialekt sprechen – es gebe teilweise die Situation, dass es für einen … in den Ausbildungskursen schwierig sei, mit einem … zu kommunizieren. Daher sei es – um dem Unterricht folgen zu können – sehr wichtig, dass die Deutschkenntnisse gut seien.

Die Frage, ob es sich letztlich um eine subjektive Wahrnehmung von drei oder vier Personen handle, wie gut ein Bewerber dem Gespräch folgen könne, wurde bejaht.

Auf den Hinweis nach einer Bewerbung als Lokführer, wo eine B1-Sprachkenntnis ausreichend sei und die Frage, warum ein Wagenmeister derart hohe Sprachkenntnisse benötige, antwortete er, dass „sie nicht auf ein Zertifikat gehen würden“. In der Eignungsprüfungsverordnung stehe nichts von einem Zertifikat, es seien nur „ausreichende Sprachkenntnisse“ gefordert. Wenn jemand sprachliche Schwierigkeiten habe, gebe es auch Probleme bei der Abnahme der Prüfung am Ende. Die Eignungsprüfungsverordnung sei modular aufgebaut, wo nach jedem Modul eine Prüfung abzulegen sei. Der sachverständige Prüfer stelle fest, ob der Prüfling das Erlernte in die Praxis umsetzen könne. Wenn dann in der Prüfungssituation kommuniziert werde und der Prüfling nicht verstehe, was man von ihm will – der Prüfer entscheide daher, ob man jemanden „draußen“ arbeiten lassen könne, unabhängig von einem Sprachzertifikat. Im Detail auf den Antragsteller bezogen könne er jetzt keine Angaben mehr machen, er könne nur allgemein schildern, warum man sich „mangelnde Sprachkenntnisse“ nach dem Bewerbungsgespräch notiere.

Wenn man merke, dass man sich nicht „ordentlich“ unterhalten könne, werde notiert, dass die Sprachkenntnisse „nicht ausreichend“ seien. Es gehe um Verständnis – wenn er eine Frage dreimal stellen müsse.

Die Frage nach der persönlichen Vorstellung habe der Antragsteller verstanden, ob dieser die Frage nach den Aufgaben eines Wagenmeister verstanden habe, daran könne er sich nicht mehr genau erinnern.

Auf Frage, welche Frage er denn nicht verstanden habe, meinte er, dass er jetzt nur Allgemeines schildern könne – dezidiert zum Fall des Antragstellers könne er sich nur an dessen Zuspätkommen und den Punkt der Nichtabsolvierung der Buslenkerausbildung und seine Schlussfolgerung daraus erinnern. Ausbildungsplätze seien rar und teuer,…. . Die Antragsgegnerin brauche jedoch dringend Mitarbeiter. Pro Jahr gebe es drei Wagenmeister-Kurse/Jahr mit je 20 Teilnehmern. Die Ausfallsquote liege bei 10-15%. Man schaue bereits bei den ersten Modulen durch Prüfungen, ob die Mitarbeiter passen würden. Nach zweimaligem Durchfallen mache eine Fortsetzung jedoch keinen Sinn mehr und man trenne sich vom Betroffenen.

Die Anzahl der jährlichen Bewerbungen wisse er nicht, das mache eine andere Stelle, auch die Vorausscheidung bzw. die Vorbereitung der Bewerber auf das Bewerbungsgespräch würde woanders erfolgen. Die Entscheidung erfolge nach dem Bewerbungsgespräch. Derzeit gebe es viele Bewerber, das sei jedoch nicht immer so. Vor einigen Jahren sei beispielsweise ein Bewerber Jahrgang 1962 aufgenommen worden. Er selbst nehme an den Bewerbungsgesprächen in einer Doppelfunktion als Betriebsrat und Instruktor teil. Man warte zunächst alle Bewerbungsgespräche ab und entscheide am Schluss.

Die Frage, wie viele der Bewerber eine nichtdeutsche Muttersprache hätten, wurde mit dem Hinweis, dass dies unterschiedlich sei, beantwortet. Es gebe auch bei den Wagenmeistern Leute aus der Türkei oder Rumänien.

Die Frage, ob es für diese Bewerbungsgespräche einen standardisierten Bewertungsbogen gebe, verneinte er.

Auf Frage, ob er den Eindruck gehabt habe, den Antragsteller verstanden zu haben, meinte er, dass er sich notiert habe „Sprachkenntnisse nicht ausreichend“.

