TE Bvwg Beschluss 2020/9/23 W161 2154809-2

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Veröffentlicht am 23.09.2020
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Entscheidungsdatum

23.09.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W161 2154809-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2020, Zl. 1078631010/190355978, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein afghanischer Staatsbürger, stellte am 19.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

1.2. Am 21.07.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er u.a. an, afghanischer Staatsangehöriger und im Iran, konkret in Teheran, geboren zu sein.

1.3. Am 22.09.2016 und am 30.12.2016 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes führte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass nach den Angaben seiner Mutter ein in Afghanistan lebender Onkel Ursache für Probleme der Familie sei; er wisse aber nicht konkret, warum die aus der Provinz Maidan Wardak stammende Familie des Beschwerdeführers Afghanistan vor seiner Geburt verlassen habe. Sein Vater sei wieder nach Afghanistan zurückgekehrt; der Beschwerdeführer wisse jedoch nicht, ob er noch lebe. Der Beschwerdeführer wolle sich vor allem weiterbilden.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 22.09.2016 legte der BF einen Befund der psychosozialen Dienste vom 14.09.2016 vor, wonach bei ihm die Diagnose „Borderline Persönlichkeitsstörung ICD10: F60.3“ und die Differenzialdiagnose: „Dissoziative Störung ICD10: F44.9“ erstellt wurden. Als Medikation wurden Adjuvin 100mg, Trittico 150mg und Quetialan 25mg angeführt.

1.4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 22.03.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Weiters wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Darüber hinaus sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 und 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.5. Mit Beschluss vom 02.05.2017 erkannte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.

1.6. Am 29.10.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, wobei der BF im Zuge der Verhandlung brachte der BF folgende Unterlagen in Vorlage brachte:

-        Bestätigung vom 25.10.2018, wonach sich der BF seit dem 06.09.2017 in forensisch-psychotherapeutischer Behandlung (Anti-Aggressionstraining) befinde;

-        Fachärztlicher Befundbericht vom 22.05.2017, wonach beim BF die Diagnosen „Dissoziative Störung F44.0 (Amnesien), Emotional instabile Persönlichkeit F60.3“ erstellt wurden;

-        Kurzbefund der Psychosozialen Dienste XXXX vom 26.06.2018, wonach der BF seit 13.03.2018 in Betreuung und Behandlung in einem Sozialpsychiatrischen Ambulatorium stehe. Als Diagnosen wurden „Emotional instabile Persönlichkeitsstörung F60.3, DD: Dissoziative Störung F44.9“ erstellt. Als Medikation wurden Sertralin 50mg, Praxiten 15mg und Dominal forte 80mg angegeben;

-        Sozialbericht, wonach der BF seit April 2016 regelmäßig eine Jugendberatungsstelle aufsuche und psychosoziale Beratungsangebote wahrnehme;

-        Teilnahmebestätigung „Graffiti-Workshop“;

-        Bestätigung für den Besuch der Kurse Deutsch A1 und A2

1.7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.11.2018, Zl. W244 2154809-1/13E, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. wurde stattgegeben und dem BF gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 22.11.2019 erteilt. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zugelassen.

1.8. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wies der BF nachstehende strafrechtliche Verurteilungen auf:

a) Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 17.02.2016, XXXX : Verurteilung wegen Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1, 1.Fall StGB und Vergehen der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, wobei die Freiheitstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

b) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 15.02.2017, XXXX : Verurteilung wegen Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1, 1.Fall StGB zu einer Freiheitstrafe in der Dauer von 9 Monaten, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe, nämlich 6 Monate unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

2.1. Mit Protokollsvermerk und gekürzter Urteilsausfertigung des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.01.2019, XXXX , wurde der BF neuerlich wegen Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt.

2.2. In weiterer Folge wurde vom BFA ein Aberkennungsverfahren eingeleitet und der BF am 08.04.2019 von der belangten Behörde einvernommen.

