Entscheidungsdatum
18.09.2020Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W185 2233076-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.06.2020, Zl. 1260223605-200152482, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin reiste am 29.11.2019 legal mittels eines Schengen-Visums in Frankreich in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein. Am 09.02.2020 stellte sie den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Eine Eurodac-Treffermeldung liegt nicht vor. Aus der österreichischen Visa-Datenbank konnte erhoben werden, dass die Beschwerdeführerin im Besitz eines vom 27.11.2019 bis zum 24.01.2020 gültigen französischen Schengen-Visums war.
Im Zuge ihrer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.02.2020 gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst an, die Heimat am 16.10.2019 verlassen und sich nach Sambia begeben zu haben. Ein bestimmtes Zielland habe sie nicht gehabt. Nach ca drei Wochen sei sie dann über Mosambique und weitere unbekannte Länder gereist und schließlich nach Frankreich geflogen, wo sie am 29.11.2019 angekommen sei. In der Folge sei über unbekannte Länder am 01.12.2019 nach Österreich gelangt. Sie sei zu kurz in Frankreich gewesen, um etwas über dieses Land sagen zu können. Außer in Österreich habe die Beschwerdeführerin nirgendwo um Asyl angesucht. In Österreich befinde sich seit ca 2008 ein (erwachsener) Bruder der Beschwerdeführerin; ihre übrigen Familienangehörigen würden sich alle in der DR Kongo aufhalten. Zu ihrem Gesundheitszustand befragt, gab die Beschwerdeführerin an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können, keine Medikamente einnehmen zu müssen sowie nicht schwanger zu sein. Zu ihrem Fluchtgrund erklärte die Beschwerdeführerin, in der Heimat mit einem bekannten Politiker ein Verhältnis gehabt zu haben. Nachdem sie diese Beziehung aufgrund Gewalt habe beenden wollen, seien sie und auch ihre Schwester bedroht worden. Sie habe Angst, dass der genannte Politiker sie töten würde, falls sie die Beziehung öffentlich machen würde.
Am 14.02.2020 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: „Dublin III-VO“) gestütztes Aufnahmegesuch an Frankreich. Dies auch unter Hinweis auf den Bruder der Beschwerdeführerin in Österreich.
Die französischen Behörden stimmten mit Schreiben vom 16.03.2020 ausdrücklich zu, die Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO aufzunehmen.
Mit Schreiben vom 20.05.2020 brachte die Beschwerdeführerin vor, nicht nach Frankreich gehen zu können, da der angeführte gewalttätige Politiker, wegen dem sie um ihr Leben fürchte, viele Kontakte in Frankreich habe. Da es in Frankreich viele Kongolesen gebe, könnte sie dort leicht entdeckt werden. In Österreich hingegen fühle sie sich sicher. Die Kongolesen in Österreich würden „von Österreich diszipliniert“ werden, weshalb es hier für sie großen Schutz und Sicherheit geben würde. In Österreich habe die Beschwerdeführerin ihren Bruder inkl dessen Familie, welche für die Beschwerdeführerin „da seien“ und ihr auch emotional helfen würden. Überdies sei Frankreich besonders von der Covid-19-Pandemie betroffen; es würden jeden Tag Menschen sterben.
Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 23.06.2020 gab die Beschwerdeführerin – nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit eines Rechtsberaters – an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Sie befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung, Betreuung oder Therapie und müsse auch keine Medikamente einnehmen. Im Bereich der EU habe die Beschwerdeführerin keine Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eines besonders enge Beziehung bestünde. In Österreich würde sich ihr älterer Bruder und dessen Familie (Frau und 2 mj Kinder) befinden. Der Bruder sei bereits seit 2008 in Österreich aufhältig; sie glaube, dass er anerkannter Flüchtling sei. Er habe seinen Job als Küchenhilfe wegen der Corona-Krise verloren und sei nun auf Arbeitssuche. Im Dezember 2019 habe die Beschwerdeführerin den angesprochenen Bruder getroffen und bis Februar 2020 bei diesem im Haushalt gelebt; anschließend sei sie in ein Flüchtlingslager gekommen. Gemeldet gewesen sei sie bei ihrem Bruder ihres Wissens nach nicht. Ihr Bruder helfe ihr so gut er könne. Seit sie in der Betreuungsstelle lebe und selbst etwas verdiene, erhalte sie von ihrem Bruder keine finanziellen Zuwendungen mehr. Über Vorhalt der Zustimmung Frankreichs zur Übernahme der Beschwerdeführerin und der Absicht, deren Asylantrag zurückzuweisen und die Beschwerdeführerin nach Frankreich auszuweisen, erklärte die Beschwerdeführerin, nicht nach Frankreich zurückkehren zu wollen. Sie fühle sich dort nicht sicher, zumal ihr ehemaliger Liebhaber, ein hoher Politiker in der DR Kongo, dort gut vernetzt sei. Der genannte Politiker habe sie in Frankreich jedoch nicht bedroht. Sie habe sich nur zwei Tage in Paris allein in einem Hotel aufgehalten. In Frankreich habe sie niemanden „erkannt“ und sei auch nicht bei der Polizei gewesen. Rein sprachlich würde nichts gegen eine Rückkehr nach Frankreich sprechen; sie wolle allein aufgrund der Situation mit ihrem Exfreund nicht nach Frankreich gehen. Außerdem seien ihr Bruder und dessen Familie in Österreich und seien ihr diese eine große Hilfe und Unterstützung. Sie wolle auf alle Fälle in Österreich bleiben, da sie in Frankreich niemanden kennen würde.
