TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/14 G313 2209046-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.10.2020
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Entscheidungsdatum

14.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3

Spruch

G313 2209046-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX ,
StA: Rumänien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 03.10.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.05.2019 zu Recht:

A)       Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm. § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 08.11.2018 langte die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

4. Am 14.05.2019 wurde vor dem BVwG mit dem Sohn des BF als dessen Vertreter – eine entsprechende Vollmacht wurde vorgelegt – und einer Dolmetscherin für die rumänische Sprache eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht zur Verhandlung erschienen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist rumänischer Staatsangehöriger.

1.2. Er ist seit 28.03.2012 im Bundesgebiet behördlich gemeldet und wohnt mit seiner Ehefrau, seinem Sohn, dessen Ehefrau und deren gemeinsamen nunmehr rund 10 und nicht ganz vier Jahre alten Kindern in einer 106 m² großen Wohnung in gemeinsamem Haushalt zusammen. Bevor der BF in Österreich bei seinem Sohn Wohnsitz genommen hat, war sein Kontakt zu seinem Sohn auf Besuche beschränkt.

Die Ehefrau des BF ist seit Februar 2014 bei ihrem Sohn mit Wohnsitz gemeldet und wohnt seither mit dem BF, ihrem Sohn und dessen Familie in gemeinsamem Haushalt zusammen.

Der BF hat auch eine Tochter, die mit ihrer Familie an einer anderen Adresse im Bundesgebiet lebt.

1.3. Er stellte am 22.05.2012 im Bundesgebiet erstmals einen Antrag auf Ausgleichszulage bei der Pensionsversicherungsanstalt.

Daraufhin beantragte er am 24.07.2012 bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft (BH) die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung als Familienangehöriger.

Diese wurde ihm am 24.07.2012 unbefristet erteilt, nachdem sein Sohn für ihn am 18.07.2012 eine Haftungserklärung abgegeben hatte. Alle mit dem BF in gemeinsamem Haushalt lebenden Familienangehörigen haben eine Anmeldebescheinigung (Arbeitnehmer) erlangt – der Sohn des BF am 13.11.2007, dessen Ehefrau ebenso am 13.11.2007, und die Ehefrau des BF am 12.05.2015.

Am 13.06.2017 – während noch aufrechter (bis 17.07.2017 gültiger) Haftungserklärung seines Sohnes – stellte der BF erneut einen Antrag auf Ausgleichszulage. Dies hatte eine erneute Überprüfung des Aufenthalts- bzw. Daueraufenthaltsrechts des BF zur Folge.

Die zuständige BH teilte dem BF mit Schreiben vom 21.03.2018 unter anderem Folgendes mit:

„(…) Aufgrund eines Gerichtsverfahrens beim Obersten Gerichtshof (Klage gegen die PVA aufgrund der Ablehnung der Auszahlung der Ausgleichszulage) stellte die PVA bei der ho. Behörde eine Anfrage bezüglich des Fortbestehens des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes. Dies wurde von der Bezirkshauptmannschaft (…) am 01.09.2014 bestätigt. (wobei Auszüge vom Kreditschutzverband nicht vorgelegt wurden).

Aufgrund eines neuerlichen Antrages auf Ausgleichszulage am 13.06.2017 wurde abermals Ihr Aufenthaltsrecht bzw. Daueraufenthaltsrecht überprüft.

(…)

Der Umstand, dass Sie bereits vor der Beantragung der Anmeldebescheinigung und noch während die Haftungserklärung gültig war einen Antrag auf Ausgleichszulage bei der Pensionsversicherungsanstalt eingebracht haben erhärtet den Verdacht, dass Sie nicht über ausreichend Existenzmittel verfügen und auch nicht verfügt haben und Ihnen auch nicht tatsächlich Unterhalt geleistet wurde und wird. Wäre dies der Fall, müssten Sie keine Ausgleichszulage beantragen.

Der angegebene Sachverhalt lässt den Schluss zu, dass Sie nach Österreich eingereist sind um in den Genuss der Ausgleichszulage (Ihre rumänische Pension beträgt nur ca. € 300,-) zu kommen.

