TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/10 L511 2225807-1

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Veröffentlicht am 10.11.2020
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Entscheidungsdatum

10.11.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L511 2225807–1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a JICHA als Vorsitzende und den Richter Dr. DIEHSBACHER sowie den fachkundigen Laienrichter RR PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen die Befristung des ausgestellten Behindertenpasses des Sozialministeriumservice Landesstelle Oberösterreich vom 04.11.2019, Zahl: OB XXXX , in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1.       Verfahren vor dem Sozialministeriumservice [SMS]

1.1.    Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt seit 13.12.2018 über einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. mit der Zusatzeintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ (Aktenzahl der elektronisch übermittelten Aktenteile [AZ] 2.17) sowie über einen unbefristet gültigen Parkausweis. Am 04.06.2019 stellte er einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass, sowie für den Fall, dass die Aktenlage die Vornahme von Zusatzeintragungen rechtfertige, die Aufnahme der entsprechenden Zusatzeintragungen in den Behindertenpass (AZ 2.6) und legte dazu im Verfahren medizinische Befunde vor (AZ 2.7-2.9).

1.2.    Das SMS holte in der Folge ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin ein. Dieses Gutachten vom 29.10.2019 wurde auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 20.09.2019 unter Einbeziehung des Vorgutachtens der vorgelegten aktuellen Befunde erstattet. Als Ergebnis der Begutachtung wurden die Funktionseinschränkungen den entsprechenden Leidenspositionen nach der Einschätzungsverordnung zugeordnet und ein Gesamtgrad der Behinderung [GdB] von 80 v.H. sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragungen „Der Inhaber des Passes ist Prothesenträger“ und „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ festgestellt. Eine Nachuntersuchung werde für September 2020 vorgesehen, da eine Besserung der Mobilität möglich sei (AZ 2.15).

1.3.    Das SMS stellte einen bis 30.11.2020 befristeten Behindertenpass mit einem GdB von 80 % samt Zusatzeintragungen aus, welcher dem Beschwerdeführer mit Begleitschreiben, Zahl: XXXX , vom 04.11.2019 übermittelt wurde (AZ 2.16). Im Begleitschreiben wurde auf die Möglichkeit und die Erfordernisse einer Beschwerde hingewiesen.

1.4.    Mit Schreiben vom 20.11.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde [Bsw] gegen den ausgestellten Behindertenpass des SMS vom 04.11.2019 (AZ 1.2).

Darin führt der Beschwerdeführer aus, er habe zwar eine Neufestsetzung des Grades der Behinderung beantragt, nicht aber einen Parkausweis der eine Befristung aufweist. Er ersuche daher um Wiederherstellung eines unbefristeten Parkausweises.

2.       Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 27.11.2019 die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in elektronischer Form vor (Ordnungszahl des gegenständlichen Gerichtsaktes OZ 1 [=AZ 1.1-1.7, 2.1 -2.19]).

2.1.    Das BVwG ersuchte mit Schreiben vom 26.02.2020 den Gutachter um Auskunft dahingehend, weshalb von einer Besserung der Mobillität des Beschwerdeführers bis 2020 auszugehen sei (OZ 2). Mit ergänzender Stellungnahme vom 04.09.2020 führte der Gutachter aus, es könne unter Absolvierung von Rehabilitationsmaßnahmen und der in der Medizin bestehenden Wahrscheinlichkeit von einer Besserung, insbesondere der Mobilität des Beschwerdeführers, ausgegangen werden (OZ 3).

2.2.    Mit Parteiengehör vom 16.09.2020, zugestellt am 17.09.2020 im elektronischen Rechtsverkehr an das SMS sowie am 22.09.2020 per Rsa an den Beschwerdeführer, übermittelte das BVwG den Verfahrensparteien das Sachverständigengutachten vom 04.09.2020 mit dem Ersuchen um Stellungnahme und dem Hinweis, dass das BVwG beabsichtige, sich auf dieses Gutachten zu stützen (OZ 4).

2.3.    Keine der Verfahrensparteien nahm dazu Stellung.

II.      Zu A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1.    Der Beschwerdeführer ist in Österreich wohnhaft und ihm wurde ein bis 30.11.2020 befristeter Behindertenpass mit einem GdB von 80 % samt den Zusatzeintragungen „Der Inhaber des Passes ist Prothesenträger“ und „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ausgestellt.

