TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/13 L504 2232746-1

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Veröffentlicht am 13.11.2020
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Entscheidungsdatum

13.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L504 2232746-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, XXXX geb., StA. Türkei, vertreten durch RA MMag. Salih SUNAR, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.06.2020, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 13.11.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es handelt sich dabei um einen Mann, welcher seinen Angaben nach Staatsangehöriger der Türkei mit muslimischen Glaubensbekenntnis ist, der Volksgruppe der Kurden angehört und aus XXXX, XXXX, stammt.

Aus dem unbestritten gebliebenen Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

„[…]

-        Sie sind illegal in das Bundesgebiet eingereist.

?        Am 13.11.2019 haben Sie beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen

Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG eingebracht,

wobei Sie angaben, den Namen XXXX zu führen, aus der Türkei zu

stammen und am XXXX geboren zu sein.

?        Die niederschriftliche Befragung vor der LPD Tirol am XXXX wird zum Inhalt

dieses Bescheides erhoben.

Bei dieser Gelegenheit gaben Sie zu den Fluchtgründen folgendes an:

„Ich werde politisch verfolgt und war im Gefängnis.“

Zu den Rückkehrbefürchtungen gaben Sie Nachstehendes an:

„Wahrscheinlich eine Gefängnisstrafe“

-        Zur Zulassung Ihres Verfahrens wurden Sie im Bundesamt für Fremdenwesen und

Asyl – EAST WEST am XXXX im Beisein eines von der erkennenden Behörde

bestellten und beeideten Dolmetschers in der Sprache Kurdisch - Kurmanci von

dem berufenen Organwalter des Bundesamtes zu Ihrer angegebenen Identität

einvernommen. Es folgen die entscheidungsrelevanten Auszüge aus dieser

Einvernahme:

„…

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?

VP: Ja.

LA: Wie verstehen Sie den Dolmetsch?

VP: Ich verstehe den Dolmetsch sehr gut.

LA: Wie lautet Ihr Familienname?

VP: XXXX

LA: Wie lautet Ihr Vorname?

VP: Hakan

LA: Wann und wo sind Sie geboren?

VP: Ich bin am XXXX in der Türkei geboren.

LA: Gibt es eine Geburtsurkunde oder einen anderen Geburtsnachweis?

VP: Nein

LA: Führen Sie Dokumente oder anderweitige Beweismittel zu Ihrer Identität mit sich?

VP: Nein

LA: Führten Sie jemals einen anderen Familien- und/oder Vornamen? Falls ja, wie lauten

diese, wann und auf welcher Grundlage erfolgte eine behördliche Namensänderung?

VP: Nein

LA: Traten Sie in Österreich und/oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU jemals unter

falschen Personalien in Erscheinung? Falls ja, wann und wo bzw. unter welchen Personalien?

VP: Nein

LA: Welche Staatsangehörigkeit(en) besitzen Sie?

VP: Türkei.

LA: Was ist Ihre Muttersprache?

VP: Kurdisch Kurmaci

LA: Haben Sie weitere Sprachkenntnisse, falls ja welche und in welcher Qualität (in Wort

und Schrift / mittelmäßig / Grundkenntnisse)?

VP: Türkisch

LA: Welchem Religionsbekenntnis gehören Sie an?

VP: Muslim

LA: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

VP: Kurden

LA: Wie lautet Ihr Familienstand?

VP: Verheiratet

LA: Wie lauten der Name, das Geburtsdatum, der Geburtsort, die Staatsangehörigkeit und

der derzeitige Wohnort Ihres Ehepartners?

VP: XXXX ehem. XXXX Filiz, sie ist 1980 geboren, ca. 40 Jahre alt und wurde in XXXX geboren. Das genaue Geburtsdatum meiner Gattin kenne ich nicht. Meine Frau ist in der Türkei, in XXXX, wohnhaft.

LA: Wann und wo wurde die Ehe geschlossen?

VP: XXXX

LA: Besitzen Sie eine Heiratsurkunde?

VP: Diesen hat meine Gattin

LA: Wie viele leibliche, adoptierte oder legitimierte Kinder haben Sie?

VP: Ich habe drei Töchter und einen Sohn

LA: Wie lauten die Namen Ihres Kindes/Ihrer Kinder und dessen/deren: Geburtsdaten,

Geburtsort/e, Wohnort/e?

VP:

Sohn: XXXX , er ist ca. 4 Jahre alt, 2016 geboren

Tochter: XXXX er ist ca. 17 Jahre alt. 2001 geboren

Tochter: XXXX sie ist ca. 15 Jahre alt, 2005 geboren

Tochter: XXXX sie ist ca. 12 Jahre alt, 2007 geboren

Die genauen Geburtsdaten meiner Kinder kenne ich nicht.

Alle meine Kinder wohnen gemeinsam mit ihrer Mutter in der Türkei.

LA: Wie lautet der Name Ihres Vaters, sein Geburtsdatum, sein Geburtsort und Wohnort?

VP: XXXX , er ist ca. 80 Jahre alt, das genaue Geburtsdatum kenne ich nicht. Mein

Vater wohnt in der Türkei in XXXX .

LA: Wie lautet der Name Ihrer Mutter, ihr Mädchenname, ihr Geburtsdatum, Geburtsort

und Wohnort?

VP: XXXX ehem. XXXX, sie ist ca. 75 Jahre alt, das genaue Geburtsdatum kenne

ich nicht. Meine Mutter wohnt gemeinsam mit meinem Vater in der Türkei.

LA: Wie viele Geschwister haben Sie, wie lauten deren Namen, Geburtsdaten, Geburtsorte,

Wohnorte?

VP: Ich habe insgesamt 9 Geschwister. 6 Brüder und 3 Schwestern. 12 Tanten und einen

Onkel.

Bruder: XXXX ca. 55 Jahre alt, hat vor ca. 10 Jahre die Österreichische Staatsbürgerschaft bekommen und lebt seitdem in Deutschland, genau kann ich es nicht sagen.

Onkel: XXXX, ca. 66 Jahre alt und lebt auch seit 30 Jahre in Deutschland, genau

kann ich es aber nicht sagen

Cousin in Innsbruck: XXXX, er ist österreichischer Staatsbürger, die Adresse habe

ich in der Unterkunft auf einem Zettel stehen.