Sie werden daher darüber informiert, dass in Ihrem Fall die Voraussetzungen für ein Niederlassungsrecht nicht (mehr) vorliegen. Es wurde daher das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst. “ (AS 7f)

Mit Schreiben des BFA vom 16.08.2018 wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, ihm mitgeteilt, dass mangels feststellbaren rechtmäßigen Aufenthalts des BF beabsichtigt sei, gegen ihn eine Ausweisung zu erlassen, und ihm die Möglichkeit auf schriftliche Stellungnahme gewährt.

Nachdem beim BFA keine schriftliche Stellungnahme dazu eingelangt war, wurde der BF mit angefochtenem Bescheid vom 03.10.2018 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen und ihm ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt.

1.4. Der Sohn des BF geht seit März 2009 einer unselbstständigen sowie seit Jänner 2020 einer gewerblich selbstständigen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach. Auch davor war er im Bundesgebiet – bei anderen Dienstgebern – erwerbstätig. Mindestsicherung hat er nie bezogen. Die Ehefrau des BF geht nunmehr seit Dezember 2018 einer unselbstständigen Beschäftigung nach und war auch davor im Bundesgebiet erwerbstätig.

Der BF weist einen seit 24.04.2012 registrierten „Auslandsbetreuten Wohnsitz in Österreich“ auf, bezieht eine Pension aus Rumänien und ist krankenversichert. Seine Ehefrau, die in Österreich im Zeitraum von Februar bis Juni 2015 einer geringfügigen Beschäftigung nachgegangen ist und selbst keine Pension bezieht, ist mit dem BF mitversichert.

Das Haushaltseinkommen des Sohnes des BF beträgt rund € 3.500,-, zusammengesetzt aus rund € 1.900,- monatlich selbst erwirtschaftetem Einkommen, rund € 1.150,- monatlichem Einkommen seiner Ehefrau und rund € 450,- monatlicher Pension des BF aus Rumänien.

Der Sohn des BF hatte zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 14.05.2019 den eigenen diesbezüglichen glaubhaften Angaben bzw. vorgelegten Nachweisen folgend für die Eigentumswohnung, in welcher er mit seiner Ehefrau, seinen beiden minderjährigen Kindern und seinen Eltern zusammenlebt, monatlich jeweils einen Kredit in Höhe von rund € 820,-, Betriebskosten von insgesamt ca. € 300,- und Kindergartenkosten für seinen nunmehr beinahe vier Jahre alten Sohn in Höhe von € 27,-, demnach Gesamtkosten in Höhe von rund € 1.200,-, monatlich zu bezahlen.

Dass sich seither maßgeblich etwas am Haushaltseinkommen der Familie und den monatlich anfallenden Kosten geändert hat, ist nicht bekannt geworden und war daher nicht feststellbar.

Der Sohn des BF hat es verabsäumt, die für seinen Vater abgegebene bis 17.07.2017 gültige schriftliche Haftungserklärung zu verlängern, jedoch auch nach Ablauf der formalen Gültigkeitsdauer am 17.07.2017 fortgesetzt für seinen Vater haften wollen und für seinen Vater gesorgt.

Der Sohn des BF und seine Ehefrau konnten mit ihrem regelmäßigen monatlichen Erwerbseinkommen stets für ihre mit ihnen in gemeinsamem Haushalt lebenden Familienangehörigen sorgen und haben nie staatliche Sozialhilfeleistungen bezogen.

1.5. Der BF ist gesundheitlich beeinträchtigt. Er hatte Alkoholprobleme und erlitt im Jahr 2012 einen Schlaganfall. Dies hatte einen mehr als zweiwöchigen stationären Krankenhausaufenthalt in Rumänien im Oktober 2012 zur Folge. Mit ärztlichem Entlassungsbrief wurde „Hirnischämie, Halbseitenlähmung links, Bluthochdruck und ischämische Kardiopathie (erg., d.i. Herzleiden bzw. Herzerkrankung)“ diagnostiziert und dem BF für seine Herzprobleme eine Behandlung mit bestimmten Medikamenten empfohlen.

In Österreich wurde beim BF im Mai 2015 eine Grauer-Star-Augenoperation durchgeführt.

Es folgten weitere ärztliche Behandlungen im Bundesgebiet.

Im Mai 2017 war der BF in Zusammenhang mit einer Kniegelenksarthrose und dem Verdacht auf Gichtarthropathie des rechten Mittelfingers eine Woche lang stationär in einem Krankenhaus.