Der BF brachte in der Einvernahme folgende Unterlagen in Vorlage:

-        erste Seite eines Arbeitsvertrages für die Tätigkeit als Küchenhilfe (Beginn: 15.02.2019, unbefristet, nach einer Probezeit von 14 Tagen);

-        Bestätigung eines Instituts für forensische Therapie, wonach sich der BF seit 06.09.2017 in forensisch-psychotherapeutischer Behandlung (Anti-Aggressionstraining) befinde und das Setting zumeist wöchentlich vereinbart sei;

-        Ansuchen an das Landesgericht für Strafsachen XXXX vom 29.01.2019, wonach der BF erkannt habe, dass er professionelle Unterstützung benötige und er um die Anordnung von Bewährungshilfe bitte;

-        Bestätigungen über den Besuch von Deutschkursen (Niveau A2);

-        Lohn/Gehaltsabrechnung von März 2019;

-        Unterstützungsschreiben des Arbeitgebers und einer Privatperson für den BF;

-        Unterstützungsschreiben der Verlobten des BF;

-        Fachärztlicher Befundbericht der psychosozialen Dienste XXXX vom 05.04.2019, wonach der BF seit 11.12.2018 in Betreuung und Behandlung stehe und bei ihm die Diagnosen „F60.3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung und F61.0 DD: kombinierte Persönlichkeitsstörung mit auch dissozialer Komponente“ erstellt wurden. Derzeitige Medikation: „Praxiten TBL 15MG, Sertralin 1A FTBL 50MG, Trittico RET TBL 150MG“.

2.3. Am 01.10.2019 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der subsidiären Schutzberechtigung gemäß § 8 AsylG 2005. Mit dem Antrag legte der BF folgende Unterlagen vor:

-        Aktuelle Meldebestätigung;

-        Vollständiger Arbeitsvertrag als Küchenhilfe (Beginn: 15.02.2019, unbefristet, nach einer Probezeit von 14 Tagen, für 30 Stunden /Woche, Entlohnung: EUR 1095 brutto;

-        Lohn/Gehaltsabrechnung von April 2019;

-        Mitteilung über die Bestellung eines Bewährungshelfers vom 16.09.2019;

-        Zeugnisse für die Integrationsprüfungen A2 (21.05.2019) und B1 (03.06.2019);

-        Bestätigungen eines Instituts für forensische Therapie (vom 04.07.2019, 27.06.2019 und 14.03.2019), wonach der BF im Zuge der gerichtlichen Weisung zu der vereinbarten forensisch-psychotherapeutischen Sitzung (Anti-Aggressionstraining) anwesend gewesen sei.

2.4. Am 11.12.2019 wurde der BF vom BFA mittels Ladungsbescheid zur Einvernahme beim BFA am 08.01.2020 geladen. Im Zuge dieser Einvernahme wurde der BF in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und des Bewährungshelfers des BF erneut zu seinem Gesundheitszustand, zu seinem Leben in Österreich, zu seinen Verurteilungen sowie zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt.

In der Einvernahme legte der BF folgende Unterlagen vor:

-        Lohn/Gehaltsabrechnung sowie Lohnzettel von Dezember 2019;

-        Bestätigung, wonach der BF in einer Männerberatungsstelle für den 15.01.2020 einen Termin für ein Erstgespräch vereinbart habe;

-        Rezept der psychosozialen Dienste vom 07.01.2020, wonach dem BF die Medikamente Sertralin 1A FTBL 50mg, Trittico RET TBL 150mg und Truxal FTBL 15mg verschrieben wurden.

2.5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 16.01.2020 wurde der Antrag des BF vom 01.10.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. erkannte das BFA dem BF den mit Erkenntnis vom 22.11.2018 zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen ab. In Spruchpunkt III. wurde dem BF die mit Erkenntnis vom 22.11.2018 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 entzogen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. des Bescheides wurde ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 9 Abs. 2 AsylG iVm § 52 Abs. 9 FPG unzulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.)

