TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/30 I405 2213436-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.2020
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Entscheidungsdatum

30.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2213436-1/16E
I405 2213435-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1.) XXXX, geb. XXXX, StA. Senegal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2018, Zl. XXXX,

2.) XXXX, geb. XXXX, StA. Senegal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.09.2020, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) ist Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: BF2).

2. Die BF1 reiste nicht rechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 04.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

3. Sie wurde am 05.01.2016 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gab sie an, Staatsangehörige von Mali zu sein bzw. in Mali geboren worden zu sein. Ihre Eltern und Geschwister (ein Bruder un zwei Schwestern) leben weiterhin in Mali. Zu ihren Fluchtgründen führte sie an, dass sie in der Koranschule von ihrem Lehrer sexuell missbraucht worden sei und ihre Eltern sie zwangverheiratet hätten. Nachdem ihr Mann sie rausgeworfen habe, da sie keine Kinder gebären hätte können, sei sie von ihren Eltern schlecht behandelt worden. Dann habe ihr eine Freundin geholfen und ihr Zuneigung geschenkt, weshalb sie lesbisch geworden sei.

4. Am XXXX wurde der minderjährige BF2 als Sohn der BF1 in Österreich nachgeboren. Für ihn wurde von seiner gesetzlichen Vertretung, der BF1 am 19.07.2018 im Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Für ihn wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

5. Aufgrund bestehender Zweifel an der Herkfunt der BF1 wurde eine forensisch-afrikanistische Befunderhebung zu den Sprachkompetenzen und den Landeskenntnissen der BF1 in Auftrag gegeben. Der von XXXX durchgeführte Befund vom 25.11.2018 ergab zusammenfassend, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei, dass die BF1 BF in Mali hauptsozilaisiert worden sei. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei eine Hauptsozialisierung der BF in Senegal festzustellen. Positive Hinweise auf eine eventuelle Hauptsozialisierung der BF1 in einem anderen Land als Senegal gebe es keine.

6. Die BF1 wurde am 09.10.2018 und am 29.11.2018 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei wiederholte sie ihre bisherigen Angaben und erklärte auf Vorhalt des Befundergebnisses vom 25.11.2018, dass sie aus Mali stamme und nie in Senegal gewesen sei.

7. Mit gegenständlich angefochtenen Bescheiden des BFA vom 18.12.2018 wurden die Anträge der BF1 und des BF2 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Senegal nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihnen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Senegal gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

8. Die Bescheide des BFA wurden den BF samt einem Informationsblatt über die Verpflichtung zur Ausreise sowie einer Verfahrensanordnung vom 18.12.2018, mit welcher den BF eine Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt wurde, am 24.12.2019 zugestellt.

9. Mit dem am 17.01.2019 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhoben die B fristgerecht Beschwerde und beantragten darin die Evaluierung ihres Falles.

10. Die gegenständlichen Beschwerden und die bezughabenden Verwaltungsakte wurden vom BFA vorgelegt und sind am 22.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 09.09.2020 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Französisch, der BF1 und des BF2 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei wurde die BF1 über die Gründe für ihren gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und ihre privaten und persönlichen Verhältnisse einvernommen. Es wurden auch die im Akt zur jederzeitigen Einsicht befindlichen Länderfeststellungen zum Senegal samt den Erkenntnisquellen, welche mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt worden waren, erörtert und der BF1 die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Festgestellt wird:

1.1. Zur Person der BF:

Die BF1 ist Mutter des BF2. Sie sind Staatsangehörige von Senegal und muslimischen Glaubens. Der BF2 wurde in Österreich geboren.

Die Identität der BF1 steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest. Die BF1 hat im Administrativverfahren falsche Angaben zu ihrer Staatsangehörigkeit gemacht und somit ihre Identität verschleiert.

Die Identität des BF2 steht fest.

Die BF1 stellte nach ihrer unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 04.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich spätestens seit diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet auf. Der BF2 befindet sich seit seiner Geburt im Bundesgebiet. Für ihn wurde von seiner gesetzlichen Vertretung, der BF1 am 19.07.2018 im Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Die BF1 verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und Berufserfahrung als Verkäuferin. Sie ist arbeitsfähig. Vor Ihrer Ausreise lebte die BF1 in Dakar. Ihre Familie (Eltern, Schwestern und Bruder) lebt nach wie vor dort.

Die BF1 und der BF2 leiden weder an einer schweren Krankheit noch sind sie längerfristig pflege- oder rehabilationsbedürftig.

Die BF verfügen über keine familiären oder sonstigen nennenswerten sozialen Bindungen in Österreich. Der Vater des BF2 ist ein nigerianischer Staatsbürger mit dem Vornamen P. Es besteht jedoch kein Kontakt zu ihm und es können auch keine weiteren Feststellungen zu ihm, weder zu seinem aktuellen Aufenthalt noch zu seiner Identität bzw. zu seinem aufenthaltsrechtlichen Status getroffen werden.

Die BF1 geht keiner Beschäftigung nach. Eine Selbsterhaltungsfähigkeit liegt nicht vor. Die BF bestreiten ihren Unterhalt in Österreich aus den Mitteln der Grundversorgung.

Die BF1 hat mehrere Deutschkurse besucht, jedoch keine qualifizierte Sprachprüfung abgelegt. Des Weiteren hat die BF1 sie einen Orientierungskurs Deutsch besucht und an Bildungsangeboten der XXXX teilgenommen. Sie ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Sie besucht jedoch regelmäßig ein Frauencafe. Sie wird von XXXX begleitet.

Sie ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zur Lage im Senegal:

1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 26.3.20 19: Präsident Macky Sall am 24.2.2019 wiedergewählt (betrifft Abschnitt 1; relevant für Abschnitt 2/Politische Lage).

Der amtierende Staatschef Macky Sall wurde bei den Präsidentschaftswahlen am 24.2.2019 wiedergewählt (DS 25.2.2019; vgl. BAMF 4.3.2019). Bereits am Wahlabend erklärte sich Macky Sall mit 57% der Stimmen zum Sieger im ersten Wahlgang. Diese vorschnelle Verkündung wurde von der Opposition als Provokation und Hinweis auf potenzielle Wahlmanipulation gesehen. Die Beobachtungsmission der EU hingegen bewertete den Prozess der Wahl positiv (FES 3.2019).