Der BF wird in Österreich von seinen Familienangehörigen unterstützt und wurde etwa, wie aus vorgelegten ärztlichen Befunden hervorgehend, im Mai 2017 von seiner Tochter ins Krankenhaus und im Oktober 2017 von seiner Schwiegertochter in eine Arztordination begleitet.

1.6. Nicht nur der BF, sondern auch seine Ehefrau hat nachweislich gesundheitliche Probleme. Diese hatte im Jahr 1997 eine Operation an ihrer rechten Niere und hat eine minderfunktionierende linke Niere. Bei einem Arztbesuch in Österreich im Mai 2017 wurde bei ihr zudem arterielle Hypertonie diagnostiziert.

1.7. Der BF und seine Familienangehörigen sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang beruht auf dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Die im Spruch festgehaltene Identität des BF ergab sich aus dem vorliegenden Akteninhalt.

2.3. Die unter Punkt II.1. getroffenen Feststellungen wurden nach einem vor dem BVwG durchgeführten Ermittlungsverfahren mit mündlicher Verhandlung vom 14.05.2019 getroffen und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

2.3.1. Dass der BF mit seiner Ehefrau, seinem Sohn, dessen Ehefrau und deren beiden minderjährigen Kindern in einer Wohnung in gemeinsamem Haushalt zusammenlebt, ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Vorbringen des Sohnes des BF in der mündlichen Verhandlung am 14.05.2019 in Zusammenschau mit entsprechenden den BF und seine Familienangehörigen betreffenden Zentralmelderegisterauszügen.

Dass der BF in Österreich auch eine Tochter hat, die mit ihrer Familie an einer anderen Adresse wohnt, ergab sich aus dem diesbezüglichen Akteninhalt. In der Beschwerde wurde zudem ausdrücklich darauf hingewiesen:

„Neben seinem im gemeinsamen Haushalt lebenden Sohn lebt auch seine Tochter mit Familie in Österreich. Sonstige nahe Verwandte leben nicht mehr in Rumänien.“ (AS 77)

2.3.2. Die Feststellungen zu den Wohnsitzmeldungen des BF und seiner Familienangehörigen im Bundesgebiet beruhen auf entsprechende Auszüge aus dem Zentralen Melderegister. Die Feststellungen zu den Anmeldebescheinigungen des BF und seiner Familienangehörigen im Bundesgebiet beruhen auf entsprechende Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.

2.3.3. Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des Sohnes des BF und seiner Ehefrau konnten aufgrund des Akteninhaltes in Zusammenschau mit den diese Personen betreffenden Auszügen aus dem AJ WEB Auskunftsverfahren getroffen werden, ebenso die Feststellung, dass der Sohn des BF im Bundesgebiet nie Mindestsicherung bezogen hat.

Die Feststellung zum Haushaltseinkommen des Sohnes des BF von rund € 3.500,-, welches eine rumänische Pension des BF von umgerechnet ca. € 450,- monatlich beinhaltet, ergab sich aus der diesbezüglichen Bekanntgabe durch den ehemaligen Rechtsvertreter des BF mit Schreiben vom 13.05.2019, welche zusammen mit der Vollmachtsauflösung am 13.05.2019 beim BVwG eingelangt ist.

Dass sich das Haushaltseinkommen des Sohnes des BF von insgesamt rund € 3.500,- aus rund € 1.900,- monatlich selbst erwirtschaftetem Einkommen, € 1.150,- monatlichem Einkommen seiner Ehefrau und rund € 450,- monatlicher Pension des BF aus Rumänien zusammensetzt, wurde aufgrund des Akteninhaltes bzw. diesbezüglich glaubhafter Angaben des Sohnes des BF im Zuge der mündlichen Verhandlung (VH-Niederschrift, S. 4) festgestellt.

Dass der Sohn des BF zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 14.05.2019 für die Eigentumswohnung, in welcher er mit seiner Ehefrau, seinen beiden minderjährigen Kindern und seinen Eltern zusammenlebt, monatlich jeweils einen Kredit in Höhe von € 820,-, Betriebskosten von insgesamt ca. € 300,- und Kindergartenkosten für seinen beinahe vier Jahre alten Sohn in Höhe von € 27,-, demnach Gesamtkosten in Höhe von rund € 1.200,-, zu bezahlen hatte, ergab sich aus dem diesbezüglich glaubhaften bzw. nachgewiesenen Vorbringen des Sohnes des BF in der mündlichen Verhandlung am 14.05.2019 (VH-Niederschrift, S.4).