Alle anderen Geschwister sowie alle meine Verwandten leben in der Türkei in der Nähe, verschiedenen Dörfern, von XXXX .

LA: Besitzen Ihre Gattin, Ihre Eltern und/oder Ihre Geschwister Identitätsdokumente?

VP: Bei meiner Gattin ist mein Personalausweis.

LA: Besitzen Sie ein Handy?

VP: Ja

LA: Welche Tel.-Nummer hat Ihr Handy?

VP: Ich weiß meine Handy-Nr. leider nicht auswendig. Eine österreichische SIM-Card

LA: Nutzen Sie auch Social Media? Wenn ja, welche?

VP: Facebook

LA: Besitzen sie einen Account zu oben angeführter Social Media Plattform(en)?

VP: XXXX

LA: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit Ihren Angehörigen im Herkunftsstaat Türkei?

VP: Vorgestern mit meiner Frau telefoniert.

LA: In welcher Art und Weise haben Sie Kontakt (Telefon, Brief, Social Media etc.)?

VP: per Internet

LA: Nennen Sie bitte die Tel.-Nr. Ihrer Verwandten im Herkunftsland mit welchen Sie in

Kontakt stehen:

VP: Kann ich nicht auswendig sagen. Die TelNr. ist am Handy gespeichert.

LA: Nachgefragt: Nachschau am Handy?

VP: +90 XXXX ist die TelNr. meiner Gattin

LA: Wann und wo haben Sie Ihr Heimatland zuletzt verlassen?

VP: Ich habe am 09. oder 10.11.2019 die Türkei mit dem LKW verlassen.

LA: War dies das erste Mal, dass Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben?

VP: ich weiß es nicht, ich erinnere mich nicht, weil ich eine Verletzung am Kopf hatte.

Nachgefragt: Ja, ich war einmal in Deutschland, vor ca. 10 Jahren, für ca. 2 Monate und

kehrte freiwillig.

LA: Haben Sie jemals die Ausstellung von einem Visum beantragt bzw. waren Sie jemals im

Besitz von einem Visum?

VP: nein

LA: Wann, wo und wie reisten Sie in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein?

Schildern Sie bitte Ihre geografische Reiseroute von ihrem Herkunftsstaat bis nach Österreich:

VP: Ich habe am 09. oder 10.11.2019 die Türkei mit dem LKW verlassen und ich reiste über

unbekannte Länder bis nach Österreich. Am 12.11.2019 kam ich dann in Österreich an und

stellte einen Asylantrag.

LA: In welchen europäischen Städten sind Sie bisher schon gewesen?

VP: Damals war ich in Frankfurt, vor 10 Jahren

LA: Schildern Sie bitte chronologisch Ihre Schulbildung:

VP: Ich habe 5 Jahre die Grundschule in XXXX/Türkei besucht. An den Namen des Schuldirektors kann ich mich nicht mehr erinnern.

LA: Gibt es Zeugnisse zu Ihrer schulischen oder beruflichen Ausbildung – wenn ja, welche?

VP: Ich habe sie verloren.

LA: Schildern Sie bitte Ihren beruflichen Werdegang:

VP: In der Türkei war ich als Fliesenleger tätig.

Ich war dann in weiterer Folge auch Baggerfahrer.

LA: Sind oder waren Sie in Ihrem Herkunftsstaat Mitglied in einem Verein?

VP: ich bin Mitglied der HDP (Kurdische Partei)

LA: Können Sie Autofahren?

VP: Ja

LA: Sind Sie im Besitz eines eigenen KFZ? Welche Marke, Autokennzeichen?

VP: Nein

LA: Haben Sie einen Führerschein? Wenn ja: Zeitpunkt, Behörde und Ort der Ausstellung?

VP: Ja, wurde beim Verkehrsamt in XXXX 1994 ausgestellt.

LA: Wie lautet Ihre letzte exakte Wohnadresse im Heimatland (inkl.

Gebiet/Region/Provinz)? VP: XXXX an dieser Adresse wohnt jetzt meine Gattin,

seit ca. 6 Monaten. Ich habe dort nie gewohnt.

Bis vor ca. 6 Monate habe ich mit meiner Familie in XXXX, XXXX, gewohnt. Die

letzten 6 Monate habe ich in Istanbul, bei Verwandten gelebt.

LA: Beschreiben Sie Ihre letzte Wohnadresse bzw. in welchem Zeitraum waren Sie dort wohnhaft?

VP: In XXXX habe ich in einer Mietwohnung gelebt. Es waren 3 Zimmer in der Nähe des Zentrums. Es war ein Haus mit 2 Wohnungen, wir haben im Erdgeschoß gewohnt.

LA: Wie sieht die Nationalflagge von der Türkei aus?

VP: Die Nationalflagge trägt zwei Farben: rot und eine weiße Sichel und ein Stern auf der

linken Seite.

LA: Kennen Sie den Namen des derzeitigen Staatsoberhauptes (Präsidenten)?

VP: Recep Tayyip Erdogan

LA: Kennen Sie den Namen des derzeitigen Regierungschef´s?

VP: Recep Tayyip Erdogan

LA: Haben Sie Militärdienst geleistet? Falls ja, in welcher Einheit, unter welchem Kommandanten, an welchem Ort usw.

VP: Ja, in Kaisari. Ich war in der Telefonvermittlung. Einheit für Kommunikation. Den Namen des Kommandanten habe ich vergessen.

LA: Haben Sie besondere Kennzeichen, wie z. B. Tätowierungen, Narben, etc. (exakte Beschreibung erforderlich):

VP: XXXX.

LA: Wie groß sind Sie?

VP: 172 cm

LA: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsland jemals eine Operation in einem Krankenhaus? Falls ja, wann, in welchem Krankenhaus, welche Operation?

VP: Ich war in der Türkei nie in einem Krankenhaus.

LA: Verbüßten Sie bereits in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Drittstaat eine Haftstrafe?

VP: Ja, in der Türkei. Einmal, im Jahre 2006, 2 Monate.

