TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/7 W168 2231575-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.07.2020
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Entscheidungsdatum

07.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W168 2231575-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb.: XXXX , Sta: China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2020, Zl: 1174618508/200320962, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer wurde auf Antrag am 06.12.2017 von einer Bezirkshauptmannschaft eine Aufenthaltskarte ausgestellt, da dieser zu dem damaligen Zeitpunkt aufgrund einer eingetragenen Partnerschaft ein Angehöriger eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers war und dieser seinen Aufenthalt im Bundesgebiet hieraus ableiten konnte.

Aufgrund der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft handelte es sich bei dem Beschwerdeführer in Folge um keinen begünstigten Drittstaatsangehörigen mehr. Daher wurde gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisung erlassen und das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers (in Folge auch BF) ist mit RK 21.10.2019 erloschen.

Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt. Der Ausreiseverpflichtung ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen.

Mit Bescheid des BFA vom 03.04.2020 wurde I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, II. gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen, III. wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach China zulässig ist, IV. gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde ein auf die Dauer von 2 Jahr/Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, V. gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt., sowie VI. wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Es wurde hierzu insbesondere ausgeführt, dass der BF seinen Aufenthalt im Bundesgebiet ausschließlich aufgrund des Aufenthaltsrechtes eines begünstigen Drittstaatangehörigen abgeleitet habe, mit dem der Beschwerdeführer in einer eingetragenen Partnerschaft gelebt habe. Diese Partnerschaft wäre mittlerweile aufgelöst worden. Dem BF wäre unter Gewährung einer Frist aufgetragen worden das Bundesgebiet zu verlassen. Dieser Aufforderung wäre der BF jedoch nicht nachgekommen. Der BF hätte keinen Asylantrag gestellt. Bei dem BF würde es sich um einen Fremden handeln.

Der BF hätte zunächst im Bundesgebiet gearbeitet, doch wäre der BF seit dem 29.05.2019 jedoch ohne Einkünfte und mittellos und hätte im Juli 2019 einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung gestellt.

Das Vorliegen von besonderen integrativen Anstrengungen hätte der BF nicht darlegen können. Auch hätte der BF das Vorliegen eines besonderen Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu Personen im Bundesgebiet nicht dargelegt. Zur Lage im Herkunftsstaat / im Zielstaat wurde ausgeführt, dass der Behörde keine Hinderungsgründe bekannt wären, die gegen eine Rückkehr nach China sprechen würden mit der Ausnahme, dass derzeit auf Grund der Corona-Krise der internationale Flugverkehr eingestellt worden wären. Der BF habe China legal verlassen und könne jederzeit wieder zurückkehren. Die Kernfamilie des BF würde dort leben. Eine Rückkehrentscheidung würde konform mit Art. 8 EMRK gehen. Betreffend der Gründe für die Erlassung eines Einreiseverbotes wurde zusammenfassend ausgeführt, dass der BF trotz Aufforderung das Bundesgebiet nicht verlassen habe. Der BF habe sich wegen illegalen Aufenthaltes strafbar gemacht und werde mit einer Verwaltungsstrafe zu bestrafen sein. Es bestehe für den Beschwerdeführer keine Möglichkeit auf eine legale Beschäftigung und dieser werde unweigerlich dem Sozialstaat zur Last fallen. Durch die Ausreiseverweigerung stelle der BF eine latente Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Der BF wäre bewusst in die Illegalität gegangen und hätte sich dadurch strafbar gemacht. Auch hätte der BF durch den Antrag auf Mindestsicherung dokumentiert, dass dieser nicht in der Lage wäre sich durch eigene Mittel (Erspartes) zu erhalten. Der BF könne keiner Beschäftigung nachkommen und habe keine Möglichkeit einer legalen Erwerbsquelle, und fallen damit unweigerlich der öffentlichen Hand zur Last und stellen damit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach §57 AsylG würden in casu nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer hätte auch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Das aktuelle Vorliegen eines nunmehr schützenswerten Privat – und Familienlebens im Bundesgebiet hätte der BF insbesondere nach Auflösung der eingetragenen Partnerschaft nicht angeben können. Der BF wäre der deutschen Sprache nur zum Teil mächtig. Einer erlaubten Erwerbstätigkeit könne der BF im Bundesgebiet nicht nachkommen. Daher wäre eine Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig. Eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG hätte zu unterbleiben, da die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig wäre. (§ 58 Abs. 2 AsylG). Die Erlassung eines Einreiseverbotes im Sinne der Bestimmungen des § 9 Abs. 4 und 6 BFA-VG wäre zulässig, da es sich bei dem BF nicht um einen rechtmäßig niedergelassenen Drittstaatsangehörigen handelt. Die Voraussetzung des nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG würde vorliegen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wäre zu erteilen, bzw. wäre die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig, und damit wäre gem. § 10 Abs. 1 AsylG und § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Eine Abschiebung eines Fremden in einen Staat wäre gem. § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat ergäbe sich für den BF jedoch keine derartige Gefährdung und eine Abschiebung in den Herkuftsstaat wäre zulässig. Zu Spruchpunkt IV wurde ausgeführt, dass mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid auch ein Einreiseverbot erlassen werden kann. (§ 53 Abs. 1 FPG). Wie zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt worden wäre, wären die familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass diese für den BF einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Der BF habe den überwiegenden Teil seines Lebens in China verbracht und dieser könne dort auch sein weiteres Leben fortführen. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletze im gegenständlichen Fall Art. 8 EMRK nicht. Es müsse daher unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 2 FPG genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit Ihrem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiegt. Eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände sowie die nicht in Österreich entstandenen familiären und privaten Anknüpfungspunkte hätten daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig ist, die von Ihnen ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot wäre daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten. Die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes entspricht jenem Zeitraum, innerhalb dessen ein allfälliger positiver Gesinnungswandel Ihrer Einstellung zu den österreichischen Rechtsvorschriften erwartet werden kann. Zwei Jahre wären aus Sicht des Bundesamtes erforderlich, sich außerhalb Österreichs und des Schengenraums einerseits finanziell aufzubauen sowie Ihre Grundeinstellung zu ho. Rechtsordnung entsprechend ändern zu können. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes konnte die der Behörde zur Verfügung stehende Ermessensentscheidung nicht weiter zu Ihren Gunsten getroffen werden. Bei der Entscheidungsfindung wurde sowohl auf die Dauer Ihres bisherigen Aufenthaltes als auch auf Ihre familiäre und private Situation Bedacht genommen. Es wäre keine Frist zur freiwilligen Ausreise zu gewähren, da der BF sich geweigert habe seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und hierdurch die öffentliche Ordnung maßgeblich gestört habe. Auch wäre der BF aufgrund dessen Mittellosigkeit und seiner fehlenden Möglichkeit sich auf legale Wege den Lebensunterhalt im Bundesgebiet zu verdienen eine Belastung für den österreichischen Staat. Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn 1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist, 2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder 3. Fluchtgefahr besteht. Im gegenständlichen Verfahren stelle der Verbleib in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Ihre sofortige Ausreise wäre daher erforderlich. Der BF würde unweigerlich in mehrfacher Hinsicht dem Sozialstaat zur Last fallen, dieser wäre seiner Ausreisverpflichtung bis dato nicht nachgekommen und mit einer Änderung dieser Einstellung wäre nicht zu rechnen.