Mit Bescheid vom 30.06.2020 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO Frankreich zuständig sei. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF wurde in Spruchpunkt II. gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG deren Abschiebung nach Frankreich zulässig sei.
Als Länderfeststellungen wurden im Bescheid irrtümlich die aktuellen Feststellungen zur Situation in Deutschland abgedruckt:
1. Allgemeines zum Asylverfahren
Letzte Änderung: 15.5.2020
In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2019; vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).
Im Berichtsjahr 2019 wurden 142.509 Erstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entgegengenommen. Dies bedeutet gegenüber 2018 (161.931 Erstanträge) eine Abnahme der Erstantragszahlen um 12 %. 2019 wurden insgesamt 165.938 Asylanträge (Erstanträge und Folgeanträge) gestellt. Im gesamten Berichtsjahr 2019 wurden insgesamt 183.954 Entscheidungen über Asylanträge getroffen. Im Jahr zuvor waren es 216.873 Entscheidungen; dies bedeutet einen Rückgang um 15,2 %. Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten im Berichtsjahr 2019 bei 38,2 % (70.239 positive Entscheidungen von insgesamt 183.954). Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreswert (35,0 %) stieg die Gesamtschutzquote somit um 3,2 Prozentpunkte an (BAMF 2020). In den ersten vier Monaten 2020 hat die Zahl der Asylanträge im Vergleich zu den entsprechenden Zahlen des Vorjahrs weiter abgenommen.
(BAMF 4.2020)
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/AblaufAsylverfahrens/ablaufasylverfahrens-node.html, Zugriff 4.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 4.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2020): Aktuelle Zahlen (Ausgabe: Dezember 2019), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-dezember-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 5.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (04.2020): Aktuelle Zahlen. April 2020, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-april-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=6, Zugriff 11.5.2020
2. Dublin-Rückkehrer
Letzte Änderung: 15.5.2020
Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.4.2019).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020
3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Letzte Änderung: 15.5.2020
Unbegleitete Minderjährige werden zunächst durch das vor Ort zuständige Jugendamt in Obhut genommen. Im Rahmen dieser vorläufigen Inobhutnahme werden sie bei einer geeigneten Person oder in einer geeigneten Einrichtung untergebracht. Geeignete Personen können Verwandte oder Pflegefamilien sein, geeignete Einrichtungen sind in der Regel sogenannte Clearinghäuser, die auf die Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen spezialisiert sind, oder Jugendhilfeeinrichtungen. Im Zuge der vorläufigen Inobhutnahme findet auch das sogenannte Erstscreening statt. Es stellt neben der allgemeinen Prüfung des Gesundheitszustands auch das Alter der Minderjährigen fest. Die dafür verwendeten Methoden reichen von einer reinen Altersschätzung, über körperliche Untersuchungen, bis hin zu radiologischen Untersuchungen. Darüber hinaus schätzt das zuständige Jugendamt ein, ob die Durchführung des späteren Verteilungsverfahrens das Kindeswohl in physischer oder psychischer Hinsicht gefährden könnte. In diesem Zusammenhang wird auch die Möglichkeit einer Familienzusammenführung mit in Deutschland lebenden Verwandten geprüft. Bestehen enge soziale Bindungen zu anderen unbegleiteten Minderjährigen, prüft das Jugendamt, ob eine gemeinsame Unterbringung sinnvoll ist (BAMF 14.11.2019).