Nach den am 28.2.2019 in Dakar veröffentlichten Ergebnissen gewann Sall die Präsidentschaftswahl mit 58,27% der abgegebenen Stimmen. An zweiter Stelle steht der ehemalige Premierminister Idrissa Seck (20,50%), gefolgt von dem "systemfeindlichen" Abgeordneten Ousmane Sonko (15,67%) (BAMF 4.3.2019; vgl. BBC 28.2.2019; JA 28.2.2019), danach kamen Issa Sall (4,07%) und Madické Niang (1,48%). Die Wahlbeteiligung betrug 66,23% (DS 25.2.2019; vgl. BAMF 4.3.2019; JA 28.2.2019; FES 3.2019). Die vier Kandidaten der Opposition lehnten die offiziellen Ergebnisse ab, haben jedoch angedeutet, dass sie das Ergebnis nicht vor dem Verfassungsrat anfechten werden (BAMF 4.3.2019; vgl. BBC 28.2.2019; FES 3.2019).

Der 56-Jährige Sall ist seit 2012 Staatschef des Landes, das als Musterbeispiel für Stabilität in Westafrika gilt. Gegen ihn traten vier Herausforderer an. Salls ursprünglich aussichtsreichste Rivalen, der frühere Bürgermeister von Dakar Khalifa Sall und der Sohn von Ex-Präsident Abdoulaye Wade, waren wegen Korruptionsvorwürfen bereits von der Wahl ausgeschlossen worden (DP 25.2.2019; vgl. SD 25.2.2019). Khalifa Sall, wurde 2018 wegen Korruption zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ähnlich erging es auch Karim Wade, der für die größte Oppositionspartei antreten wollte. Der frühere Minister wurde 2015 wegen persönlicher Bereicherung verurteilt (DP 25.2.2019; vgl. DW 24.2.2019). Die Entscheidung, beide Kandidaten auszuschließen, sorgte für Unruhen und gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen deren Anhängern und der Polizei (DW 24.2.2019).

Macky Sall versprach im Vorfeld der Wahl eine Fortsetzung seiner Politik, die eine Modernisierung der Infrastruktur mit einer Stärkung des sozialen Netzes für die ärmere Bevölkerung verbindet (BAMF 4.3.2019). Priorität hat die Umsetzung eines umfangreichen Programms zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung bis 2035 („Plan Sénégal Emergent“), in dessen Rahmen vor allem die Infrastruktur des Landes ausgebaut und ausländische Investoren im Industriesektor angezogen werden sollen (AA 9.2018). Der Präsident kann auf ein starkes Wirtschaftswachstum von zuletzt 7% verweisen, Projekte werden von internationalen Geldgebern wie der lokalen Elite gelobt. Seine Kritiker werfen ihm jedoch die stark gestiegene Staatsverschuldung vor (BAMF 4.3.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.2018): Senegal, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/senegal-node/-/208214, Zugriff

25.3.2019

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (4.3.2019): Briefing Notes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003663/Deutschland___Bundesamt_f_%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_04.03.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 21.3.2019

- BBC - BBC News Africa (28.2.2019): Les résultats de la présidentielle au Sénégal ce jeudi,

https://www.bbc.com/afrique/region-47397693, Zugriff 21.3.2019

- DP - Die Presse (25.2.2019): Senegals Präsident Macky Sall in erster Runde wiedergewählt, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5585245/Senegals-Praesident-Macky-Sall-in-erster-Runde-wiedergewaehlt?from=suche.intern.portal, Zugriff

21.3.2019

- DS - der Standard (25.2.2019): Senegals Präsident Sall in erster Runde wiedergewählt,

https://derstandard.at/2000098529670/Senegals-Praesident-Sall-in-erster-Rundewiedergewaehlt, Zugriff 21.3.2019

- DW - Deutsche Welle (24.2.2019): Senegals Präsident Macky Sall strebt weitere Amtszeit an, https://www.dw.com/de/senegals-pr%C3%A4sident-macky-sall-strebt-weitere-amtszeitan/a-47662572, Zugriff 21.3.2019

- FES - Friedrich Ebert Stiftung (3.2019): Stabil verankert; Das Ergebnis der

Präsidentschaftswahlen im Senegal ist wenig überraschend,

http://library.fes.de/pdf-files/iez/15259.pdf, Zugriff 21.3.2019

- JA - Jeune Afrique (28.2.2019): Présidentielle au Sénégal : Macky Sall réélu au premier

tour, selon les résultats provisoires, https://www.jeuneafrique.com/742561/politique/presidentielle-au-senegal-macky-sall-reeluau- premier-tour-selon-les-resultats-provisoires/, Zugriff 21.3.2019

- RFI - Radio France Internationale Afrique (28.2.2019): Sénégal: l'opposition «rejette

fermement» les résultats de l'élection présidentielle, http://www.rfi.fr/afrique/20190228-

senegal-opposition-rejette-fermement-resultats-election-presidentielle, Zugriff 21.3.2019

- SD - Sueddeutsche.de (25.2.2019): Wahlsieg im Eiltempo, https://www.sueddeutsche.de/politik/senegal-wahlsieg-im-eiltempo-1.4344654, Zugriff

21.3.2019

2. Politische Lage

Der Senegal ist eine Präsidialdemokratie nach französischem Vorbild. Der Präsident wird in allgemeiner, direkter und freier Wahl vom Volk für sieben Jahre gewählt. Den Regierungsvorsitz hält der Premierminister, welcher, so wie auch die Fachminister, direkt vom Präsidenten ernannt wird (GIZ 11.2017a, vgl. AA 2.2018a). Das Land verfügt über ein lebendiges Mehrparteiensystem.

Artikel 3 der senegalesischen Verfassung garantiert das allgemeine Wahlrecht. Über Wahlkämpfe berichten die Medien umfassend und fair. Die Gewaltenteilung ist im Senegal rechtlich garantiert.