Gegen diesen Bescheid des BFA wurde unter Berücksichtigung der Bestimmungen des COVID-19 Justizbegleitgesetzes fristgerecht Beschwerde durch einen gewillkürten Vertreter mit 27.05.2019 erhoben.

Hierin wurde insbesondere ausgeführt, dass der gegenständliche Bescheid aufgrund Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wird.

Begründend wurde insbesondere zu Spruchpunkt I ausgeführt, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen gewesen war und dass ein solcher nicht erteilt worden wäre. Es wäre jedoch insbesondere auch über den Rechtsanspruch des Beschwerdeführers über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG abzusprechen gewesen. Dies habe die Behörde jedoch unterlassen. § 58 Abs. 2 AsylG normiere, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen ist, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFAVG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Da eine Prüfung nach § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorzunehmen war, bzw. vorzunehmen ist, um die Rechtmäßigkeit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, wäre auch stets die notwendige Prüfung für § 55 AsylG vorzunehmen, bzw. wäre darüber auch von Amts wegen abzusprechen gewesen, da der Beschwerdeführer einen Antrag nach §55 gestellt habe. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers wäre rechtmäßig. Dies auch, da der Beschwerdeführer ein besonders schützenswertes Privatleben in Österreich habe. Dies resultiere aus der Beeinträchtigung des Beschwerdeführers, durch welche es dem Beschwerdeführer leichter fallen würde sich in einem Land wie Österreich zurechtzufinden, als in China. Die von der belangten Behörde genannten familiären Bande würden kein Auffangnetz des Beschwerdeführers in China darstellen, da solche nicht existieren und dieser bedürfe zum Schutz seiner körperlichen Unversehrtheit des Aufenthaltes in Österreich. Auch in China könne der Beschwerdeführer nur schwerlichst einer Erwerbstätigkeit nachgehen und wäre somit auf Hilfe angewiesen, die ihm aber nicht einfach gewährt werden würde. In Österreich hätte der Beschwerdeführer mehrere Kontakte knüpfen können, welche eine Absicherung seiner selbst darstellen und ihm ein Auffangnetz bieten, welches wiederum die körperliche Unversehrtheit und das Leben des Beschwerdeführers schützen würde. Der Beschwerdeführer wäre auch homosexuell und könne seine Sexualität in China nicht derart ausleben, wie in Österreich, da die chinesische Regierung Homosexualität ablehnend gegenübersteht. Die Vielzahl der Lehrbücher aus Medizin und Psychologie würden Homosexualität als abnormal erklären und werden Behandlungsmöglichkeiten wie ein Zwang zur heterosexuellen Heirat oder sogar Elektroschocktherapie vorgeschlagen. Da die Sexualität zweifellos vom Privatleben umfasst ist, müsse auch die Möglichkeit des Beschwerdeführers in Österreich seine Sexualität offen ausleben zu können, als besonders schützenswert betrachtet werden. Auch in einem Länderreport würde ausgeführt, dass die Polizei in China äußerst oft gegen Homosexuelle vorgeht und diese unter den Generalverdacht der Prostitution stellte, welche wiederum eine strafbare Handlung wäre. Somit bestehe keine gesamtgesellschaftliche Toleranz und es drohe dem Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat eine strafrechtliche Verfolgung, dies in ganz China, aufgrund seiner Homosexualität. Durch das in Österreich bestehende Auffangnetz, bestehe auch ein schützenswertes Privatleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK sowie nach § 9 Abs. 2 Z 3 BFA-VG. Darüber hinaus hätte sich der Beschwerdeführer durch seine vorherige Arbeit integrieren können und würde für seine besondere Situation, in Verbund mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes, einen hohen Grad an Integration hinsichtlich der westlichen Werte sowie der deutschen Sprache aufweisen. Die Bindungen zum Heimatsstaat des Beschwerdeführers wären nicht existent.

Der Beschwerdeführer wäre strafgerichtlich unbescholten. Auch hätte der Beschwerdeführer nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, ihm komme zumindest eine Duldung zu. Das Privat- und Familienleben wäre zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem der Beschwerdeführer zum Aufenthalt berechtigt gewesen wäre.

Der belangten Behörde wäre all dies bereits in einer Stellungnahme vom 12.11.2019 hinsichtlich des Erstantrages des Beschwerdeführers zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG vom 21.10.2019 mitgeteilt worden. Aus der Aufforderung zur Stellungnahme geht eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer am 14.10.2019 einen Antrag gemäß § 55 AsylG bei der belangten Behörde gestellt habe. Dass die belangte Behörde in ihrem Bescheid nunmehr ausführt, dass der Beschwerdeführer keinen Asylantrag gestellt hätte und auch die Ausführung in Spruchpunkt II, dass eine Prüfung nach § 55 AsylG unterbleiben könne, wäre falsch. Da der Beschwerdeführer die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG beantragt hatte, wäre jedenfalls darüber abzusprechen gewesen.

Es wäre festzustellen gewesen, dass ein besonders berücksichtigungswürdiges Privatleben vorliegen würde. Einer Person mit der Behinderung des Beschwerdeführers wäre die neuerliche Integration in China ohne Familie nicht zuzumuten. Der BF wäre nunmehr in Österreich integriert ist und eine Ausweisung stelle einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK dar.

Weiters hätte die belangte Behörde darüber abzusprechen gehabt, ob dem Beschwerdeführer die Duldung gemäß § 46a FPG zukommen würde, da nach Ansicht des VfGH die Duldung bereits ex lege mit dem Vorliegen der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung und nicht erst mit deren behördlichen Feststellung eintritt (vgl. VfGH 23.06.2014, B 1353/2012).

Das Absprechen im Rahmen des § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG genügt dem nicht, da der Aufenthaltstitel dann zu erteilen ist, wenn bereits eine mindestens ein Jahr andauernde Duldung vorliegt.