Um eine dem Kindeswohl entsprechende Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Unterstützung der unbegleiteten Minderjährigen sicherzustellen, gibt es ein bundesweites Verteilungsverfahren. Das Verteilungsverfahren wird innerhalb von 14 Tagen durchgeführt. Bei der Durchführung der Verteilung ist sichergestellt, dass die Kinder und Jugendlichen auf dem Weg zum zugewiesenen Jugendamt begleitet und einer Fachkraft dieses Jugendamts übergeben werden. Nach dieser Verteilung ist das Jugendamt, dem die Minderjährigen zugewiesen wurden, für deren weitere Inobhutnahme zuständig. Auch hier werden diese entweder bei einer geeigneten Person – Verwandte oder Pflegefamilien – oder in einer geeigneten Einrichtung – zum Beispiel Clearinghäuser – untergebracht. Im Anschluss daran werden die Beantragung einer Vormundschaft, weitere medizinische Untersuchungen, die Ermittlung des Erziehungsbedarfs sowie eine Klärung des Aufenthaltsstatus veranlasst (BAMF 14.11.2019).
Für unbegleitete Minderjährige muss ein Vormund oder eine Pflegekraft bestellt werden. Wer die Vormundschaft letztendlich übernimmt, wird vom Familiengericht entschieden. Eine Vormundschaft besteht in der Regel bis zur Volljährigkeit. Dabei orientiert sich die Volljährigkeit am Recht im Herkunftsland des Minderjährigen und nicht am deutschen Recht. Tritt also nach diesem Recht die Volljährigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahrs ein, wie etwa in Togo (Volljährigkeit mit 21), endet die Vormundschaft auch erst zu diesem Zeitpunkt. Im anschließenden Clearingverfahren werden weitere Schritte im Bereich des Jugendhilferechts oder des Aufenthaltsrechts eingeleitet. Es umfasst unter anderem die Klärung des Aufenthaltsstatus. Auf dessen Basis wird entschieden, ob ein Asylantrag gestellt wird. Ist ein Asylverfahren nicht erfolgversprechend, kann die zuständige Ausländerbehörde auch eine Duldung ausstellen. Kommt auch dies nicht infrage, berät die Ausländerbehörde über andere aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten. Falls ein Asylantrag gestellt werden soll, ist das Bundesamt für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (BAMF 14.11.2019).
Innerhalb des Asylverfahrens gelten für die Bestimmung der Volljährigkeit die nationalen Vorschriften. Das heißt: Unbegleitete Minderjährige müssen mit Vollendung des 18. Lebensjahrs ihren Asylantrag selbst stellen, denn sie gelten – unabhängig von dem Recht in ihrem Herkunftsland – als volljährig. Der Vormund kann in diesem Fall aber weiterhin das Asylverfahren begleiten. Asylsuchende unter 18 Jahren gelten im Rahmen des Asylverfahrens als nicht handlungsfähig. Das bedeutet, dass unbegleitete Minderjährige nicht allein einen Asylantrag beim Bundesamt stellen können. In diesen Fällen muss der Asylantrag vom Jugendamt oder Vormund schriftlich gestellt werden. Wird er von einem Vormund gestellt, muss eine sogenannte „Bestallungsurkunde“ übersandt werden. Da unbegleitete Minderjährige als besonders schutzbedürftige Personengruppe mit besonderen Garantien für ihr Asylverfahren gelten, werden ihre Asylverfahren von Sonderbeauftragten betreut, die für eine sensibilisierte Herangehensweise geschult wurden (BAMF 14.11.2019).
Im ersten Halbjahr 2019 gab es 1.511 Asylerstanträge von unbegleiteten Minderjährigen, 2018 waren es insgesamt 4.087, 2017 9.084 und 2016 35.939 (BumF 17.12.2019). Im Jahr 2018 wurden 12.201 unbegleitete Minderjährige in (vorläufige) Obhut genommen. 2017 waren es noch 22.492, 2016 44.935 (BAMF 21.8.2019).