1.2.    Im Hinblick auf die verfahrensgegenständlich ausschließlich angefochtene Befristung ist eine Nachuntersuchung für September 2020 vorgesehen, da eine Verbesserung der Mobilität des Beschwerdeführers durch Rehabilitationsmaßnahmen möglich ist, und aus medizinischer Sicht auch eine diesbezügliche Wahrscheinlichkeit besteht.

1.3.    Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Eingeschränkte Herzleistungsbreite

unverändert zum Vorgutachten

05.02.02

60

2

Hüftgelenksbeschwerden

Nach HTEP und Pfannenlockerung li, Pfannenwechsel am 05.05.2019 mit anschließender Verschlechterung der Gesamtmobilität u.a. bei Auftreten eines Lymphödems sowie einer Thrombose

02.05.11

50

3

Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom

unverändert zum Vorgutachten

06.11.02

40

4

Blasenentleerungsstörung

unverändert zum Vorgutachten

08.01.06

20

5

Wirbelsäulen-Gelenksbeschwerden

unverändert zum Vorgutachten. Die Hüfte links wurde unter separater Position gewürdigt

02.02.01

20

6

Tinnitus

unverändert zum Vorgutachten

12.02.02

10

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 80 v.H.

Führendes Leiden mit 60 v.H. ist die eingeschränkte Herzleistung (Position 1), welches durch die Hüftgelenksbeschwerden (Position 2) und das Schlafapnoe-Syndrom (Position 3), welche sich negativ auf den Gesamtzustand des Beschwerdeführers auswirken, jeweils um eine Stufe auf 80 v.H. gesteigert wird. Die Positionen 4 bis 6 steigern den Grad der Behinderung aufgrund Geringfügigkeit nicht.

1.4.    Keinen Grad der Behinderung erreichen die Hörminderung und die Hypothyreose des Beschwerdeführers.

1.5.    Der Beschwerdeführer ist Träger einer Prothese und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist ihm nicht zumutbar.

2.       Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1.    Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Auszüge aus dem Verwaltungsverfahrensakt (OZ 1), aus denen sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt. Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG insbesondere folgende Unterlagen herangezogen:

?        Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin vom 29.10.2019 (AZ 2.15)

?        Ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 04.09.2020 (OZ 3)

?        Datenstammblatt Behindertenpass (AZ 2.17)

?        Begleitschreiben des SMS zur Behindertenpassübermittlung vom 04.11.2019 (AZ 2.16)

?        Informationsschreiben des SMS vom 30.10.2019 (AZ 2.19)

?        Beschwerde vom 20.11.2019 (AZ 1.2)

?        Einsicht in das Zentrale Melderegister [ZMR]

2.2.    Beweiswürdigung

2.2.1.  Die allgemeinen Feststellungen (Punkt 1.1.) ergeben sich aus der Antragstellung und sind unstrittig (AZ 2.6, 2.17, 1.2).

2.2.2.  Hinsichtlich der festgestellten bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß und medizinischer Einschätzung, des Gesamtgrades der Behinderung und insbesondere der Verbesserungsmöglichkeit der bestehenden Funktionseinschränkungen (Punkt 1.2-1.) wurden die diesbezüglichen Beurteilungen aus dem Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin vom 29.10.2019 (AZ 2.15) sowie der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 04.09.2020 herangezogen (OZ 3). Das Gutachten basiert auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, berücksichtigt die Vorgutachten sowie das Vorbringen des Beschwerdeführers und steht mit diesen auch nicht in Widerspruch (vgl. dazu VwGH 26.02.2016, Ro2014/03/0004). Die Feststellungen im Gutachten und der Gutachtensergänzung sind nachvollziehbar, schlüssig und in sich widerspruchsfrei und die Subsumtion der Funktionseinschränkungen unter die jeweiligen Positionsnummern der Einschätzungsverordnung sind nachvollziehbar.

2.2.2.1. Diesen Feststellungen sind weder der Beschwerdeführer noch das SMS entgegengetreten (OZ 4). Da auch sonst keine Hinweise dahingehend hervorgekommen sind, dass die Beurteilungen im Gutachten und der Gutachtensergänzung nicht richtig wären, legt der erkennende Senat diese der rechtlichen Beurteilung zu Grunde.

