TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/16 96/19/3424

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Veröffentlicht am 16.05.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §3 Abs1 Z2;
AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §4 Abs3;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
MRK Art8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch den zum Verfahrenhelfer bestellten Rechtsanwalt Dr. H in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. August 1996, Zl. 119.513/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. August 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 4 Abs. 3 Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß die Mutter des Beschwerdeführers über keine gültige Aufenthaltsbewilligung für die Republik Österreich verfüge. Es sei davon auszugehen, daß ein am 31. Oktober 1995 geborenes Kind der Obhut und Obsorge der leiblichen Mutter bedürfe und sich selbige derzeit nicht mit einer gültigen Aufenthaltsbewilligung im österreichischen Bundesgebiet aufhalte, weshalb davon abzusehen gewesen sei, dem Kind eine Bewilligung gemäß der Befristung der Aufenthaltsbewilligung des Vaters zu erteilen, da eine Trennung von der Mutter wohl kaum dem Wohl des Kindes zuträglich scheine.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 AufG haben unter anderem eheliche und außerheheliche minderjährige Kinder von Fremden, die auf Grund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerkes oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 5 AufG rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben (Z. 2), einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4 AufG, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1 AufG) vorliegt.

Die belangte Behörde stützte ihre abweisenden Entscheidung auf § 4 Abs. 3 AufG. Gemäß dieser Bestimmung ist eine Bewilligung nach § 3 Abs. 1 und 4 AufG jeweils mit der gleichen Befristung zu erteilen wie die Bewilligung (unter anderem) des Elternteiles.

Schon aus dem systematischen Bezug dieser Gesetzesstelle folgt, daß sinnvollerweise nur derjenige Elternteil gemeint sein kann, der über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Diese Auffassung entspricht auch einer im Hinblick auf Art. 8 MRK verfassungskonformen Interpretation. Allein der Umstand, daß die Mutter des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, berechtigte die belangte Behörde im vorliegenden Fall somit nicht zur Abweisung des nach dem Antrag (auch) auf Familiengemeinschaft mit seinem Vater gerichteten Antrages des Beschwerdeführers (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/1777).

Der zwingende Charakter des § 3 Abs. 1 AufG schließt die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen jedenfalls aus. Die belangte Behörde verkennt ihre Aufgaben, wenn sie meint, sie sei dazu berufen, zu entscheiden, ob für den Beschwerdeführer das Leben in Gemeinschaft mit seiner Mutter jenem in Gemeinschaft mit seinem Vater im Interesse des Kindeswohles vorzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1997, Zl. 96/19/3352).

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, zumal die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten läßt.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996193424.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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