Es gibt keine bundesweite gesetzliche Vorschrift zur Identifizierung Vulnerabler, mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Mit der Änderung des Asylgesetzes im Jahr 2015 wurde ein Konzept betreffend die Identifizierung schutzbedürftiger Asylwerber erstellt, das als interne Richtlinie des BAMF fungiert. Alle Asylwerber werden einer medizinischen Untersuchung unterzogen, dieallerdings auf die Diagnose von Ansteckungskrankheiten abzielt und keine Untersuchung im Hinblick auf Vulnerabilität umfasst. Es gibt kein systematisiertes Verfahren zur Feststellung von Traumata bzw. Vulnerabilität, wenngleich das medizinische Personal oder Angestellte der Aufnahmezentren das BAMF allenthalben informieren, falls Anzeichen von Traumata festgestellt werden. Einige Bundesländer haben Pilotprojekte für die Identifizierung vulnerabler Asylwerber eingeführt. Insbesondere unbegleitete Minderjährige (UM), traumatisierte Asylwerber sowie Opfer von Folter oder geschlechtsspezifischer Verfolgung sollen bei Bedarf von speziell ausgebildeten Referenten behandelt werden. In Berlin und einigen Aufnahmezentren in anderen Bundesländern gibt es solche Bemühungen. Es gibt keinen standardisierten Zugang zur Gewährleistung von Sozialleistungen und Beratungsinstitutionen und in vielen Zentren existiert dieser Zugang gar nicht. Nur Rheinland-Pfalz hat scheinbar detaillierte Maßnahmen zur Identifikation und Unterbringung von vulnerablen Personen (AIDA 16.4.2019).
Medizinische Spezialbehandlung für Traumatisierte und Folteropfer kann durch einige Spezialisten und Therapeuten in verschiedenen Behandlungszentren für Folteropfer gewährleistet werden. Da die Plätze in diesen Zentren begrenzt sind, ist der Zugang nicht immer garantiert. Die Behandlungskosten werden von den Behörden nur teilweise übernommen (Übersetzerkosten etwa werden nicht gedeckt). Aus diesem Grund sind die Zentren zu einem gewissen Grad auf Spenden oder andere Einkünfte angewiesen. Große geografische Distanzen zwischen Unterbringung und Behandlungszentrum sind in der Praxis auch oft ein Problem (AIDA 16.4.2019).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 5.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (14.11.2019): Unbegleitete Minderjährige, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/UnbegleiteteMinderjaehrige/unbegleiteteminderjaehrige-node.html, Zugriff 5.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (21.8.2019): Anteil unbegleiteter geflüchteter Mädchen gestiegen: Inobhutnahmezahlen für 2018 veröffentlicht, https://b-umf.de/p/inobhut2018/, Zugriff 5.5.2020
- BumF – Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (17.12.2019): Die Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge – Auswertung der Online-Umfrage 2019, https://b-umf.de/src/wp-content/uploads/2020/01/2019_12_17_bumfumfrage2019_v04.pdf, Zugriff 5.5.2020
4. Non-Refoulement
Letzte Änderung: 15.5.2020
Bei jedem Asylantrag prüft das Bundesamt auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der vier Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Wird ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Den Betroffenen wird dann von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (BAMF o.D.b).
Im Jahr 2018 hob die Regierung ihr Abschiebeverbot für Afghanistan auf und im ersten Halbjahr wurden etwa 200 Personen dorthin abgeschoben. Die Praxis erlaubte bis dahin nur Abschiebungen von verurteilten Kriminellen und Personen, die als Sicherheitsrisiko betrachtet wurden. NGOs, darunter auch Amnesty International, kritisierten dies als Verstoß gegen das Refoulement-Prinzip (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 8.5.2020
- USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 15.5.2020
5. Versorgung
Letzte Änderung: 15.5.2020
Für Versorgung und Unterkunft der Asylwerber ist die zuständige Aufnahmeeinrichtung verantwortlich. Während ihres Aufenthalts erhalten die Asylwerber existenzsichernde Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Alltag. Art und Höhe der Leistungen sind durch das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Zu ihnen zählen: Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt, Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie individuelle Leistungen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).
Asylwerberleistungen werden auch in der Anschlussunterbringung (wie etwa einer Gemeinschaftsunterkunft oder auch einer privaten Wohnung) erbracht (BAMF o.D.b). Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereitgestellt. Die Höhe der finanziellen Unterstützung beläuft sich je nach Unterbringung auf:
Bezieher
Betrag bei Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen
Betrag bei Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen
Für alleinstehende Leistungsberechtigte
135 €
354 €
Für jeden von zwei erwachsenen Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen
122 €
318 €
Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte im selben Haushalt
108 €
284 €
Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
76 €
276 €
Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres
83 €
242 €
leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres
79 €
214 €
Für in Aufnahmezentren untergebrachte Asylwerber gilt, dass diese mit Essen, Heizung, Kleidung und sanitären Produkten versorgt werden. Daher sind die Sätze deutlich niedriger (AIDA 16.4.2019).
Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Für einen möglichen Arbeitsmarktzugang nehmen Beraterinnen und Berater der Bundesagentur für Arbeit vor Ort in den Ankunftszentren Erstdaten der Antragstellenden auf. Diese stehen dann den Arbeitsagenturen und Jobcentern bundesweit zur Verfügung (BAMF o.D.b).