In der Praxis kann eine Einflussnahme durch die Exekutive nicht ausgeschlossen werden (AA 6.3.2018). Im Allgemeinen werden die demokratischen Institutionen des Landes von allen Akteuren respektiert (BS 2018). Macky Sall löste im März 2012 nach einem demokratischen Wahlkampf Abdoulaye Wade (2000- 2012) als Präsidenten ab (AA 6.3.2018; vgl. BS 2018). Seit diesem friedlichen Machtwechsel gilt der Senegal wieder als beispielhaft für Demokratie und Achtung von konstitutionellen Rahmenbedingungen (BS 2018). Bei einem durch Präsident Sall initiierten Verfassungsreferendum wurde im März 2016 eine Reihe von Reformen verabschiedet, darunter die Verkürzung der Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre, die Limitierung auf zwei Amtszeiten, und ein Höchstalter für Staatspräsidenten von 75 Jahren bei Amtsantritt (AA 6.3.2018). Die Verkürzung der Amtszeit des Präsidenten soll jedoch erst in der nächsten Amtsperiode eines Staatspräsidenten wirksam werden. Somit läuft Macky Salls jetzige Amtszeit verfassungsgemäß bis 2019 (AA 2.2018a).

Die letzten Parlamentswahlen fanden am 30.7.2017 statt. Dabei trug die Regierungskoalition „Benno Bokk Yakaa“ von Präsident Sall den klaren Sieg davon. Die Wahlbündnisse „Wattu Senegaal“ des ehemaligen Präsidenten Wade und „Manko Taxawou Senegaal“ des (inhaftierten) Bürgermeisters von Dakar Khalifa Sall zogen ebenfalls ins Parlament ein. Trotz teils chaotischer Vorbereitung verliefen die Wahlen selbst weitgehend fair und transparent, die Wahlbeteiligung lag bei ca. 54% (AA 6.3.2018).

Die Regierung von Präsident Macky Sall hat eine Reihe von Reformen initiiert und sich auch dem Kampf gegen Korruption verschrieben, beispielsweise mit der Gründung eines Büros zur Korruptionsbekämpfung (OFNAC) (AA 2.2018a). Seit 2014 liegt der Schwerpunkt der Regierung auf der Umsetzung eines umfangreichen Programms zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung bis 2035 ("Plan Sénégal Emergent"), in dessen Rahmen vor allem die Infrastruktur des Landes ausgebaut werden soll (AA 2.2018a; vgl. BS 2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

- AA - Auswärtiges Amt (2.2018a): Senegal - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/senegal-node/-/208214, Zugriff 22.5.2018

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI Country Report Senegal, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Senegal.pdf, Zugriff 22.5.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (11.2017a): Senegal - Geschichte&Staat, http://liportal.giz.de/senegal/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2018

3. Sicherheitslage

Das französische Außenministerium empfiehlt erhöhte Aufmerksamkeit im ganzen Land (FD 22.5.2018), das eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten verweist auf das Risiko von Bombenanschlägen im ganzen Land. Es gibt Hinweise, dass Terrorgruppen aus der Sahara-Region ihren Aktionsradius in den Senegal ausdehnen. Sie sind gut organisiert, operieren grenzüberschreitend und haben Verbindungen zu lokalen, kriminellen Gruppen (EDA 22.5.2018).

Der Senegal hat auf die jüngsten Anschläge in der Sahelregion mit einer Verstärkung und höheren Sichtbarkeit seines eigenen Sicherheitsapparats reagiert. Bislang blieb Senegal von terroristischen Anschlägen verschont (AA 22.5.2018). Gemäß französischem Außenministerium, dem deutschen Auswärtigen Amt sowie dem eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten besteht in den Regionen der Casamance [innerstaatliches Konfliktgebiet, seit 2012 weitgehend Waffenruhe] sowie den Grenzgebieten zu Mali und Teilen des Grenzgebiets zu Mauretanien erhöhtes Sicherheitsrisiko (FD 22.5.2018; vgl. AA 22.5.2018, EDA 22.5.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (22.5.2018): Senegal - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SenegalSicherheit_node.html, Zugriff 22.5.2018

- EDA - Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (22.5.2018): Reisehinweise für Senegal, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/senegal/reisehinweise-fuersenegal.html, Zugriff 22.5.2018

- FD - France Diplomatie (22.5.2018): Sénégal - Sécurité, http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseilsaux-voyageurs/conseils-par-pays/senegal/, Zugriff 22.5.2018

4. Rechtsschutz / Justizwesen

Das Rechtssystem weist große Ähnlichkeit mit dem französischen System auf (GIZ 11.2017a; vgl. AA 6.3.2018). Formal ist die Justiz unabhängig von Exekutive und Legislative, in der Praxis ist die Rechtsprechung aber wie in vielen anderen Ländern Problemen unterworfen. Politische Einflussnahme, Klientelismus und Korruption stören immer wieder die Unabhängigkeit der Justiz (GIZ 11.2017a; vgl. USDOS 20.4.2018). Alle Richter werden vom „Conseil Supérieur de la Magistrature“ (CSM) berufen und befördert, dessen Vorsitzender der Präsident und dessen Vizepräsident der Justizminister ist. Auch die im Verhältnis zum gesellschaftlichen Status niedrigen Gehälter, schlechte Arbeitsbedingungen sowie familiäre Verpflichtungen lassen vermuten, dass Richter nicht immer frei von Beeinflussung durch staatliche Stellen oder Privatpersonen sind. Die Regierung strebt eine Justiz-Reform an, die u.a. die Untersuchungshaft neu regelt und die Haftbedingungen deutlich verbessern soll. Obwohl Richter und Anwälte in Senegal gut ausgebildet und nach strengen Kriterien ausgewählt werden, sind die Justizbehörden personell und materiell so schlecht ausgestattet, dass sie ihre Aufgaben nicht immer angemessen und umfassend erfüllen können. Die fehlende bzw. unzureichende Ahndung krimineller Delikte wird von vielen internationalen Beobachtern kritisiert. Berufungsmöglichkeiten sind im Prinzip für alle Gerichte vorgesehen, mit Ausnahme der militärischen Gerichtshöfe und des Korruptionsgerichtshofs (AA 6.3.2018).

Bemerkenswert ist, dass für die breite Masse der Bevölkerung das offizielle Zivilrecht, das ebenfalls auf der Grundlage französischer Gesetzestexte geschaffen wurde, keine Rolle spielt: Erbschaften, Bodenangelegenheiten oder auch Scheidungen werden zumeist nach dem traditionellen Recht geregelt (GIZ 11.2017a). Für einige Rechtsbereiche (Familien- und Erbrecht) können Muslime zwischen der Anwendung der Scharia und des säkularen Rechts wählen. Allerdings werden auch die Entscheidungen nach Grundsätzen der Scharia von Zivilrichtern getroffen, so dass die einheitliche Rechtsordnung gewahrt bleibt. Versuche seitens muslimischer Kräfte, der Scharia stärkeres Gewicht im Familien- und Erbrecht einzuräumen, sind bisher stets abgewehrt worden (AA 6.3.2018).

