Entscheidungsdatum
17.12.2020Norm
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §6Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerden des A, der C sowie der D vom 11. Jänner 2019 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 5. Dezember 2018, soweit damit der Berufung des A gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 19. Juni 2017, Zl.°***, betreffend Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe für das Grundstück *** in ***, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt wurde, zu Recht:
1. Die Beschwerde des A wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
und fasst den
B E S C H L U S S:
2. Die Beschwerden der C und der D werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.
3. Gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG°***, mit der topografischen Adresse ***, ***, steht im grundbücherlichen Eigentum des A (1/4), der C (1/4) sowie der D (1/2).
Auf dem Grundstück befinden sich zwei an die öffentliche Wasserleitung angeschlossene Wohnhäuser. Zwischen den Häusern liegt seit 1965 ein überdachter, unbeheizter Vorraum, von dem aus Zugänge in beide Häuser bestehen.
Beim straßenseitig gelegenen Haus ***, welches von A und C bewohnt wird, wurde ein Zubau errichtet sowie eine Aufstockung des Dachgeschoßes vorgenommen. Die Fertigstellung dieses mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 22. Juni 2006, Zl. ***, bewilligten Bauvorhabens wurde mit Fertigstellungsmeldung vom 30. Dezember 2013, bei der Baubehörde eingelangt am 8. Jänner 2014, angezeigt bzw. wurde vom bestellten Bauführer die bewilligungsgemäße Ausführung bescheinigt.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 legten die Beschwerdeführer eine von allen drei Liegenschaftseigentümern unterfertigte Veränderungsanzeige gemäß §°13°NÖ°Gemeindewasserleitungsgesetz bzw. § 13 NÖ Kanalgesetz vor.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 19. Juni 2017, Zl. ***, wurde den Beschwerdeführern gemäß § 7 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 und der geltenden Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** aus Anlass der angezeigten Änderung der Berechnungsfläche eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von € 1.563,58 (zuzüglich Umsatzsteuer) vorgeschrieben. Dabei wurden als Berechnungsfläche vor der Änderung eine Fläche von 288,89 m² ermittelt, während als Berechnungsfläche nach der Änderung eine Fläche von 433,80 m² herangezogen wurde. Weiters wurde der Berechnung ein Einheitssatz von € 10,79 zugrunde gelegt.
In der Bescheidbegründung wurde folgende Berechnung dargestellt:
„I. Bestand n a c h der Änderung
Bebaute Flächen- angeschl. Fläche
Fläche hälfte Geschoße
Gebäude
Wohnhaus 224,03 112,02 2+1 336,05
Garage 22,75 11,38 0+1 22,75
Anteil der bebauten Fläche: 358,80
Anteil der unbebauten Fläche: 15% von 500,00 m²
(maximal von 500 m² = 75 m²) 75,00
Berechnungsfläche nach der Änderung: 433,80
II. Bestand v o r der Änderung
Bebaute Flächen- angeschl. Fläche
Fläche hälfte Geschoße
Gebäude
Wohnhaus 191,14 95,57 1+1 191,14
Garage 22,75 11,38 0+1 22,75
Anteil der bebauten Fläche: 213,89
Anteil der unbebauten Fläche: 15% von 500,00 m²
(maximal von 500 m² = 75 m²) 75,00
Berechnungsfläche nach der Änderung: 288,89“
Der Bescheid war an sämtliche Grundstückseigentümer und nunmehrigen Beschwerdeführer adressiert und enthielt einen Hinweis auf die Rechtsfolge des § 101 Abs. 1 BAO.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2017 erhob A gegen diesen Abgabenbescheid fristgerecht das ordentliche Rechtsmittel der Berufung.
Beantragt wurde die Abänderung des Bescheides derart, dass „die beiden Wohngebäude wie bisher als selbständige Gebäude behandelt werden“.
Der Bürgermeister habe die Rechtslage unrichtig beurteilt, es handle sich um zwei selbständige Gebäude. Die gemeinsamen Außenmauern würden nicht den überwiegenden Anteil der Außen- oder Seitenwände bilden. Beide Gebäude könnten als selbständige Gebäude mit jeweils eigener Dachkonstruktion ohne den Vorraum für sich alleine baulich bestehen, eine gemeinsame Nutzung der beiden Wohngebäude finde nicht statt, da es sich um zwei selbständige Wohneinheiten handle, liege auch keine funktionelle Einheit vor. Es sei somit kein Kriterium erfüllt für die Annahme, dass es sich um ein einheitliches Bauwerk handle. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Abgabenbehörde nach über 30 Jahren ohne Änderung der Rechtslage oder der Judikatur plötzlich ihre Rechtsauffassung ändere. Schließlich seien sämtliche Bescheide der Abgabenbehörde seit 1984, in welchen die beiden Wohngebäude als zwei selbständige Gebäude beurteilt wurden, in Rechtskraft erwachsen und begründeten diesbezüglich eine entschiedene Sache, habe sich doch durch Zubau und Aufstockung der maßgebliche Sachverhalt sowie die Rechtslage nicht geändert.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Abgabenbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 5. Dezember 2018 wurde diese Berufung des A abgewiesen und der angefochtene erstinstanzliche Bescheid vom 19. Juni 2017, Zl. ***, bestätigt.