Beim Arbeitsmarktzugang für Asylwerber und Geduldete gelten die folgenden Regelungen: Asylwerber benötigen grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis, die durch die lokale Ausländerbehörde erteilt wird. Im 1. bis zum 3. Monat befinden sich die Personen in der Wartefrist. Ab dem 4. Monat können Asylwerber sowie Geduldete in vielen Teilen Deutschlands (mit Ausnahme einiger Regionen) eine Arbeit aufnehmen. Ab dem 16. Monat ist der Arbeitsmarkt in ganz Deutschland ohne Vorrangprüfung offen. Immer dann, wenn keine Vorrangprüfung erfolgt, ist auch eine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer möglich. Ab dem 49. Monat ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr erforderlich; aber weiterhin jene der Ausländerbehörde. Für Fachkräfte und bei Ausbildung gilt ein erleichterter Arbeitsmarktzugang (BMAS 26.3.2020).
Flüchtlinge und Asylsuchende sehen sich bei der Arbeitssuche mit mehreren Hürden konfrontiert, unter anderem langen Überprüfungszeiten für Vorqualifikationen, fehlenden amtlichen Zeugnissen und Abschlüssen sowie eingeschränkten Deutschkenntnissen (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 12.5.2020
- BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales (26.3.2020): Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge, https://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Infos-fuer-Asylsuchende/arbeitsmarktzugang-asylbewerber-geduldete.html, Zugriff 12.5.2020
- USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020
6. Unterbringung
Letzte Änderung: 15.5.2020
Zunächst werden alle Asylsuchenden in den nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtungen des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen. Eine solche Einrichtung kann für die vorübergehende oder auch für die längerfristige Unterbringung zuständig sein (BAMF o.D.b). In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen inzwischen wieder geschlossen wurden (AIDA 16.4.2019).
Asylwerberinnen und Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2018 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen eine dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Die Standards und die Lebensbedigungen in Gemeinschaftsunterkünften unterscheiden sich nicht nur regional, sondern auch oft innerhalb bestimmter Regionen stark, daher kann nur schwerlich eine allgemeingültige Aussage über die Lebensbedingungen in solchen Einrichtungen getroffen werden (AIDA 16.4.2019).
Die Ankunftszentren sind der zentrale Zugangspunkt zum Asylverfahren. In diesen Zentren werden alle für das Asylverfahren erforderlichen Schritte durchgeführt. Dies beinhaltet die ärztliche Untersuchung durch die Länder, die Erfassung der persönlichen Daten und die Identitätsprüfung, die Antragstellung, Anhörung und Entscheidung über den Asylantrag sowie erste Integrationsmaßnahmen, wie etwa die sogenannten Erstorientierungskurse durch das Bundesamt. Darüber hinaus findet eine Erstberatung zum Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Arbeitsagentur statt (BAMF o.D.b).
Mit den neuen Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Einrichtungen (AnkER-Einrichtungen) wurde die Grundidee der Ankunftszentren weiterentwickelt. Das zentrale Element des AnkER-Konzepts ist die Bündelung aller Funktionen und Zuständigkeiten: von Ankunft über Asylantragstellung und Entscheidung bis zur kommunalen Verteilung, ersten integrationsvorbereitenden Maßnahmen bzw. der Rückkehr von Asylantragstellenden. Alle direkt am Asylprozess beteiligten Akteure sind vor Ort in den AnkER-Einrichtungen vertreten. Dies sind in der Regel die Aufnahmeeinrichtungen des Landes, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Ausländerbehörden, Verwaltungsgerichte, Jugendämter und die Bundesagentur für Arbeit. Für die Ausgestaltung der Zentren wird dabei kein starres Konzept vorgegeben – die Länder können hier die Schwerpunkte setzen, die ihnen besonders wichtig sind (BAMF o.D.b).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 8.5.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 11.5.2020
7. Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 15.5.2020
Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV 6.11.2019).
Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder bei Schmerzen vor. Hierbei werden beispielsweise auch Zahnbehandlung und Medikation umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA16.4.2019; vgl. GKV 6.11.2019).