Das BFA stellte fest, dass der BF afghanischer Staatsangehöriger sei, der Volksgruppe der Sadat (Sayed) angehöre, schiitischer Moslem sei und Dari, Farsi und Deutsch spreche. Er sei im Iran (Teheran) geboren. Er sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Er verfüge über Schul- und Berufsausbildung, sei in psychiatrischer Behandlung und nehme Medikamente. Er sei in Österreich mehrmals rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden und sei aufgrund der Straftaten eine Gefahr für die Allgemeinheit. Dem BF sei über seine Angehörigen in Afghanistan nichts bekannt. Er habe sein Leben durch Arbeit finanzieren können, derzeit sei er beschäftigungslos.

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem BF gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG der subsidiäre Schutz aberkannt werde. Er sei mehrmals rechtskräftig von einem Landesgericht wegen verschiedener Vergehen rechtskräftig verurteilt worden. Zwar seien die Straftaten als Vergehen zu bewerten, der BF sei aber mehrmals wegen desselben Deliktes (Körperverletzung, Widerstand gegen die Staatsgewalt) verurteilt worden. Er sei zu den Tatzeiten wegen seiner Aggressivität schon in psychiatrischer Behandlung gewesen und habe sich trotzdem zu weiteren strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben hinreißen lassen. Der BF sei bereits mehrmals wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt verurteilt worden, dies zeige, dass er keinen Respekt vor dem Gesetz habe und er besonders gewaltbereit sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der BF auch in Zukunft nicht gewillt sein werde, sich den geltenden Rechtsvorschriften zu beugen. Aufgrund der einschlägigen Vorstrafen, dem raschen Rückfall und dem Umstand, dass er während der ausstehenden asylrechtlichen Entscheidung des BVwG straffällig geworden sei, könne keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.

Zur Situation im Falle einer Rückkehr wurde ausgeführt, dass der BF auf keine familiäre Unterstützung zurückgreifen könne, eine Gefährdung seiner Person könne bei einer Rückkehr nach Afghanistan derzeit nicht ausgeschlossen werden. Auch sei er großflächig am Körper tätowiert, was in den Augen streng gläubiger und Fundamentalisten nicht gutgeheißen werde. Sein Leben und seine Gesundheit wären in Gefahr. Aufgrund fehlender Ausbildung könne er auch nicht aus eigenem seine persönlichen Bedürfnisse (Unterkunft, Essen) selbstständig befriedigen.

In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde erneut aus, dass der BF bereits mehrmals wegen der Vergehen der Körperverletzung und dem Widerstand gegen die Staatsgewalt rechtskräftig verurteilt worden sei. Dies würde unumstritten begründen, dass er eine Gefahr für die Allgemeinheit sei. Sein strafrechtliches Fehlverhalten in seinem jungen Lebensalter zeige, dass er durchaus eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und die Allgemeinheit darstelle.

Zur Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass der BF in Österreich keine Familienangehörige habe, weder eine innige Lebensgemeinschaft führe, noch Obsorgepflichten habe. Er habe aber eine Freundin. Er sei mehrmals straffällig geworden, illegal eingereist und gehe derzeit keiner Beschäftigung nach. Das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und somit einer Rückkehrentscheidung überwiege damit gegenüber dem persönlichen Interesse des BF in Österreich bleiben zu wollen.

Zum Einreiseverbot führte die belangte Behörde – ohne auf die konkret dabei angewendete Ziffer Bezug zu nehmen – aus, dass der BF mehrmals von einem inländischen Gericht rechtskräftig verurteilt worden sei. Zwar seien die Straftaten nur Vergehen, allerding sei die Deliktswiederholung besonders hervorzuheben. Er sei mehrmals wegen Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt verurteilt worden. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei unter Bedachtnahme auf sein Gesamtverhalten und sein junges Lebensalter sowie im Hinblick darauf, wie er sein Leben in Österreich insgesamt gestalte, davon auszugehen, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle bzw. in Zukunft darstellen werde. Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens im Bundesgebiet und seiner Lebensumstände habe daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die von ihm ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot sei dringend geboten.