Die Frage, ob die eignungspsychologische Untersuchung nach dem Bewerbungsgespräch stattfinde, wurde mit dem Hinweis, dass dies unterschiedlich sei, beantwortet. Wie es im Fall des Antragstellers gewesen sei, wisse er nicht. Man müsse jedoch immer wieder feststellen, dass man sich auf diese Untersuchung „nicht großartig verlassen könne“. Wenn jemand davor 20 Jahre in einer Firma gearbeitet habe, habe er davon keine Ahnung – wohingegen AMS-entsendete Bewerber darauf trainiert würden, wobei letztere zwar dort gut abschneiden würden, dies jedoch in der Praxis nichts bringe.

Welche Ausbildungen der Antragsteller gehabt habe, wisse er nicht, sein Ausschlusskriterium sei die nichtbestandene Buslenkerprüfung gewesen.

Seiner Erinnerung nach seien bei der nachfolgenden Diskussion eigentlich alle Anwesenden der Meinung gewesen, dass die Sprachkenntnisse des Antragstellers nicht ausreichend seien. Für ihn als Instruktor sei sehr wichtig, ob ein Bewerber den Kurs auch schaffen könne, da jeder verlorene Ausbildungsplatz Geld koste.

Auf Frage nach … Bewerbern in … und allfälligen sprachlichen Hürden gab er an, dass sich diese Personen für … Plätze bewerben würden, auch die Ausbildner kämen aus verschiedenen Regionen. Es sei in diesen Konstellationen noch nicht zu Ausschlüssen gekommen, man weise die Ausbildner auch an, nicht zu sehr im Dialekt zu sprechen.

Auf Nachfrage betreffend Anweisungen an Instruktoren „klar und deutlich“ zu sprechen, meinte er, dass man sich am Telefon unterhalten können müsse, weil es nicht immer die Möglichkeit der Nachfrage gebe.

Warum das Erfordernis der Deutschkenntnisse nicht in der Ausschreibung erwähnt sei, wisse er nicht. Auch wenn jemand einen allgemeinen Buslenker-Führerschein D habe, gebe es seines Wissens bei … eine Zusatzausbildung.

Herr D führte bei seiner Befragung aus, dass seine Abteilung für die Planung von … und den technischen Wagendienst zuständig sei, er habe … Mitarbeiter. Die Wagenmeister seien nur ein Teil davon. Er nehme auch regelmäßig an Bewerbungsgesprächen für Wagenmeister teil.

Die Entscheidung, wer aufgenommen werde, liege bei ihm. An Details des Bewerbungsgesprächs könne er sich nicht mehr erinnern, er erinnere sich aber an die Verspätung des Antragstellers wegen des falschen Ortes. Das Gespräch habe vielleicht 20 Minuten gedauert. Ihm gehe es darum, was über den Beruf Wagenmeister bekannt sei. Bei diesen Fragestellungen hätten er und seine Kollegen den Eindruck gehabt, dass der Antragsteller die Fragestellungen teilweise nicht 100%ig verstanden habe. An die konkrete Fragestellung könne er sich nach zwei Jahren nicht mehr erinnern. Er erinnere sich an den fragenden Gesichtsausdruck, dann seien Antworten gekommen, die seiner Ansicht nach eine Themenverfehlung gewesen seien. Wenn er den Eindruck habe, dass jemand seine Frage nicht verstehe, versuche er auch im Dialekt zu sprechen, weil in der Arbeitspraxis 95% der Gespräche im Dialekt abgewickelt werden würden. Der Tenor der Eindrücke jedes Einzelnen sei gewesen, dass der Antragsteller die Frage(n) nicht verstehe. Die Bewertungsbögen von damals würden jetzt aber nicht mehr existieren. Aus Datenschutzgründen würden sie nach einem halben Jahr vernichtet werden.

Auf Frage, ob aus seiner Sicht die Deutschkenntnisse der maßgebliche Grund für die Nichteignung gewesen wären oder ob es andere Gründe gegeben habe, führte er aus, dass ein mitausschlaggebender Grund das nicht zeitgerechte Erscheinen zum Bewerbungsgespräch gewesen sei, da Pünktlichkeit ein wichtiger Faktor für die Antragsgegnerin sei; auch die Deutschkenntnisse – bei den Vorstellungsgesprächen verlasse man sich sehr auf das „Bauchgefühl“.

Auf Frage, wie er „ausreichende Sprachkenntnisse“ für den Job eines Wagenmeisters definiere, zumal der Antragsteller ein B-Zertifikat erworben habe, meinte er – auf den Vergleich mit einem Lokführer angesprochen –, dies nicht beantworten zu können, da er für Wagenmeister, nicht aber für Lokführer zuständig sei.

