Entscheidungsdatum
30.10.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
I405 2235424-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch den Verein Menschenrecht Österreich, Alser Str. 20, 1190 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 18.08.2020, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Nigeria reiste erstmal im Jahre 2003 in Österreich ein und stellte unter einer anderen Identität einen Asylantrag, der am 05.05.2009 rechtskräftig abgewiesen wurde. Daraufhin reiste der BF aus dem Bundesgebiet aus.
2. Er reiste sodann am 16.02.2013 durch Erteilung eines Visums D rechtmäßig ins Bundesgebiet ein. Ihm wurde zuletzt bis 22.09.2018 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ für den Aufenthaltszweck „Familiennachzug“ ausgestellt.
3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.03.2019, Zl. XXXX , wurde der BF wegen § 12 2. Fall StGB, §§ 28a Abs. 2. Fall, 28a Abs. 4 Z 3 SMG, § 28a Abs. 5. Fall, § 28a Abs. 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.
4. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zuletzt vom 10.03.2020 wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme in der Angelegenheit „Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot“ verständigt und ihm dazu Parteiengehör gewährt. Mit dem Schreiben wurde auch ein konkreter Fragenkatalog zur Beantwortung und Stellungnahme übermittelt.
5. Am 24.03.2020 langte die entsprechende Stellungnahme des BF bei der belangten Behörde ein.
6. Mit angefochtenem Bescheid des BFA vom 1518.08.2020, Zl. XXXX , wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gegen den BF wurde des Weiteren ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.), erlassen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem BF nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
7. Gegen den angefochtenen Bescheid des BFA richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 17.09.2020, worin inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurden. Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde sich bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung mit den Auswirkungen der Entscheidung auf das Familienleben des BF nicht auseinandergesetzt habe, weshalb der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei.
8. Mit Schriftsatz vom 23.09.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 25.09.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
9. Am 29.10.2020 langte ein Abschlussbericht der LPD XXXX vom 23.10.2020 beim erkennenden Gericht, in dem der BF verdächtigt wird, das Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger begangen zu haben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird zu den Feststellungen erhoben und werden darüber hinaus folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des BF:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Nigeria und führt den im Spruch genannten Namen. Seine Identität steht fest. Er besitzt einen gültigen Reisepass der Republik Nigeria. Er ist nicht österreichischer Staatsbürger, sohin Fremder im Sinne des FPG.
Der BF leidet an keinen gesundheitlichen Einschränkungen. Er ist gesund und arbeitsfähig.
Der BF verfügte bis zum 22.09.2018 über einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ für den Aufenthaltszweck „Familiennachzug“. Der BF ist mit einer ghanaischen Staatsangehörigen verheiratet. Die Gattin des BF ist Pflegeassistentin. Der BF hat mit ihr drei gemeinsame Kinder, welche am XXXX 2008, XXXX 2011 und am XXXX 2014 geboren wurden. Bis zu seiner Inhaftierung lebte der BF mit seiner Familie im gemeinsamen Haushalt. Die Gattin des BF besucht ihn in der Haftanstalt.
Vor seiner Inhaftierung ging der BF keiner geregelten Tätigkeit nach. Er bezog Notstandshilfe.
Der BF weist in Österreich vier strafrechtliche Verurteilungen auf:
Er wurde erstmals mit Urteil des LG XXXX vom 18.07.2003 wegen der Weitergabe von Suchtgift an Minderjährige nach § 27 Abs. 1 Z 2 1. Fall SMG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt.
Des Weiteren wurde mit Urteil des LG XXXX vom 23.12.2003 wiederum wegen der Weitergabe von Suchtgift an Minderjährige nach § 27 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt, wobei die bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe aus der ersten Verurteilung widerrufen wurde.
Es folgte eine weitere Verurteilung des BF durch das LG XXXX vom 07.06.2003 wegen der gewerbsmäßigen Weitergabe einer die Grenzmenge übersteigenden Menge an Suchtgift gemäß § 28 Abs. SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten.
