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L94059 Ärztekammer Wien;Norm
ÄrzteG 1984 §75 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde der Dr. B in O, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 4. Juli 1996, Zl. B 146/96, betreffend Fondsbeitrag für 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin gab in ihrer Erklärung des Einkommens aus ärztlicher Tätigkeit des Jahres 1992 zur Festsetzung des Fondsbeitrages für das Jahr 1995 an, im Erklärungsjahr ein Bruttojahresgrundgehalt aus ärztlicher Tätigkeit in der Höhe von S 189.382,92 bezogen zu haben. Sie legte der Erklärung u.a. einen Gehaltszettel betreffend April 1992 bei, aus dem sich ein Grundgehalt von S 40.000,-- ergab.
Der Verwaltungsausschuß des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien legte in seinem Bescheid vom 30. April 1996 der Beitragsfestsetzung ein Jahresbruttogrundgehalt von S 480.000,-- zugrunde.
In ihrem (als Beschwerde behandelten) Schreiben vom 6. Mai 1996 brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe im Jahr 1992 nur ein Drittel ihrer Tätigkeit als Arzt durchgeführt, weshalb sie um nochmalige Berechnung ihres Beitrages bitte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde mit der Begründung ab, die Beschwerdeführerin habe keine Begründung für ihre Behauptung, die Einkünfte des Jahres 1992 stammten nur zu einem Drittel aus ärztlicher Tätigkeit, gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Soweit die Verwaltungsvorschriften keine anderen Anordnungen enthalten, hat die Behörde zufolge § 39 Abs. 2 AVG bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens von Amts wegen vorzugehen.
Aufgrund der aus § 39 Abs. 2 AVG sich ergebenden amtswegigen Ermittlungspflicht hätte sich die belangte Behörde nicht mit dem Inhalt der an sie gerichteten Beschwerde begnügen dürfen, sondern hätte - unter entsprechender Mitwirkung der Beschwerdeführerin - den für ihre Entscheidung maßgebenden Sachverhalt ermitteln müssen. Da das Vorbringen in der an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde keine ausreichende Grundlage für die von ihr zu treffende Entscheidung enthielt, hätte die belangte Behörde die - anwaltlich nicht vertretene - Beschwerdeführerin auffordern müssen, den Inhalt ihres Dienstvertrages und Art und Ausmaß der von ihr ausgeübten Tätigkeiten konkret zu beschreiben und entsprechende Beweise dafür vorzulegen bzw. anzubieten.
Die belangte Behörde vertritt in ihrer Gegenschrift die Auffassung, auch bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels hätte sie zu keinem anders lautenden Bescheid kommen können. Gemäß Art. I Abschnitt I Abs. 2 der für 1995 gültigen Beitragsordnung bestehe die Bemessungsgrundlage bei Fondsmitgliedern, die den ärztlichen Beruf ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ausübten, aus dem jährlichen Bruttogrundgehalt (abzüglich der anteilig darauf entfallenden Werbungskosten und zuzüglich der entrichteten Fondsbeiträge). Diese Bestimmung enthalte keine Unterscheidung, in welchem Ausmaß die erzielten Einkünfte aus Tätigkeiten stammen, die die Ausübung des ärztlichen Berufes darstellen. Da nach dem Vorbringen in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde davon auszugehen sei, daß die Beschwerdeführerin den ärztlichen Beruf nur im Rahmen des angegebenen Arbeitsverhältnisses ausübe, sei der gesamte Bruttogrundgehalt heranzuziehen gewesen.
Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Den Regelungen über die Beitragspflicht (§ 75 Abs. 1, 2, 3, 5 und 6 Ärztegesetz 1984 und Art. I Abschnitt I der Beitragsordnung für 1995) ist gemeinsam, daß Grundlage für die Festsetzung der Beiträge nur Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit sind und nicht sämtliche Einkünfte, die ein Arzt - aus welchen Einkunftsquellen immer - erzielt. § 75 Abs. 6 Ärztegesetz und Art. I Abschnitt I Abs. 2 der Beitragsordnung für 1995 haben den typischen Fall vor Augen, daß das Dienstverhältnis nur die Ausübung des ärztlichen Berufes betrifft und nicht auch andere wesentliche Dienstpflichten begründet, die auf eine inhaltlich anders geartete Haupttätigkeit gerichtet sind. Bei einem Arzt, der aufgrund seines Dienstvertrages nur zu einem Teil eine Tätigkeit auszuüben hat, die als Ausübung des ärztlichen Berufes anzusehen ist, und zu einem wesentlichen Teil auch andere Tätigkeiten zu verrichten hat, kann daher nur der entsprechende Teil des Bruttogrundgehaltes als Entgelt für ärztliche Tätigkeit angesehen und damit als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Die Beschwerdeführerin ist nach ihren Behauptungen handelsrechtliche Geschäftsführerin einer Gesellschaft mbH, die ein Ambulatorium betreibt, sie ist aber nicht dessen ärztliche Leiterin. Bei dieser Sachlage kann nicht ohne weiteres gesagt werden, ihre Tätigkeit stelle sich zur Gänze als Ausübung des ärztlichen Berufes dar, auch wenn nicht übersehen werden soll, daß organisatorische und wirtschaftende Tätigkeiten sowohl im Rahmen selbständiger als auch unselbständiger ärztlicher Tätigkeit anfallen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/11/0121), ohne daß es dadurch allein schon zu Einkünften aus nichtärztlicher Tätigkeit kommt.
Aus den oben dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens für Schriftsatzaufwand erfolgte deshalb, weil die in der zitierten Verordnung genannten Pauschalbeträge für Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten. Die Abweisung des Mehrbegehrens betreffend Stempelgebühren erfolgte, weil die Eingabengebühr für eine Ausfertigung der Beschwerde nur S 120,-- (und nicht S 240,--) beträgt und die Vorlage nur einer Ausfertigung des angefochtenen Bescheides (Beilagengebühr S 30,--) zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996110246.X00Im RIS seit
22.05.2001