Ohne vorherige Duldung kann somit nicht der Aufenthaltstitel nach § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG vergeben werden, allerdings führt auch eine Duldung die nach § 46a FPG auszusprechen wäre, zur Beschwerde, 27.05.2020, Seite 6 Notwendigkeit des weiteren Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich, welcher wiederum nach einem Jahr dazu berechtigt wäre, einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zu beantragen. Die Duldung kommt dem Beschwerdeführer zu, da er aufgrund seiner Behinderung und seiner Homosexualität einer ungerechtfertigten Benachteiligung in China ausgesetzt ist, welche durch seine Unfähigkeit dort einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und fehlenden Anknüpfungspunkten zu einer Gefahr für das Leben des Beschwerdeführers werden wird. Demgegenüber hat der Beschwerdeführer in Österreich die Möglichkeit Erwerbstätigkeiten nachzugehen und sich weiterhin zu integrieren. Ein entsprechender Arbeitsvorvertrag wurde der belangten Behörde auch nachgewiesen.

Da die Duldung ex lege gilt, wäre auch zu prüfen gewesen, ab wann die Duldung dem Beschwerdeführer ex lege zugekommen wäre und somit die Möglichkeit eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG. Hinsichtlich Spruchpunkt I lässt sich somit festhalten, dass die belangte Behörde auszusprechen gehabt hätte, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen ist. Anderenfalls hätte die belangte Behörde auszusprechen gehabt, dass dem Beschwerdeführer jedenfalls die Duldung und hiernach in eventu der Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zusteht.

Zu Spruchpunkt II wurde ausgeführt, dass hierzu auf die Ausführungen zu Spruchpunkt I hinsichtlich der Abwägung zu § 9 BFA-VG verwiesen werden würde. Herauszustellen wäre, dass die belangte Behörde keines ihrer Argumente auch nur ansatzweise begründet hätte. Wie zuvor ausgeführt, wäre auch die Stellungnahme des Beschwerdeführers nicht in die Entscheidungsfindung der belangten Behörde aufgenommen worden. Dass der Antragsteller nach dem AsylG vorerst keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, ist üblich und irrelevant. Wäre es von Relevanz, dann wäre es in den Gesetzestext aufgenommen worden. Was allerdings Relevanz hat, ist der vom Beschwerdeführer damals vorgelegte Arbeitsvorvertrag und somit der Nachweis, dass der Beschwerdeführer bei Erteilung eines Aufenthaltstitels und der Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit, einer solchen nachgehen könne, um sich selbst zu erhalten.

Wieso die belangte Behörde davon ausgehen würde, dass keine soziale Integration vorhanden wäre würde sich nicht erklären lassen. Es wäre nur zu vermuten, dass die belangte Behörde auf die Behinderungen des Beschwerdeführers abspielen würde, welche diesem die soziale Integration erschweren würde.. Jedoch nur von den Behinderungen darauf zu schließen, stellt eine Diskriminierung dar und hätte die belangte Behörde zum einen das Vorbringen der Stellungnahme beachten und zum anderen Ermittlungen anstellen müssen. Die Rückkehrentscheidung ist jedenfalls aus den zuvor angeführten Gründen nach § 9 Abs. 1 bis 3 AsylG nicht zulässig, da auch keine nur vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung gegeben ist, da gerade die das besonders schützenswerte begründende Behinderung sowie Homosexualität nicht nur vorübergehend sind und hinsichtlich letzterer eine andere Einstellung der chinesischen Regierung nicht in naher Zukunft zu erwarten ist. Durch seine aufgelöste eingetragene Partnerschaft ist es auch leicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer homosexuell ist.

Zu Spruchpunkt III wurde ausgeführt, dass aufgrund der Homosexualität des BF eine Rückkehrentscheidung nach China für diesen nicht zulässig wäre, bzw. eine Abschiebung unzulässig wäre.

Zu Spruchpunkt IV wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde hat zu keinem Zeitpunkt ausreichend ausgeführt hätte, weshalb vom Beschwerdeführer, einer Person mit Behinderung, eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder öffentlicher Interessen ausgehen würde. Der Erlass eines Einreiseverbots erscheine unverhältnismäßig und nicht notwendig.

Der Beschwerdeführer hatte einen Antrag gemäß § 55 AsylG gestellt und es läge somit kein unrechtmäßiger Aufenthalt vor.

Die belangte Behörde würde eine Gefährdung durch zu geringe Unterhaltsmittel annehmen, hätte aber im gesamten Bescheid unbeachtet gelassen, dass ein Vorvertrag vorgelegt worden wäre,, welcher eben dies verhindern würde bei Erteilung des Aufenthaltstitels.

Von einer Gefährdung durch zu geringe Unterhaltsmittel könne damit nicht ausgegangen werden und es wäre vom Erlass des Einreiseverbots, abgesehen von der Unverhältnismäßigkeit, aus diesem Grund auch nicht möglich.

Ein Vorvertrag der nur unter der Bedingung der Arbeitserlaubnis steht, wäre einem Arbeitsvertrag gleichzuhalten und es genüge der Nachweis der finanziellen Absicherung. Das Einreiseverbot wäre somit nicht auszusprechen.

Zu Spruchpunkt V und VI wurde ausgeführt, dass die sofortige Ausreise, vor allem im Rahmen der andauernden Coronakrise, nicht notwendig wäre, gefährdet die körperliche Unversehrtheit, Freiheit des Beschwerdeführers und erwachsen Österreich keinerlei Nachteile durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers, welche nicht auch nach Erledigung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht möglich wäre. Da der Beschwerde nicht die aufschiebende Wirkung abzuerkennen wäre, wäre auch nicht auf die Frist zum Erlass der freiwilligen Ausreise zu verzichten und ist hiermit bis zur Beendigung des Beschwerdeverfahrens abzuwarten.

Zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde es entgegen § 37 AVG iVm § 39 Abs 2 AVG in Anknüpfung an die Verkennung der Rechtslage unterlassen hätte, den für die Erledigung des maßgeblichen Sachverhaltes von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen und die notwendigen Beweise aufzunehmen (VwGH 16.06.1994, 94/19/295).

Die belangte Behörde hätte kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und hätte es unterlassen, Ermittlungen hinsichtlich des Privatlebens des Beschwerdeführers anzustellen. Die belangte Behörde hätte dabei auch nicht die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Informationen aufgenommen und dieser nicht ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt.

Die belangte Behörde hätte es unterlassen, die durch den Länderreport zur Kenntnis gelangten Informationen ihrer Ermittlung zu Grunde zu legen, obwohl dies für die Situation des Beschwerdeführers außerordentliche Bedeutung hat.

Auch hätte es die belangte Behörde unterlassen den Antrag des Beschwerdeführers, der durch die Aufforderung zur Stellungnahme nachgewiesen ist, zu berücksichtigen.

Gemäß § 57 Abs. 2 AVG hat eine Behörde einen Bescheid zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht Rechnung getragen wird. Die belangte Behörde hätte anführen müssen, worin die Gefährdung durch den Beschwerdeführer genau gelegen ist, welche sie erkennt.

Die belangte Behörde hätte ausführen müssen, weshalb eine sofortige Ausreise notwendig ist, weshalb der Abspruch der aus rechtsstaatlichen Gründen bestehenden aufschiebenden Wirkung gerechtfertigt wäre.