Eine Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis, die allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, Religion, Nationalität, sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung diskriminiert, ist nicht erkennbar. Es ist aber nicht auszuschließen, dass einzelne Verfahren auf Motiven dieser Art beruhen. Häufig wurden bisher Verhaftungen ohne Haftbefehl vorgenommen.

Die Zeitdauer zwischen Verhaftung und Prozessbeginn ist oft problematisch. Es fehlt an Strafverteidigern. Für Mitglieder der Streitkräfte und der (paramilitärischen) Gendarmerie gibt es ein separates Militärgerichtssystem. Zivilisten werden nur vor Militärgerichten vernommen, wenn sie in ein durch militärisches Personal begangenes Vergehen gegen Militärgesetze verwickelt sind. (AA 6.3.2018).

Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. In Strafverfahren gilt die Unschuldsvermutung. Angeklagte haben das Recht, persönlich anwesend zu sein, die Aussage zu verweigern, Zeugen zu befragen, Entlastungsmaterial vorzulegen und einen Rechtsbeistand hinzuzuziehen (AA 6.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Sind sie nicht in der Lage, die Kosten hierfür selbst zu übernehmen, scheitert eine effiziente Verteidigung häufig daran, dass es keine Prozesskostenhilfe aus öffentlichen Mitteln gibt. Nur bei Kapitalverbrechen werden den Angeklagten Pflichtverteidiger zur Seite gestellt, die jedoch ihre Mandanten wegen Überlastung oft nicht zufriedenstellend betreuen können. Von Beweiserhebungen können Öffentlichkeit und Medien ausgeschlossen werden, nicht jedoch Angeklagte und ihr Rechtsbeistand (AA 6.3.2018). Die Rechte der Angeklagten werden beeinträchtigt durch den großen Rückstau an Verfahren, mangelnde Verfügbarkeit von Rechtsvertretern, Ineffizienz der Justiz, Korruption und überlange Untersuchungshaft (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (11.2017a): Senegal -Geschichte&Staat, http://liportal.giz.de/senegal/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices

2017 - Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430130.html, 22.5.2018

5. Sicherheitsbehörden

Polizei und Gendarmerie (erstere untersteht dem Innenministerium, letztere dem Verteidigungsministerium) sind für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich. Im Ausnahmezustand ist auch die Armee mitverantwortlich. Zivile Behörden wahrten üblicherweise die Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 20.4.2018). Der Schutz der Privatsphäre ist rechtlich und tatsächlich weitgehend gesichert. Die Verfassung verbietet Hausdurchsuchungen ohne einen richterlichen Beschluss. Die Polizei hält sich in der Regel an diese Vorschrift (AA 6.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices

2017 - Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430130.html, 22.5.2018

6. Allgemeine Menschenrechtslage

Der Senegal gilt als weitgehend demokratisches und stabiles Land, in dem die grundlegenden Menschenrechte geachtet werden (GIZ 11.2017a). Die Republik Senegal zeichnet sich durch rechtsstaatliche und demokratische Strukturen aus. Sie gewährleistet grundlegende Freiheitsrechte wie Meinungs-, Presse-, und Religionsfreiheit (AA 2.2018a). Die Menschenrechtslage ist für weite Bevölkerungsgruppen weiterhin befriedigend. Senegal hat eine aktive Zivilgesellschaft, die Medienlandschaft ist diversifiziert und zum Teil regierungskritisch. Senegal ist ein säkularer Staat, die Religionsfreiheit wird respektiert (AA 6.3.2018). Senegal ist Vertragsstaat der Afrikanischen Menschenrechtscharta und der folgenden UNMenschenrechtskonventionen:

- Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) einschließlich dessen ersten Zusatzprotokolls;

- Internationaler Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte;

- Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung;

- Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau einschließlich

- Zusatzprotokoll;

- Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende

- Behandlung oder Strafe;

- Übereinkommen über die Rechte des Kindes (inkl. zwei der drei Zusatzprotokolle);

- Übereinkommen zur Bekämpfung der Korruption;

- Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

- Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen

Vorbehalte zu den Übereinkommen sind nicht erklärt worden. Daneben ist Senegal der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten und hat die Flüchtlingskonvention der Afrikanischen Union (AU) ratifiziert. Senegal hat als erster Staat das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert.

Senegal ist nicht Vertragsstaat des Zweiten Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (AA 6.3.2018). Meinungs- und Pressefreiheit werden in der Verfassung garantiert (USDOS 20.4.2018, vgl. AA 6.3.2018). Die Regierung schränkt diese gelegentlich ein (USDOS 20.4.2018, vgl. AA 6.3.2018, AI 22.2.2018). Journalisten und Dissidenten wurden willkürlich verhaftet (AI 22.2.2018). Es gibt in Senegal eine Vielzahl unabhängiger Zeitungen sowie ca. 80 Radiostationen (öffentlich und privat). Neben dem staatlichen Fernsehen („Radiodiffusion Télévision Sénégal“) senden sechs private Unternehmen. Auch der Opposition nahestehende Medien können grundsätzlich frei berichten.

Die internationale Presse kann in Senegal ohne Einschränkungen arbeiten. Journalisten anderer afrikanischer Länder machen zunehmend von der Pressefreiheit in Senegal Gebrauch. Der freie Zugang zum Internet ist u.a. durch Internet-Cafés gewährleistet, die zunehmend auch außerhalb von Dakar zu finden sind. In Dakar gibt es eine wachsende Bloggerszene. Verstöße gegen das Pressegesetz bleiben aber auch nach Verabschiedung des neuen Pressegesetzes 2017 zum Teil kriminalisiert. Im Wahlkampf hatte Präsident Sall noch angekündigt, die Gesetzgebung ändern zu wollen, damit Journalisten nicht mehr wegen vermeintlich falscher Berichterstattung verhaftet werden können. Im Juni und August 2017 wurden mehrere Personen unter der Anschuldigung der Beleidigung des Präsidenten verhaftet und in kurzzeitige Untersuchungshaft genommen (AA 6.3.2018).