Zuständig für die Umsetzung dieses Leistungsanspruchs sind die Länder bzw. die von ihnen per Landesgesetz bestimmten Behörden. Innerhalb der ersten 15 Monate des Aufenthalts in Deutschland (sogenannte Wartezeit) wird dies in der Regel über die Ausgabe von speziellen Behandlungsscheinen (Krankenscheinen) durch die Sozialämter sichergestellt (GKV 6.11.2019). Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 16.4.2019). Die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG liegt demnach im Ermessen der kommunalen Leistungsträger. Nach der Wartezeit werden die Asylwerber gemäß § 264 Abs. 2 SGBV auftragsweise von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte (eGK), mit der Sie nahezu dieselben Leistungen erhalten wie gesetzlich Krankenversicherte. Die Krankenkassen erhalten die Aufwendungen und einen Verwaltungskostenanteil von den Trägern der Sozialhilfe erstattet (GKV 6.11.2019).
Es wirde kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch lediglich Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 13.3.2020).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020
- GKV – GKV-Spitzenverband (6.11.2019): Fokus: Asylsuchende/ Flüchtlinge, https://www.gkv-spitzenverband.de/presse/themen/fluechtlinge_asylbewerber/fluechtlinge.jsp, Zugriff 12.5.2020
- USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020
Zusammengefasst wurde im Bescheid ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin gesund sei und nicht festgestellt werden könne, dass in ihrem Fall schwere psychische Störungen oder schwere bzw. ansteckende Krankheiten bestehen würden. Die Beschwerdeführerin sei für niemanden sorgepflichtig. Deren Identität stehe nicht fest. Sie sei im Besitz eines französischen Schengen-Visums gewesen; Frankreich habe der Übernahme der Beschwerdeführerin nach Art. 12 Abs 4 Dublin III-VO auch ausdrücklich zugestimmt. Nach den Angaben der Beschwerdeführerin befinde sich ein Bruder samt Familie in Österreich. Die Behörde habe jedoch weder ein Familienleben noch ein wirtschaftliches bzw finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu den Genannten feststellen können. Der Bruder sei derzeit ohne Beschäftigung und ebenso wie die Beschwerdeführerin auf staatliche Unterstützung angewiesen. Eine finanzielle Unterstützung seitens ihres Bruders bestünde auch ihren eigenen Angaben zufolge nicht mehr. Die Beschwerdeführerin sei bei ihrem Bruder in Österreich zu keinem Zeitpunkt polizeilich gemeldet und zumindest seit dem Jahr 2008 auch räumlich von diesem getrennt gewesen. Von einem Familienleben iSd Art 8 EMRK könne gegenständlich nicht gesprochen werden. Auch das Bestehen einer besonderen Beziehungsintensität habe nicht festgestellt werden können. Auch eine besondere Integrationsverfestigung der Beschwerdeführerin in Österreich sei nicht ersichtlich. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Frankreich systematischen Misshandlungen bzw Verfolgungen ausgesetzt gewesen wäre oder dies dort zu erwarten hätte. Die Feststellungen zur Covid-19-Pandemie würden sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten von Ministerien bzw der AGES und der Johns-Hopkins-Universität ergeben. Hinsichtlich des Fluchtvorbringens sei anzumerken, dass die Beschwerdeführerin während ihres Aufenthalts in Frankreich weder Personen aus dem Umfeld des vormaligen Liebhabers gesichtet habe noch es zu irgendwelchen Zwischenfällen im Zusammenhang mit ihrem Fluchtvorbringen gekommen sei. Im Hinblick darauf ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass sich die Beschwerdeführerin jedenfalls an die dortigen Polizeibehörden wenden könne. Es bestehe auch ausreichende (auch medizinische) Versorgung für Asylwerber in Frankreich, wie sich aus den Länderfeststellungen ergebe. Eine Schutzverweigerung Frankreichs sei nicht zu erwarten, zumal diese einer Übernahme der Beschwerdeführerin auch ausdrücklich zugestimmt hätten. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass diese tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Frankreich Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass dieser eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Festzuhalten sei noch, dass die Beschwerdeführerin 24 Jahre (Anm: gemeint wohl 36 Jahre) alt sei und an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leide, womit diese nicht in die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen falle. Sie zähle daher in diesem Zusammenhang nicht zu einer vulnerablen Gruppe und sei bei einer Überstellung nach Frankreich ein „real risk“ einer Art 3 EMRK-Verletzung nicht zu erkennen. Zusammengefasst sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK oder Art 3 EMRK führe. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können; ein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts habe sich nicht ergeben.