Dies hätte die belangte Behörde unterlassen und das Nachvollziehen durch den Beschwerdeführer wäre schwer möglich. Die belangte Behörde hätte es auch unterlassen, den Beschwerdeführer zu vernehmen.

Aus diesen Grund würden die A n t r ä g e gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge

gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung anberaumen;

in der Sache selbst erkennen und den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 03.04.2020, GZ: 1174618508/200320962, nicht zugestellt vor dem 07.04.2020, dahingehend abändern, dass dem Bewilligungsantrag stattgegeben;

der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 03.04.2020, GZ: 1174618508/200320962, nicht zugestellt vor dem 07.04.2020, stattgeben und das Einreiseverbot zur Gänze aufheben; in eventu

den Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom vom 03.04.2020, GZ: 1174618508/200320962, nicht zugestellt vor dem 07.04.2020, dahingehend abändern, dass das Einreiseverbot mit einer angemessenen Höhe, bemessen wird;

in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg zurückzuverweisen;

dem Bund als verantwortlicher Gebietskörperschaft auftragen, dem Beschwerdeführer die Kosten der notwendig gewordenen Vertretung zu Handen des ausgewiesenen Rechtsvertreters zu ersetzen.

Ergänzend wurde der Antrag gestellt, gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG der gegenständlichen Beschwerde, welcher von der belangten Behörde mit Bescheid vom 03.04.2020, GZ: 1174618508/200320962, nicht zugestellt vor dem 07.04.2020, die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und dies binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch die belangte Behörde. Hierzu würde auf das vorherige Vorbringen verwiesen, welches eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde sowie der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch die belangte Behörde belegen würde.

Mit Schreiben des BFA zur Beschwerdevorlage an das BVwG vom 28.05.2020 wurde ausgeführt, dass die Beschwerdegründe insgesamt unbegründet wären. Dies, da es unzulässig wäre einen Antrag auf subsidiären Schutz schriftlich durch einen Vertreter einzureichen. Auch hätte sich der Beschwerdeführer seit Oktober 2017 im Land unter denselben Voraussetzungen befunden, nämlich, dass er gehörlos und homosexuell wäre. Der BF hätte während der gesamten Aufenthaltsdauer dies nicht als möglicherweise asylrelevante Gründe vorgebracht. Selbst dann nicht, als er im Oktober 2019 rechtskräftig ausgewiesen worden wäre. Die rechtsfreundliche Vertretung würde verkennen, dass nicht zusätzlich wie vom BF beantragt auch von Amts wegen einen Entscheidung über §55 AsylG zu treffen ist, sofern wie im gegenständlichen Fall, so gesetzlich vorgesehen, über §57 AsylG entscheiden wurde. Der BF würde dabei auch irrtümlich davon ausgehen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt wurde (Seite 3 letzter Absatz der Beschwerdeschrift) das Verfahren nach dem Antrag gem. §55 wurde ausgesetzt, da im gegenständlichen Verfahren eine Entscheidung zu treffen gewesen wäre.

Dem BF wäre nach Ende der eingetragenen Partnerschaft eine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt worden. Diese hätte der BF nicht genützt und wäre im Bundesgebiet verblieben. Dem BF hätte bereits zu diesem Zeitpunkt klar sein müssen, dass dieser, soferne er keine Familienmitglieder im Bundesgebiet habe, bzw. keine Partnerschaft mit einem EU – Bürger eingehen würde, keine Möglichkeit auf Erteilung eines Aufenthaltstitels habe. Der BF würde aufgrund seines illegalen Aufenthaltes gem. §120 FPG bestraft werden.

Bezüglich der Homosexualität wäre anzuführen, dass dies sehr wohl vom BFA erkannt und gewürdigt worden wäre. Der BF wäre im Jahre 2017 in den Niederlanden eine Partnerschaft eigegangen. Zuvor hätte der BF völlig unbehelligt, trotz seiner Neigungen in seinem Heimatland leben können. Der BF würde auch hinkünftig dort unbehelligt leben können.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wäre zu Recht erlassen worden, das der BF trotz Möglichkeit Österreich binnen angemessener Frist zu verlassen hat, dies nicht getan hätte. Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit würde in der beharrlichen Weigerung das Land zu verlassen, bzw. in der eingestandenen Mittellosigkeit durch die Stellung eines Antrages auf Mindestsicherung des BF zu sehen sein.

Betreffend der durch die Vertretung monierten mangelnden Recherchen des BFA betreffend des Privat – und Familienlebens wäre auszuführen, dass dem BF ein detailliertes Parteiengehör übermittelt worden wäre, welches der BF auch beantwortet hätte. Der BF hätte jedoch keinerlei konkrete Ausführungen zu Freunden und Bekannten hierbei erstattet. Auch eine diesbezügliche Nachreichung durch die Vertretung hätte nicht stattgefunden, bzw. wären auch in der Beschwerde keinerlei diesbezüglich konkreten Ausführungen erstattet worden.

Mit Beschluss des BVwG vom 08.06.2020 wurde im gegenständlichen Verfahren die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Schreiben des BFA vom 18.06.2020 wurde ein Bericht des LPD – Salzburg betreffend einer Wohnsitzermittlung an das BVwG übermittelt. Hierin wird ausgeführt, dass der BF sich nicht mehr an der angegebenen Wohnadresse aufhältig wäre und Übersiedlungsätigkeiten dieses wären festzustellen gewesen, bzw. dieser angegeben habe, dass er das Land verlassen müsse. Auch der vormalig eingetragene Partner konnte keine Angaben zum Aufenthaltsort des BF erstatten, bzw. führte dieser aus, dass er bereits seit einiger Zeit nichts vom BF gehört habe und dieser auch gegenüber ihn angegeben habe, dass er nach China ausreisen wolle. Aufgrund weiterer Ermittlungen des LPD –S konnte ein möglicher weiterer Aufenthaltsort des BF in Erfahrung gebracht werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger von China. Die Identität des BF steht auf Grund des Reisepasses fest.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen, insgesamt auch unter Berücksichtigung der angeführten Gehörlosigkeit gesunden und arbeitsfähigen volljährigen Mann.

Der Beschwerdeführer ist legal aus der VR-China ausgereist und ist im Besitz eines Reisepasses.

Der BF ist mit einem deutschen Staatsbürger am 21.07.2017 eine eingetragene Partnerschaft eingegangen. Dem Lebensgefährten wurde auf Grund seiner Freizügigkeit am 29.01.2017 eine Anmeldebescheinigung Selbständiger ausgestellt. Von dieser Anmeldebescheinigung konnte der BF auf Grund der eingetragenen Partnerschaft mit einem EU-Bürger, welcher die Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, seine Aufenthalt ableiten. Der legale Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet basierte ausschließlich aufgrund der eingegangenen Lebensgemeinschaft mit einem EU Staatsbürger und dessen EU-rechtlicher Freizügigkeit.