Dass sich seither maßgeblich etwas am Haushaltseinkommen der Familie und den monatlich anfallenden Kosten geändert hat, ist nicht bekannt geworden und war daher nicht feststellbar.

Somit ist auch zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt von einem Haushaltseinkommen von monatlich gesamt rund € 3.500,- und monatlichen Gesamtkosten von rund € 1.200,- auszugehen.

Der Sohn des BF hat es verabsäumt, die für seinen Vater abgegebene bis 17.07.2017 gültige schriftliche Haftungserklärung zu verlängern, jedoch auch nach Ablauf der formalen Gültigkeitsdauer am 17.07.2017 fortgesetzt für seinen Vater haften wollen und für seinen Vater gesorgt.

Diese Feststellung konnte aufgrund diesbezüglich glaubhaften Vorbringens des Sohnes des BF über die Verabsäumung der Verlängerung der abgelaufenen Haftungserklärung in der mündlichen Verhandlung am 14.05.2019 (VH-Niederschrift, S. 4) und der aus dem Akteninhalt hervorgehenden Tatsachen, dass der Sohn des BF und seine Ehefrau mit ihrem regelmäßigen monatlichen Erwerbseinkommen stets für die Familie sorgen konnten und nie staatliche Sozialhilfeleistungen bezogen haben, getroffen werden.

Dass der BF im Bundesgebiet erstmals am 22.05.2012 und erneut am 13.06.2017 um Ausgleichszulage angesucht hat, ergab sich aus der schriftlichen Mitteilung der BH an den BF vom 21.03.2018. (AS 5f), im Zuge welcher dem BF auch Folgendes mitgeteilt wurde:

„(…) Aufgrund eines Gerichtsverfahrens beim Obersten Gerichtshof (Klage gegen die PVA aufgrund der Ablehnung der Auszahlung der Ausgleichszulage) stellte die PVA bei der ho. Behörde eine Anfrage bezüglich des Fortbestehens des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes. Dies wurde von der Bezirkshauptmannschaft (…) am 01.09.2014 bestätigt. (wobei Auszüge vom Kreditschutzverband nicht vorgelegt wurden).

Aufgrund eines neuerlichen Antrages auf Ausgleichszulage am 13.06.2017 wurde abermals Ihr Aufenthaltsrecht bzw. Daueraufenthaltsrecht überprüft.“ (AS 7)

Die Feststellung, dass der BF einen seit 24.04.2012 registrierten „Auslandsbetreuten Wohnsitz in Österreich aufweist, ergibt sich aus einem AJ WEB Auskunftsverfahrensauszug, auf welchem die diesbezügliche Eintragung aufscheint.

Dass der BF in Österreich eine Pension aus Rumänien in Höhe von rund € 450,- bezieht, keine darüberhinausgehenden regelmäßigen Einkünfte hat und krankenversichert ist, ergibt sich aus dem diesbezüglich glaubhaften Akteninhalt. Dass die Ehefrau des BF mit ihm mitversichert ist, beruht auf einem die Ehefrau des BF betreffenden AJ WEB Auskunftsverfahrensauszug.

2.3.4. Die Feststellungen zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des BF und seiner Ehefrau beruhen auf im Verfahren vor dem BVwG vorgelegten dies bescheinigenden ärztlichen Befunden. Dass der BF im Mai 2017 von seiner Tochter ins Krankenhaus und im Oktober 2017 von seiner Schwiegertochter in eine Arztordination begleitet wurde, ergab sich aus dies bescheinigenden vorgelegten Befunden von Mai 2017 und Oktober 2017.

2.3.5. Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF und seiner Familienangehörigen im Bundesgebiet konnte nach Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A): Stattgebung der Beschwerde und Aufhebung des Bescheides

3.1.1. Gemäß § 66 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat gemäß § 66 Abs. 2 FPG das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

Gemäß § 66 Abs. 3 FPG ist die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.       in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.       für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.       als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1.       wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2.       sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3.       sich als Arbeitnehmer bei ordnun[gs]gemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4.       eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der mit „Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern“ betitelte § 52 NAG lautet:

„§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2.

Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3.

Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

4.

Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder

5.

sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a)

die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,

b)

die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c)

bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.“

Gemäß § 53a Abs. 1 NAG erwerben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52 NAG), unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 NAG nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

3.1.2. Im Folgenden wird auf für den gegenständlichen Fall relevante Judikatur samt Rechtsgrundlagen verwiesen:

Der Verwaltungsgerichtshof führte im Erkenntnis vom 04.10.2018, Ra 2017/22/0218, Folgendes aus:

„Die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38/EG betreffend das Erfordernis ausreichender Existenzmittel sollen verhindern, dass Unionsbürger die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaates unangemessen in Anspruch nehmen (vgl. EuGH, 21.12.2011, Ziolkowski C-424/10 und C-25/109. Art. 7 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004(38/EG soll nicht erwerbstätige Unionsbürger daran hindern, das System der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaates zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen (vgl. EuGH 11.11.2014, Dano, C-333/13).

Die österreichische Ausgleichszulage hat Sozialhilfecharakter, soweit sie dem Empfänger im Fall einer unzureichenden Rente ein Existenzminimum gewährleisten soll (vgl. EuGH 29.4.2004, Sklaka, C-160/02). Die Ausgleichszulage kann als „Sozialhilfeleistung“ (iSd Art. 7 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/38/EG) angesehen werden. Der Umstand, dass ein EWR-Bürger zum Bezug dieser Leistung berechtigt ist, kann einen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass er nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt (vgl. EuGH 19.9.2013, Brey, C.140/12).“

Der VwGH hat die Heranziehung der Sätze der Existenzminimum-Verordnung als Maßstab für die Berechnung des notwendigen Lebensunterhaltes ua iSd § 40 HDG 2002 anerkannt. Die zuletzt in Kraft stehende ExMinVO 2003 wurde gemäß Art. 2 Abs. 1 Z. 136 des Deregulierungsgesetzes 2006, BGBl. I Nr. 113, mit Ablauf des 31. Dezember 2006 aufgehoben. Die Verrechnung des unpfändbaren Freibetrages („Existenzminimum“) richtet sich nunmehr nach § 291a Abs. 1 EO iVm § 293 Abs. 1 lit a ASVG. Der unpfändbare Freibetrag hat dem Verpflichteten gemäß § 291a Abs. 1 EO zur Gänze zu verbleiben („allgemeiner Grundbetrag“). Das Existenzminium ist nach § 291a Abs. 1 EO ausgehend, stets vom „Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen (§ 293 Abs. 1 lit a ASVG)“ („allgemeiner Grundbetrag“) zu berechnen. Die in § 291 EO geregelte Berechnungsgrundlage ist der Nettobezug (vgl. zur Berechnung des Existenzminimums nach der EO E 2. Mai 2012, 2012/2012/08/0057; E 10. Dezember 2014, Ro 2014/09/0025) (VwGH 10.12.2014, Ro 2014/09/0024).

Der VwGH führt im Erkenntnis vom 18.03.2010, Zl. 2008/22/0632, Folgendes aus:

„Da § 293 ASVG den "Familienrichtsatz" nur für gemeinsam lebende Ehepaare - allenfalls mit einem Kind iSd § 252 ASVG - vorsieht, lassen sich die im E vom 3. April 2009, 2008/22/0711 dazu angestellten Überlegungen nicht ohne weiteres auf einen Fall übertragen, in dem die volljährige Tochter nachzieht, auch wenn sie mit der zusammenführenden Mutter in einem gemeinsamen Haushalt zu leben beabsichtigt. Auch wenn nämlich ein gemeinsamer Haushalt auch dann zu Kostenersparnissen führt, wenn der Haushalt nicht aus Ehepartnern und allenfalls Kindern iSd § 252 ASVG, sondern aus anderen Angehörigen besteht, ist doch aus der Regelung des § 11 Abs. 5 NAG 2005 iVm § 293 ASVG die Intention des Gesetzgebers abzuleiten, die Möglichkeit der Kostenersparnis nur bei der Familie im engsten Sinn zu berücksichtigen. In einem § 293 ASVG nicht entsprechenden Fall ist somit - unabhängig von einem gemeinsamen oder getrennten Wohnsitz - im Sinn des § 11 Abs. 5 NAG 2005 ein Unterhalt des Nachziehenden in Höhe des (einfachen) Ausgleichszulagenrichtsatzes nachzuweisen, wobei dem Zusammenführenden Unterhaltsmittel in Höhe des Existenzminimums (dessen Grundbetrag dem einfachen Richtsatz entspricht) zu verbleiben haben.