LA: Bitte schreiben Sie leserlich Ihren eigenen Namen und gewöhnlichen Aufenthalt in Ihrem Herkunftsstaat in ihrer Landes-Schrift auf!

VP: __________________________________________________________________

LA: Haben Sie in Ihrem Herkunftsland oder in einem anderen Land Verwandte und/oder Bekannte, welche Ihre Angaben in Bezug auf Ihre tatsächliche Identität bestätigen können? VP: Meine in der Türkei lebende Familie, meine Frau, meine Kinder, meine Eltern und meine Geschwister können natürlich meine Identität bestätigen. Mein Bruder und mein Onkel in Deutschland.

LA: Haben Sie in Österreich oder in einem anderen EU-Land Verwandte und/oder Bekannte, welche Ihre Angaben in Bezug auf Ihre tatsächliche Identität bestätigen können?

VP: Ja, 4 Cousins in Innsbruck

LA: Haben Sie familiäre Beziehungen in Österreich bzw. in einem anderen EU-Land?

VP: Ja, meinen Bruder und meinen Onkel in Deutschland.

LA: Sind oder waren Sie in der Vergangenheit im Besitz eines Dokumentes Ihres Heimatstaates (Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Personenstandsurkunde, Wehrdienstbuch, etc.)?

VP: Ja, einen Personalausweis und meinen Führerschein, beide sind bei meiner Gattin in der

Türkei.

LA: Verfügen Sie über schriftliche oder elektronisch gesicherte Kopien von Dokumente die

Ihre Identität bestätigen?

VP: Ja, ich werde diese per Whats App/ Mail zuschicken.

LA: Haben Sie während Ihres Gastaufenthaltes in Österreich bzw. in Europa jemals versucht

Beweismittel zu beschaffen die Ihre Identität bestätigen.

VP: Nein.

[…]

LA: Haben Sie zu den soeben an Sie herangetragenen Fragen und/oder zu Ihren Antworten

noch etwas Ergänzendes hinzuzufügen?

VP: Nein

LA: Möchten Sie noch etwas anführen, das für die Prüfung Ihrer Identität maßgeblich und

hilfreich sein könnte?

VP: ich möchte gerne zu meinen Verwandten nach Innsbruck

LA: Entsprechen alle Ihre Angaben der Wahrheit oder möchten Sie Korrekturen vornehmen?

VP: Alle meine Angaben entsprechen der Wahrheit und es sind keine Korrekturen erforderlich.

ANMERKUNG:

Der Inhalt der Niederschrift wurde der VP auf folgende Weise wiedergegeben: vorgelesen

und übersetzt durch Dolmetsch.

LA: Wurde Ihre Einvernahme richtig und vollständig protokolliert?

VP: Nach erfolgter Rückübersetzung gebe ich an, dass alles richtig und vollständig ist.

Bestätigen Sie bitte nun durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der

Niederschrift.

Frage an den Dolmetscher: Gibt es begründete Zweifel an der Staatsangehörigkeit / Region?

Dolmetscher: Nein

…“

- Nach Zulassung Ihres Verfahrens wurden Sie im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - Regionaldirektion Tirol am XXXX im Beisein eines von der erkennenden Behörde bestellten und beeideten Dolmetschers in der Sprache Kurdisch – Kirmanci von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes einvernommen. Es folgen die entscheidungsrelevanten Auszüge aus dieser Einvernahme:

„…

F: Wie geht es Ihnen. Sind Sie psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?

A: Ja, ich bin dazu in der Lage. Ich habe keine physischen oder psychischen Probleme.

F: Haben Sie sich mittlerweile irgendwelche Dokumente besorgt?

A: Türkischer Personalausweis; Mitgliedsbestätigung bei der HDP-Partei ausgestellt am XXXX;

F: Sind Sie damit einverstanden, dass die Beweismittel dem Akt beigelegt werden und auf Echtheit geprüft werden?

A: Ja.

F: Sie wurden bereits am 11.02.2020 zu einer Einvernahme geladen. Warum sind Sie unentschuldigt nicht gekommen?

A: Ich habe keine Ladung erhalten.

Erklärung: Sie haben am 13.11.2019 beim BFA um Asyl ersucht. Sie wurden am 13.11.2019 vor der Polizei bereits zu Ihrem Asylverfahren, d.h. zu Ihrem Reiseweg und den Gründen Ihrer Ausreise, befragt. Können Sie sich an Ihre damaligen Angaben erinnern? Waren Ihre damals gemachten Angaben vollständig und entsprechen diese der Wahrheit? Wollen Sie selbst zu diesen Angaben noch etwas hinzufügen oder etwas sagen, was Sie noch nicht angeführt haben?

A: Ja, ich kann mich noch daran erinnern. Meine Angaben sind vollständig, ich habe damals alles gesagt, mehr habe ich selbst nicht dazu anzuführen. Ich habe die Wahrheit gesagt. Andere Gründe gibt es nicht.

Datenaufnahme:

Name: XXXX

Geschlecht männlich

Vorname XXXX

geboren am XXXX

Geburtsort/Geburtsstaat XXXX - Türkei

Staatsangehörigkeit Türkei

Volksgruppe Kurde

Religion Moslem

Familienstand standesamtlich verheiratet seit Dezember 1997 in XXXX

Letzte Adr. im Heimatland XXXX – Region, XXXX - Stadt, XXXX - Straße

Dokumente:

Dokumentenart Personalausweis

Nummer XXXX

Ausgestellt am XXXX

Ausgestellt von Personalamt in XXXX

Klassifizierung echt wird geprüft

Derzeit bei Akt

Verwandte im Herkunftsland:

Vater XXXX

geboren am ca. 80 Jahre alt

Adresse XXXX /Türkei

Anmerkung er arbeitet nicht, er ist krank

Mutter XXXX geb. XXXX

geboren am ca. 75 Jahre alt

Adresse XXXX /Türkei

Anmerkung Hausfrau

5 Brüder XXXX

geboren am ca. 50, 47, 30, 35, 53 Jahre alt

Adresse Dörfern in der Nähe von XXXX /Türkei

Anmerkung alle sind verheiratet und arbeiten, bis auf Hagi, er ist behindert

3 Schwestern Geden, Pakiza, Hazal

geboren am ca. 30, 28, 23 Jahre alt

Adresse Dörfern in der Nähe von XXXX /Türkei

Anmerkung alle sind verheiratet, Hazal ist in Deutschland verheiratet; alle sind

Hausfrauen

12 Tanten und 1 Onkel

Adresse Dörfern in der Nähe von Palu/Türkei

Anmerkung die Tanten sind in der Türkei verheiratet und der Onkel lebt in Deutschland

Ehefrau XXXX geb. XXXX

geboren am 24.12.1980

Adresse XXXX - Stadt, XXXX - Straße, Türkei

Anmerkung Der AW ruft seine Frau in der Türkei an um die Geburtsdaten der Frau und der Kinder nachzufragen. Sie sind seit 1 1/2 Jahr in die andere Stadt gezogen, die Frau und die Kinder.

3 Töchter XXXX

geboren am XXXX

Adresse XXXX , Türkei

Sohn XXXX

geboren am XXXX

Adresse XXXX , Türkei

Verwandte außerhalb des Heimatlandes:

Bruder XXXX

geboren am ca. 55 Jahre alt

Adresse Deutschland

Anmerkung österreichischer Staatsbürger seit ca. 10 Jahren

Cousin XXXX

geboren am ca. 35 Jahre alt

Adresse in Innsbruck

Anmerkung österreichischer Staatsbürger

Schulausbildung:

Grundschule von 1981 bis 1988 - 7 Jahre in XXXX /Türkei

2 Jahre Mittelschule ohne Abschluss

Sonstige Ausbildungen:

Keine

Militärdienst:

Von 1995 bis 1997 - 1,5 Jahre – als normaler Soldat, ich habe in der Telefonzentrale Telefonate weitergeleitet.

Sprachen:

Türkisch

Kurdisch

Wort und Schrift:

Türkisch

Kurdisch

Beruflicher Werdegang:

Beschäftigungsart Baggerfahrer

Von 1997 bis 2002

Dienstgeber Selbstständig

Verdienst ca. 3000 USD

Anmerkung XXXX

Beschäftigungsart Fliesenleger

Von 2007 bis 2011

Dienstgeber Selbstständig

Verdienst ca. 2000-2500 USD/Monat

Anmerkung XXXX

Beschäftigungsart Bei der HDP-Partei geholfen im Büro

Von 2011 bis 2013

Dienstgeber Angestellter bei der HDP-Partei

Verdienst ca. 2000 USD

Anmerkung XXXX

Beschäftigungsart Fliesenleger und Maler

Von 2013 bis 2016

Dienstgeber Selbständig

Verdienst ca. 3000 USD

Anmerkung XXXX

Beschäftigungsart keine fixe Arbeit mehr

Von 2016

Bis zur Ausreise

Dienstgeber ich habe immer wieder geholfen

Verdienst ca. 3000 USD

Anmerkung XXXX und dann in Istanbul

F: Waren Sie vor der Ausreise arbeitslos?

A: Ja, ich war eigentlich arbeitslos und konnte keine Arbeit mehr finden.

Angaben zur Person und Lebensumständen:

F: Unter welchen Lebensumständen haben Sie gelebt?

A: Ich bin am XXXX in XXXX geboren. Mein Vater war Bauer und hatte ein großes

Grundstück mit Tieren und Landwirtschaft. Meine Mutter war Hausfrau und half meinem

Vater bei der Arbeit. Wir hatten eine große Landwirtschaft. Die Landwirtschaft gibt es

immer noch und Kamal hat sie übernommen. Er lebt dort mit seiner Frau und den Kindern.

Meine Eltern lebten auch dort bis vor 6 Monaten. Aktuell sind sie in XXXX in der Klinik.

Meine Geschwister leben alle in der näheren Umgebung und sind verheiratet und haben

Kinder. Meine Frau lernte ich dort im Dorf kennen, sie ist eine Bekannte aus der Kindheit.

1997 haben wir geheiratet und wir haben dort in einem kleinen Haus gelebt. Ich habe dann

gearbeitet und die Kinder sind auf die Welt gekommen. November oder Dezember 2017

ging ich weg nach Istanbul und meine Frau blieb dort mit den Kindern. In Istanbul habe ich

nicht gearbeitet. Ich lebte dort im Bezirk – XXXX im kleinen Ort XXXX. Ich lebte

dort alleine. Mein Vater versorgte meine Frau und die Kinder. Vor ca. 1,5 Jahren zog meine

Frau mit den Kindern noch näher zu meinen Eltern und zogen um.

F: Hat Ihre Familie irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland, z.B. Häuser, Grund?

A: Mein Bruder hat die Landwirtschaft, meine Brüder XXXX hat eine XXXX.

F: Haben Sie bislang eine Ehe geschlossen?

A: Ja.

F: Haben Sie eine Zweitfrau?

A: Nein.

F: Waren Sie zuvor schon einmal verheiratet?

A: Nein.

F: War Ihre Frau zuvor schon jemals verheiratet und gibt es Kinder aus dieser Beziehung?

A: Nein.

F: Gibt es bezüglich Ihrer Heirat eine Urkunde, Fotos oder andere Unterlagen?

A: Meine Frau hat die Heiratsurkunde.

F: Wo sind Ihre Kinder geboren?

A: In XXXX und die Älteste in XXXX.

F: Besitzen Ihre Kinder eine Geburtsurkunde?

A: Ja.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie? Gibt es eine Telefonnummer unter der Ihre Familie

erreichbar ist?

A: Ja zu meiner Frau +90 XXXX.

F: Unter welchen Umständen lebt Ihre Familie, wovon bestreiten Ihre Angehörigen den

Lebensunterhalt, wer versorgt sie etc.?

A: Meine Frau ist Hausfrau, die Kinder gehen in die Schule und mein Vater und mein Bruder

versorgen sie.

F: Haben Sie noch Freunde oder Bekannte in der Heimat?

A: Ja.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihren entfernten Verwandten?

A: Ja.