Die eingetragenen Partnerschaft wurde mit 08.06.2019 aufgelöst und diese Verbindung hatte keine drei Jahre Bestand. Hierdurch hat der BF den Status eines begünstigten Drittstaatsangehörigen verloren. Dem BF wurde in Folge sein hierauf basierendes Aufenthaltsrecht rechtskräftig aberkannt und gegen den BF wurde eine Ausweisung erlassen.

Der Beschwerdeführer verfügt derzeit über kein Aufenthaltsrecht.

Dem BF wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt, welche der BF nicht genützt hat.

Der BF ging in der Zeit seines legalen Aufenthaltes bis zum 29.05.2019 einer geregelten Arbeit nach.

Der Beschwerdeführer ist seit Auflösung der eingetragenen Partnerschaft und des in Folge Verlustes des Aufenthaltsrechtes ohne nachgewiesene Einkünfte und mittellos. Der BF kann die notwendigen Mittel zur Bestreitung seiner Ausgaben nachweislich nicht durch eine legale regelmäßige Arbeit aufbringen.

Der BF hat nicht aufzeigen können, dass dieser gegenwärtig über relevante und besonders zu berücksichtigende private Kontakte im Bundesgebiet verfügt, bzw. hat dieser das Vorliegen eines gegenwärtig bestehenden und besonders zu berücksichtigenden Nahe – oder Abhängigkeitsverhältnisses mit sich in Österreich befindlichen Personen begründet nicht aufzuzeigen vermocht. Auch hat der BF keine Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich. Allfällige freundschaftliche Beziehungen in Österreich sind erst zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem sich der BF seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste.

Die Kernfamilie des BF lebt im Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer verfügt auch aktuell über familiäre Anknüpfungspunkte in seiner Heimat China, die ihn bei einer Rückkehr entsprechend unterstützend helfen können. Der Beschwerdeführer spricht die chinesische Sprache als Muttersprache.

Eine Ausweisung des BF stellt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

Das Vorliegen besonderen Hinderungsgründen, die gegen eine Rückkehr des BF in die VR – China sprechen sind auch unter Berücksichtigung der gegenwärtig weltweit herrschenden Corona- Pandemie nicht aufgezeigt worden und der Beschwerdeführer hat auch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Das Vorliegen einer besonders berücksichtigungswürdigen Integration des Beschwerdeführers in Österreich konnte dieser insgesamt nicht vorweisen.

Das Bestehen von besonderen Gründen, die für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, bzw. ein Verbleiben der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Der Beschwerdeführer erfüllt nicht die Voraussetzungen zur Gewährung eines Aufenthaltstitels gem. §57 AsylG.

Es konnte vom BF nicht glaubhaft gemacht werden, dass er im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat einer existenziellen Bedrohungslage (ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes oder aus gesundheitlichen/medizinischen Gründen) ausgesetzt wäre.

Das Vorliegen von lebensbedrohlich schweren psychischen oder physischen Erkrankungen hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Bezogen auf den Gesundheitszustand stellt die Ausweisung des BF und seine Rückkehr in die VR – China keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen der chinesischen Sprache mächtigen, insgesamt gesunden und arbeitsfähigen Mann Jahren dem die Aufnahme einer Arbeit auch unter Berücksichtigung der angegebenen Gehörlosigkeit in China möglich und auch zumutbar ist.

Dass eine Ausweisung und Rückkehr des Beschwerdeführers nach China, insbesondere auch unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Beschwerdeführers, bzw. auch aufgrund der weltweiten Corona Pandemie, bis zu einer möglichen Legalisierung einer Wiedereinreise insgesamt nicht zugemutet werden könnte, bzw. eine solche einen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte darstellen würde, wurde insgesamt ausreichend begründet im gegenständlichen Verfahren nicht dargelegt.

Eine Rückkehr des BF in die VR – China stellt aufgrund der dortigen Sicherheit – als auch Versorgungslage keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar.

Die belangte Behörde hat ein insgesamt mängelfreies, ordnungsgemäßes und das Vorbringen des BF vollinhaltlich und abschließend erfassendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit eingeräumt sämtliches relevantes Vorbringen im Verfahren zu erstatten. Die gegenständlich angefochtene Entscheidung wurde insgesamt rechtskonform, nachvollziehbar und zutreffend getroffen.

Dem Antrag des gewillkürten Vertreters die Kosten der Vertretung in diesen Verfahren zu ersetzen ist nicht zu entsprechen.

Der Beschwerdeschrift der gewillkürten Vertretung vermag das Bundesverwaltungsgericht kein insgesamt ausreichend substantiiertes und begründetes Vorbringen zu entnehmen, welches geeignet wäre, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung grundsätzlich in Frage zu stellen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich in casu vollinhaltlich auf das Ermittlungsergebnis des umfassend und ordnungsgemäß geführten Ermittlungsverfahren vor dem BFA stützend, sowie die wesentlichen Feststellungen und Würdigungen des BFA übernehmend, die gegenständliche Entscheidung treffen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Verfahren unterbleiben.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt: (gekürzt und zusammengefasst durch das BVwG)

Politische Lage (Letzte Änderung: 25.1.2020)

Die Volksrepublik China ist mit geschätzten 1,385 Milliarden Einwohnern (Stand Juli 2018) und einer Fläche von 9.596.960 km² der bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 14.1.2020).

China ist in 22 Provinzen, fünf Autonome Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi, sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) untergliedert (AA 3.2019a). Hongkong hat seit dem Souveränitätsübergang vom Vereinigten Königreich auf die Volksrepublik China zum 1. Juli 1997 den Status einer Sonderverwaltungsregion (Special Administrative Region - SAR). Grundlage für den Souveränitätsübergang ist die von den beiden Regierungschefs am 19. Dezember 1984 in Peking unterzeichnete ‚Gemeinsame Erklärung‘. Nach dem dort verankerten Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ kann Hongkong für 50 Jahre sein marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem aufrechterhalten und genießt einen hohen Grad an politischer und rechtlicher Autonomie. Zum 1. Juli 1997 trat auch das Hongkonger „Basic Law“ in Kraft und löste die koloniale Verfassung ab. Macau wurde nach einem ähnlichen Abkommen am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. Die Vereinigung mit Taiwan zur „Wiederherstellung der nationalen territorialen Integrität“ bleibt eines der erklärten Kernziele chinesischer Politik (AA 3.2019a).

Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein „sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht“ (AA 3.2019a). China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei (KP) verfassungsmäßig die höchste Autorität ist. Beinahe alle hohen Positionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von Mitgliedern der KP gehalten (USDOS 13.3.2019). Die KP ist die allbestimmende politische Kraft. Der 19. Parteitag hat im Oktober 2017 ein neues Zentralkomitee (ZK) gewählt, dem alle wichtigen Entscheidungsträger in Staat, Regierung, Armee und Gesellschaft angehören. Xi Jinping ist seit 2012 Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas. Das Zentralkomitee wiederum wählt das Politbüro (25 Mitglieder) und den Ständigen Ausschuss des Politbüros (derzeit 7 Mitglieder). Letzteres ist das ranghöchste Parteiorgan und gibt die Leitlinien der Politik vor. Die Personalvorschläge für alle diese Gremien werden zuvor durch die Parteiführung erarbeitet, wobei über das genaue Verfahren und dessen Grad der Formalisierung keine Klarheit besteht (AA 3.2019a vgl. USDOS 13.3.2019).

Xi Jinping ist zudem Vorsitzender der Zentralen Militärkommission (ZMK) der Kommunistischen Partei Chinas und Oberkommandierender der Streitkräfte, die seit 1997 direkt der Kommunistischen Partei Chinas unterstellt sind. Der 2018 erneut gewählte Ministerpräsident Li Keqiang leitet den Staatsrat, die eigentliche Regierung. Er wird von einem „inneren Kabinett“ aus vier Stellvertretenden Ministerpräsidenten und fünf Staatsräten unterstützt. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung (AA 3.2019a).

Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird durch subnationale Kongresse für fünf Jahre gewählt (FH 2.2019a). Er wählt formell den Staatspräsidenten für fünf Jahre und bestätigt den Premierminister, der vom Präsidenten nominiert wird (FH 1.2017a). Der Nationale Volkskongress (NVK) ist formal das gesetzgebende Organ der VR China. Er tagt als Plenum einmal jährlich und beschließt mit einer Legislaturperiode von fünf Jahren nationale Gesetze (LVAk 9.2019). Der NVK ist jedoch vor allem eine symbolische Einrichtung (FH 1.2017a). Nur der Ständige Ausschuss trifft sich regelmäßig, der NVK kommt einmal pro Jahr für zwei Wochen zusammen, um die vorgeschlagene Gesetzgebung anzunehmen (FH 2.2019a). Eine parlamentarische Opposition zur KPCh gibt es nicht (AA 22.12.2019). Es gibt weitere acht kleine „demokratische Parteien“, die auch im Nationalen Volkskongress, aber vor allem in der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes vertreten sind. Deren Vorsitzender ist Wang Yang. Das Gremium unter Führung der KP Chinas hat lediglich beratende Funktion (AA 3.2019a).

Der Nationale Volkskongress hat mit seiner ersten Sitzung der 13. Legislaturperiode (5. - 20. März 2018) Xi Jinping erneut zum Staatspräsidenten gewählt (AA 3.2019a). Xi Jinping ist Vorsitzender der Zentralen Militärkommission (ZMK) der Kommunistischen Partei Chinas und Oberkommandierender der Streitkräfte (AA 3.2019a). Er hält damit die drei einflussreichsten Positionen (USDOS 13.3.2019). Durch die Kommunistische Partei Chinas wurde 2019 in jenen von ihr als kritisch eingestuften gesellschaftlichen Bereichen der Einsatz repressiver Maßnahmen intensiviert (HRW 14.1.2020). Vorrangige Ziele der chinesischen Führung sind die Entwicklung des „Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter“ und die Verwirklichung des „chinesischen Traums vom großartigen Wiederaufstieg der chinesischen Nation“. Die Wahrung der politischen und sozialen Stabilität unter Führung der Partei gilt als wichtigstes Ziel der KP Chinas. Die strenge Führung durch die Partei soll dabei in allen Bereichen der Gesellschaft durchgesetzt werden. Gleichzeitig laufen Kampagnen zur inneren Reform und Stärkung der Partei. Schwerpunkte sind der Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft sowie die Stärkung der zentralen Kontrolle der Parteiführung.

Die von Deng Xiaoping im Jahr 1978 verkündete Ära von „Reform und Öffnung“ hat China eine lange Phase anhaltend hohen Wachstums gebracht. Vor dem 40-jährigen Jubiläum von „Reform und Öffnung“ im Dezember 2018 scheinen die wirtschaftlichen Reformanstrengungen jedoch weitgehend zum Erliegen gekommen zu sein. Angesichts der dramatischen Herausforderungen durch den demografischen Wandel, die Umweltbelastungen und die weiter zunehmende soziale Ungleichheit erscheint eine Fortsetzung der Reformagenda umso dringlicher. (AA 3.2019a).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (22.12.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

AA - Auswärtiges Amt (3.2019a): China – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/china-node/-/200846, Zugriff 26.9.2019

CIA - Central Intelligence Agency (14.1.2020): The World Factbook - China, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ch.html, Zugriff 20.1.2020

FH - Freedom House (2.2019a): Freedom in the World 2019 – China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002611.html, Zugriff 21.10.2019

FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/339947/483077_de.html, Zugriff 21.10.2019

HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022687.html, Zugriff 20.1.2020

LVAk – Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.): Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.190

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 29.1.2020

Seit Dezember 2019 wurden in Wuhan (Hauptstadt der Provinz Hubei) und in weiteren Provinzen zahlreiche Fälle einer unbekannten Lungenkrankheit diagnostiziert. Bei den Erkrankten wurde eine Infektion mit einem neuartigen Coronavirus nachgewiesen (BMEIA 28.1.2020a). Aktuell steigen die Fallzahlen deutlich an, es es sind Todesfälle aufgetreten und die Erkrankung breitet sich in China weiter aus. Die Quelle und Übertragungswege der Infektion sind nicht abschließend geklärt, die Übertragung von Mensch zu Mensch ist aber inzwischen wissenschaftlich gesichert (AA 28.1.2020). Die Stadt Wuhan ist seit dem 23.01.2020 von der Außenwelt weitgehend abgeschottet. Auch die 70 km östlich gelegene Metropole Huanggang wurde isoliert. Der Bahnverkehr und andere öffentliche Verkehrsverbindungen wurden eingestellt (BMEIA 28.1.2020a). Im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus werden Einschränkungen der Reise- und Bewegungsfreiheit unterschiedlichen Ausmaßes verhängt. Davon kann zunehmend auch der Fernreiseverkehr betroffen sein. Allgemein ist derzeit mit erheblichen Einschränkungen der Mobilität innerhalb Chinas zu rechnen (AA 28.1.2020).

