TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/16 I421 2230244-1

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Veröffentlicht am 16.04.2020
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Entscheidungsdatum

16.04.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §125
StGB §146
StGB §83 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I421 2230244-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. SLOWENIEN, vertreten durch den VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz vom 24.02.2020, Zl. 640352010-190350445, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"I. Gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein für die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Aufgrund einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung erließ die belangte Behörde mit verfahrensgegenständlichem Bescheid über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte ihm kein Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte sie einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot zugleich die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass eine unrichtige rechtliche Beurteilung erfolgt sei. Der Beschwerdeführer weise eine starke Bindung zu Österreich auf, er lebe seit rund sieben Jahren in Österreich, gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Schwester. Er habe auch eine Freundin in Österreich mit der er nach seiner Haftentlassung zusammenwohnen möchte. Er sei auch mehrfach erwerbstätig gewesen und möchte sich nach seiner Haftentlassung um Arbeit bemühen. Das Aufenthaltsverbot beeinträchtige ihn daher in der Kontaktpflege und greife in sein Privat- und Familienleben ein. In Slowenien sei er schon lange nicht mehr gewesen und habe dort nur Kontakt zu seiner Großmutter.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist slowenischer Staatsangehöriger und somit EWR-Bürger bzw. Unionsbürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer zog im Mai 2013 mit seinen Eltern und seiner Schwester in das Bundesgebiet zu. Vorher war der Beschwerdeführer im Bundesgebiet seit 13.11.2012 mit Nebenwohnsitz gemeldet, aber nur kurz aufhältig (Niederschrift Beschwerdeführer AS 100).

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Er verfügt im Bundesgebiet über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und seiner Schwester. Er spricht gut Deutsch und hat in Österreich eine Freundin. Er ist seit Juli 2015, mit Unterbrechungen, immer wieder als Arbeiter gemeldet (SV-Auszug). Darüberhinausgehende sprachliche, private oder soziale Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 21.11.2019 zu XXXX in Untersuchungshaft genommen. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX als Jugendschöffengericht vom 27.01.2020, XXXX , wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet rechtskräftig wegen des Vergehens des versuchten Betrugs (§§ 15, 146 StGB) und des Verbrechens des Raubs (§ 142 Abs 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, wobei 16 Monate der Freiheitsstrafe für die Dauer einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Als besonderer Milderungsgrund wurde im Urteil angeführt, dass der Beschwerdeführer bereits vor der Polizei ein Geständnis abgelegt hat (zur Wahrheitsfindung beitragendes Geständnis), als erschwerend wird auf die fünf einschlägigen Vorstrafen verwiesen (AS 17ff).

Der Beschwerdeführer verbüßt derzeit die verhängte unbedingte Freiheitsstrafe, wobei er am 29.04.2020 bedingt, unter Probezeit von drei Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe aus der Strafhaft entlassen werden soll (Strafregisterauszug vom 10.04.2020).

Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheinen folgende Verurteilungen auf:

01) BG XXXX vom 18.01.2017 RK 24.01.2017

§ 83 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 01.11.2016

Geldstrafe von 150 Tags zu je 9,00 EUR (1.350,00 EUR) im NEF 75 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 17.01.2018

zu BG XXXX RK 24.01.2017

Höhe des Tagessatzes neu bemessen mit je 4,00 EUR

BG XXXX vom 19.04.2017

02) BG XXXX vom 10.05.2017 RK 16.05.2017

§ 125 StGB

Datum der (letzten) Tat 26.01.2017

Geldstrafe von 120 Tags zu je 4,00 EUR (480,00 EUR) im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

Vollzugsdatum 08.09.2017

03) BG XXXX vom 09.05.2018 RK 14.05.2018

§ 136 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 20.01.2018

Freiheitsstrafe 3 Wochen, bedingt, Probezeit 2 Jahre

zu BG XXXX RK 14.05.2018

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 27.01.2020

04) BG XXXX vom 19.06.2019 RK 16.08.2019

§ 125 StGB

Datum der (letzten) Tat 06.03.2019

Freiheitsstrafe 6 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu BG XXXX RK 16.08.2019

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 27.01.2020

05) LG XXXX vom 27.01.2020 RK 27.01.2020

§ 15 StGB § 146 (1) StGB

§ 142 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 15.11.2019

Freiheitsstrafe 24 Monate, davon Freiheitsstrafe 16 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG XXXX RK 27.01.2020

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 29.04.2020, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG XXXX vom 13.02.2020

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 24.02.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, ihm kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde gegen das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen den Beschwerdeführer ist von der Staatsanwaltschaft XXXX wegen §§ 28a (1) 5. und 6. Fall, 28a (4) Z 3 SMG § 105 StGB §§ 27 (1) Z 1 1. und 2. Fall, 27 (2) SMG zu XXXX m Anklage wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen erhoben worden, was sich aus der von Seiten der Staatsanwaltschaft erfolgten Verständigung an die belangte Behörde vom 07.04.2020 ergibt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung des bekämpften Bescheides und seinen Angaben im Beschwerdeschriftsatz. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR) und des Strafregisters eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung zur Person des Beschwerdeführers, insbesondere seiner Identität ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

Aus der Einsichtnahme in das ZMR und die damit korrespondierenden Angaben des Beschwerdeführers gründen die Feststellungen über die Einreise und den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet.