F: Könnten Sie im Falle der Rückkehr in Ihr Herkunftsland wieder an Ihrer Wohnadresse

bzw. bei Verwandten wohnen?

A: Ja, das könnte ich.

F: Waren Sie nur in Ihrem Heimatort oder kennen Sie sich in anderen Teilen von der Türkei aus und wenn ja, wo haben Sie sich schon aufgehalten bzw. wohin sind Sie gereist (z.B. Verwandtenbesuche, Schulaufenthalte etc.?)

A: Istanbul, XXXX – eigentlich in vielen Teilen

der Türkei.

Angaben zum Fluchtweg:

F: Wann haben Sie sich entschlossen die Heimat zu verlassen?

A: Im Jänner 2019

Vorhalt: Bei der EV vor der LPD meinten Sie vor ca. 4 oder 5 Monaten, das wäre dann Juni

oder Juli 2019 gewesen. Was sagen Sie dazu?

A: Das stimmt, aber ich konnte nicht in Istanbul leben und im Jänner habe ich schon gedacht, dass ich weg muss, aber den tatsächlichen Entschluss fasste ich 4-5 Monate vor der Ausreise.

F: Haben sie die Türkei vorher schon einmal verlassen?

A: Ja einmal, das war 1994 ich ging nach Deutschland für ca. 2 Monate. Dann ging ich wieder zurück. Auf Nachfragen gebe ich an, dass ich HDP-Informationen weitergeben wollte. Wir haben es aber nicht geschafft und ich ging wieder zurück. Ich war mit HDP-Freunden.

F: Warum Deutschland?

A: Viele Kurden leben in Deutschland.

F: Können Sie sich an Ihre Angaben zum Reiseweg, die Sie in der LPD Salzburg gemacht haben, erinnern?

A: Ich bin am 9. oder 10.11.2019 illegal aus der Türkei – Istanbul nach Adrna, dann über die

Grenze in einem LKW ausgereist. Am 12.11.2019 kam ich in Wien an.

F: Haben Sie zum Reiseweg noch etwas zu sagen?

A: Nein.

F: Wie viel mussten Sie für die Schleppung bezahlen?

A: 5000 €.

F: Woher haben Sie das Geld?

A: Ich habe das Geld gespart.

F: Mit welchem Dokument sind Sie gereist?

A: Ich bin ohne Dokumente illegal gereist.

F: Haben Sie in einem anderen Land schon einmal einen Asylantrag gestellt?

A: Nein.

F: Warum sind Sie ausgerechnet nach Österreich gereist?

A: Ich habe meinen Bruder hier, er arbeitet in Deutschland. Mein Cousin arbeitet in Österreich.

Angaben zum Fluchtgrund:

F: Sind Sie in Ihrer Heimat oder in einem anderen Land vorbestraft bzw. haben Sie im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen?

A: Ja.

F: Was haben Sie getan?

A: Ja, ich war ein Mitglied bei der HDP-Partei und bekam von der türkischen Regierung eine Strafe. Das war 2009, ich bekam eine Geldstrafe in der Höhe von ca. 10000 USD und ich wurde inhaftiert.

F: Von wann bis wann wurden Sie inhaftiert?

Anmerkung: Der AW kann nicht auf Anhieb sagen von wann bis wann er inhaftiert war. Er muss lange überlegen und meint dann.

A: 05.06.2018 bis 11.06.2018 für 5 Tage.

F: Wo wurden Sie inhaftiert?

A: In XXXX.

F: Werden Sie in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder

einer sonstigen Behörde gesucht?

A: Ja, ich werde von der Sicherheitspolizei gesucht.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals von den Behörden angehalten, festgenommen oder

verhaftet?

A: Ja, am 05.06.2018. Aber ich wurde schon mehrmals festgenommen, die Daten weiß ich

nicht.

F: Wie oft wurden Sie festgenommen?

A: Ca. 4 Mal. Auf Nachfragen gebe ich an, dass es erstmals für 1 Monat in Dezember 2017

war und letztmals im Juni 2018 für 5 Tage. Februar 2018 wurde ich nochmals für 4 Wochen

eingesperrt und dann nochmals 3 Wochen im April 2018.

Ansonsten wurde ich niemals verhaftet.

F: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme mit den Behörden?

A: Nein.

F: Waren Sie in Ihrer Heimat jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei?

A: Ich bin Mitglied der HDP (Kurdische Partei).

F: Seit wann sind Sie Mitglied?

A: Seit 2001.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer politischen

Gesinnung verfolgt?

A: Ja, ich hatte eine andere Meinung und ich bin Kurde.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Rasse verfolgt?

A: Ja, ich bin ein Kurde.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion verfolgt?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Nationalität,

Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?

A: Ja, als Kurde.

F: Was war der konkrete Grund, warum Sie die Heimat verlassen haben? Erzählen Sie bitte

möglichst chronologisch über alle Ereignisse, die Sie zum Verlassen der Heimat veranlasst

haben (freie Erzählung)!

A: Der Hauptgrund ist, dass ich politische Probleme mit der Regierung habe. Weil die türkische Regierung die Menschen sucht, die mit der HDP-Partei gearbeitet hat. Viele Freunde von mir wurden schon festgenommen und sind jetzt im Gefängnis. Ich hatte Angst und deshalb bin ich geflüchtet. Ich hatte auch Angst, da mich die Polizei im Gefängnis geschlagen hat und mich verletzte. Das war 2017. Auf Nachfragen gebe ich an, dass es im Dezember 2017 war, als ich inhaftiert war. Im November 2019 wurden schon viele Freunde von mir festgenommen und ich dachte ich muss aus der Türkei reisen.

Anmerkung: Der Fluchtgrund wird rückübersetzt.

F: Wurde alles richtig protokolliert?

A: ja, es passt alles.

F: Möchten Sie noch etwas ergänzen oder korrigieren?

A: Nein.

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals, ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas vorbringen möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Nein, ich habe alles erzählt. Ich habe keine weiteren Gründe mehr vorzubringen.

Pause von 11:25 bis 12:15

F: Wie heißt die politische Gruppierung genau der Sie angehören? Zeichnen Sie auch das

Logo und die Fahne der Partei auf.