Zuletzt wurde der BF mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.03.2019, Zl. XXXX , wegen § 12 2. Fall StGB, §§ 28a Abs. 2. Fall, 28a Abs. 4 Z 3 SMG, § 28a Abs. 5. Fall, § 28a Abs. 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dieser Verurteilung liegen folgende Taten zugrunde: Der BF hat im Zeitraum 12. bis 23. April 2018 in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 SMG) übersteigenden Menge 1. als Bestimmungstäter eingeführt, indem er P.O. dazu veranlasste, insgesamt 22.036 Gram Cannabiskraut mit einem durchschnittliche Reingehalt von mindestens 9,8 % von Italien nach Österreich zu transportieren und es ihm sodann für den Weiterverkauf zu übergeben; 2. Anderen überlassen, indem er zumindest 10.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von 9,8 % gewinnbringend an seine bislang unbekannten Abnehmer im Raum Graz verkaufte, wobei sein Vorsatz jeweils auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum sowie den daran geknüpften Additionseffekt und die 25-fache Überschreitung der Grenzmenge des § 28b SMG mittumfasste.
Bei der Strafbemessung wertete das Gericht als erschwerend drei einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffend von zwei Verbrechen, dreifaches Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge bei einem Verbrechen und professionelle Vorgehensweise, als mildernd, das umfassende reumütige und zur Wahrheitsfindung wesentlich beitragende Geständnis.
Der BF verbüßt seit dem 03.08.2018 seine Haftstrafe, errechnetes Strafende ist der 03.08.2021.
Der BF wird verdächtigt das Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger begangen zu haben.
1.2. Zum Herkunftsstaat:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF wurde im angefochtenen Bescheid das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Nigeria vollständig zitiert, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter Berücksichtigung der Angaben des BF in seinen Stellungnahmen vom 30.10.2018 und 24.03.2020, das im Akt aufliegende Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.03.2019, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in den Abschlussbericht der LPD XXXX vom 23.10.2020.
Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
Die belangte Behörde hat somit ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.
2.2. Zur Person des BF:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand und seiner Arbeitsfähigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF im in seinen Stellungnahmen vom 30.10.2018 und 24.03.2020 und seiner Beschwerde.
Die Feststellung zur Identität ergibt sich aus dem vorgelegten nigerianischen Reisepass. Die Feststellungen zum Privat- Familienleben des BF, zu seiner Ehe mit einer ghanaischen Staatsangehörigen und den gemeinsamen Kindern in Österreich ergeben sich aus seinen Stellungnahmen vom 30.10.2018 und 24.03.2020. Die Feststellungen zur beruflichen Tätigkeit und zum Verdienst der Gattin des BF sowie zur Arbeitslosigkeit des BF vor seiner Inhaftierung ergeben sich ebenfalls aus den genannten Stellungnahmen des BF.
Die Feststellungen über die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF ergeben sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich und dem im Verwaltungsakt aufliegenden Urteil vom 07.03.2019.
Die Feststellung zum Aufenthalt des BF in der Justizanstalt ergibt sich aus einem aktuellen ZMR-Auszug. Die Feststellung zum Verdacht des Vergehens der pornographischen Darstellung Minderjähriger ergibt sich aus dem Abschlussbericht der LPD XXXX vom 23.10.2020.
2.3. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria (Stand 20.05.2020) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Zusammenfassend ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass nicht davon auszugehen ist, dass jedem im Falle einer Rückkehr nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohen würde. Es herrscht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet von Nigeria willkürliche Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Der von der rechtsfreundlichen Vertretung des BF verfasste Beschwerdeschriftsatz bemängelte oder ergänzte die dem bekämpften Bescheid zugrunde gelegten Länderberichte im Übrigen nicht, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht diesen Feststellungen vollinhaltlich anschließt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen war.
3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage:
Wird laut § 10 Abs. 3 AsylG der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.2.2. Anwendung auf den gegenständlichen Beschwerdefall:
Zu prüfen ist, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Im Rahmen der Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK wurden nachstehende Punkte berücksichtigt:
Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtige Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. etwa VwGH 05.12.2018, Ra 2018/20/0371; 05.11.2019, Ro 2019/01/0008).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (vgl. EGMR, 21.6.1988, Berrehab, Appl. 10730/84 [Z21]; 26.5.1994, Keegan, Appl. 16969/90 [Z44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR, 19.2.1996, Gül, Appl. 23218/94 [Z32]). Das Auflösen einer Hausgemeinschaft von Eltern und volljährigen Kindern alleine führt jedenfalls nicht zur Beendigung des Familienlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK, solange nicht jede Bindung gelöst ist (EGMR, 24.4.1996, Boughanemi, Appl. 22070/93 [Z33 und 35]). Die Beziehung des BF zu seiner in Österreich lebenden Frau und den drei gemeinsamen Kindern ist daher vom Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Familienlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK erfasst und führt der BF ein Familienleben in Österreich. Auch ist das Kindeswohl jedenfalls in Betracht zu ziehen.
