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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AufG 1992 idF 1995/351 §9 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, in der Beschwerdesache der A in B, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. einer Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Das Verfahren wird eingestellt.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 6.490,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin erhob nach ihren Angaben gegen die Abweisung ihres Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung durch den Landeshauptmann von Wien am 14. März 1995 Berufung an den Bundesminister für Inneres. Mit ihrer am 2. November 1995 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde machte die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Inneres geltend. Mit Verfügung vom 6. Dezember 1995 trug der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 36 Abs. 2 VwGG der belangten Behörde auf, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die Zustellung dieser Verfügung an die belangte Behörde erfolgte am 11. März 1996.
Die belangte Behörde brachte vor, daß laut Information des Landeshauptmannes von Wien vom 25. Juni 1996 die Zahl der Bewilligungen gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung der Bundesregierung, BGBl. Nr. 854/1995, nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) für das Jahr 1996 für das Bundesland Wien für die Zwecke "Familiennachzug" und "Erwerbstätige, Schüler, Pensionisten und privat Aufhältige" mit diesem Datum erreicht worden sei, weshalb § 9 Abs. 3 AufG Anwendung finde und die Entscheidungen über anhängige Fälle bis auf das Inkrafttreten einer neuen Verordnung gemäß § 2 AufG aufzuschieben seien.
Die Beschwerdeführerin trat diesen Angaben der belangten Behörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht entgegen.
Mit dem am 20. Jänner 1997 zugestellten Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1997, Zl. 114.927/2-III/11/95, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin stattgegeben und ihr eine Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "unselbständige Erwerbstätigkeit" vom 1. Februar 1997 bis zum 1. Dezember 1997 erteilt.
Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1997 teilte die belangte Behörde am 18. April 1997 mit, daß die festgelegte Höchstzahl von Bewilligungen für das Bundesland Wien gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung nach dem AufG für 1995, BGBl. Nr. 1023/1994, am 16. Dezember 1995 erschöpft war.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. b VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
§ 33 Abs. 1 erster Satz VwGG lautet:
"§ 33. (1) Wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, ist nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen."
§ 36 Abs. 2 VwGG lautet:
"(2) Bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG ist der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Verwaltungsbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich machen. Wird der Bescheid fristgerecht erlassen, so ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen."
§ 9 Abs. 3 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 lautet:
"(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG sind in diesem Fall nicht anwendbar."
Auszugehen ist - mangels eines entgegenstehenden Vorbringens der belangten Behörde - zunächst davon, daß die Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG im vorliegenden Fall verstrichen ist, ohne daß die belangte Behörde aus dem Grunde des § 9 Abs. 3 AufG an der Bescheiderlassung gehindert gewesen wäre. Die vorliegende Säumnisbeschwerde ist daher zulässig.
Im Hinblick auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbestrittene Tatsache, daß die für den von der Beschwerdeführerin angegebenen Aufenthaltszweck festgelegte Quote für das Jahr 1996 für das Bundesland Wien am 25. Juni 1996 erschöpft war, war die belangte Behörde aufgrund der Bestimmung des § 9 Abs. 3 AufG nicht gehindert, den versäumten Bescheid innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist von drei Monaten nachzuholen.
Die Frist des § 36 Abs. 2 VwGG war somit im Zeitpunkt der Erlassung des nachgeholten Berufungsbescheides nicht mehr offen, sodaß das Verfahren über die Säumnisbeschwerde nach § 33 Abs. 1 erster Satz leg. cit. einzustellen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG, in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Anrufung der obersten Behörde Binnen 6 Monaten Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995191376.X00Im RIS seit
02.05.2001