Aufforderung: Der AW wird aufgefordert die genaue Bezeichnung der Gruppierung

aufzuschreiben. Der handgeschriebene Zettel wird dem Akt beigelegt.

A: Das Logo ist ein Baum, die Blätter sind grün, die Buchstaben sind hellrot HDP, der Stamm ist auch hellrot, der Hintergrund ist gelb, der Baum ist auf einem Kreis. Es gibt auch eine Fahne, sie hat 3 Farben grün-rot-gelb (oben grün, dann rot in der Mitte und gelb ganz unten)

F: Handelt es ich sich um eine politische Gruppierung oder eine anerkannte politische Partei?

A: Es ist eine politische Partei.

F: Seit wann sind Sie Mitglied bei der Partei?

A: Seit 2001

F: Waren Sie registriertes Mitglied dieser Partei?

A: Ja, seit 2016 bin ich offiziell registriert.

F: Zahlten Sie einen Mitgliedsbeitrag?

A: Nein.

F: Gibt es einen Ausweis für Mitglieder?

A: Ja, aber ich habe keinen.

F: Warum nicht?

A: Der Ausweis ist in der Türkei, den habe ich nicht dabei.

Aufforderung: Sie werden aufgefordert, diesen Ausweis bis 17.03.2020 (1 Woche) der Behörde vorzulegen. Geben Sie auch das Kuvert hier ab mit dem dieser Ausweis geschickt wurde.

F: Haben Sie das verstanden?

A: Ja, das werde ich tun. Wenn ich ihn finde, werde ich den Ausweis bringen.

F: Übten Sie in dieser Partei eine bestimmte Funktion aus?

A: Nein, ich war nur ein freiwilliges Mitglied.

Aufforderung: Nennen Sie die genaue Adresse der Partei in XXXX.

A: XXXX.

F: Woher haben Sie die Mitgliedsbestätigung?

A: Ich bekam sie von meinem Freund aus der Türkei zugeschickt. Er schickte sie mir vor ca. 1 Monat nach Österreich. Der Freund heißt XXXX und er wohnt in XXXX. Ich habe ihn angerufen und gesagt, dass ich das brauche.

F: Warum steht dann das Datum 11.10.2016 und nicht 10.02.2020 auf der Bestätigung?

A: Das Datum steht für die Mitgliedschaft seit 11.10.2016.

F: Wer hat Sie unterschrieben?

A: Der Bürochef in XXXX, wie er heißt weiß ich nicht.

F: Haben Sie auch unterschrieben?

A: Nein.

F: Aber das ist Ihrer Unterschrift auf dem Zettel:

A: Ja, ich habe den Zettel dann in Österreich unterschrieben.

Vorhalt: Dem AW wird vorgehalten, dass der Zettel mit demselben Kuli und derselben Schrift ausgefüllt und unterschrieben wurde, das ist unmöglich.

F: Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe den Zettel so bekommen und habe ihn nicht selbständig in Österreich ausgefüllt.

Aufforderung: Beschreiben Sie Ihre konkreten Aufgaben die Sie für die Partei ausübten und

geben Sie auch den Zeitraum und die Örtlichkeit an.

A: Ich habe die Werbungen für die Partei verteilt für die Kurden im Ort.

F: Warum sympathisieren Sie ausgerechnet für diese Partei?

A: Das ist eine Kurdenpartei und wir sind Kurden und wir möchten unsere Situation verbessern. Es ist eine sehr bekannte Partei in der Türkei.

F: Was sind die Ziele dieser Partei?

A: Das Ziel ist, dass die Kurden ein eigenes Land und eine eigene Sprache und eine eigene Politik haben.

F: Ist die beschriebene Fahne eine Parteifahne oder die Fahne von Kurdistan?

A: Diese gehört der Partei, aber es ist auch gleichzeitig die Kurdistanfahne.

F: Bei welcher (landesweiten) Wahl ist Ihre Partei zuletzt angetreten?

A: Präsidentschaftswahl vor ca. 40 Jahren.

F: Danach trat Ihre Partei nicht mehr bei Wahlen an?

A: Nein.

F: Wie viel Prozent der Stimmen erhielt Ihre Partei ungefähr bei der letzten landesweiten Wahl?

A: Sie erhielten 36 % 2015.

F: Waren nach 2015 nochmals Wahlen bei denen die Partei antrat?

A: Ja es waren Gemeindewahlen im März 2016.

F: Wie heißt der Führer der HDP?

A: Selahattin Demirtas, er ist im Gefängnis in Istanbul.

F: Wie heißt die Schwesterpartei der HDP?

A: Das weiß ich nicht.

F: Beobachten Sie das Geschehen in Ihrer Partei auch seit ihrer Ankunft in Österreich, Wenn ja, auf welche Art und Weis informieren Sie sich und was können Sie darüber berichten (Zeitraum seit Ankunft in Ö.)

A: Es gibt in Österreich keine Abspaltung der HDP und ich informiere mich auch nicht und ich weiß auch keine Neuigkeiten.

F: Warum glauben Sie, dass Sie als angeblich einfaches Mitglied, das Werbung verteilt, für die türkische Regierung von Bedeutung sind?

A: Weil sie nicht wollen, dass man mit der Partei zu tun hat oder ihr hilft oder sie vergrößert oder sie verbessert.

F: Waren Sie aktiv an einer Verbesserung der Partei beteiligt und wenn ja wie?

A: Ja, ich war sehr aktiv beim Werbungverteilen und auch bei der Verteilung der Meinung.

F: Wo haben Sie das getan?

A: In der Kurdenregion und auch in der türkischen Region, aber dort geheim.

F: Wusste die türkische Regierung von ihren Aktivitäten, wenn diese geheim waren?

A: Ja, sie wusste es aber trotzdem.

Vorhalt: Bei der EV vor der BFA am XXXX in St. Georgen/Attergau meinten Sie, dass Sie im Jahr 2006 einmal für 2 Monate in Haft waren. Jetzt meinten Sie, dass Sie 2009, Dezember 2017, Februar 2018, April 2018 und Juni 2018 inhaftiert wurden.

F: Was sagen Sie dazu?