Auf Frage gab er an, dass er den Antragsteller als verständlich empfunden habe.

Auf Frage, warum die ausreichenden Sprachkenntnisse für die Tätigkeit so wichtig seien bzw. was passieren könne, gab er an, dass der Wagenmeister viele Aufträge fernmündlich erhalte und es auf einem ... viele Nebengeräusche gebe. Jede Anweisung müsse glasklar verständlich sein. Wenn der Wagenmeister zu einem falschen Zug gehe, könne dies in den sicherheitsrelevanten Bereich gehen.

Auf Nachfrage nach dem konkreten Gesprächsinhalt zu von den von ihm geführten Bewerbungsgesprächen hielt er fest, dass einem Bewerber klar sein müsse, dass die Antragsgegnerin 24 Stunden bzw. sieben Tage arbeite und auch dieser Umstand dem Bewerber klar sein müsse, ebenso wie die Arbeitsbedingungen bei Wind und Wetter im Freien und die Ausbildungsdauer von 30 Wochen. Er stelle Fragen, ob sich ein Bewerber sicher sei, die schwere Ausbildung zu absolvieren oder ob klar sei, dass man jeden Tag im Jahr arbeiten müsse bzw. wie er mit den Witterungsverhältnissen umgehe bzw. über welche IT-Kenntnisse er verfüge.

Auf Frage gab er an, dass acht oder neun Personen damals eingestellt worden seien, es habe sich dabei um die Herren …. gehandelt.

Auf Frage, warum er sich für diese Personen entschieden habe, meinte er, dass dies sehr unterschiedlich gewesen sei – vorwiegend aus „Bauchgefühl“. Es gebe kein Punktesystem einer Bewertung, diese Personen hätten bessere Deutschkenntnisse gehabt. ... seien türkischer Herkunft. Das Thema Religion sei im Bewerbungsgespräch in keinster Weise angesprochen worden. Religion werde eigentlich nie angesprochen.

Auf Frage, warum in der Stellenausschreibung nicht auf die „ausreichenden Deutschkenntnisse“ Bezug genommen worden sei, gab er an, dass man möglicherweise überlegen sollte diese aufzunehmen, man lerne ja immer dazu. … Mittlerweile sei man draufgekommen, dass die Mitarbeiter einen B-Führerschein besitzen sollten, was auch in den Ausschreibungen nicht ersichtlich gewesen sei und nunmehr aufgenommen worden sei.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin sowie auf die oben angeführten mündlichen Befragungen.

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das GlBG die GBK nicht zur Prüfung von jeglichen Vorwürfen auf Grund einer subjektiv empfundenen Ungerechtigkeit oder von Mobbing im Allgemeinen ermächtigt, sondern dass sich die Kognitionsbefugnis der GBK ausschließlich auf die Prüfung von Diskriminierungsvorwürfen im Zusammenhang mit den in § 17 genannten Gründen beschränkt, wobei dieser Zusammenhang bei Antragseinbringung vom/von der AntragstellerIn glaubhaft zu machen ist.

Für eine solche Glaubhaftmachung genügt nach der Rsp zwar eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei der zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers/der Antragstellerin sprechen als dagegen (OGH 9 ObA 144/14p, ARD 6455/14/2015 = Arb 13.203; 9 ObA 177/07f, ZAS 2009/29, 186 [Klicka] = DRdA 2010/11, 137 [Eichinger]; vgl auch Windisch-Graetz, in ZellKomm3 [2018] § 12 GlBG Rz 16). Wird zB eine Bewerbung mit dem Hinweis abgelehnt, man verfüge über keine Sanitäreinrichtungen für männliche Mitarbeiter, liegt ein starkes Indiz für eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts vor (OGH 9 ObA 46/04m, ecolex 2004, 420 = ASoK 2005, 26).

Wesentlich ist dabei, dass das GlBG von einem gestuften Beweislastmodell ausgeht (dazu eingehend Weberndorfer, Glaubhaftmachung von Diskriminierung am Arbeitsplatz, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung – Hilfe oder Hemmnis beim Rechtszugang [2018] 35 [72]). Der/die AntragstellerIn ist aufgefordert, das verpönte Merkmal sowie die darauf basierende Benachteiligung zu benennen und mittels ausführlicher Darstellung des Geschehens zu konkretisieren. Der Senat der GBK ist dabei von der Richtigkeit und vom Vorliegen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zu überzeugen mit dem Ziel, die Kausalität einer besonderen Eigenschaft (hier Religion bzw. ethnische Zugehörigkeit) mit einer Benachteiligung so zu verknüpfen, dass der damit befasste Senat der GBK vom Vorliegen einer Diskriminierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist.