Dass er in Österreich berufstätig war, ist durch einen Auszug des Sozialversicherungsträgers belegt und wurde dies als solches auch nicht bestritten.

Aus der Einsichtnahme in das ZMR ist ebenfalls belegt, dass der Beschwerdeführer seit 2013 in Oberösterreich wohnhaft ist, wie auch seine Eltern und seine Schwester, und er somit über familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt. Aus dem Verwaltungsakt ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer nicht ausreichend Deutsch spricht. Zudem erfolgten die Strafverhandlung des Beschwerdeführers ohne Beiziehung einer Dolmetscherin für Slowenisch (AS 17, AS 23 und AS 51ff), sodass evident ist, dass der Beschwerdeführer ausreichend Deutsch spricht, um einer Verhandlung zu folgen und sich zum Verhandlungsgegenstand zu äußern.

Die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch österreichische Strafgerichte ergeben sich einerseits aus der Einsichtnahme in das Strafregister des Beschwerdeführers sowie aus den sich im Verwaltungsakt befindlichen Urteilen. Auch werden diese Tatsachen in der Beschwerde inhaltlich nicht bestritten, vielmehr eingestanden.

Dass der Beschwerdeführer bereits in seinem Herkunftsstaat eine einschlägige rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung aufweist, ergibt sich aus den Angaben des im Verwaltungsakt einliegenden Urteil des Landesgerichtes XXXX als Jugendschöffengericht vom 27.01.2020, XXXX (AS 19).

Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 24.02.2020 liegt im Verwaltungsakt ein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer EWR-Bürger sei, sich seit ca. Mai 2013 im Bundesgebiet aufhalte, seit dem 20.11.2019 sich in einer Justizanstalt befinde und aufgrund seiner slowenischen Staatsangehörigkeit in den Anwendungsbereich von § 67 FPG falle. Weiter führt die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer erfülle weder die Voraussetzung eines durchgehenden Aufenthaltes von mehr als fünf noch zehn Jahren, weshalb der Prüfungsmaßstab des §§ 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung komme. Es bestehe zwar ein Privat- und Familienleben, der Beschwerdeführer sei aber von seinen Eltern nicht abhängig. Unter Verweis auf die im Bescheid wiedergegebenen strafgerichtlichen Verurteilungen, überwiege das Interesse am Verlassen des Bundesgebietes durch den Beschwerdeführer seine Interessen am Verbleib im Bundesgebiet.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer seit mehr als fünf Jahren durchgehend im Bundesgebiet aufhältig ist, allerdings noch nicht zehn Jahre. Es kommt sohin der einfache Prüfungsmaßstab nach § 67 Abs. 1 S. 2 FPG, wonach für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine aktuelle, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefordert wird, zur Anwendung.

Der Beschwerdeführer weist im Bundesgebiet fünf strafgerichtliche Verurteilungen auf. Mit Urteil vom 18.1.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen a Euro 9 verurteilt.

Mit Urteil vom 10.5.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen Sachbeschädigung nach § 125 StGB neuerlich zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen a Euro 4 verurteilt.

Mit Urteil vom 9.5.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Wochen verurteilt.

Wiederum wegen Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom 19.6.2019 zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitstrafe von sechs Wochen verurteilt.

Schließlich wurde der Beschwerdeführer mit Urteil Landesgerichtes XXXX vom 27.1.2020 wegen des Vergehens des versuchten Betruges nach §§ 15,146 Abs. 1 StGB und wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB zu einer freien Strafe von 24 Monaten, wovon 16 Monate bedingt nachgesehen wurden, verurteilt. In diesem Urteil wird auch darauf hingewiesen, dass einschlägige Vorstrafen vorliegen, davon eine in Slowenien.

Die belangte Behörde hat die verhängte Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbots nicht (nur) auf die Tatsache der Verurteilungen, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist, (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603; VwGH 22.11.2012, 2012/23/0030) sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer seit dem Jahr 2016 durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer Entscheidung zugrunde gelegt.

Dieses Verhalten, nämlich die wiederholte Straffälligkeit über Jahre hinweg, stellt jedenfalls ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar. Es besteht ein großes öffentliches Interesse daran, Eigentumsdelikte und Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit hintanzuhalten.

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).