Die von der Verfassung und von Gesetzen garantierte Versammlungsfreiheit (USDOS 20.4.2018, vgl. AA 6.3.2018) wird von der Regierung manchmal eingeschränkt (USDOS 20.4.2018, vgl. AI 22.2.2018). Einige Gruppen beschwerten sich über unnötige Verzögerungen beim Warten auf eine Antwort der Regierung bei Genehmigungsersuchen für öffentliche Demonstrationen (USDOS 20.4.2018). Die Verfassung und die Gesetze garantieren auch die Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen in der Praxis (USDOS 20.4.2017).

Der Senegal verfügt seit langem über eine lebendige zivilgesellschaftliche Landschaft (GIZ 11.2017a). Eine große Anzahl an nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen kann im Wesentlichen ohne Einschränkungen durch die Regierung arbeiten und Berichte veröffentlichen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

- AA - Auswärtiges Amt (2.2018a): Senegal - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/senegal-node/-/208214, Zugriff 22.5.2018

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425630.html, Zugriff 22.5.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (11.2017a): Senegal -

Geschichte&Staat, http://liportal.giz.de/senegal/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices

2017 - Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430130.html, 22.5.2018

7. Relevante Bevölkerungsgruppen

7.1. Frauen

Das Familienrecht stammt aus dem Jahr 1973 und benachteiligt Frauen immer noch in einigen Bereichen, wie z.B. bei Scheidung und Sorgerecht, räumt ihnen aber dennoch wesentlich mehr Rechte als das traditionelle Recht ein. 2003 gab es einen Vorstoß einer islamischen Vereinigung (CIRCOF), parallel dazu ein Scharia-basiertes Familienrecht einzuführen, das für die muslimische Bevölkerung gelten sollte. Diesem Vorhaben, das sicherlich zu einer gewissen Spaltung der Gesellschaft geführt hätte, war jedoch kein Erfolg beschieden. Doch auch was das geltende Recht angeht, kennen viele Frauen ihre Rechte nicht oder wagen es nicht, sie gegen die Widerstände der Familie oder des sozialen Verbands durchzusetzen (GIZ 11.2017b).

Die Verfassung gewährleistet in Artikel 7 die Gleichstellung von Mann und Frau. Artikel 18 und 19 der Verfassung verbieten die Verheiratung der Frau ohne deren Einwilligung und garantieren ihr das Recht auf eigenes Vermögen und auf dessen selbständige Verwaltung. Jedoch unterliegen die Grundrechte der Frauen einigen schwerwiegenden Beschränkungen. Vor allem Druck religiöser Führer verhindert seit 1972 eine Weiterentwicklung des senegalesischen Familienrechtsbuchs, dessen Art. 152 dem Mann die Stellung des Familienoberhaupts („Chef de la famille“) sowie das Aufenthaltsbestimmungsrechts über die Frau und gemeinsame Kinder einräumt (AA 6.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Seit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts Mitte 2013 wird die senegalesische Staatsbürgerschaft auch durch die Mutter vererbt. In der Praxis ist die Stellung der Frau relativ stark. Vor allem in Dakar wächst die Zahl gut ausgebildeter Frauen, die wichtige Positionen in Regierung, Justiz oder Parlament innehaben. Frauen wurden in herausgehobene Ministerposten berufen. Von September 2013 bis Juli 2014 war Aminata Touré als erste Frau Senegals Premierministerin. Im 2012 gewählten Parlament wurde erstmals nahezu Parität erreicht (44,6% Frauen), im aktuellen Parlament sind 42% der Abgeordneten Frauen. Eine faktische Benachteiligung der Frauen ergibt sich dennoch vor allem aus der mangelnden Ausbildung (allgemeine Analphabetenquote ca. 50%; bei Frauen ca. 70%) und einer auf die Rolle in der Familie als Hausfrau beschränkten Erziehung (AA 6.3.2018).

Vergewaltigung ist verboten, das Strafmaß ist fünf bis zehn Jahre Haft. Die gesetzlichen Bestimmungen werden jedoch selten umgesetzt, und Vergewaltigungen sind weit verbreitet (USDOS 20.4.2018). Nach Angaben einiger Nichtregierungsorganisationen steigt die Anzahl der Vergewaltigungen, wobei die Möglichkeit zur strafrechtlichen Verfolgung für Frauen beschränkt ist (AA 6.3.2018).

Häusliche Gewalt ist verboten, das Strafmaß, wenn bleibende Verletzungen resultieren, ist zehn bis 20 Jahre Haft. Das Gesetzt wird jedoch nicht durchgesetzt. Die Polizei mischt sich in innerfamiliäre Angelegenheiten nicht ein (USDOS 20.4.2018). Frauenorganisationen beklagen in den ländlichen Gebieten häusliche Gewalt gegen Frauen, für die sie u.a. die Polygamie verantwortlich machen. Zwangsheirat, besonders bei Minderjährigen, ist trotz Verbots auf dem Lande verbreitet. Die Polizei schreitet bei häuslicher Gewalt normalerweise nicht ein und kommt ihrer Schutzverantwortung nicht nach. Die Opfer erstatten selten Anzeige und die Strafen für häusliche Gewalt sind milde. Die staatlichen Stellen haben begonnen, durch die Einstellung weiblicher Beamter in Polizei und Justiz diesem Missstand entgegen zu wirken. Vergewaltigung in der Ehe wird nicht als strafrechtlicher Tatbestand geahndet (AA 6.3.2018).