Erst wenn dies gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn in einem weiteren Schritt zu beweisen, dass ein anderer als der glaubhaft gemachte Grund für die Ungleichbehandlung maßgeblich war (so überzeugend Weberndorfer, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung 72).

BEGRÜNDUNG

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ des behaupteten nach dem GlBG verbotenen Motivs, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers/der Antragstellerin sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).

Glaubhaftmachung im Sinne des GlBG erfordert jedoch mehr als das Äußern von reinen Vermutungen einer Person, dass ein vom GlBG geschütztes Merkmal bei einer konkreten Auswahlentscheidung eine Rolle gespielt haben könnte. Es müssen weitere objektivierbare Faktoren – wie zB dahingehende Äußerungen seitens der künftigen ArbeitgeberInnen oder eine „selektive“ Einstellungspolitik etc. – hinzukommen, um das vom GlBG geforderte Maß an Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen Merkmal und Ablehnung zu indizieren, was im vorliegenden Fall jedoch nicht erbracht werden konnte.

Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist dabei extensiv zu interpretieren – alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge – sind hiervon umfasst.

Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren Religion bzw. ethnischer Zugehörigkeit herstellen, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.

Der Senat geht bei seiner rechtlichen Prüfung von folgendem Sachverhalt aus, der auf Basis der schriftlichen Stellungnahmen und Befragungen auf Grund der darzulegenden Erwägungen festgestellt wurde:

Der Antragsteller hat sich nach eigenen Angaben mehrfach bei der Antragsgegnerin – u.a. auf die einzige in diesem Verfahren antragsgegenständliche Anzeige „WagenmeisterIn … “ – beworben und am … eine Absage mit dem Hinweis, dass sich die Antragsgegnerin für eine/n andere/n Bewerber/in entschieden habe, erhalten. Davor hat eine Eignungsuntersuchung des Antragstellers und ein Bewerbungsgespräch mit mehreren Mitarbeitern der Antragsgegnerin stattgefunden, in dem die teilnehmenden Personen zur Auffassung gelangt sind, dass die Sprachkenntnisse des Antragstellers nicht ausreichend seien. Auf spätere telefonische Nachfrage nach dem Erhalt der schriftlichen Absage für die maßgeblichen Gründe hat der Antragsteller von einem nicht in das Bewerbungsgespräch involvierten Mitarbeiter der Antragsgegnerin die Mitteilung erhalten, dass die Antragsgegnerin nicht zur Angabe von Gründen verpflichtet sei.

Der Antragsteller konnte dem Senat zur Glaubhaftmachung der von ihm behaupteten Diskriminierung auf Grund der Religion befragt lediglich seine diesbezügliche Vermutung ins Treffen führen; er gab an, dieses Thema selbst in keiner Phase des Bewerbungsprozesses zur Sprache gebracht zu haben.

Seitens der Antragsgegnerin und den Auskunftspersonen wurde übereinstimmend verneint, dass das Thema Religion beim Bewerbungsgespräch oder im Zug des Bewerbungsprozesses behandelt worden sei. Auch die Darstellung der Vertreterin der Antragsgegnerin, dass diese als … Arbeitgeberin, …. , die Religion ihrer MitarbeiterInnen gleichgültig sei, hat der Senat als glaubhaft erachtet.

Aus diesen Erwägungen ergaben sich für den Senat – außer der dahingehenden Vermutung des Antragstellers – keinerlei Indizien für einen Zusammenhang zwischen der Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers und dessen Religion.

Mangels Glaubhaftmachung durch den Antragsteller war daher das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses zu verneinen.

Zu der vom Antragsteller behaupteten Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit ist festzuhalten, dass laut Angaben der angehörten Auskunftspersonen nicht die ethnische Zugehörigkeit des Antragstellers, sondern dessen aus Sicht von mehreren der Antragsgegnerin zuzurechnenden Personen nicht ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest ein für den Ausschluss des Antragstellers aus dem weiteren Bewerbungsprozess maßgeblicher Grund gewesen sind.

Der von der Vertreterin der Antragsgegnerin im Verfahren zur Rechtfertigung ihrer Entscheidung vorgebrachte Grund für die Ablehnung des Antragstellers waren ebenso dessen „mangelnde Sprachkenntnisse“.

