Entscheidungsdatum
30.10.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L510 2236352-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Türkei, vertreten durch Volkshilfe Flüchtlingsdienst- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den „Bescheid“ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.10.2020, Zl. XXXX , beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 18 Abs 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang
1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hat mit einem als „Bescheid“ betitelten Schriftstück vom 08.10.2020 der beschwerdeführenden Partei (bP) gemäß § 57 AsylG einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht gewährt. Gemäß § 10 Abs 2 Asylgesetz iVm § 9 BFA-VG wurde gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wurde ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 55 Abs 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt.
Dagegen wurde Beschwerde eingebracht.
2. Am 28.10.2020 lange der gegenständliche Verwaltungsakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein. Mit Schreiben gleichen Datums wurde die Vertretung der bP ersucht, in Kopie die erste und die letzte Seite des ihr zugestellten „Bescheids“ des BFA vom 08.10.2020 vorzulegen. Mit Schreiben vom 29.10.2020 kam die Vertretung diesem Ersuchen nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die im durchnummerierten Verwaltungsverfahrensakt des BFA befindliche Urschrift der angefochtenen Erledigung weist zwar den mittels Textverarbeitung erstellten Namen eines Organwalters auf, jedoch weder eine Unterschrift des genehmigenden Organwalters, noch wurde die erstellte Urschrift sonst durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Organwalters, etwa durch Amtssignatur, genehmigt.
Auch die der Vertretung des Beschwerdeführers zugestellte Ausfertigung weist weder eine Unterschrift, noch eine Amtssignatur auf.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt des Verwaltungsverfahrensaktes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung
Gemäß § 18 Abs 3 AVG idgF sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
Gemäß § 18 Abs 4 leg cit hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
Im Anwendungsbereich des § 18 AVG idF BGBl I Nr 5/2008 wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz aufgestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu berufenen) Organwalters. Damit wird der wichtige Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die „Urschrift“ einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (vgl VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).
Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die – interne – Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion inne hat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 31.10.2014, Ra 2014/08/0015).
Im Falle des Fehlens der Genehmigung bzw. der Nicht-Zurechenbarkeit zu einem bestimmten Organwalter kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn die darauf beruhende Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG genügt (VwGH 14.10.2013, 2013/12/0079).
Zum gegenständlichen Verfahren
Die im Verwaltungsverfahrensakt des BFA einliegende Urschrift der oben näher bezeichneten Erledigung vom 08.10.2020 weist weder eine Unterschrift des genehmigenden Organwalters auf, noch ist aus dem Akt eine elektronische Genehmigung ersichtlich. Bei der Genehmigung der Erledigung durch einen approbationsbefugten Organwalter handelt es sich jedoch entsprechend obigen Rechtsausführungen um ein konstitutives Bescheidmerkmal, das auch nicht durch eine genehmigte Ausfertigung, die allen Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG entspricht, saniert werden kann, da das Fehlen einer entsprechenden Fertigung der Urschrift die absolute Nichtigkeit des Bescheides bewirkt (VwGH 31.10.2014, Ra 2014/08/0015).
Die von der bP gegenständlich erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich somit gegen einen Nichtbescheid, was entsprechend oben zitierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Mangel der Zuständigkeit der Beschwerdeinstanz zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge hat.
Aufgrund des Vorliegens eines Nichtbescheides ergibt sich im gegenständlichen Verfahren somit, dass das Verfahren der bP nach wie vor beim BFA anhängig ist und sich das BFA vor einer nachfolgenden Bescheiderlassung jedenfalls mit dem Vorbringen der bP in der Beschwerde als Teil des Vorbringens im Verfahren auseinander zu setzen hat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung:
Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständliche Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
fehlende Bescheidgenehmigung Nichtbescheid Unzulässigkeit der Beschwerde ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L510.2236352.1.00Im RIS seit
03.03.2021Zuletzt aktualisiert am
03.03.2021