Die Beurteilung als einheitliches Gebäude sei in der baulichen Gestaltung begründet, da beide Wohneinheiten an einen gemeinsamen Vorraum angrenzen und von diesem jeweils durch Türen zu betreten seien. Da bereits diese vorhandenen Öffnungen (Türen) einer allfälligen Betrachtung als getrennte Gebäude schaden würden, könne die Prüfung weiterer Argumente unterbleiben. Die Flächenangaben würden sich aus dem Bauakt ergeben.
Der Berufungsbescheid wurde an A und D adressiert und an beide nachweislich zugestellt.
In der gegen den Berufungsbescheid vom 5. Dezember 2018 mit Schreiben vom 11. Jänner 2019 eingebrachten Beschwerde des A, der C und der D wird die vorgeschriebene Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe der Höhe nach bekämpft. In weitwendigen Ausführungen wird im Wesentlichen das Berufungsvorbringen wiederholt.
Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides bzw. die Erlassung eines neuen Bescheides, „der die beiden Wohngebäude wie bisher als zwei selbständige Gebäude behandelt und die Berechnungsfläche richtigstellt“.
Beantragt wird zudem ausdrücklich – im Hinblick auf eine am 30. Juli 2018 beim Landesverwaltungsgericht zu einem früheren Beschwerdeverfahren durchgeführte Beschwerdeverhandlung – die Unterlassung einer weiteren öffentlichen mündlichen Verhandlung.
Die Beschwerde wurde von der Stadtgemeinde *** unter Anschluss des bezughabenden Abgabenaktes dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die vorgelegten Aktenunterlagen sowie in die Vorakten des Landesverwaltungsgerichtes zu LVwG-AV-200/2018, LVwG-AV-202/2018 und LVwG-A-203/2018, insbesondere in die Niederschrift der am 30. Juli 2018 beim Landesverwaltungsgericht durchgeführten Beschwerdeverhandlung.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:
§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 6. (1) Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, sind Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, §°891°ABGB.).
(2) Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, sind ebenfalls Gesamtschuldner; dies gilt insbesondere auch für die Gesellschafter (Mitglieder) einer nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähigen Personenvereinigung (Personengemeinschaft) hinsichtlich jener Abgaben, für die diese Personenvereinigung (Personengemeinschaft) als solche abgabepflichtig ist.
§ 101. (1) Ist eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden oder die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, und haben diese der Abgabenbehörde keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekanntgegeben, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.
§ 212a. (1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.
2.2. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978:
Wasseranschlußabgabe
§ 6 (1) Die Wasseranschlußabgabe ist für den Anschluß an die Gemeindewasserleitung zu entrichten.
(2) Die Höhe der Wasseranschlußabgabe ist derart zu berechnen, daß die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz (Abs. 5) vervielfacht wird.
(3) Die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft ist so zu ermitteln, daß die Hälfte der bebauten Fläche
a) bei Wohngebäuden mit der um eins erhöhten Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse vervielfacht,
b) in allen anderen Fällen verdoppelt
und das Produkt um 15 % der unbebauten Fläche vermehrt wird.
(4) Bei Ermittlung der Berechnungsfläche gelten folgende Grundsätze:
1. Bebaute Fläche ist jeder Teil einer Liegenschaft, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt wird;
2. als Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse gilt die jeweils höchste Anzahl von Geschossen auch dann, wenn die angeschlossene Liegenschaft nicht zur Gänze gleich hoch verbaut ist;
3. die unbebaute Fläche ist nur bis zu einem Ausmaß von höchstens 500 m² zu berücksichtigen;
4. zur bebauten Fläche gehören nicht land- und forstwirtschaftliche Nebengebäude oder Teile von Gebäuden, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, es sei denn, daß sie an die Gemeindewasserleitung angeschlossen sind.
Ergänzungsabgabe
§ 7. Ändert sich die der Berechnung der Wasseranschlußabgabe zugrunde gelegte Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft, so ist die Wasseranschlußabgabe neu zu berechnen. Ist die neue Wasseranschlußabgabe um mindestens 10 %, mindestens jedoch um € 8,– höher als die bereits entrichtete, so ist vom Grundstückseigentümer eine Ergänzungsabgabe in der Höhe des Differenzbetrages zu entrichten.