Weibliche Genitalverstümmelung ist seit 1999 gesetzlich verboten, wird aber von einigen Ethnien immer noch praktiziert. Laut UNICEF (2015) sind 26% der Frauen im Alter von 15-49 Jahren betroffen. Aufgrund staatlicher Maßnahmen und einer über die Zivilgesellschaft vermittelten sozialen Mobilisierung kann inzwischen von einer graduellen Reduzierung der Zahl der betroffenen Mädchen ausgegangen werden. Die NGO TOSTAN gibt an, von 5.000 Gemeinden hätten 760 die Praxis offiziell beendet. Die Durchsetzung eines angestrebten vollständigen Verbots stößt immer wieder auf (religiös motivierten) Widerstand (AA 6.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (11.2017b): Senegal -

Gesellschaft, https://www.liportal.de/senegal/gesellschaft/, Zugriff 22.5.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices

2017 - Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430130.html, 22.5.2018

7.2. Homosexuelle

Homosexuelle Handlungen, auch unter Erwachsenen, werden nach dem senegalesischen Strafgesetz mit Haft- und/oder Bußgeldstrafen geahndet. Das entsprechende Gesetz wurde in letzter Zeit mehrfach angewendet (AA 22.5.2018). Gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen sowie die Demonstration von Homosexualität in der Öffentlichkeit sind strafbar (Art. 319 Strafgesetzbuch) (AA 6.3.2018). Das Strafmaß beträgt bis zu fünf Jahre Haft und Geldstrafen, das Gesetz wird jedoch selten angewendet (USDOS 20.4.2018). Der Einfluss muslimischer Führer sowie ein immer noch breiter gesellschaftlicher Konsens verhindern bisher einen gesellschaftlichen Diskurs über die Abschaffung dieses Gesetzes. Im August 2015 wurden sieben junge Männer, die nach Presseberichten „auf frischer Tat gestellt“ wurden, zu Freiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten verurteilt. Seither sind keine Verurteilungen mehr bekannt geworden (AA 6.3.2018).

Neben der strafrechtlichen Verfolgung gibt es Berichte über Diskriminierung Homosexueller durch das öffentliche Gesundheitswesen, nach denen sie von staatlichen AIDS-Vorsorgeprogrammen ausgeschlossen worden seien. Sonstige Diskriminierungen von Homosexuellen oder Transvestiten durch staatliche Strukturen sind nicht bekannt. In einem Bericht vom August 2015 beklagt Human Rights Watch eine breite Diskriminierung von Homosexuellen durch die senegalesische Regierung. Es wurden politische Kampagnen gegen Homosexuelle durch Boulevard-Magazine verzeichnet. Die Regierung tut sich angesichts der gesellschaftlich weit verbreiteten Vorurteile schwer im Umgang mit Homosexualität (AA 6.3.2018). Außerdem werden LGBTI Personen durch nicht-staatliche Akteure in der Öffentlichkeit sowie im familiären Rahmen diskriminiert (AA 6.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

- AA - Auswärtiges Amt (22.5.2018): Senegal - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/

SenegalSicherheit_node.html, Zugriff 22.5.2018

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices

2017 - Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430130.html, 22.5.2018

8. Bewegungsfreiheit

Verfassung und Gesetze gewährleisten Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes sowie für Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Die Regierung respektiert diese Rechte generell auch in der Praxis. Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Bereitstellung von Schutz für intern Vertriebene, Flüchtlinge, staatenlose Personen und andere vulnerable Gruppen (USDOS 20.4.2018). Ein entwickeltes Meldewesen existiert nicht. Die Auseinandersetzungen in der Casamance lösten 2011 Fluchtbewegungen der betroffenen Bevölkerung aus. Teile der Zivilbevölkerung flohen aus den jeweiligen Kampfgebieten, nicht nur über die praktisch offenen Grenzen nach Guinea-Bissau und Gambia, sondern auch in die befriedeten Zonen, insbesondere in das Gebiet in und um die Regionalhauptstadt Ziguinchor sowie in den nördlichen, vom Konflikt nicht betroffenen Teil Senegals. Dort fanden sie meist Aufnahme bei Verwandten. Fluchtbewegungen wurden nicht behindert, und die Casamance-Flüchtlinge wurden staatlicherseits nicht behelligt (AA 6.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

- USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices

2017 - Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430130.html, 22.5.2018

9. Grundversorgung

Die Wirtschaft des Senegal mit seinen rund 14 Millionen Einwohnern ist von den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei und Dienstleistungen bestimmt. Fast 80% der Beschäftigten sind in der Landwirtschaft tätig. Der wichtigste Wachstumsbereich ist der Dienstleistungssektor (vor allem Finanzwesen, Telekommunikation und Immobilien). Der informelle Sektor trägt über 60% zum Bruttoinlandsprodukt bei. Über 60% der Wirtschaftsaktivitäten des Landes konzentrieren sich auf den Großraum der Hauptstadt Dakar (AA 2.2018b). Die senegalesische Wirtschaft ist durch starke Importabhängigkeit, einen kleinen Heimatmarkt und eine geringe Exportbreite geprägt. Die industrielle Produktion des Landes ist relativ schwach, und der Tourismus in den letzten Jahren rückgängig. Als Mitglied der westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion UEOMA und der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft CEDEAO (ECOWAS) ist der Senegal ein Schwergewicht in der regionalen Wirtschaft. Nach Senegal, der Côte d'Ivoire und Ghana ist der Senegal die viertgrößte Wirtschaftsmacht in der Region (GIZ 3.2018).

Die Erwartungen der Wählerschaft, dass sich ihre wirtschaftliche Situation durch den Regierungswechsel maßgeblich verbessert, konnte die Regierung bislang nur ansatzweise erfüllen. Insbesondere steigende Lebenshaltungskosten sowie Probleme in der Energieversorgung bergen das Potential für soziale Konflikte. Das Wachstum reicht wegen der demographischen Entwicklung nicht aus, die im Land verbreitete Armut (ca. 50% der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsschwelle) zurückzudrängen (AA 6.3.2018). Das zentrale Politikfeld ist seit 2003 die Armutsbekämpfung, auch mittels einer Strategie des beschleunigten Wachstums, die auf Förderung des Wirtschaftswachstums und des Privatsektors abzielt Das zentrale Dokument zur Armutsbekämpfung ist die nationale Strategie zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung 2013- 2017 (SNDES). Unter Macky Sall wurde der „Plan Sénégal émergent" als Schlüsseldokument für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Senegal entwickelt und wird heute als nationale Strategie in den Vordergrund gestellt (GIZ 3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

- AA - Auswärtiges Amt (2.2018a): Senegal - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/senegal-node/wirtschaft/208192, Zugriff 23.5.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (3.2018): Senegal -

Wirtschaft&Entwicklung, https://www.liportal.de/senegal/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 23.5.2018