Der Hinweis in § 11 Abs. 5 NAG 2005 auf das pfändungsfreie Existenzminimum des § 291a EO ist so zu verstehen, dass sich dieser nur auf den allgemeinen Grundbetrag, nicht jedoch auf die in der letztgenannten Vorschrift enthaltenen Steigerungsbeträge bezieht. Dieser Schluss ergibt sich aus der gegenläufigen Intention der genannten Normen. Hat die Regelung des Existenzminimums den Zweck, dem Schuldner bei größtmöglicher Befriedigung des Gläubigers ein Mindestmaß an Einkommen zu überlassen, bezweckt § 11 Abs. 5 NAG 2005, den Unterhalt für den Fremden sicher zu stellen, ohne den Unterhalt des Zusammenführenden zu gefährden. Die Intention des Gesetzgebers besteht (lediglich) in der Sicherstellung, dass der Unterhalt des Nachziehenden ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen gedeckt ist, nicht jedoch in einer Schutzfunktion gegenüber dem Zusammenführenden. Diesem kann nicht abgesprochen werden, zugunsten des nachziehenden Angehörigen seine eigenen Bedürfnisse auf das Mindestmaß (entspricht dem Grundbetrag des Existenzminimums) zu beschränken und sein darüberhinausgehendes Einkommen dem Nachziehenden zur Verfügung zu stellen. Auch bei dieser Vorgangsweise wird dem Erfordernis der Unterhaltssicherung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen einer Gebietskörperschaft und somit auch dem Erfordernis der "Tragfähigkeit" der Haftungserklärung Genüge getan.

In einem - nicht der Konstellation im E vom 3. April 2009, 2008/22/0711 (ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Ehepaar) entsprechenden - Nachzugsfall ist das Einkommen des Zusammenführenden dann für ihn selbst und den Angehörigen als ausreichend iSd § 11 Abs. 5 NAG 2005 anzusehen, wenn Unterhaltsmittel in Höhe des doppelten Ausgleichszulagenrichtsatzes für beide zur Verfügung stehen (Hinweis E vom 17. Dezember 2009, 2009/22/0231).“

Der VwGH führt im Erkenntnis vom 18.03.2010, Zl. 2008/22/0637, Folgendes aus:

„Zur Existenzsicherung bedarf es nicht für jede Person eines Einkommens nach dem für einen alleinstehenden Pensionsempfänger vorgesehenen Richtsatz, sondern es ist das Haushaltseinkommen am "Familienrichtsatz" zu messen, sofern der Anspruchsberechtigte mit einem Ehepartner (und allenfalls einem Kind iSd § 252 ASVG) im gemeinsamen Haushalt lebt (Hinweis E vom 3. April 2009, 2008/22/0711). Nichts anderes gilt für die Frage der Existenzsicherung desjenigen, der eine Haftungserklärung im Sinn des § 47 Abs. 3 NAG 2005 abgegeben hat. Gesteht nämlich der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf den Ausgleichszulagenrichtsatz einer mit dem Ehepartner im gemeinsamen Haushalt lebenden Person zu, dass der sogenannte "Haushaltsrichtsatz" für die Unterhaltsbedürfnisse beider Ehepartner ausreicht, ist die Existenz des Zusammenführenden auch dann gesichert, wenn ihm gemeinsam mit seinem Ehepartner der Haushaltsrichtsatz zur Verfügung steht und das restliche Haushaltseinkommen zur Unterhaltsleistung an den Nachziehenden verwendet wird. Diesfalls kann somit von einer tragfähigen Haftungserklärung ausgegangen werden, kann doch der Unterhalt sowohl des Nachziehenden als auch des Zusammenführenden ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen bestritten werden. Diese Überlegungen können nur dann nicht Platz greifen, wenn die familiären Verhältnisse den Schluss zulassen, dass kein Konsens der Ehepartner darüber besteht, mit dem den "Haushaltsrichtsatz" übersteigenden Einkommen den Nachziehenden zu unterstützen.“

An dieser Stelle ist auf § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG hinzuweisen.