A: Bei der ersten Befragung wurde ich nicht so viel gefragt und deshalb sagte ich nur einmal.

Aufforderung: Beschreiben Sie nochmals genau die Zeitpunkte Ihrer Verhaftung und die Gründe dafür.

A: 1. Verhaftung – Sommer 2016, bei einem Konzert in XXXX wurde ich von der Polizei

verhaftet und wurde eingesperrt, weiß aber nicht mehr wie lange. 2. Verhaftung – Sommer

2017, ich habe Werbung aufgeklebt und wurde von der Polizei verhaftet und wurde ca. 1

Monat eingesperrt. 3. Verhaftung – Dezember 2018, wir hatten eine HDP Besprechung auf

einem großen Platz und dann kam die Polizei und hat uns festgenommen und ich kam für 2

Monate ins Gefängnis. 4. Verhaftung – März 2018, ich habe unseren Parteichef des Ortes

getroffen in XXXX in seinem Zuhause getroffen und wir wurden von der Sicherheitspolizei verhaftet und für ca. 2 Wochen eingesperrt. Sonst gab es keine Verhaftungen.

F: Was habe Sie in Istanbul getan?

A: In Istanbul war ich nicht so aktiv, dort habe ich mich versteckt, bis zur Ausreise aus der Türkei.

Vorhalt: Oben meinten Sie, dass Sie schon im Nov. oder Dezember 2017 nach Istanbul gingen um dort Arbeit zu suchen.

F: Was sagen Sie dazu?

A: Ich suchte Arbeit fand aber keine offizielle Arbeit.

F: Konnten Sie unbehelligt in Istanbul leben?

A: Nein, gar nichts.

Vorhalt: Bei der EV vor der BFA am XXXX in St. Georgen/Attergau meinten Sie, dass

Sie die letzten 6 Monate – Mai 2019 bei Verwandten in Istanbul gelebt haben und vorher

bei Ihrer Familie in XXXX, XXXX. Jetzt meinten Sie, dass Sie im November oder

Dezember 2017 alleine nach Istanbul gingen und dort auch alleine lebten um Arbeit zu finden.

F: Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe 2009 nur Kollegen in Istanbul besucht.

F: Ist aus Ihrer Familie noch jemand bei der HDP-Partei?

A: Ja, mein Bruder XXXX mein Cousin und noch einige Bekannte.

F: Was tut XXXX in der Türkei?

A: Er hat auch eine Landwirtschaft.

F: Kann er unbehelligt in der Türkei leben.?

A: Ja. Er wurde auch noch nie verhaftet.

F: Kann Ihre Frau und Ihre Kinder auch unbehelligt in der Türkei leben?

A: Ja.

F: Was tut XXXX Ihr Cousin?

A: Er hat ein Kaffee und kann unbehelligt dort leben. Er wurde noch nie verhaftet.

F: Gab es jemals bis zu den besagten Vorfällen auf Sie irgendwelche Übergriffe oder ist an

Sie persönlich jemals irgendwer herangetreten?

A: Nein.

F: Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?

A: Ich habe Angst, aber ich glaube ich werde festgenommen und komme ins Gefängnis.

F: Hätten Sie Probleme mit der Polizei oder anderen Behörden im Falle Ihrer Rückkehr?

A: Ja.

F: Warum sind Sie nicht in eine andere Stadt oder in einen anderen Landesteil gezogen?

A: Ich werde in der ganzen Türkei gesucht.

F: Wissen Sie über die aktuelle politische Lage und über die Sicherheitslage in Ihrer Heimat

Bescheid?

A: Ja, darüber weiß ich Bescheid.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die in die vom Bundesasylamt

zur Beurteilung Ihres Falles herangezogenen allgemeinen Länderfeststellungen des BFA zu

Ihrem Heimatland samt den darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls

schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf

Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer

Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch

Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

Sie haben die Möglichkeit dazu im Rahmen des Parteiengehörs schriftlich Stellung zu nehmen. Möchten Sie die Erkenntnisse des BFA Ihr Heimatland betreffend in Kopie mitnehmen und eine schriftliche Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen dazu abgeben?

A: Nein, ich kenne die allgemeine Situation in meiner Heimat. Ich verzichte darauf. Ich möchte keine schriftliche Stellungnahme dazu abgeben.

Angaben zum Privat- und Familienleben:

F: Wann sind Sie nach Österreich eingereist?

A: 12.11.2019.

F: Seit wann sind Sie in Österreich aufhältig?

A: 12.11.2019.

F: Hatten Sie in Österreich oder in der EU jemals einen gültigen Aufenthaltstitel oder Visum

zur Begründung eines legalen Aufenthaltes?

A: Nein.

F: Wie sieht Ihr Alltag in Österreich aus?

A: Ich mache Sport und gehe mit den Kindern meines Cousins spazieren, Internet im Kaffee

etc.

F: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen?

A: Nein.

F: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich? Welche Unterstützungen

beziehen Sie?

A: Mein Cousin versorgt mich.

F: Haben Sie einen abgeschlossenen Deutschkurs mit mindestens dem Niveau A2? Wie

schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?

A: Nein.

F: Verfügen Sie über einen Schulabschluss, der der allgemeinen Universitätsreife entspricht

oder haben Sie einen Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich eine Schule, Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert? Wie

war das Ergebnis, bzw. was resultierte daraus?

A: Nein.

F: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation?

A: Nein.

F: Haben Sie Freunde oder Bekannte, die Sie bereits aus Ihrem Heimatland her kennen, in

Österreich?

A: Mein Bruder ist in Deutschland, mein Cousin ist in 6020 Innsbruck in der XXXX.

F: Haben Sie nahe Verwandte oder Familienangehörige in Österreich?

A: Ja, meinen Cousin.

F: Waren Sie jemals Zeuge oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem

Prostitutionshandel?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Österreich jemals Opfer von Gewalt und haben Sie sich diesbezüglich an

die örtlichen Sicherheitsbehörden bzw. an ein Gericht (§382e EO – Allgemeiner Schutz vor

Gewalt) gewandt?

A: Nein.

[…]

A: Ja.

F: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie zu Ihrem Asylverfahren sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?