10. Medizinische Versorgung

Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ist sehr schlecht, vor allem außerhalb der Hauptstadt Dakar ist die Gesundheitsversorgung völlig unzureichend. Es gibt ein starkes Stadt-Land-Gefälle und etwa drei Viertel der Ärzte praktizieren in der Hauptstadt Dakar. Krankenhausbetten sind auf dem Land kaum vorhanden (GIZ 11.2017b). Trotz gut ausgebildeter Ärzte ist das staatliche Gesundheitssystem unzureichend, Patienten müssen ihre Medikamente, Operationen und Krankenhausaufenthalte selbst finanzieren. Dies verursacht vor allem Probleme bei chronischen Erkrankungen. Häufig muss in solchen Fällen die gesamte erweiterte Familie für die Behandlungskosten aufkommen. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung hat keinen Zugang zu parallel existierenden privaten Behandlungen, die für sie unerschwinglich sind. Das Angebot an meist aus Frankreich importierten Medikamenten ist umfassend. Obwohl wesentlich preiswerter als in Europa, sind die Medikamente für die große Bevölkerungsmehrheit kaum erschwinglich bzw. nicht über einen längeren Zeitraum finanzierbar. Es ist davon auszugehen, dass auf den Märkten eine Vielzahl gefälschter Medikamente zirkuliert. Die Frage, ob und in welchem Umfang langwierige Behandlungen oder komplizierte Operationen in Senegal durchgeführt werden können, muss von Fall zu Fall beantwortet werden. Grundsätzlich gilt, dass eine umfangreiche medizinische Behandlung mit relativ hohen Kosten und langen Wartezeiten verbunden ist. In vielen Fällen ist eine fachgerechte Behandlung nicht garantiert (AA 6.3.2018). Die niedrige Lebenserwartung, die hohe Sterblichkeitsrate bei Geburten und die hohe Säuglingssterblichkeit spiegeln diese Defizite wieder, so wie auch der ungenügende Zugang der Bevölkerung zu sauberem Trinkwasser und zu einer korrekten Sanitärversorgung (GIZ 11.2017b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (11.2017b): Senegal - Gesellschaft, https://www.liportal.de/senegal/gesellschaft/, Zugriff 22.5.2018

11. Rückkehr

Ein Rückübernahmeabkommen zwischen Senegal und der EU existiert nicht. Abgeschobene senegalesische Staatsangehörige haben bei ihrer Rückkehr keine aus dem Auslandsaufenthalt

resultierenden Nachteile zu befürchten und werden auch wegen einer Asylantragstellung keinen Repressionen ausgesetzt. Die Einreisebehörden erlauben die Einreise unter der Voraussetzung, dass die abgeschobene Person ihre senegalesische Staatsangehörigkeit nicht leugnet. Andernfalls werden Betroffene unmittelbar in das abschiebende Land zurückgesendet. Es wird daher empfohlen, für senegalesische Abzuschiebende ohne reguläre Reisedokumente zuvor immer ein „Sauf Conduit“ (entspricht einem Laissez-passer) bei der senegalesischen Botschaft zu beantragen, um Schwierigkeiten bei der Einreise auszuschließen. In der Regel ist das Urkundenwesen zuverlässig (AA 6.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Dezember 2017)

1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF1 tatsächlich in Senegal häuslicher Gewalt ausgesetz war und wegen ihrer homosexuellen Orienteriung verfolgt wurde. Die von der BF1 vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt. Somit kann nicht festgestellt werden, dass die BF1 ihr Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen hat, bzw. sie und die BF2 eine solche im Falle der Rückkehr zu befürchten hätten. Für den BF2 wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

Für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann auch nicht festgestellt werden, dass die BF in eine ausweglose Situation geraten würden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und der vorliegenden Gerichtsakte des BVwG, der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 09.09.2020, sowie aus den Akten zu den vorangegangenen Asylverfahren. Auskünfte aus dem Strafregister, dem zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung(GVS) wurden ergänzend zu den vorliegenden Akten eingeholt.

2.2. Zu den Personen der BF:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit der BF1 und der Minderjährigkeit der BF2 ergeben sich aus den Akten und ist augenscheinlich. Dass die BF1 Mutter des BF2 ist, ergibt sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde. Die Feststellungen zum Familienstand, der Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen Angaben der BF1 vor dem erkennenden Gericht, welche auch mit dem Ergebnis des eingeholten Sprachbefunds von XXXX vom 25.11.2018 übereinstimmen.

Es wurden keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnten; dies ergibt sich aus den Angaben der BF1.

Der bisherige Aufenthalt der BF leitet sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ab. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zu den Personen der BF aufkommen lässt.

Nachdem die BF1 den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente mit Lichtbildern vorgelegt hat, steht ihre Identität nicht fest.

Glaubhaft sind die gleichbleibenden Aussagen der BF1, wonach sie in Dakar gelebt hat.

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit und zum Vornamen des Vaters des BF2 ergeben sich aus den Angaben der BF1. Die Negativfeststellung zu seinem Wohnsitz, seinem aufenthaltsrechtlichen Status, seiner Identitä sowie zum fehlenden Kontakt mit den BF ergibt sich ebenfalls aus den Angaben der BF1.

Dass die BF in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügen und sie hier keine maßgeblichen sprachlichen, sozialen und integrativen Verfestigungen aufweisen, ergibt sich ebenfalls aus den Angaben der BF1 anlässlich ihrer Befragung im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 09.09.2020. Die Feststellung, dass die BF ihren Lebensunterhalt in Österreich aus Mitteln der Grundversorgung bestreiten, ist durch einen aktuellen Auszug des Betreuungsinformationssystems belegt.

Die Feststellungen, dass die BF1 ein Frauencafe besucht und von XXXX begleitet wird, ergibt sich aus ihren Angaben und der Bestätigung des genannten Instituts vom 31.08.2020.

Die Feststellungen zum Besuch des Deutsch- und Orientierungskurses sowie zur Teilnahme an Bildungsangeboten des XXXX der BF1 ergeben sich aus dem Zertifikat vom 26.06.2019 des Vereins XXXX, aus der Bestätigung 24.08.2020 des XXXX vom.

Die Unbescholtenheit der BF1 leitet sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich ab.