Nach § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.

Nach § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z. 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht in gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z. 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z. 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO) übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

§ 291 und § 291a Exekutionsordnung (EO) idgF lauten wie folgt:

„Ermittlung der Berechnungsgrundlage

§ 291.

(1) Bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für den unpfändbaren Freibetrag (§ 291a) sind vom Gesamtbezug abzuziehen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Beträge, die unmittelbar auf Grund steuer- oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Verpflichteten abzuführen sind;

1a.

Beiträge nach dem Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz;

2.

die der Pfändung entzogenen Forderungen und Forderungsteile;

3.

Beiträge, die der Verpflichtete an seine betrieblichen und überbetrieblichen Interessenvertretungen zu entrichten hat und auch entrichtet;

4.

Beiträge, die der Verpflichtete zu einer Versicherung, deren Leistungen nach Art und Umfang jenen der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen, für sich oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen leistet, sofern kein Schutz aus der gesetzlichen Pflichtversicherung besteht.

(2) Der sich nach Abs. 1 ergebende Betrag ist abzurunden, und zwar bei Auszahlung für Monate auf einen durch 20, bei Auszahlung für Wochen auf einen durch fünf teilbaren Betrag und bei Auszahlung für Tage auf einen ganzen Betrag.

„Unpfändbarer Freibetrag

(„Existenzminimum“)

§ 291a.

(1) Beschränkt pfändbare Forderungen, bei denen der sich nach § 291 ergebende Betrag (Berechnungsgrundlage) bei monatlicher Leistung den Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen (§ 293 Abs. 1 lit. a ASVG) nicht übersteigt, haben dem Verpflichteten zur Gänze zu verbleiben (allgemeiner Grundbetrag).

(2) Der Betrag nach Abs. 1 erhöht sich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

um ein Sechstel, wenn der Verpflichtete keine Leistungen nach § 290b erhält (erhöhter allgemeiner Grundbetrag),

2.

um 20% für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt (Unterhaltsgrundbetrag); höchstens jedoch für fünf Personen.

(3) Übersteigt die Berechnungsgrundlage den sich aus Abs. 1 und 2 ergebenden Betrag, so verbleiben dem Verpflichteten neben diesem Betrag

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

30% des Mehrbetrags (allgemeiner Steigerungsbetrag) und

2.

10% des Mehrbetrags für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt; höchstens jedoch für fünf Personen (Unterhaltssteigerungsbetrag).

Der Teil der Berechnungsgrundlage, der das Vierfache des Ausgleichszulagenrichtsatzes (Höchstberechnungsgrundlage) übersteigt, ist jedenfalls zur Gänze pfändbar.

(4) Bei täglicher Leistung ist für die Ermittlung des unpfändbaren Freibetrags nach den vorhergehenden Absätzen der 30. Teil des Ausgleichszulagenrichtsatzes, bei wöchentlicher Leistung das Siebenfache des täglichen Betrags heranzuziehen.

(5) Die Grundbeträge sind auf volle Euro abzurunden; der Betrag nach Abs. 3 letzter Satz ist nach § 291 Abs. 2 zu runden.“

Im Folgenden ist auf § 293 ASVG zu verweisen. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

„Richtsätze

§ 293.

(1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a)

für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa)

wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben

 

1 120,00 € (Anm. 1, 1a),

bb)

wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen

 

882,78 € (Anm. 2),

 

(Anm.: sublit. cc aufgehoben durch Art. 1 Z 2, BGBl. I Nr 84/2019)

b)

für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259

747,00 € (Anm. 2),

 

c)

für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

aa)

bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres

 

274,76 € (Anm. 3),

 

falls beide Elternteile verstorben sind

 

412,54 € (Anm. 4),

bb)

nach Vollendung des 24. Lebensjahres

 

488,24 € (Anm. 5),

 

falls beide Elternteile verstorben sind

 

747,00 € (Anm. 2).

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm. 6) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.

(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.

(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.

(5) Aufgehoben.

(________________________

Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 391/2016 für 2017: 1 334,17 €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

gemäß BGBl. II Nr. 339/2017 für 2018: 1 363,52 €

 

gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 1 398,97 €

Anm. 1a: Art. 1 Z 2 der Novelle

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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