Hinsichtlich der Intensität des geführten Familienlebens ist jedoch zu konstatieren, dass der gemeinsame Haushalt seit der Festnahme des BF am nicht mehr besteht und somit das Familienleben faktisch auch nicht vollzogen wird, da sich der BF derzeit seit dem 03.08.2018 in Haft befindet. Der Kontakt des BF zu seiner Familie beschränkt sich nunmehr auf Besuche seiner Frau in der Haftanstalt. Auch ist keinerlei finanzielles oder anderweitig gelagertes Abhängigkeitsverhältnis ersichtlich. So hat der BF nicht dargetan, dass er aktuell Unterhaltsleistungen zahlen würde. Vor seiner Inhaftierung ging er auch keiner Beschäftigung nach und konnte seine Familie nicht ausreichend unterstützen, weshalb er auch mit Drogen handelte. Die Gattin der BF geht einer Beschäftigung nach und ist vom BF auch nicht abhängig. Zudem musste dem BF bewusst sein, dass er mit seinem strafrechtlichen Verhalten sein Familienleben bzw. das Zusammenleben mit seiner Familie erheblich gefährden würde, insbesondere aufgrund seiner vorherigen Verurteilungen und Setzungen von Probezeiten. Diese und sein Familienleben haben ihn jedoch nicht davon abgehalten, erneut strafbare Handlungen, basierend auf derselben schädlichen Neigung zu setzen.
Auch ist es dem BF nicht verwehrt, - unter der Voraussetzung der fristgerechten Ausreise – nach Ablauf des befristeten Einreiseverbotes bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG in das Bundesgebiet zurückzukehren. Im gegenständlichen Fall des BF liegen auch unter Beachtung des Kindeswohles keine außergewöhnlichen Umstände vor, die eine Verletzung des Art. 8 EMRK erkennen lassen, zumal der Kontakt zwischen dem BF und seinen Kindern seit seiner Inhaftierung am 03.08.2018 und schon aufgrund seiner noch zu verbüßenden Haftstrafe bis zum 03.08.2021 in seiner Intensität erheblich abgeschwächt ist, weshalb im Falle einer Trennung nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung des Kindeswohles auszugehen ist. Selbst wenn eine Trennung des BF von seinen Kindern zu nachteiligen Auswirkungen auf das Wohl des Kindes nach sich zieht und ein Familienband zerrissen wird, wiegen die nachteiligen Folgen weniger schwer als das staatliche Interesse auf Verteidigung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit.
Art. 24 Abs. 2 GRC (der Art. 1 Satz 2 BVG über die Rechte von Kindern entspricht) normiert, dass das Kindeswohl bei allen Kindern betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen eine vorrangige Erwägung sein muss. Eine absolute Priorisierung ist damit gleichwohl nicht gefordert; im Einzelfall kann die volle Entfaltung auch zugunsten der (höheren) Schutzwürdigkeit anderer Interessen zurücktreten (Fuchs ins Holoubek/Lienbacher, GRC-Kommentar (2014) Art 24 Rz 33). Wie bereits erwähnt fällt im vorliegenden Fall die Abwägung auch unter Berücksichtigung des Kindeswohles zu Lasten des BF aus. Im vorliegenden Fall ist die Pflege und Erziehung der Kinder im Fall der Rückkehrentscheidung gegen den BF durch die Kindesmutter, die sich auch bisher um ihre Kinder gekümmert hat, gesichert.