Gegen den Bescheid wurde am 14.07.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben. Nach einer Wiedergabe des Sachverhaltes wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin nach dem Ende ihrer Affäre mit einem hohen kongolesischen Politiker von diesem bedroht worden sei und aus dem Kongo flüchten habe müssen. Da es in Frankreich eine große kongolesische Community gebe, befürchte die Beschwerdeführerin, dort von Anhängern des genannten Politikers verfolgt zu werden. Überdies befinde sich ein Bruder der Beschwerdeführerin, zu welchem ein enges Verhältnis bestehe und von welchem sie regelmäßig unterstützt würde, in Österreich. Zu monieren sei, dass sich die im Bescheid getroffenen Länderfeststellungen auf Deutschland und nicht auf Frankreich beziehen würden. Es drohe eine Art 3 EMRK Verletzung bei einer Überstellung nach Frankreich, zumal der Beschwerdeführerin dort Verfolgung seitens des ehemaligen Liebhabers drohen würde. Entgegen den Feststellungen der Behörde bestehe in Österreich ein schützenswertes Familienleben der Beschwerdeführerin. Seit dessen Ausreise aus dem Kongo im Jahr 2008 sei die Beschwerdeführerin – bis auf eine kurze Unterbrechung – stets in engem Kontakt mit dem genannten Bruder gewesen (telefonisch, Facebook, WhatsApp). Seit ihrer Ankunft in Österreich werde die Beschwerdeführerin von ihrem Bruder und dessen Familie sowohl emotional als auch finanziell unterstützt; von Dezember 2019 bis Februar 2020 habe auch ein gemeinsamer Haushalt in Österreich bestanden. Nach der Asylantragstellung sei die Beschwerdeführerin dann in ein Flüchtlingslager überstellt worden. Es komme aber trotzdem weiterhin zu regelmäßigen Besuchen und täglichen Telefonaten. Durch eine Überstellung nach Frankreich würde die Beschwerdeführerin mit erheblicher Wahrscheinlichkeit in ihrem durch Art 8 EMRK geschützten Recht verletzt werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Nach eigenen Angaben gelangte die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige aus der Demokratischen Republik Kongo, von Mozambique aus per Flugzeug am 29.11.2019 legal nach Frankreich, wo sie sich für zwei Tage aufgehalten hat. Anschließend reiste sie am 01.12.2019 nach Österreich und stellte hier am 09.02.2020 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.
Eine Eurodac-Treffermeldung liegt nicht vor. Die Beschwerdeführerin war in Besitz eines vom 27.11.2019 bis 24.01.2020 für 15 Tage gültigen Schengen-Visums von Frankreich.
Nach einem Konsultationsverfahren mit den französischen Dublin-Behörden stimmte Frankreich mit Schreiben vom 16.03.2020 zu, die Beschwerdeführerin auf der Grundlage von Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zu übernehmen. Das Verfahren ist im Akt dokumentiert.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Länderfeststellungen zu Frankreich an. Wie in der Beschwerde zu Recht releviert, wurden im angefochtenen Bescheid die Länderfeststellungen zu Deutschland anstatt zu Frankreich abgedruckt. Hiebei handelt es sich offensichtlich um ein redaktionelles Versehen der Behörde, welchem letztlich jedoch aus folgenden Gründen keine Entscheidungsrelevanz zukommt: Wie sich aus dem Akt zweifelsfrei ergibt, wurden der Beschwerdeführerin am 11.05.2020 die Länderfeststellungen zu Frankreich übermittelt, welche diese am 12.05.2020 auch nachweislich übernommen hat (siehe AS 87). In der schriftlichen Stellungnahme vom 20.05.2020 nahm die Beschwerdeführerin dann auch konkret zur Situation in Frankreich bzw ihren Befürchtungen hinsichtlich einer Überstellung dorthin Bezug (AS 89f). Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 23.06.2020 führte die Beschwerdeführerin – zu den Länderfeststellungen betreffend das Mitgliedsland Frankreich befragt – aus, diese „nicht wirklich gelesen“ zu haben; da sie sehr gut französisch spreche, würde - außer die Situation mit ihrem Ex-Liebhaber - nichts gegen eine Überstellung nach Frankreich sprechen (AS 105). Schließlich wurde auch im Spruch des Bescheides sowie in der Beweiswürdigung (- „betreffend die Lage im Mitgliedstaat“) jeweils korrekt auf den Mitgliedstaat Frankreich und die dortige Situation Bezug genommen.