Aufgrund einer massiven Präsenz von Sicherheitskräften in besonders gefährdeten Regionen ist eine Wahrscheinlichkeit von Terroranschlägen in China generell niedrig (GW 25.9.2019). Dennoch kann es vereinzelt zu Demonstrationen und Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften kommen. Auch sind In den letzten Jahren in China Anschläge verübt worden. (EDA 23.1.2020). Die Risiken beschränken sich hauptsächlich auf die Autonome Region Xinjiang. Konflikte und mutmaßliche Diskriminierung und Ungleichbehandlung durch die Han-Mehrheitsbevölkerung, wie auch weit verbreitete „Anti-Halal“ Kampagnen [Anmerkung d. Staatendokumentation: dem Verbot einer Etikettierung von Waren mit den arabischen Schriftzeichen für „Halal“] und die anhaltende harte Linie der lokalen Regierung, können die anhaltende Problematik der muslimischen Gemeinschaft ethnischer Minderheiten über die uigurischen Minderheiten hinaus noch verschärfen (AA 28.1.2020; vgl. GW 25.9.2019).

Landerwerb ohne volle Einbeziehung der örtlichen Betroffenen stößt zunehmend auf Proteste, insbesondere in Guangdong, Fujian, Zhejiang, Jiangsu, Shandong und Sichuan. Proteste wegen der Modalitäten von Zwangsumsiedlungen wie auch Entschädigungsleistungen sind an der Tagesordnung und die Behörden verfolgen einige der Anführer solcher Proteste strafrechtlich. Die Wahrscheinlichkeit von Protesten, vor allem in Form von Demonstrationen und Blockaden, wird in Bezug auf den Bau größerer Infrastrukturprojekte, dem Bergbau, etc. auch weiterhin hoch eingeschätzt (GW 25.9.2019; vgl. USDOS 13.3.2019) .

China hat anhand der Vorkommnisse der späten 1980er Jahre gelernt, dass soziale Spannungen zu einer ernsthaften Gefährdung des Systems führen können. Infolgedessen wurde ein engmaschiges Kontroll- und Regulierungssystem (z.B. Social Credit System) sowohl in urbanen Kerngebieten als auch in den peripheren Siedlungsgebieten der Minderheiten aufgebaut (LVAk 9.2019).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (22.12.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

AA – Auswärtiges Amt (28.1.2020): China: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/china-node/chinasicherheit/200466#content_1, Zugriff 29.1.2020

BMEIA – Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (28.1.2020a): China, Aktuelle Hinweise, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/china/, Zugriff 29.1.2020

GW - GardaWorld (25.9.2019): China Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/china, Zugriff 24.1.2020

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (23.1.2020): Grundsätzliche Einschätzung, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/china/reisehinweise-fuer-china.html, Zugriff 29.1.2020

LVAk – Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.): Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.228

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019

Xinjiang

Letzte Änderung: 25.1.2020

Die chinesische Regierung wirft Teilen der uigurischen Bevölkerung in der Autonomen Provinz Xinjiang (XUAR), im äußersten Westen Chinas, separatistische Bestrebungen und terroristische Aktivitäten vor und wertet diese als Bedrohung gegen den Staat (ÖB 11.2019).

2013 erfolgte eine Eskalation der Gewalt, bei der ca. 200 Menschen ums Leben kamen. Die Gewalt griff zunehmend auch auf andere Regionen Chinas über. 2013/2014 kam es zu drei, offenbar von Uiguren verübten Anschlägen, die sich gegen Unbeteiligte richteten (AA 15.10.2014). Die seit Jahren eskalierende Gewaltspirale konnte durch die umfassende Repression 2016 scheinbar zwar gebremst, aber nicht gestoppt werden, wie eine Reihe bekannt gewordener blutiger Anschläge mit insgesamt 18 Toten seit Jahresende 2016 zeigt. 2015 hat sich nach chinesischen Angaben die Zahl der Verurteilungen wegen Terrorismus und Separatismus auf über 1.400 verdoppelt. Der allergrößte Teil dieser Urteile steht aller Voraussicht nach in Zusammenhang mit Xinjiang, wo im August 2016 das erste Antiterrorgesetz auf Provinzebene verabschiedet wurde. Den Behörden ist es bisher weitgehend gelungen, die Unruhen lokal zu begrenzen. Eine existentielle Bedrohung für China stellen sie nicht dar. Die chinesische Regierung fürchtet jedoch den Fortgang der blutigen Scharmützel und potentiell eine Wiederkehr einzelner Attacken auch außerhalb Xinjiangs (AA 14.12.2018).

Die chinesische Führung hat in mehreren Verlautbarungen darauf hingewiesen, dass es nach ihrer Überzeugung direkte Verbindungen zwischen uigurischen Separatisten und den afghanischen Taliban und Al Qaida gebe und dass ein energisches Vorgehen gegen den uigurischen Separatismus, Extremismus und Terrorismus Teil des internationalen Kampfes gegen den Terror sei (AA 22.12.2019). Zudem macht China seit Jahren im Exil lebende uigurische Separatisten für Angriffe in Xinjiang verantwortlich (Aljazeera 1.3.2017).

In der Autonomen Region Xinjiang (XUAR) verfolgt die chinesische Zentralregierung einen zweigleisigen Ansatz: zum einen verstärkte Sicherheitsmaßnahmen zur Bekämpfung der Gefährdungs-Triade (religiöser) Extremismus, (ethnischer) Separatismus und (internationaler) Terrorismus, zum anderen Wirtschaftsförderung und Erhöhung des Lebensstandards der Menschen mit dem Ziel der Gewährleistung sozialer Stabilität bzw. Eindämmung von Unruhepotential (AA 22.12.2019).

Die 2014 gestartete besonders repressive Kampagne „Strike Hard“ wird unvermindert gegen die türkisch-muslimische Bevölkerung fortgesetzt (HRW 14.1.2020). Im Laufe des Jahres intensivierte die Regierung ihre Strategie der Massenverhaftung von Mitgliedern muslimischer Minderheitengruppen in der autonomen Region der Uiguren (Xinjiang) deutlich. Es wird berichtet, dass die Behörden schätzungsweise 800.000 Menschen, unter Umständen mehr als zwei Millionen Uiguren, ethnische Kasachen und andere Muslime willkürlich in Internierungslagern festhalten, deren Zielsetzung in der Vernichtung ihrer religiösen und ethnischen Identitäten liegt. Von Regierungsbeamten wird behauptet, dass diese Lager zur Bekämpfung von Terrorismus, Separatismus und Extremismus benötigt würden. Internationale Medien, Menschenrechtsorganisationen und ehemalige Häftlinge berichten davon, dass Sicherheitskräfte in den Lagern Häftlinge misshandelt, gefoltert und getötet haben (USDOS 13.3.2019; vgl. FH.2.2019a).

