TE Lvwg Beschluss 2020/11/30 LVwG-AV-1340/001-2020

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Veröffentlicht am 30.11.2020
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Entscheidungsdatum

30.11.2020

Norm

AVG 1991 §68 Abs2
AVG 1991 §68 Abs3
AVG 1991 §68 Abs4
AVG 1991 §68 Abs7
B-VG Art132 Abs1 Z1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Dr. Flendrovsky als Einzelrichter über die Beschwerde des A und der C in ***, beide vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 6. Oktober 2020, Zl. ***, betreffend Antrag auf Behebung eines baubehördlichen Bescheides, den

BESCHLUSS:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 erster Halbsatz iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG iVm § 25a VwGG nicht zulässig.

Begründung:

1.       Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 8. November 2017 wurde das damals im Eigentum beider Beschwerdeführer stehende Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, zum Bauplatz erklärt und den Beschwerdeführern die nachträgliche Baubewilligung zur Errichtung einer Stützmauer und eines Lagerplatzes auf diesem Grundstück erteilt. Dieser Bescheid wurde beiden Beschwerdeführern am 16. November 2017 zugestellt und von ihnen nicht bekämpft.

2.       Auf Grundlage des § 12 Vermessungsgesetz wurden die in derselben EZ befindlichen Grundstücke Nr. *** und ***, KG ***, mit dem Grundstück Nr. *** vereinigt. Die grundbücherliche Durchführung erfolgte am 12. November 2018. Die EZ *** besteht seither nur mehr aus dem Grundstück Nr. ***.

Mit Schenkungsvertrag vom 15. Februar 2019 (ins Grundbuch eingetragen am 18. März 2019) übertrugen die Beschwerdeführer das Eigentum am Grundstück Nr. *** an ihren Sohn, zu ihren Gunsten besteht seither ein Veräußerungsverbot.

Außerdem kam es auf Grund von lastenfreien Abschreibungen gemäß § 13 Liegenschaftsteilungsgesetz zu Veränderungen am Grundstück Nr. ***, die am 31. Oktober 2019 im Grundbuch eingetragen wurden.

3.       Offenbar auf Grund einer auf diese Vorgänge zurückgehenden Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe beantragten die Beschwerdeführer bei der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 8. Juni 2020 die Behebung bzw. Nichtigerklärung des Bescheides vom 8. November 2017 und beriefen sich dabei ausdrücklich auf § 68 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51.

4.       Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

5.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Beschwerdeführer wiederum beantragen, den Bescheid vom 8. November 2017 zu beheben bzw. für nichtig zu erklären. In der Beschwerdebegründung führen die Beschwerdeführer als einzige Rechtsvorschrift wiederum § 68 AVG ins Treffen und machen – wie schon im Schriftsatz vom 8. Juni 2020 – geltend, die Bauplatzerklärung stelle einen „offenkundig und zweifellos unzulässigen Verwaltungsakt“ dar, der jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehre.

6.       Dieser Sachverhalt bzw. Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes, der damit insoweit im Einklang stehenden Beschwerde sowie aus einer ergänzenden Einsichtnahme in das Grundbuch.

7.       Nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. 1/1930 idF BGBl. I 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

8.       Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 leg.cit. die Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung nach § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Auf die Ausübung des der Behörde gemäß diesen Absätzen zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht nach § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Anspruch zu.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes räumt § 68 AVG lediglich der Behörde die Befugnis ein, in bestimmten Fällen einen rechtskräftigen Bescheid abzuändern oder zu beheben, gewährt jedoch der Partei kein subjektives Recht auf einen solchen behördlichen Akt. Wenn die Partei ein Recht auf Abänderung des formell rechtskräftig gewordenen Bescheides geltend macht, ist ihr Antrag gemäß § 68 Abs.1 AVG zurückzuweisen. Demjenigen, der ein solches Aufsichtsrecht geltend machte, fehlte nach der Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012, BGBl. I 51, die Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.02.2013, 2010/02/0272, mwN).

Zur nunmehrigen Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Jänner 2019, Ra 2018/12/0057, mwN, in ähnlicher Weise bereits ausgesprochen, dass die Nichtausübung der Befugnisse nach § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vollständig der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (dh. auch hinsichtlich der Gründe, warum die Behörde nicht von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Aufhebung bzw. Abänderung Gebrauch macht) entzogen ist.

9.       Aus diesem Grund fehlt den Beschwerdeführern, die ihr Beschwerdebegehren ausschließlich mit der Nichtausübung von Befugnissen nach § 68 Abs. 2 bis 4 AVG begründen, auch nach den nunmehr geltenden Art. 130 Abs. 1 Z 1 und 132 Abs. 1 Z 1 B-VG die Legitimation zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde.

Diese ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

10.      Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 138/2017, entfallen. Eine solche wurde auch von keiner Partei beantragt.

11.       Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die Entscheidung weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche Rechtsprechung noch wird die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet. Die Lösung der maßgeblichen Rechtsfrage beruht vielmehr auf dem klaren Wortlaut des § 68 AVG (vgl. zum Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in diesem Fall etwa VwGH 27.08.2019, Ra 2018/08/0188, mwN) im Zusammenhalt mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Bau- und Raumordnungsrecht; Verfahrensrecht; Beschwerdelegitimation; Parteistellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1340.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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