TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/30 L527 2199332-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.10.2020
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Entscheidungsdatum

30.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


L527 2199332-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut BLUM, Mozartstraße 11/6, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2018, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.02.2020, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Spruchpunkte II bis VI des angefochtenen Bescheids werden ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist mit XXXX (L527 2199324-1) seit 2005 in aufrechter Ehe verheiratet. XXXX (L527 2199327-1) ist der gemeinsame leibliche minderjährige Sohn des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin, XXXX (L527 2199337-1) die gemeinsame leibliche minderjährige Tochter.

Gemeinsam mit seiner Ehegattin und den beiden Kindern verließ der Beschwerdeführer im Sommer 2015 legal seinen Herkunftsstaat Iran. Im Oktober 2015 reisten sie unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am 18.10.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Einen Tag darauf fanden die Erstbefragungen statt.

In der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, dass er ein Jahr zuvor zum Protestantismus konvertiert sei. Im Iran sei es verboten, die Religion zu wechseln. Deshalb habe er seine Arbeit verloren. Er befürchte, dass er im Falle der Rückkehr wegen der Konversion ins Gefängnis komme oder hingerichtet werde.

Dass er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, begründete der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folgende: [belangte] Behörde) am 07.09.2017 im Wesentlichen wie folgt: Er sei gebürtiger Moslem. Während er, als seine Tochter geboren wurde, arbeitslos gewesen sei, habe er viel über den Islam gelesen. Mit zunehmender Beschäftigung mit dem Islam habe er diesen nicht mehr akzeptieren können. Im Jahr 2011 habe er dann begonnen, mit seinen Arbeitskollegen über den Islam zu streiten. Es sei dann zu näher genannten Schwierigkeiten am Arbeitsplatz gekommen. Ein Arbeitskollege, dessen Vater Imam sei, habe ihn indirekt bedroht; Personen wie den Beschwerdeführer würde man nicht ungestraft davonkommen lassen. In seinem Spind in der Arbeit habe er einen USB-Stick mit im Iran verbotenen Notizen und Büchern gehabt. Er habe herausgefunden, dass sein Spind durchsucht worden sei; der USB-Stick habe gefehlt. Als ihn ein Arbeitskollege beschuldigt habe, diese Notizen und Bücher zu verbreiten, habe er gewusst, dass man etwas gegen ihn in der Hand habe. Er habe Panik bekommen, sei nicht mehr zur Arbeit gegangen, habe Reisepässe besorgt und gemeinsam mit seiner Ehegattin und den Kindern den Iran verlassen. Während des anschließenden Aufenthalts in der Türkei habe er eine Bibel bekommen; seither habe er sich mit dem Christentum beschäftigt. In Österreich habe er sich taufen lassen (Taufschein evangelisch A.B.) und besuche die Kirche.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die belangte Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI). Die Behörde gelangte zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer den Iran lediglich aus persönlichen Motiven bzw. aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe; von einer ernsthaften inneren Zuwendung zum Christentum könne nicht ausgegangen werden. Im selben Sinne entschied die Behörde über die Anträge auf internationalen Schutz der Ehegattin und der Kinder des Beschwerdeführers.

Dagegen erhoben der Beschwerdeführer, seine Ehegattin und seine beiden Kinder in vollem Umfang die vorliegende - gemeinsam verfasste - Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses hielt am 18.02.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung ab, in der es neben dem Beschwerdeführer, seiner Ehegattin und dem minderjährigen Sohn den ehemaligen Pfarrer der evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXX , dessen Ehegattin und ein (weiteres) Mitglied der Pfarrgemeinde (als Zeugen) einvernahm. Die belangte Behörde hatte schon im Vorfeld erklärt, auf die Durchführung einer und die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung zu verzichten.

Nach der Verhandlung übermittelte der Beschwerdeführer – nach Aufforderung zur Mitwirkung durch das Bundesverwaltungsgericht – mit Eingabe vom 15.10.2020 Unterlagen zu den Glaubensaktivitäten seit der mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer:

1.1.1. Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Seine Identität steht fest. Er ist iranischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer ist mit XXXX , geb. XXXX , (L527 2199324-1) seit 2005 in aufrechter Ehe verheiratet. XXXX , geb. XXXX , (L527 2199327-1) ist der gemeinsame leibliche minderjährige Sohn des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin, XXXX , geb. XXXX , (L527 2199337-1) die gemeinsame leibliche minderjährige Tochter. Der Beschwerdeführer lebte im Iran und lebt in Österreich mit seiner Ehegattin und den gemeinsamen minderjährigen Kindern im aufrechten Familienverband im gemeinsamen Haushalt.

Nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 18.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Verurteilung auf.

1.2. Das Bundesverwaltungsgericht erkannte der Ehegattin des Beschwerdeführers mit Erkenntnis vom heutigen Tag den Status der Asylberechtigten zu und stellte gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 fest, dass ihr damit kraft Gesetztes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gegen die Ehegattin des Beschwerdeführers ist kein Verfahren zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten anhängig.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde sowie dem Bundesverwaltungsgericht (AS 9, 143; OZ 13, S 36). Die belangte Behörde traf die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers anhand des ihr – nicht aber dem Bundesverwaltungsgericht – im Original vorliegenden iranischen Reisepasses (vgl. AS 103 ff, 218), welchen die Landespolizeidirektion XXXX als Originaldokument qualifizierte; es haben keine Abänderungen in den Ausfüllschriften bzw. keine Auswechslung des Lichtbilds festgestellt werden können (AS 117 f).

Angesichts der gleichbleibenden und nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren, die mit den Angaben der Ehegattin in Einklang stehen, waren – in Zusammenschau mit Auszügen aus dem Zentralen Melderegister – die Feststellungen zum Familienstand und Zusammenleben im Familienverband zu treffen (AS 9, 55; OZ 13, S 11, 18, 19, 36, 39, OZ 18; L527 2199324-1, AS 13, 53, OZ 20; L527 2199327-1, OZ 17; L527 2199337-1, OZ 17).

Wann der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz stellte, ist in einer unbedenklichen Urkunde dokumentiert (AS 9 ff, insbesondere AS 11) und wurde nicht in Zweifel gezogen. Sichtlich irrtümlich führt die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheids den 19.10.2015 als Datum der Antragstellung an (AS 143); tatsächlich handelt es sich hierbei um das Datum der Erstbefragung (AS 9).

Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung des Beschwerdeführers aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 18).

2.2. Dass und wann das Bundesverwaltungsgericht der Ehegattin des Beschwerdeführers den Status der Asylberechtigten zuerkannt hat, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichts zur Zahl L527 2199324-1, konkret aus dem darin enthaltenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag. Dass seit der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit Erkenntnis vom heutigen Tag bereits ein Verfahren zur Aberkennung eingeleitet worden wäre, ist nicht ersichtlich.