Vertrauliche Dokumente der Kommunistischen Partei Chinas aus den Jahren 2017 und 2018 beschreiben, wie die Verfolgung und Internierung insbesondere von Uiguren in Umerziehungslagern in Xinjiang organisiert wird. Die „China Cables“ genannten Papiere geben Anleitung zur Gestaltung des Lagerlebens und zur strengen Überwachung der Uiguren in den Lagern und außerhalb davon und bestätigen im Wesentlichen Berichte von Beobachtern und ehemaligen Lagerinsassen. Die Berichte widersprechen der offiziellen chinesischen Darstellung, dass es sich bei den von der Regierung errichteten Lagern lediglich um Einrichtungen zur beruflichen Weiterbildung handelt (NYT 16.11.2019; vgl. WZ 25.11.2019).

Der Einsatz von Technologien zur massenhaften Überwachung und sozialen Kontrolle durch die Behörden ist beispiellos. Die Integrated Joint Operations Platform (IJOP), ein Computerprogramm, das im Mittelpunkt der Massenüberwachungssysteme von Xinjiang steht, überwacht viele Facetten des Lebens der Menschen, einschließlich ihrer Bewegungen und ihres Stromverbrauchs und alarmiert die Behörden, wenn Unregelmäßigkeiten aufscheinen (HRW 14.1.2020). So werden über eine App, die sogenannte Integrated Joint Operations Platform (IJOP) personenbezogene Daten gesammelt. Das IJOP-System registriert und überwacht Bewegungs- und Standortdaten auf ID-Karten und Mobiltelefonen. Durch das System als problematisch gekennzeichnete Vorfälle haben sofortige Untersuchungen zur Folge. Abhängig vom Grad der wahrgenommenen Bedrohung und basierend auf der Programmierung, kann die Bewegungsfreiheit einer Person eingeschränkt werden, indem das Verlassen eines registrierten Standorts ebenso, wie auch ein Betreten öffentlicher Räume wahrgenommen werden (HRW 1.5.2019).

Die IJOP-App bewertet auch Regierungsbeamte nach ihrem Arbeitserfolg bei der Erfüllung von Aufgaben und ist ein Werkzeug übergeordneter Vorgesetzter zur Überprüfung untergeordneter Beamter (HRW 1.5.2019). Mehr als eine Million Beamte sind durch die Regierung zur Überwachung mobilisiert worden (HRW 17.1.2019).

Um der wachsenden internationalen Besorgnis über die Niederschlagung entgegenzuwirken, organisierten die chinesischen Behörden mehrere, streng kontrollierte Reisen für ausgewählte Journalisten und Diplomaten - auch von der UN - nach Xinjiang und erklärte Ende Juli 2019, dass „die meisten“ in den Lagern für „politische Bildung“ in Xinjiang „in die Gesellschaft zurückgekehrt“ sind. Beide Behauptungen werden von Beobachtern bezweifelt (HRW 14.1.2020), zumal Berichten zufolge eine unbekannte Zahl Internierter nicht in Freiheit, sondern in streng kontrollierte Zwangsarbeit entlassen worden sind (BAMF 16.12.2019; vgl. HRW 14.1.2020). Darüber hinaus werden durch die Behörden auch weiterhin Kinder, deren Eltern interniert sind oder sich im Exil befinden, ohne elterliche Zustimmung in staatlichen „Kinderfürsorge-Einrichtungen“ und Internaten ohne Zugang betreut (HRW 14.1.2020).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (22.12.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China,

AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019

AA - Auswärtiges Amt (15.10.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

Aljazeera (1.3.2017): ISIL video threatens China with 'rivers of bloodshed', http://www.aljazeera.com/news/2017/03/isil-video-threatens-china-rivers-bloodshed-170301103927503.html, Zugriff 20.11.2019

BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (16.12.2019): Briefing Notes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2022112/briefingnotes-kw51-2019.pdf, Zugriff 21.1.2020

FH - Freedom House (2.2019a): Freedom in the World 2019 – China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002611.html, Zugriff 21.10.2019

HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022687.html, Zugriff 20.1.2020

HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002248.html, Zugriff 22.10.2019

HRW - Human Rights Watch (1.5.2019): China’s Algorithms of Repression, https://www.hrw.org/report/2019/05/01/chinas-algorithms-repression/reverse-engineering-xinjiang-police-mass-surveillance, Zugriff 14.10.2019

NYT – New York Times (16.11.2019): The Xinjiang Papers. ‘Absolutely No Mercy’: Leaked Files Expose How China Organized Mass Detentions of Muslims, https://www.nytimes.com/interactive/2019/11/16/world/asia/china-xinjiang-documents.html, Zugriff 21.11.2019

ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019

WZ – Wiener Zeitung (25.11.2019): Enthüllungen um chinesische Umerziehungslager, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2039665-Enthuellungen-um-chinesische-Umerziehungslager.html, Zugriff 25.11.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 25.1.2020

Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen (AA 22.12.2019). Dem steht jedoch der Anspruch der Kommunistischen Partei auf ungeteilte Macht gegenüber (FH 2.2019a). Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert, neben sozialer Not eine der Hauptquellen von Unzufriedenheit in der chinesischen Gesellschaft (AA 3.2019a). Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 22.12.2019). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2019). Die KP dominiert das Rechtssystem auf allen Ebenen und erlaubt Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KP zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen durch die Anwendung sogenannter „Leitlinien“. Während Bürger in nicht-politischen Fällen ein gewisses Maß an fairer Entscheidung erwarten können, unterliegen solche, die politisch sensible Fragen oder die Interessen mächtiger Gruppen berühren, diesen „Leitlinien“ der politisch-juristischen Ausschüsse (FH 2.2019a). Seit dem vierten Jahresplenum des 18. Zentralkomitees 2014 betont die Führung die Rolle des Rechts und ergriff Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität gerichtlicher Verfahren und zum Aufbau eines „sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung“ unter dem Motto „den Gesetzen entsprechend das Land regieren“. Echte Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Achtung des Legalitätsprinzips in der Verwaltung und der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wird dabei aber dezidiert abgelehnt. Das in den Beschlüssen reflektierte Verständnis von Recht soll die Macht des Staates, d.h. der Kommunistischen Partei (KP), keinesfalls einschränken, sondern vielmehr stärken (ÖB 11.2019).

Die wichtigste Einrichtung der KP zur Kontrolle des Rechtssystems ist die Kommission des Zentralkomitees für Politik und Recht (ZKPR). Das ZKPR ist in unterschiedlichen Unter-Formaten auf jeder gerichtlichen Ebene verankert, wobei die jeweiligen Ebenen der übergeordneten Ebene verantwortlich sind. Die Macht des Komitees, das auf allen Ebenen auf Verfahren Einfluss nimmt, wurde auch seit den Beschlüssen des Vierten Plenums der KP im Oktober 2014 bewusst nicht angetastet (ÖB 11.2019).

Die Richter-Ernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahme seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen „Unabhängigkeit“ von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren. Trotz laufender Reformbemühungen gibt es – vor allem auf unterer Gerichtsebene – noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern (ÖB 11.2019).

Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll „Fehlverhalten“ von Justizbeamten und S

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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