2.6. Dagegen wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und der Bescheid im gesamten Umfang angefochten. Darin wird ausgeführt, dass die belangte Behörde mehrfach aktenwidrige Feststellungen treffe und der Bescheid auch massive Begründungsmängel aufweise. Die belangte Behörde führe lediglich in pauschaler Weise an, dass der BF eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle, ohne aber eine ausreichende Begründung dafür gebracht zu haben, zumal auch auf die individuellen und konkreten Umstände der Verurteilungen des BF hätte Rücksicht genommen werden müssen. Weiters hätte die Behörde die Angaben des BF berücksichtigen müssen, dieser habe in seiner Einvernahme nämlich selbst angegeben, dass er wegen seiner psychischen Erkrankungen in der Vergangenheit straffällig geworden sei, sich aber seit geraumer Zeit in psychiatrischer Behandlung befinde, seine Medikamente einnehme und seit über einem Jahr eine Aggressionstherapie absolviere und sich sein Gesamtverhalten seit der Statuszuerkennung gebessert habe. Diese Angaben habe die belangte Behörde völlig unberücksichtigt gelassen. Auch werde darauf hingewiesen, dass der Bewährungshelfer des BF bei der Einvernahme anwesend gewesen sei, dieser aber nicht als Zeuge (zur Einschätzung des Lebenswandels des BF bzw. des künftigen Gefahrenpotentials) befragt worden sei. Dies stelle einen massiven Ermittlungsfehler dar. Nach der Judikatur des VwGH müsse im jeweiligen Einzelfall eine Gefährdungsprognose durchgeführt werden und sei bei dieser Einzelfallprüfung das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen, eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und in Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt sei, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle. Diesen Anforderungen sei das BFA nicht gerecht geworden und sei die lapidare Feststellung, wonach der BF Straftaten begangen hätte bzw. eine Gewaltbereitschaft ausweise nicht als Begründung ausreichend. Die belangte Behörde habe auch verabsäumt, dass das Erkenntnis des BVwG – welches auf die strafrechtliche Vergangenheit des BF bereits Bedacht genommen habe – in Rechtskraft erwachsen sei und es der Behörde freigestanden wäre, damals innerhalb offener Frist ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung zu erheben, was allerdings nicht geschehen sei. Der damalige Sachverhalt sei somit rechtskräftig entschieden worden und seien neue Sachverhaltselemente nicht hinzugekommen, weshalb das BFA offenkundig eine Neubewertung eines bereits entschiedenen Sachverhaltes vornehme, was zweifellos unzulässig sei.

Mit der Beschwerde legte der BF folgende Unterlagen vor:

-        Stellungnahme des Bewährungshelfers vom 12.02.2020;

-        Bestätigung vom 20.12.2019, wonach der BF das Anti-Aggressionstraining in der Männerberatung am 18.12.2019 abgeschlossen habe;

-        Bestätigung, wonach der BF von September 2017 bis Dezember 2019 psychotherapeutisch begleitet worden sei.

2.7. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 25.02.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

2.8. Zwischenzeitig erfolgte eine neuerliche Verurteilung des BF. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 28.07.2020 wurde der BF wegen Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1, 1.Satz, 2.und 3.Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A):

§ 28 Abs. 1 bis Abs. 3 VwGVG lautet:

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.“

Seit seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert ist, weswegen die in § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (vgl. VwGH 20.06.2017, Ra 2017/18/0117; VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123). Die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungs-möglichkeit ist sohin als eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte zu betrachten, weshalb sie nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken in Frage kommt (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt, bloß ansatzweise ermittelt oder konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 20.06.2017, Ra 2017/18/0117; VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Im gegenständlichen Fall sind dem BFA derart schwerwiegende Ermittlungsmängel anzulasten, die ein Vorgehen gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG rechtfertigen:

Zunächst ist festzuhalten, dass das BFA aufgrund der rechtskräftigen Verurteilungen des BF in casu zu Recht ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eingeleitet hat. Ebenso hat das BFA - wenn dies auch nicht umfassend begründet wurde – ausgeführt, dass eine Gefährdung des BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan (wegen der fehlenden familiären Unterstützung, seiner großflächigen Tätowierungen, seinem Gesundheitszustand, der fehlenden Ausbildung bzw. der fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit) derzeit nicht ausgeschlossen werden könne und eine Aberkennung nach § 9 Abs. 1 AsylG daher nicht möglich sei. Das BFA hat sich in weiterer Folge auf eine Aberkennung nach § 9 Abs. 2 AsylG gestützt, wobei aus dem Spruch des Bescheides nicht klar hervorgeht, auf welche Ziffer sich die belangte Behörde dabei konkret beruft. Aus den Feststellungen des Bescheides, wonach der BF „aufgrund der Straftaten eine Gefahr für die Allgemeinheit“ darstelle, ergibt sich aber, dass die Aberkennung wohl auf § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG gestützt werden sollte.

Laut der Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis vom 14.03.2019, Ra 2018/20/0387) ist bei der Beurteilung, ob der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (Aberkennung nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG) eine Gefährdungsprognose erforderlich, wie sie in ähnlicher Weise auch in anderen asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt ist (vgl. etwa § 6 Abs. 1 Z 3 und § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005; §§ 53 und 66 Abs. 1 FrPolG 2005). Dabei ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich dar. Strafgerichtliche Verurteilungen des Fremden sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit sich daraus nach der Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und der Tatumstände der Schluss auf die Gefährlichkeit des Fremden für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich ziehen lässt.

Diese höchstgerichtliche Rechtsprechung hat die belangte Behörde allerdings völlig außer Acht gelassen.

Eine konkret nachvollziehbare Begründung, warum der BF eine Gefahr für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich darstellen sollte, lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen. Vielmehr führt die belangte Behörde in den Feststellungen des Bescheides lediglich lapidar aus, dass der BF im Bundesgebiet mehrmals straffällig geworden sei und aufgrund dieser Straftaten eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Auch in der Beweiswürdigung verwies das BFA lediglich in pauschaler Weise auf die im Strafregister ersichtlichen rechtskräftigen Verurteilungen. Das BFA führte zwar aus, dass der BF wegen verschiedener Vergehen und mehrmals wegen desselben Deliktes (Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt) verurteilt worden sei, die konkreten Umstände unter denen die einzelnen Straftaten begangen wurden, wurden vom BFA allerdings nicht erläutert. Auch auf die Milderungs- und Erschwerungsgründe ging die belangte Behörde in keinster Weise ein. Vielmehr führte das BFA erklärend in weiterer Folge lediglich aus, dass der BF zu den Tatzeitpunkten wegen seiner Aggressivität in psychiatrischer Behandlung gewesen sei und er sich dennoch zu weiteren strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben habe hinreißen lassen. Der Umstand, dass er mehrmals wegen Widerstandes gegen die Staatsanwaltschaft verurteilt worden sei zeige, dass der BF keinen Respekt vor dem Gesetz habe und er besonders gewaltbereit sei. Es könne somit nicht ausgeschlossen werden, dass er auch in Zukunft nicht gewillt sein werde, sich den geltenden Rechtsvorschriften zu beugen. Insgesamt kam das BFA in der Beweiswürdigung dann z dem Schluss, dass für den BF aufgrund der einschlägigen Vorstrafen, dem raschen Rückfall und dem Umstand, dass er während der ausstehenden asylrechtlichen Entscheidung des BVwG straffällig geworden sei, keine positive Zukunftsprognose erstellt werden könne. In der rechtlichen Beurteilung wurde schließlich dann noch ausgeführt, dass der BF aufgrund seines strafrechtlichen Fehlverhaltens in seinem jungen Lebensalter gezeigt habe, dass er durchaus eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und die Allgemeinheit darstelle.