Personen mit Migrationshintergrund können weitaus häufiger Defizite in der Beherrschung der deutschen Sprache aufweisen als sogenannte „autochthone ÖsterreicherInnen“. Ein im Verhältnis zur Tätigkeit zu streng angelegter Maßstab an die erforderlichen Sprachkenntnisse kann Personen mit Migrationshintergrund in besonderer Weise gegenüber Personen ohne Migrationshintergrund benachteiligen. Sprachkenntnisse sind an sich ein neutrales Kriterium, sodass es bei einer entsprechenden Differenzierung einer sachlichen Rechtfertigung bedarf.

Die von der Antragsgegnerin ins Treffen geführte Eisenbahn-Eignungs- und Prüfungsverordnung sieht lediglich vor, dass die Kenntnis der deutschen Sprache in ausreichendem Maße vorzuliegen habe. Es ist daher im Einzelfall festzustellen, ob ein/e BewerberIn über eine ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache verfügt.

Nach Angaben der Auskunftspersonen würden die Sprachkenntnisse der BewerberInnen weder im Bewerbungsverfahren noch im Bewerbungsgespräch abgefragt oder getestet werden; standardisierte Bewertungsbögen würden nicht existieren. Auch erworbene Nachweise über vorliegende Sprachkenntnisse würden unberücksichtigt bleiben. Vielmehr zähle der subjektive Eindruck der anwesenden „Interviewer“ beim Bewerbungsgespräch, der sich schlussendlich in einem „Bauchgefühl“ äußere.

Dies führt auch dazu, dass seitens der „Interviewer“ ausschließlich aus den von den BewerberInnen gegebenen Antworten auf deren allgemein gehaltene Fragen (wie zB Vorstellung der eigenen Person oder Aufgaben des/der WagenmeisterIn) eine prognostische Entscheidung gefühlsmäßig darüber getroffen wird, ob der/die BewerberIn aktuell über solche Sprachkenntnisse verfügt, dass er zukünftig in der speziellen Fachsprache, welche er erst in … Wochen Fachausbildungszeit erlernen wird, kommunizieren wird können.

Im Zusammenhang mit der Argumentation, dass BewerberInnen gerade auch deshalb über sehr gute Sprachkenntnisse verfügen müssten, da die Kommunikation vielfach nur im Dialekt stattfinden würde, ist zu bemerken, dass diese im Lichte eines diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens nicht unproblematisch erscheint.

Zum Punkt der im Verfahren relevierten Sprachkenntnisse des Antragstellers ist aus Sicht des Senates festzustellen, dass nach persönlicher Wahrnehmung bei dessen Befragung nicht der Eindruck zu gewinnen war, dass der Antragsteller über mangelnde Sprachkenntnisse verfüge. Das vorgelegte B2-Zertifikat des Antragstellers aus dem Jahr 2015 erschien dem Senat auch nicht im Widerspruch zu dem bei dessen Befragung gewonnenen Eindruck über seine Kenntnisse der deutschen Sprache zu stehen, zumal der Antragsteller laut eigenen Angaben seit 2012 in Österreich lebt und sich Sprachkenntnisse bei einem fortwährenden Aufenthalt im Inland – entgegen dem Vorbringen der Vertreterin der Antragsgegnerin – in der Regel eher verbessern als verschlechtern.

Ob möglicherweise andere Ursachen beim Antragsteller, die nicht in dessen Kenntnissen der deutschen Sprache begründet sind, zu Verständnisschwierigkeiten im Rahmen des Bewerbungsgespräches geführt haben, kann seitens des Senates nicht beurteilt werden.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 26 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass ausschließlich sachliche Motive für die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers ausschlaggebend waren.

Das Vorliegen anderer, mitausschlaggebender Motive kann eine/n ArbeitgeberIn vom Vorwurf einer diskriminierenden Behandlung nicht entlasten, da den Realitäten der Arbeitswelt folgend davon auszugehen ist, dass unter Umständen auch mehrere Motive („Motivbündel“) – darunter auch sachliche – eine Rolle spielen können.

Es liegt somit eine Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses vor.

Vorschlag:

Der Antragsgegnerin wird die Zahlung eines angemessenen Schadenersatzes an den Antragsteller vorgeschlagen.

Binnen zwei Monaten ab Zustellung dieses Prüfungsergebnisses ist dem Senat schriftlich zu berichten, ob diesem Vorschlag seitens der Antragsgegnerin Folge geleistet wurde.

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2021
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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