A: Nein, ich habe alles gesagt.

F: Hatten Sie die Gelegenheit alles zu sagen, was Sie wollten?

A: Ja, das hatte ich. Ich hatte die Gelegenheit, alles vorzubringen, was mir wichtig war. Erklärung: Ihnen wird die mit Ihnen aufgenommene Niederschrift vom Dolmetscher rückübersetzt. Sie können im Anschluss daran Korrekturen oder Ergänzungen machen oder Rückfragen stellen, wenn Ihnen etwas nicht klar und verständlich erscheint. Mit Ihrer Unterschrift bestätigten Sie, dass Ihre Angaben hier inhaltlich richtig und vollständig wiedergegeben wurden.

[…]

F: Hatten Sie während dieser Befragung irgendwelche Probleme?

A: Nein, ich hatte keine Probleme.

F: Haben Sie alles verstanden bzw. konnten Sie der Vernehmung ohne Probleme folgen?

A: Ja, ich habe alles verstanden und konnte der Vernehmung ohne Probleme folgen.

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstehen

können?

A: Ja, ich konnte den Dolmetscher sehr gut verstehen und habe alles verstanden.

F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch

vom Verständnis her?

A: Ja.

F: Wollen Sie abschließend noch etwas anführen?

A: Nein, ich habe nichts mehr zu sagen.

Pause von 14:05 bis 14:15

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt.

Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst,

wurde Ihre Einvernahme richtig und vollständig protokolliert?

A: Es war alles korrekt. Es hat alles gepasst. Ich habe nichts mehr hinzuzufügen.

Vermerk: Ausdrücklich wird festgehalten, dass der Antragsteller während dieser

Vernehmung zeitlich und örtlich orientiert war, der Antragsteller einen völlig normalen

Eindruck machte, auf die Fragen klar und spontan antwortete. Es ergaben sich während

dieser Vernehmung keinerlei Anzeichen, dass der Asylwerber psychisch beeinträchtigt

wäre.

…“

? Ihr Personalausweis wurde am 13.03.2020 auf seine Echtheit geprüft. Das

Ergebnis ist im Akt ersichtlich.

- Die Mitgliedsbestätigung von der HDP wurde am 13.03.2020 zur Übersetzung

weitergeleitet. Das Ergebnis langt am 14.04.2020 ha ein.

- Sie wurden bei der Einvernahme am 11.03.2020 aufgefordert den Originalmitgliedsausweis bis 17.03.2020 der Behörde vorzulegen. Bis dato legten sie keinen Originalausweis vor.

- Die behördliche Entscheidungsfrist war gem § 2 Abs 1 Z 2 COVID-19-VwBG vom 22.03.2020 bis einschließlich 30.04.2020 gehemmt.

?        Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

[…]“

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Relevante Abschiebungshindernisse lägen demnach nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht gegeben. Ein die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht gegeben sein und werde daher eine Rückkehrentscheidung verfügt.

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und angemerkt, dass die Aussagen der bP in den Wesentlichen Punkten kohärent gewesen seien. Hätte die bP eine durchschnittliches Bildungsniveau und die Beeinträchtigung durch die Flucht nicht, so hätte sie ihre Fluchtgründe nachvollziehbar, lückenlos und verständlich darlegen können. Konkrete Einwände gegen die Beweiswürdigung erfolgen in der Beschwerde nicht. Nach Ausführungen der allgemeinen Lage in der Türkei, wo Systemkritiker verfolgt werden würden, sei es nachvollziehbar, dass auch die bP auf Grund ihrer Unterstützung der HDP verfolgt und misshandelt worden sei. Die bP habe keinen Bezug mehr zu ihrem Herkunftsland und es sei für die 45-jährige bP nicht mehr möglich, sich in seinem Herkunftsstaat eine Existenz aufzubauen

Abschließend wird die neuerliche Einvernahme der bP und Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Identität und Herkunftsstaat

Name und Geburtsdatum (wie im Einleitungssatz des Spruches angeführt) stehen (lt. Bundesamt) fest. Da dem BVwG selbst keine nationalen, mit Lichtbild versehenen Identitätsdokumente im Original vorlagen, kann mangels Überprüfbarkeit, seitens des BVwG dazu keine eigene Feststellung getroffen werden.

Die bP ist der Volksgruppe der Kurden und dem muslimischen Glauben zugehörig.

Ihre Staatsangehörigkeit und der hier der Prüfung zugrundeliegende Herkunftsstaat ist die Türkei.

1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnisse vor der Ausreise

Die bP ist in XXXX geboren und absolvierte in XXXX ihre Schulbildung.

Sie wohnte bis Ende 2017 in XXXX und danach bei Verwandten in Istanbul, Bezirk XXXX im kleinen Ort XXXX.

Ihren Lebensunterhalt bestritt sie von 2013 bis 2016 als selbstständiger Fliesenleger; von 2016 weg hatte sie keine fixe Arbeit mehr, sondern verdiente sich ihren Lebensunterhalt mit kleineren Hilfsarbeiten. In Istanbul ist sie keiner Arbeit nachgegangen.

Der Bruder der bP hat vom Vater dessen große Landwirtschaft übernommen. Die Brüder XXXX und XXXX besitzen in der Türkei eine Baufirma. Ein Bruder betreibt dort ein Cafe.

1.3. Aktuelles familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat

Die bP ist verheiratet und hat 3 Töchter und einen Sohn. Die Gattin ist Hausfrau. Die Familie der bP lebt in der Nähe seiner Eltern in XXXX und wird vom Vater und vom Bruder der bP versorgt. Aktuell befinden sich die Eltern in XXXX in einer Klinik. Die bP hat 5 Brüder und 3 Schwestern, welche bis auf eine Schwester alle im näheren Umkreis des elterlichen Anwesens leben. Im elterlichen Haus in XXXX lebt ein Bruder mit seiner Familie und betreibt die Landwirtschaft. Eine Schwester ist in Deutschland verheiratet. Darüber hinaus verfügt die bP in der Türkei über 12 Tanten und einen Onkel. Der Onkel sowie ein Bruder der bP leben in Deutschland. Vier Cousins leben in Österreich

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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