In die Abwägung hatte ferner einzufließen, ob ein Kontakt zwischen dem BF und seiner Frau bzw. seinen Kindern auch im Fall einer Rückkehr nach Nigeria fortgesetzt werden kann (vgl VfGH 01.07.2009, U 992/08). Dies ist zunächst unter dem Aspekt zu sehen, dass der BF aufgrund seiner Berufserfahrung und Schulbildung seinen Lebensunterhalt in Nigeria verdienen wird können. Es sind auch keine Umstände einer besonderen Vulnerabilität des BF hervorgekommen, die ihm eine Integration in die nigerianische Gesellschaft kurzfristig so erschweren würden, dass es ihm nicht mehr möglich wäre, einen Kontakt nach Österreich aufrecht zu erhalten. Hinzu kommt, dass in Nigeria ein grundsätzlich funktionierendes Staatswesen besteht und daher auch die Kommunikation nach außen, sei es über Telefon, sei es im brieflichen/elektronischen Wege, im Allgemeinen grundsätzlich möglich ist. Folglich ist also davon auszugehen, dass im Fall einer Trennung jedenfalls telefonischer oder postalischer Kontakt gewahrt werden kann. Ein persönlicher Kontakt oder gar ein Zusammenleben scheint im vorliegenden Fall jedoch auch nicht ausgeschlossen zu sein, zumal zumindest Besuche in Nigeria möglich wären und das Familienband nicht gänzlich zerrissen wäre. Zudem stünde des dem BF frei - so wie jedem anderen Fremden auch - nach Ablauf des Einreiseverbotes, sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.
Unbeschadet eines möglichen zukünftigen Zusammenlebens in Nigeria nach der Abschiebung des BF dorthin stellt die Rückkehrentscheidung jedenfalls einen Eingriff in das Familienleben des BF dar, doch ist dieser Eingriff im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK gerechtfertigt und angesichts der zahlreichen Verurteilungen des BF auch notwendig. Der BF brachte durch die Begehung mehrerer Straftaten unmissverständlich zum Ausdruck, dass er die österreichische Rechtsordnung nicht akzeptiert. Zudem hat er in seinem Asylverfahren sich einer falschen Identität bedient und die österreichischen Behörden in die Irre geführt. Die Aufenthaltsbeendigung von straffällig gewordenen Ausländern gilt grundsätzlich als legitimes Interesse eines Aufenthaltsstaates. Daher sind Straftaten wesentliche Gründe, die bei Rückkehrentscheidungen im Rahmen der Interessensabwägung zu Ungunsten eines Fremden ausschlagen können. Das wiederkehrende strafbare Verhalten des BF verdeutlicht, dass er nicht gewillt ist, die für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften seines Gastlandes einzuhalten.
Er wurde während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet bereits viermal rechtskräftig verurteilt und zwar wegen derselben schädlichen Neigung bzw. wegen Vergehen und Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz. Zuletzt wurde der BF mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.03.2019, Zl. XXXX , wegen § 12 2. Fall StGB, §§ 28a Abs. 2. Fall, 28a Abs. 4 Z 3 SMG, § 28a Abs. 5. Fall, § 28a Abs. 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Besondere Aspekte einer Integration, über den Erwerb von rudimentären Deutschkenntnissen und einer Beschäftigung hinaus, kamen nicht hervor. Es wurde somit keine nachhaltige Integration aufgezeigt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer bereits viermal strafrechtlich verurteilt wurde und am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert ist.
Vor diesem Hintergrund überwiegen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Privat- und Familienleben nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes als verhältnismäßig qualifiziert werden kann. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Nigeria keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellen würde und alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zum Ausspruch, dass die Ausweisung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
3.3.1. Rechtslage:
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.3.2 Anwendung auf den gegenständlichen Beschwerdefall:
Im vorliegenden Beschwerdefall gibt es keinen Anhaltspunkt, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, 2003/01/0059). Der BF ist volljährig, gesund und arbeitsfähig. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der BF seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht bestreiten können sollte.
Außerdem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.
Schließlich ist im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus festzuhalten, dass es sich beim BF um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, der an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, womit sie nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Ein bei einer Überstellung des BF nach Nigeria vorliegendes "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit auch hierzu nicht zu erkennen.
Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen war.
3.4. Verhängung eines Einreiseverbots (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
3.4.1 Rechtslage:
Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs 3 ist ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:
Der BF ist Drittstaatsangehöriger und wurde in Österreich viermalig rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt. Alleine mit seiner letzten Verurteilung wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgift zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren überschreitet der BF die Tatsache einer Verurteilung "zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten“ um das Zwölffache. Überdies lagen drei seiner Verurteilungen wegen Suchtgiftkriminalität auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende strafbare Handlungen zugrunde. Dass der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG verwirklicht ist, wurde vom BF auch nicht bestritten.