2.3. Mit Blick auf die Feststellungen unter 1.1 sowie 1.2. und die unten dargelegte Rechtslage ist eine Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründen, weshalb er den Iran verlassen und in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe (AS 17, 57 f; OZ 13, S 43 f), sowie insbesondere mit dem behaupteten Religionswechsel und der Frage, ob eine echte, innere Konversion oder eine Scheinkonversion vorliegt, nicht erforderlich. Vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418. Es erübrigt sich daher auch, auf das behördliche Ermittlungserfahren, die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid und das Beschwerdevorbringen näher einzugehen. Ohne dass daran Rechtsfolgen geknüpft wären, ist dennoch festzuhalten: Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nicht darauf beschränkt, die aktuelle Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers allein anhand seiner Aussagen und der von ihm vorgelegten Unterlagen zu beurteilen, sondern das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus den ehemaligen Pfarrer der evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXX , dessen Ehegattin, die die Ehegattin des Beschwerdeführers unter anderem in der Bibel unterrichtet(e), und ein weiteres Mitglied der Pfarrgemeinde als Zeugen einvernommen (OZ 13, Beilage Z1, Z2 und Z3); vgl. zur Frage der Erforderlichkeit von Zeugeneinvernahmen zur Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530., VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381. Ferner hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit den nach der Judikatur (vgl. etwa 22.06.2020, Ra 2020/19/0151) für die Beurteilung eines Glaubenswechsels relevanten Aspekten wesentlich eingehender befasst als die belangte Behörde (AS 58 bis 60 versus OZ 13, S 46 ff). Nach alledem hat das Bundesverwaltungsgericht erhebliche Zweifel am Ausreisevorbringen und an der Ernsthaftigkeit der Konversion des Beschwerdeführers. Exemplarisch erwähnt sei, dass der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens mitnichten gleichbleibende Angaben zu seinem letzten Arbeitstag im Iran machte (AS 55, 57; OZ 13, S 40). Dies ist gerade deshalb von Bedeutung, weil sich der Vorfall, der den Beschwerdeführer zur Ausreise aus dem Iran veranlasst habe, am Arbeitsplatz zugetragen haben soll (OZ 57; OZ 13, S 43 f) und der Beschwerdeführer nach dem vermeintlichen Vorfall nicht mehr in die Arbeit gegangen sei (AS 57). Hinzutritt, dass der Beschwerdeführer innerhalb von zwei bis drei Wochen nach dem vermeintlichen Vorfall die Reisepässe für sich und seine Familie besorgt haben will und dann mit der Familie ausgereist sei. Demnach müsste der Beschwerdeführer, der in der Erstbefragung am 19.10.2015 zu Protokoll gab, zwei Monate zuvor seinen Herkunftsstaat verlassen zu haben (AS 13), ca. Ende Juli/Anfang August 2015 die Reisepässe besorgt haben. Dies ist mit der Ausstellung der Reisepässe Anfang Juli 2015 (vgl. z. B. AS 107) jedoch nicht in Einklang zu bringen. Wenngleich das Bundesverwaltungsgericht nicht übersieht, dass der Beschwerdeführer, wenn es ihm an Wissen fehlte, eine Frage zu beantworten, dies offen einräumte und nicht nach Ausflüchten suchte (z. B. OZ 13, S 49, 53), sprechen die geringen Kenntnisse des Beschwerdeführers vom Christentum bzw. Protestantismus und bisweilen grundlegenden Inhalten keineswegs für ein wahrhaftiges Interesse an dieser Religion bzw. Strömung (vgl. z. B. OZ 13, S 49, 51, 53). Zu bedenken ist auch, dass der Beschwerdeführer – mit konkreten Bibelinhalten konfrontiert, die eine wesentliche Vorstellung des Christentums betreffen – nicht in der Lage war, dazu individuell Position zu beziehen (OZ 13, S 49). Ausgehend davon, dass die angebliche Abwendung des Beschwerdeführers vom Islam damit begonnen habe, dass der Beschwerdeführer kritische Bücher gelesen habe (AS 57), ist ferner überaus bemerkenswert, dass der Beschwerdeführer nicht erklären konnte, was ihm zum Lesen dieser Bücher und einer näheren Auseinandersetzung mit dem Islam veranlasst habe (OZ 13, S 47). Daher kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer seine Motivation für den Glaubenswechsel schlüssig dargelegt hätte. Die abschließende Beurteilung des Vorbringens des Beschwerdeführers konnte jedoch, wie erwähnt, unterbleiben; vgl. abermals VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 34 Abs 2 iVm Abs 5 AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht aufgrund eines Antrags eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Erkenntnis den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.

Familienangehöriger iSd § 34 Abs 2 AsylG 2005 ist u. a., wer Ehegatte eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat (§ 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005).

Gemäß § 2 Abs 3 AsylG 2005 ist ein Fremder iSd § 34 Abs 2 AsylG 2005 straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt (Z 1), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist (Z 2), rechtskräftig verurteilt worden ist.

3.2. Subsumiert man den festgestellten Sachverhalt den genannten Rechtsvorschriften, erweist sich, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist. Dass sich die Zuerkennung rechtlich u. a. auf § 34 Abs 2 AsylG 2005 stützt, ist in den Spruch des vorliegenden Erkenntnisses aber nicht aufzunehmen; vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418.

Der Beschwerdeführer hat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er ist Ehegatte der Beschwerdeführerin im Verfahren L527 2199324-1, der das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom heutigen Tag den Status der Asylberechtigten zuerkannt hat. Die Ehe besteht seit dem Jahr 2005, also bestand sie bereits vor der Einreise in das Bundesgebiet im Oktober 2015. Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Verurteilung auf. Er ist also nicht straffällig geworden. Gegen die Ehegattin des Beschwerdeführers ist kein Verfahren zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten anhängig. Damit sind die Voraussetzungen dafür, dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, erfüllt.

Im Hinblick auf die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs war, wie unter 2.3. bereits ausgeführt, auf die Fluchtgründe des Beschwerdeführers nicht näher einzugehen, da dem Beschwerdeführer bereits im Familienverfahren der Asylstatus zuerkannt wird; vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da mit der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die rechtliche Voraussetzung für die Erlassung der Spruchpunkte II bis VI des angefochtenen Bescheids wegfällt, sind diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt dem Beschwerdeführer das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht gemäß § 2 Abs 1 Z 15 AsylG 2005 idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 24/2016 zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die für die Entscheidung relevanten Rechtsfragen sind entweder durch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geklärt oder von Vornherein klar. Vgl. die zitierten Entscheidungen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung ersatzlose Teilbehebung Familienangehöriger Familienverfahren Flüchtlingseigenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2199332.1.00

Im RIS seit

26.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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