Veränderungsanzeige
§ 13. (1) Veränderungen, die an oder auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und eine Änderung der Berechnungsgrundlagen für die ausgeschriebenen Wasserversorgungsabgaben oder Wassergebühren nach sich ziehen, sind binnen zwei Wochen nach ihrer Vollendung vom Abgabenschuldner der Abgabenbehörde schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).
Entstehung des Abgabenanspruches; Abgabenschuldner
§ 15. (2) Der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe entsteht mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige.
[…]
(6) Abgabenschuldner ist der Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nicht anderes ergibt.
2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.
…
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Rechtliche Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 5. Dezember 2018 bestätigt der Stadtrat der Stadtgemeinde *** aufgrund der Berufung des A die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe gemäß § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 aus Anlass einer nach einem Zu- und Umbau erstatteten Veränderungsanzeige.
Die dagegen eingebrachte Beschwerde des A ist unbegründet.
Unzweifelhaft ist, dass infolge der durchgeführten Baumaßnahmen eine Veränderung der Berechnungsflächen bzw. infolge der Veränderungsanzeige ein Abgabenanspruch der Gemeinde auf eine Ergänzungsabgabe eingetreten ist.
Im Hinblick auf den klaren Wortlaut des Gesetzes, welches als Gegenstand einer Vorschreibung das „Grundstück“ vorsieht, kommt eine getrennte bescheidmäßige Abgabenvorschreibung für einzelne Gebäude (Gebäudeteile, Wohnungen, Eigentumsanteile, etc.) nicht in Betracht, sondern lediglich die bescheidmäßige Geltendmachung des Abgabenanpruches für das Grundstück gegenüber dem Eigentümer als Abgabenschuldner. Mehrere Eigentümer schulden die Abgabe gemeinsam und sind Gesamtschuldner (vgl. § 6 BAO), die mit einem einzigen Bescheid zur gemeinsamen Abgabenleistung heranzuziehen sind.
Fraglich ist daher im Wesentlichen, ob die mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 19. Juni 2017, Zl. ***, gegenüber den Beschwerdeführern vorgenommene Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe der Höhe nach rechtmäßig erfolgt ist.
Auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück befinden sich zwei an die öffentliche Wasserleitung angeschlossene Wohnhäuser. Zwischen den Häusern liegt ein überdachter Vorraum, von dem aus Zugänge in beide Häuser bestehen.
Während das tatsächliche Ausmaß der bebauten Flächen im Hinblick auf die vorhandenen Bestandspläne im gesamten Verfahren auch nicht in Zweifel gezogen wurde, kommt aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführer vielmehr der Rechtsfrage Bedeutung zu, ob die durch den „Vorraum“ zusammenhängenden Objekte ein einziges oder zwei bzw. allenfalls mehrere selbständige Gebäude darstellen.
Für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob es sich bei den beiden Baukörpern „Haus ***“ und „Haus ***“ im Hinblick auf die Flächenberechnung des § 6 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 um zwei selbständige Wohngebäude oder um ein einheitliches Wohngebäude handelt, ist sowohl anhand der baulichen Gestaltung, als auch anhand des funktionalen Zusammenhanges zu beurteilen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum NÖ Kanalgesetz (vgl. z.B. VwGH 86/17/0026, 2003/17/0224, 2011/17/0284) ist die bauliche Gestaltung dafür entscheidend, ob ein einheitliches Bauwerk oder zwei (oder mehrere) selbständige Gebäude vorliegen. Ein einheitliches Gebäude ist nach dieser Rechtsprechung jedenfalls dann anzunehmen, wenn die einzelnen Teile durch gemeinsame Wände verbunden sind, welche überdies Öffnungen aufweisen, wodurch eine funktionelle Einheit dieser Teile hergestellt wird.
Aufgrund der Gleichartigkeit des Regelungsgegenstandes kann diese Rechtsprechung auch für die Berechnung der Wasseranschlussabgabe herangezogen werden.
Der zwischen den beiden Baukörpern gelegene Vorraum weist zu jedem der beiden Häuser eine gemeinsame Wand mit einem Durchgang (Zugang zum jeweiligen Haus) auf. Bei diesem Vorraum, dessen Wände gemeinsame Wände mit den beiden Wohnhäusern sind, handelt es sich dementsprechend schon aufgrund der baulichen Gestaltung nicht um ein selbständiges, von den beiden verbundenen Gebäuden trennbares oberirdisches Bauwerk. Zudem erfüllt der Vorraum eine Funktion als Zugang für beide Wohnobjekte und begründet damit – ähnlich einem Gang oder einem Stiegenhaus in einer Wohnhausanlage – eine funktionelle Einheit des einheitlichen Wohngebäudes. Jedenfalls ermöglichen die bestehenden Verbindungen eine einheitliche Nutzung, weshalb in der Beurteilung von einem Gebäude auszugehen ist (VwGH 2002/17/0037).