Das BFA hat sich zwar die Strafurteile des BF beschafft, sich aber offensichtlich in keiner Weise damit auseinandergesetzt und unzureichende Feststellungen dazu getroffen. Die belangte Behörde hat im Ergebnis weder die konkreten Umstände, die für die begangenen Straftaten maßgeblich waren berücksichtigt, noch sich mit den Milderungs- und Erschwerungsgründen auseinandergesetzt, weshalb die vom VwGH geforderte Gefährdungsprognose somit nicht im erforderlichen Ausmaß durchgeführt wurde. In diesen Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die belangte Behörde in keinster Weise auf die Tatsache eingegangen ist, dass für den BF ein Bewährungshelfer bestellt wurde. Auch dieser Umstand hätte bei der Gefährdungsprognose Berücksichtigung finden müssen. Der Bewährungshelfer des BF war bei der letzten Einvernahme des BFA am 08.01.2020 sogar anwesend und wäre es für den Referenten der belangten Behörde somit leicht möglich gewesen, den Bewährungshelfer betreffend das Verhalten bzw. die Entwicklung des BF zu befragen. Diese Ermittlungen hat das BFA – wie in der Beschwerde zutreffend gerügt -unterlassen.

Für eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG liegt somit keine tragfähige Sachverhaltsermittlung seitens der ersten Instanz vor.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid des BFA ist aber noch in weiteren Punkten mangelhaft.

So stützt sich das BFA im Spruch des Bescheides auf die Rechtsgrundlage des § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG (rechtskräftige Verurteilung eines Drittstaatenangehörigen durch ein Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren). Wie das BFA zu dieser Annahme kommt, erschließt sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht, zumal der BF bis dato gar nicht zu einer derartigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Aus den dargelegten Gründen hat das BFA zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes nur völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt bzw. nur ansatzweise ermittelt und dadurch letztendlich versucht, Ermittlungsschritte an das Bundesverwaltungsgericht zu delegieren.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine ersthafte Prüfung nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll. Die belangte Behörde würde durch ihre Verfahrensführung die wesentlichen Ermittlungs- und Begrünungstätigkeit quasi an die Rechtsmittelinstanz delegieren (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. 2014/03/0063). Würde in diesem konkreten Fall das Bundesverwaltungsgericht - jene Instanz die zur eigentlichen Rechtskontrolle eingerichtet wurde - die Instanz sein, die im Verfahren erstmals einen begründeten Bescheid mit den Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes erlässt, so wäre damit der Rechtsschutz des BF de facto eingeschränkt. Es ist in erster Linie die Aufgabe der belangten Behörde als Tatsacheninstanz zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung sich sachgerecht mit dem Antrag auseinanderzusetzen, den maßgeblichen Sachverhalt vollständig festzustellen und ihre Begründung im Bescheid nachvollziehbar darzustellen.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich das BFA somit ausführlich mit den Straftaten des BF auseinanderzusetzen haben und dabei auch die mittlerweile neu hinzugekommene Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz (Verurteilung vom 28.07.2020) zu berücksichtigen haben. Erst dann kann - unter Berücksichtigung der zur Aberkennung nach § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur sowie des Gesamtverhalten des BF – beurteilt werden, ob der BF eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt. Dabei wird die belangte Behörde auch den aktuellen (psychischen) Gesundheitszustand des BF festzustellen haben und sein Verhalten in Strafhaft miteinzubeziehen haben. Allenfalls wird es notwendig sein, dem BF betreffend seine aktuellen persönlichen Verhältnisse erneut Parteiengehör zu gewähren.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, zumal aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich zudem als klar und eindeutig. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W161.2154809.2.00

Im RIS seit

04.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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