Wie der Urteilsausfertigung zu seiner letzten Verurteilung vor dem Landesgericht XXXX wegen der Vorbereitung von Suchtgifthandel vom 07.03.2019, Zl. XXXX entnommen werden kann, hat der BF im Zeitraum 12. bis 23. April 2018 in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 SMG) übersteigenden Menge 1. als Bestimmungstäter eingeführt, indem er P.O. dazu veranlasste, insgesamt 22.036 Gram Cannabiskraut mit einem durchschnittliche Reingehalt von mindestens 9,8 % von Italien nach Österreich zu transportieren und es ihm sodann für den Weiterverkauf zu übergeben; 2. Anderen überlassen, indem er zumindest 10.000 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von 9,8 % gewinnbringend an seine bislang unbekannten Abnehmer im Raum Graz verkaufte, wobei sein Vorsatz jeweils auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum sowie den daran geknüpften Additionseffekt und die 25-fache Überschreitung der Grenzmenge des § 28b SMG mittumfasste.
Bei der Strafbemessung wertete das Gericht als erschwerend drei einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffend von zwei Verbrechen, dreifaches Überschreiten der 25-fachen Grenzmenge bei einem Verbrechen und professionelle Vorgehensweise, als mildernd, das umfassende reumütige und zur Wahrheitsfindung wesentlich beitragende Geständnis.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug der Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH, 22.05.2014, Ro 2014/21/0014). Im vorliegenden Fall ist die Haftstrafe des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner letzten Verurteilung jedoch noch gar nicht vollzogen, so dass auch keine Aussagen über einen etwaigen Gesinnungswandel getroffen werden können. Vielmehr ist aufgrund seines auch während seiner Inhaftierung gezeigten Verhaltens, weswegen er im Verdacht steht das Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger begangen zu haben, davon auszugehen, dass er eine permanente, tatsächliche, gegenwärtige und schwerwiegende Gefahr darstellt. Die Verhängung eines Einreiseverbotes erscheint daher gerechtfertigt, weshalb eine Herabsetzung oder Aufhebung nicht in Betracht kam.
Es besteht auch keine Veranlassung, die von der belangten Behörde festgesetzte Befristungsdauer des Einreiseverbotes zu reduzieren. Im vorliegenden Beschwerdefall sind nämlich keine Umstände zutage getreten, die eine Reduzierung der Befristungsdauer nahelegen würden. Entgegen dem Beschwerdeargument zur fehlenden Gefährdungsprognose ist festzuhalten, dass die belangte Behörde eine solche ausführlich vorgenommen hat, welcher vollinhaltlich beizutreten ist. Schließlich legt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführlich dar, von welchen Erwägungen sie sich bei der Festlegung der Befristungsdauer hat leiten lassen. Insbesondere wog sie die Schwere seines Fehlverhaltens mit seinem Gesamtverhalten ab. Sie zeigte auf, dass sein persönliches Verhalten nicht den Grundinteressen der österreichischen Bevölkerung auf Ruhe, Ordnung und Sicherheit entspricht und er kein Interesse daran hat, die Gesetze Österreichs zu respektieren. Darüber hinaus ist bei der Entscheidung über die Dauer des Einreiseverbots auch auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen. Jedoch vermochte das Familienleben des BF, nämlich seine Ehe mit einer ghanaischen Staatsangehörigen sowie die gemeinsamen drei Kinder in Österreich ihn nicht von der Begehung seiner letzten schwerwiegenden Straftat abzuhalten, sodass auch nicht davon auszugehen ist, dass sein Familienleben in Österreich die Dauer der von ihm ausgehenden Gefährdung verringert.
In der Zusammenschau zeigt sich für das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die zu treffende Gefährdungsprognose, dass das Gesamtverhalten des BF und dessen Persönlichkeitsbild von einer weitreichenden Missachtung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung geprägt sind.
Aus dem Gesagten war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.5. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
3.5.1. Rechtslage:
Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 18.08.2020 die aufschiebende Wirkung - zu Recht, wie unter Punkt 3.6. auszuführen sein wird - aberkannt.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
3.6. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist vom Bundesamt einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz sind im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt [vgl. dazu die Ausführungen zur Verhängung des Einreiseverbotes unter Punkt A) 3.2.], sodass das Bundesamt der vorliegenden Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte. Es lag für das Bundesamt auch kein Grund vor, im Rahmen der Ermessensübung von der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen.
3.7. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Dem Beschwerdevorbringen sind keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen. Es ist somit unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.
Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom BF im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für den BF kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).
Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtmitteldelikt Verbrechen WiederholungsgefahrEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I405.2235424.1.00Im RIS seit
04.03.2021Zuletzt aktualisiert am
04.03.2021