Die bebaute Fläche ist gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 jeder Teil der Liegenschaft, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt wird.
Die bebaute Fläche umfasst somit im gegenständlichen Fall (sowohl für den Bestand vor der Änderung als auch den Bestand nach der Änderung) die Fläche beider Wohnobjekte zuzüglich der Fläche des die beiden Trakte verbindenden Vorraumes. Der Bestand nach der Änderung ist gegenüber dem vorherigen Bestand um die bebaute Fläche des Zubaues beim Haus *** vergrößert.
Die Zahl der anzuschließenden Geschoße des Wohngebäudes hat sich durch die Aufstockung beim Haus *** auf *** erhöht. Die Fläche der nicht angeschlossenen Garage blieb ebenso wie der der zu berücksichtigende Anteil der unbebauten Fläche unverändert.
Die Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe erweist sich dementsprechend auch der Höhe nach als rechtmäßig.
Mangels einer Rechtsgrundlage, der Berufung gegen einen Abgabenbescheid die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, verletzt die Abweisung des diesbezüglichen Antrages durch die Berufungsbehörde keine subjektiv-öffentlichen Rechte des Berufungswerbers bzw. nunmehrigen Beschwerdeführers.
3.2. Zu Spruchpunkt 2:
Die Beschwerdeführerin C hat gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid zur Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe keine Berufung erhoben und war nicht Adressatin des angefochtenen Bescheides, insofern fehlt es ihrer Beschwerde an einem tauglichen Anfechtungsgegenstand.
Die Beschwerdeführerin D hat gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid zur Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe keine Berufung erhoben. Dementsprechend konnte sie durch die Bestätigung der von ihr nicht bekämpften Abgabenvorschreibung nicht mehr beschwert werden. Insofern somit bereits die Möglichkeit einer Verletzung in ihren Rechten durch den angefochtenen Bescheid ausgeschlossen ist, erweist sich ihre Beschwerde als unzulässig.
3.3. Zur beantragten Aussetzung der Einhebung:
Der im Rahmen der Beschwerde ausdrücklich an das Verwaltungsgericht gestellte Antrag auf Aussetzung der Einhebung (eines im Übrigen nicht bezeichneten und nicht bezifferten Abgabenbetrages) ist mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes (VwGH 2013/17/0184) unzulässig.
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auszusetzen. Über einen solchen Antrag hat zufolge des eindeutigen Gesetzeswortlautes stets die Abgabenbehörde (nicht etwa das Verwaltungsgericht) zu entscheiden, bei Vorliegen eines zweistufigen Instanzenzuges bei Gemeinden mangels abweichender gesetzlicher Regelung somit die Abgabenbehörde erster Instanz (vgl. dazu VwGH vom 18. Mai 2016, Zl. 2013/17/0184). Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung stellt kein Rechtsmittel gegen einen Bescheid dar, sondern handelt es sich dabei um einen gesonderten Antrag, über den nicht die Beschwerdebehörde (und auch nicht das Verwaltungsgericht) zu entscheiden hat, sondern die Abgabenbehörde erster Instanz, der die Einhebung der den Gegenstand des Antrages bildenden Abgabe obliegt, also im gegenständlichen Fall der Bürgermeister der Stadtgemeinde ***.
Über diesen Antrag hätte auch im Beschwerdeverfahren die Abgabenbehörde zu entscheiden und ist der Beschwerdeführer gemäß § 50 BAO an die zuständige Abgabenbehörde, der die Einhebung der den Gegenstand des Antrages bildenden Abgabe obliegt, zu verweisen. Angesichts der gegenständlichen Beschwerdeentscheidung erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über diesen, ausdrücklich ans Landesverwaltungsgericht gerichteten Antrag.
3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
3.5. Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von den Beschwerdeführern nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Schlagworte
Finanzrecht; Wasseranschlussabgabe; Ergänzungsabgabe; Abgabenbescheid; Abgabenfestsetzung; Berechnungsfläche; bebaute Fläche; einheitliches Gebäude; Aussetzung der Einhebung;Anmerkung
VwGH 07.01.2022, Ra 2021/13/0032-11, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1456.001.2020Zuletzt aktualisiert am
20.01.2022