2.3. Zum Vorbringen der BF1:

Die Feststellungen zu den gegenständlichen Asylverfahren und zu den darin von der BF1 geltend gemachten Fluchtgründen stützen sich auf ihre Angaben im verwaltungsbehördlichen Asylverfahren und die vorliegenden Verwaltungsakte sowie auf den diesbezüglichen Angaben der BF1 vor der belangten Behörde und vor dem erkennenden Gericht.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass das Vorbringen der BF1 zu den Fluchtgründen nicht glaubwürdig ist. Sie machte im Zuge ihrer Befragung vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht unplausible und widersprüchliche Angaben, sodass - wie darzulegen sein wird - von der Konstruiertheit ihres gesamten Fluchtvorbringens auszugehen war.

Vor der belangten Behörde gab die BF1 an, dass sie Staatsangehörige von Mali sei. Aufgrund bestehender Zweifel holte sodann das BFA einen Sprachbefund ein, der zusammenfassend ergab, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei, dass die BF1 BF in Mali hauptsozilaisiert worden sei. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei eine Hauptsozialisierung der BF in Senegal festzustellen. Positive Hinweise auf eine eventuelle Hauptsozialisierung der BF1 in einem anderen Land als Senegal gebe es keine. Auf Vorhalt dieses Ergebnisses beharrte die BF1 vor der belangten Behörde und ihrer Beschwerde dennoch darauf, dass sie Staatsangehörige von Mali sei. Erst in der mündlichen Verhandlung gestand sie, doch Staatsangehörige von Senegal zu sein.

Laut der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Richtigkeit der Angaben des Asylwerbers über seine Identität und seine Herkunft grundsätzlich maßgebliche Bedeutung für die Frage zu, ob die von ihm angegebenen - aus seiner behaupteten Abstammung resultierenden - Verfolgungsgründe überhaupt zutreffen können. Entsprächen - auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens - die Angaben des Asylwerbers über eine Bedrohungssituation in dem von ihm als seinen Herkunftsstaat bezeichneten Staat offensichtlich nicht den Tatsachen, weil seinem Vorbringen insbesondere wegen eines Täuschungsversuches über seine wahre Identität keinerlei Glaubwürdigkeit zukommt, so läge in Ermangelung eines "sonstigen Hinweises" auf eine asylrelevante Verfolgung ein offensichtlich unbegründeter Asylantrag im Sinne des § 6 Z 3 AsylG 1997 vor (Hinweis E vom 30.11.2000, 99/20/0590, und vom 30.01.2001, 2000/01/0106 sowie 27.09.2001, 2001/20/0393).

Das bedeutet, dass im Asylverfahren neben der Person des Asylwerbers auch dem Herkunftsstaat eine zentrale Bedeutung zukommt: Der Asylwerber determiniert mit der Bekanntgabe seines Herkunftsstaates in seinem Antrag auf internationalen Schutz - im Zusammenhalt mit dem geltend gemachten, individuellen Fluchtgrund - den Verfahrensgegenstand des Asylverfahrens, wobei es sich bei der Gewährung von Asyl bzw. von subsidiärem Schutz nicht um einen amtswegig zu erlassenden, sondern um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (vgl. VwGH 30.03.2006, Zl. 2003/20/0345). Sowohl der Herkunftsstaat als auch der persönliche Fluchtgrund müssen also vom BF in seinem Antrag auf internationalen Schutz behauptet und zumindest glaubhaft gemacht werden.

Aufgrund dessen, dass sich die BF1 bei der Stellung ihres Antrages auf internationalen Schutz auf eine falsche, nämlich malische Staatsbürgerschaft stützte, ist ihrem Fluchtvorbringen, insbesondere wegen des Täuschungsversuches über ihre wahre Identität jegliche Glaubwürdigkeit versagen.

Insoweit die BF1 zu ihrer Täuschungsabsicht hinsichtlich ihrer Staatsangehörigkeit angibt, dass dies aus Angst vor Abschiebung in den Senegal gewesen sei, ist dem zu entgegnen, dass gerade deshalb zu erwarten gewesen wäre, dass sie wahrheitsgemäße Angaben macht, um Schutz vor Verfolgung aus dem wahren Herkunftsstaat zu bekommen. Darüber hinaus wurde sie im Verwaltungsverfahren mehrmals über ihre Mitwirkungspflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben belehrt und musste sich der Bedeutung von wahrheitsgemäßen bzw. der Konsequenzen von falschen Angaben bewusst sein.

Unbeschadet dieser Täuschungsabsicht war ihrem Fluchtvorbringen hinsichtlich der Verfolgung aufgrund ihrer homosexuellen Orientierung auch keine Glaubwürdigkeit zu schenken. Für die Konstruiertheit dieses Vorbringens spricht nicht nur der Umstand, dass sie in Österreich eine heterosexuelle Beziehung hatte, aus welcher der BF2 entstammt, sondern auch ihre Angaben, wonach sie seit ihrer Ankunft in Österreich niemanden kennengelernt habe und in ihrer Heimat nicht über lange Zeit lesbisch gewesen sei. An der Unglaubwürdigkeit dieses Vorbringens vermögen auch die vor drei Jahren in Anspruche genommenen Beratungsgespräche bei einem Verein zur Unterstützung homosexueller Menschen nichts zu ändern.

Insoweit die BF1 des Weiteren ausführt, dass sie im Falle ihrer Rückkehr große Probleme hätten, da der BF2 aus einer unehelichen Beziehung stamme und ihre Familie sehr religiös wäre, stellt dies eine unglaubwürdige Steigerung dar, da dieses Vorbringen weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde geltend gemacht wurde. Vielmehr ist darin der Versuch der BF1 zu erblicken, mit diesem Vorbringen ein für sie positives Verfahrensergebnis zu erzielen.

Die BF1 erweist sich sohin als unglaubwürdig und war ihrem Fluchtvorbringen im Hinblick auf den Senegal die Glaubhaftigkeit zu versagen. In der Zusammenschau zeigt sich also, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass die BF1 ein unglaubhaftes Fluchtvorbringen erstattet hat und ihr diesbezüglich auch die persönliche Glaubwürdigkeit zu versagen war.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für den Senegal (Gesamtaktualisierung am 26.03.2019) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Organisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Hinsichtlich der länderkundlichen Feststellungen älteren Datums ist anzumerken, dass sich keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage in Senegal in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z. 3).

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z. 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z. 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z. 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr.100 (Z. 4).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z. 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z. 4) das Begehren zu e

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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