TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/20 L524 2007773-3

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Veröffentlicht am 20.10.2020
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Entscheidungsdatum

20.10.2020

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


L524 2007773-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch RA Mag. Julian A. MOTAMEDI, Baumannstraße 9/12A, 1030 Wien, gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2020, Zl. 557627300/200038647, betreffend Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot, zu Recht:

A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 23.06.2020, Zl. 557627300/200038647, wurde gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG gen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde eine auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 23.07.2020.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde erst mit Schreiben vom 23.09.2020 (eingelangt am 25.09.2020) vor.

Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.09.2020, L524 2007773-3/4Z, wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos aufgehoben.

II. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und stellte am 22.03.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des BFA vom 10.09.2019 abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und ein befristetes Einreiseverbot erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.11.2019, L524 2007773-2/7E, hinsichtlich des Antrags auf internationalen Schutz und der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen wurde der angefochtene Bescheid aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Aufenthaltsrecht für Österreich.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Antrag auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Bescheid des BFA vom 10.09.2019 und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.11.2019. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über kein Aufenthaltsrecht für Österreich verfügt, ergibt sich aus einem IZR-Auszug.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Behebung des angefochtenen Bescheides:

Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger, verfügt über kein Aufenthaltsrecht und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung verbunden wurde. Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung wurde der Bescheid des BFA behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen. Das BFA hätte daher nach Durchführung der ergänzenden Ermittlungen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG zu prüfen gehabt.

Im angefochtenen Bescheid wurde im Spruch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG ausgesprochen, welche jedoch nur für die Drittstaatsangehörige, die über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügen, in Betracht kommt. Über einen solchen verfügt der Beschwerdeführer nicht. Die Begründung des angefochtenen Bescheides bezieht sich dagegen auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides und die Begründung stehen daher in Widerspruch zueinander.

Eine Entscheidung erweist sich dann als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, wenn Spruch und Begründung zueinander im Widerspruch stehen und sich der Widerspruch nicht als bloß terminologische Abweichung darstellt, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft (vgl. VwGH 9.1.2020, Ra 2019/19/0363, mwN). Ein undeutlicher Spruch ist hingegen aus dem Gesamtzusammenhang mit der Begründung auslegbar (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2020/18/0076 unter Hinweis auf VwGH 22.02.2018, Ra 2017/22/0125; VwGH 24.05.2016, Ra 2016/09/0012).

Im vorliegenden Fall liegt keine bloß terminologische Abweichung vor. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bei daueraufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen knüpft an andere Voraussetzungen an als eine Rückkehrentscheidung bei Drittstaatsangehörigen, die über kein Aufenthaltsrecht verfügen. Eine Auslegung des Spruchs anhand der Begründung des Bescheides kommt daher nicht in Betracht.

Eine Auslegung des Spruchs eines Bescheides nach dessen Begründung kommt nur in jenen Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt. Dagegen kommt eine Umdeutung (oder auch Ausweitung) eines klar gefassten Spruches anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht (VwGH 02.12.2008, 2007/18/0327). Ist somit der Spruch des Bescheides eindeutig, dann kommt der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch ist unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruchs eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel herrschen kann. Eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung von Spruch und Begründung findet somit ihre Grenze dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt bzw. komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (vgl. VwGH 09.06.2020, Ra 2020/10/0016 unter Hinweis auf VwGH 13.05.2005, 2004/02/0354, mwN).

Der Spruch des angefochtenen Bescheides lässt keinen Zweifel an seinem Inhalt offen, weshalb eine Umdeutung nicht in Betracht kommt. Außerdem fehlt im Spruch auch eine Entscheidung über die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG. Ein negatives Ergebnis der amtswegigen Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG ist aber eine Bedingung für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG ist (vgl. VwGH 20.11.2019, Ra 2019/20/0269; VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0002 Rz 18). Auch eine Ausweitung des Spruchs ist, da er klar gefasst ist, nicht möglich.

Die auf § 52 Abs. 5 FPG gestützte Erlassung einer Rückkehrentscheidung (samt darauf aufbauender Aussprüche) erweist sich daher im vorliegenden Fall als rechtswidrig, da der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt und eine Auslegung des Spruchs anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht kommt. Der Bescheid war daher zu beheben.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Bescheidbegründung Bescheidspruch Einreiseverbot aufgehoben Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung behoben Widerspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2007773.3.01

Im RIS seit

03.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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