Das Bundesverwaltungsgericht kommt aufgrund der Verurteilungen des Beschwerdeführers, die auf die Begehung von Straftaten seit 2016 geradezu im Jahresrhythmus fußen, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose zur Überzeugung, dass vom Beschwerdeführer eine derart schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Aufenthaltsverbot rechtfertigt. Die der letzten Verurteilung vorausgehenden Geldstrafen und bedingten Freiheitsstrafen haben den Beschwerdeführern offensichtlich nicht davon abgehalten, regelmäßig weitere einschlägige Straftaten zu begehen. Das wiederholte Fehlverhalten des Beschwerdeführers, weist ganz offensichtlich auf eine Unbeherrschtheit und mangelnde Rechtstreue gegenüber der österreichischen Rechtsordnung hin. Dabei ist aber festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nunmehr erstmalig eine teilbedingte Freiheitsstrafe verbüßt. Er befindet sich gegenwärtig in Strafhaft, sodass ihm kein positiver Gesinnungswandel attestiert werden kann.

Es ist den Ausführungen im bekämpften Bescheid auch dahingehend beizupflichten, dass die gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende Interessenabwägung zwischen den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet und den diesen entgegenstehenden öffentlichen Interessen nicht zur Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen. Dies schon deshalb, zumal auch nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung, allfällige Konsequenzen des Aufenthaltsverbotes -wie mögliche zeitweilige Trennung von seinen Angehörigen- im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Straftaten in Kauf zu nehmen sind (VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers, ebenso wie dessen Freundin, den Beschwerdeführer in Slowenien besuchen und auch durch anderweitige moderne Kommunikationsmittel der persönliche Kontakt gepflegt und aufrechterhalten wird.

Angesichts des zuvor aufgezeigten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, ist das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig und zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer) auch dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen, privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten (vgl. VwGH 06.12.2019, Ra 2019/18/0437).

Was die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, erscheint diese angesichts des Verhaltens des Beschwerdeführers jedoch als zu lange. Der Beschwerdeführer hat zwar wiederholt Straftaten begangen, wobei aber zu berücksichtigen ist, dass von den Strafgerichten im überwiegenden Teil Geldstrafen und gänzlich bedingte Freiheitsstrafen verhängt wurden. Erst mit der zuletzt ergangenen Verurteilung wurde über den Beschwerdeführer eine teilweise unbedingte Freiheitsstrafe verhängt, die er derzeit verbüßt. Dabei erfolgt offensichtlich nunmehr die bedingte vorzeitige Entlassung aus dem Strafvollzug unter Anordnung der Bewährungshilfe. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes und der Tatsache, dass § 142 Abs. 1 StGB Raub einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht, wobei der Beschwerdeführer mit der zuletzt erfolgten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt wurde, das Gericht aber davon ausgegangen ist, dass der Vollzug von acht Monaten Freiheitsstrafe aus spezial- und generalpräventiven Gründen ausreichend sein wird, erachtet das Bundesverwaltungsgericht die Dauer des Aufenthaltsverbotes mit dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten nicht im Einklang. Ist doch auch hoffentlich davon auszugehen, dass der erstmalige Vollzug einer Freiheitsstrafe beim Beschwerdeführer einen Anstoß zur Gesinnungs- und Verhaltensänderung zur Rechtstreue zu bewirken vermag. Aufgrund dieser Überlegungen war das Aufenthaltsverbot daher auf die Dauer von drei Jahren zu reduzieren. Eine darunterliegende Dauer eines Aufenthaltsverbotes ist jedoch wegen des gewichtigen Unwerts des deliktischen Handelns des Beschwerdeführers über einen mehrjährigen Zeitraum nicht denkbar.

Auch die neuerliche Anklageerhebung ändert an dieser Prognoseentscheidung nichts, da das angeklagte Verhalten des Beschwerdeführers vor dem erstmaligen Vollzug einer Freiheitsstrafe gegen den Beschwerdeführer

Der Beschwerde war daher spruchgemäß dahingehend stattzugeben, dass das von der belangten Behörde erlassene sechsjährige Aufenthaltsverbot auf die Dauer von drei Jahren herabgesetzt wird.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus und hat er anhand seines Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen war.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005): "Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Auch unter Berücksichtigung der vom VwGH immer wieder postulierten Wichtigkeit (jüngst wieder VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0200) der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, stellt sich der vorliegende Fall nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes als eindeutiger Fall dar, in dem bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten wäre, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschaffen würde (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/21/0068, Rn. 12).

Da für das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben sind und sich insbesondere aus den Ausführungen der Beschwerde kein Hinweis auf die Notwendigkeit ergab, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern, wurde von einer Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen, zumal diese auch zurecht nicht beantragt wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der gegenständlichen Angelegenheit setzte sich das erkennende Gericht ausführlich mit der Thematik der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (VwGH 24.02.2011, 2009/21/0387; VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054; 22.08.2019, Ra 2019/21/0091; 19.12.2019, Ra 2019/21/0276; ua.). auseinander.

Dabei weicht die der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsprechung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2230244.1.00

Im RIS seit

04.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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