Konkrete, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Überstellung nach Frankreich Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
In Österreich befindet sich seit dem Jahr 2008 ein (erwachsener) Bruder der Beschwerdeführrein, welcher mittlerweile mit einer ungarischen Staatsangehörigen verheiratet ist und zwei mj Kinder hat. Bei dem genannten Bruder und dessen Familie lebte die Beschwerdeführerin seit ihrer Einreise nach Österreich bis zur Asylantragstellung im Februar dJ in einem gemeinsamen Haushalt; gemeldet war sei an dessen Wohnadresse jedoch nicht. Nach Antragstellung bis zur Überstellung nach Frankreich war die Beschwerdeführerin in einem Flüchtlingsheim untergebracht. Finanzielle oder sonstige Abhängigkeiten bestehen nicht; ab Antragstellung nahm die Beschwerdeführerin Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch. Ein über die üblichen Bindungen zwischen Verwandten hinausgehende Beziehungsintensität zu dem angeführten Bruder bzw dessen Familie ist nicht zu erkennen. Weitere besondere private oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet bestehen nicht.
Die Beschwerdeführerin ist gesund und muss keine Medikamente einnehmen; sie ist nicht schwanger. In Frankreich sind alle Krankheiten behandelbar und alle gängigen Medikamente erhältlich. Der Zugang zum Gesundheitssystem in Frankreich ist für Asylwerber auch in der Praxis gewährleistet.
Die aktuelle Situation hinsichtlich der Covid-19-Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr der Beschwerdeführerin nach Frankreich. Bei Covid-19 handelt es sich um eine durch das Corona-Virus SARS-COV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung so schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Mit Stichtag 17.09.2020 gab es in Frankreich insgesamt 415.481 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen, 293.546 aktive Fälle, 90.840 genesene Fälle und 31.095 Todesfälle.
Am 06.08.2020 kam es innerhalb offener Frist zur Überstellung der Beschwerdeführerin nach Frankreich auf dem Luftweg.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise der Beschwerdeführerin in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten mittels französischem Schengen-Visum ergeben sich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin sowie der Auskunft aus dem VIS-System des Bundesministeriums für Inneres.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung Frankreichs zur Aufnahme der Beschwerdeführerin leitet sich aus den durchgeführten Konsultationsverfahren – der diesbezügliche Schriftwechsel liegt den Verwaltungsakten ein – zwischen der österreichischen und der französischen Dublin-Behörde ab.
Die festgestellten persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der Aktenlage (ZMR-, GVS- und IZR-Auszüge). Die Feststellungen zur familiären und verwandtschaftlichen Situation der Beschwerdeführerin in Österreich ergeben sich hauptsächlich aus den insoweit nachvollziehbaren eigenen Angaben. Das Nichtvorliegen eines finanziellen Abhängigkeitsverhältnisses von dem seit dem Jahr 2008 in Österreich aufhältigen Bruder ergibt sich daraus, dass die Beschwerdeführerin nach Asylantragstellung in Österreich in das hiesige Grundversorgungssystem fiel und damit nicht auf finanzielle Zuwendungen von wem auch immer abhängig ist, zumal damit die existentiellen Grundbedürfnisse gedeckt sind. Hinsichtlich des allfälligen Bestehens einer besonderen Beziehungsintensität zwischen der Beschwerdeführerin und derem Bruder (inkl dessen Familie) bzw das Vorliegen zusätzlicher Merkmale der Abhängigkeit, ergaben sich im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte und wurden solche auch nicht plausibel dargelegt. Auch in Frankreich kann die Beschwerdeführerin, eine Asylantragstellung dort vorausgesetzt, Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nehmen und ist damit nicht auf Zuwendungen Dritter angewiesen. Ein Pflegebedarf besteht nicht und wurde ein solcher im Verfahren auch nicht behauptet.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der Aktenlage. Es wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die getroffenen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von Covid-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den Anwendungsbereich der Dublin III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben, respektive keine Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen nur und erst dann wieder durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt hat, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen. Entsprechend den bilateralen Vereinbarungen wurde Frankreich im Vorfeld der beabsichtigten Überstellung der Beschwerdeführerin darüber in Kenntnis gesetzt (7 Werktage vor Überstellung), und sprach sich Frankreich offenkundig nicht gegen eine solche Überstellung aus, sondern hat die Beschwerdeführerin entsprechend der Dublin-Verordnung übernommen.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch hinreichende Quellen belegten Länderfeststellungen zu Frankreich, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen.
Aus den Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das französische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens und die Versorgungs- und Sicherheitslage von Asylsuchenden in Frankreich den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Eine die Beschwerdeführerin konkret treffende Bedrohungssituation in Frankreich wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.
Die erfolgte Überstellung der Beschwerdeführerin nach Frankreich am 06.082020 ergibt sich aus einem diesbezüglichen Bericht der LPD Niederösterreich vom selben Tag.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A) Abweisung der Beschwerden:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
…
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 21 Abs. 5 BFA-VG lautet:
§ 21 (5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. …
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:
Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Läss