3.       Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1.    Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter (§ 24 VwGVG unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC]). Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.2.    Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt basiert zur Gänze aus den dem Beschwerdeführer bekannten vorliegenden Aktenteilen und ist in den entscheidungswesentlichen Punkten weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig (vgl. dazu VwGH 19.09.2018, Ra2018/11/0145).

4.       Rechtliche Beurteilung

4.1.1.  Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Senat ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 45 Bundesbehindertengesetz [BBG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die das SMS im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.2.  Verfahrensgegenständlich wurde dem Beschwerdeführer ein Behindertenpass ausgestellt, dem gemäß § 45 Abs. 3 BBG Bescheidcharakter zukommt. Die dagegen erhobene Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig.

4.1.3.  Gegenständlich richtet sich die Beschwerde formal gegen den ausgestellten Behindertenausweis, inhaltlich ausschließlich gegen die neu vorgenommene Befristung des Parkausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO). Dieser kann nur Inhabern eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ausgefolgt werden und das SMS ist im Verfahren betreffend die Ausfolgung eines Parkausweises an die Entscheidung hinsichtlich der (Un)Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und der Entscheidung über die Ausstellung eines Behindertenpasses gebunden (VwGH 21.09.2018, Ro 2017/08/0019). Da sich die Befristung des Parkausweises somit aus der Befristung des Behindertenpasses ergibt, ist die Beschwerde auch inhaltlich als Beschwerde gegen die Befristung des Behindertenpasses zu werten

4.1.4.  Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des BBG lauten auszugsweise:

§ 1. (2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen […].

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) […] Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn […] ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt (Z3).

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird. [...]

§ 42 (2) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

[…]

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

§§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt (Teilstrich 1) oder zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen (Teilstrich 2).

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

4.2.    Abweisung der Beschwerde

4.2.1.  Die beim Beschwerdeführer festgestellten Funktionseinschränkungen sind nicht nur vorübergehend, weshalb eine Behinderung im Sinne des § 1 BBG vorliegt. Er hat den ordentlichen Wohnsitz in Österreich und stellte am 04.06.2019 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass, womit die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG erfüllt sind.

4.2.2.  Der Grad der Behinderung sowie die Einschätzung der Änderungsmöglichkeiten ist im verfahrensgegenständlichen Fall gemäß § 40 und § 41 Abs. 1 BBG unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen (VwGH 21.06.2017, Ra201 7/11/0040).

Das vom SMS eingeholte Sachverständigengutachten vom 29.10.2019 und die vom BVwG eingeholte gutachterliche Stellungnahme vom 04.09.2020 sind, wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt, richtig, vollständig und schlüssig und die aktuellen Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers wurden gemäß der Einschätzungsverordnung eingestuft. Der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt zum Entscheidungszeitpunkt 80 v.H. und er erfüllt somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist. Da darüber hinaus auch die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind, ist der Behindertenpass mit den Zusatzeintragungen „Der Inhaber des Passes ist Prothesenträger“ und „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ auszustellen.

4.2.3.  Da im Hinblick auf die bestehenden Funktionseinschränkungen eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers zu erwarten ist, ist der Behindertenpass gemäß § 42 Abs. 2 BBG befristet auszustellen.

4.2.4.  Da die Voraussetzungen (nur) zur Ausstellung eines befristeten Behindertenpasses vorlagen und sich auch der festgestellte Grad der Behinderung als korrekt erweist, erfolgte die Ausstellung des befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 80 v.H. durch das SMS korrekt und die Beschwerde gegen den Behindertenpass ist spruchgemäß abzuweisen.

III.    ad B) Unzulässigkeit der Revision:

Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf eine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum BBG. Die angewendeten Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit für den vorliegenden Fall maßgeblich - eindeutig. Zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage (trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) etwa VwGH 28.05.2014, Ro2014/07/0053. Zur Schlüssigkeit von Gutachten VwGH 27.06.2018, Ra2018/09/0079; 28.06.2017, Ra2017/09/0015; zur Form der Auseinandersetzung mit dem Gutachten insbesondere VwGH 26.02.2016, Ro2014/03/0004.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Befristung Behindertenpass Grad der Behinderung Parkausweis Sachverständigengutachten Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L511.2225807.1.00

Im RIS seit

03.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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