TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/18 L527 2196428-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.11.2020
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Entscheidungsdatum

18.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


L527 2196428-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Helmut BLUM, LL.M., MAS, Mozartstraße 11/6, 4020 XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2018, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

I. den Beschluss gefasst:

A) Soweit die Beschwerde die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und § 56 AsylG 2005 beantragt, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II. zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 3 Absatz 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 8 Absatz 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

C) Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Absatz 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Absatz 2 Z 2 und Absatz 9, § 46 und § 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.

D) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist mit XXXX (L527 2196424-1) in aufrechter Ehe verheiratet. XXXX (L527 2196426-1) und XXXX (L527 2211711-1) sind die leiblichen minderjährigen Söhne der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte stellten nach ihrer legalen Ausreise aus dem Iran und der illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 18.01.2016 Anträge auf internationalen Schutz. In ihrer Erstbefragung am Folgetag der Antragstellung gab die Beschwerdeführerin an, dass sie konvertieren und nicht im Iran leben wolle.

Der minderjährige ältere Sohn der Beschwerdeführerin wurde am XXXX in Österreich geboren und stellte durch seinen Vater (gesetzlicher Vertreter) am 12.12.2016 im Familienverfahren einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte wurden am 13.03.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde) einvernommen. Eingangs bejahte die Beschwerdeführerin, die Frage ob sie bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe. Die Verständigung in der Erstbefragung mit dem Farsi sprechenden Dolmetscher sei gut gewesen. Ihr seien die damaligen Angaben aber nicht rückübersetzt worden. Die Beschwerdeführerin bestätigte in der Folge eine Abschrift der Erstbefragung erhalten zu haben und diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben überprüft zu haben. Demnach sei alles korrekt protokolliert worden. Zu den Gründen ihrer Ausreise aus dem Heimatland befragt, legte die Beschwerdeführerin dar, dass sich ein in seinem Verhalten früher grober Freund bzw. Kollege ihres Ehegatten aufgrund des Christentums zum Positiven gewandelt habe. Dieser habe ihren Ehegatten auf dessen Bitte zu einem Besuch einer Hauskirche eingeladen. Sie habe ebenfalls unbedingt teilnehmen wollen. Sie und ihr Ehegatte seien an zwei Sonntagen in der Kirche gewesen. Am Weg zum dritten Kirchenbesuch seien sie vom Freund ihres Ehegatten telefonisch gewarnt worden, dass die Kirche bereits verraten worden wäre. Deshalb seien sie umgekehrt und hätten das Land noch an diesem Tag verlassen. Die Beschwerdeführerin erklärte zudem, jetzt Christin zu sein, wobei sie gleichzeitig hervorhob, dass dies keineswegs bedeute, dieser Religion anzugehören. Vielmehr sei sie ohne Bekenntnis. Neben weiteren Fragen zu ihrem Fluchtgrund, speziell zum Besuch der Hauskirche, wurden der Beschwerdeführerin auch zahlreiche Fragen zu ihrer Konversion und ihrem religiösen Leben in Österreich sowie ihrer Integration gestellt.

Die Behörde erachtete das Vorbringen der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten zu ihren Fluchtgründen für nicht glaubhaft. Mit Bescheiden vom 18.04.2018 wies sie den Antrag der Beschwerdeführerin, ihres Ehegatten und des älteren minderjährigen Sohns auf internationalen Schutz jeweils sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Sie erteilte jeweils keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI).

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte und ihr älterer minderjähriger Sohn im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung in vollem Umfang die vorliegende - gemeinsam verfasste - Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Die Rechtssache wurde zunächst der Gerichtsabteilung L516 des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom September 2018 wurde das Verfahren der nunmehr zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung L527 zugewiesen.

Der minderjährige jüngere Sohn der Beschwerdeführerin XXXX wurde am XXXX in Österreich geboren und stellte durch die Beschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin am 29.08.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 16.11.2018 wurde die Beschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin des jüngeren minderjährigen Sohnes - im Beisein einer Vertrauensperson - von der belangten Behörde zu dessen Antrag auf internationalen Schutz einvernommen.

Mit Bescheid vom 22.11.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des jüngeren minderjährigen Sohnes der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ebenfalls ab (Spruchpunkte I und II). Sie erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI).

Gegen den Bescheid vom 22.11.2018 erhob der jüngere minderjährige Sohn der Beschwerdeführerin im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung ebenfalls in vollem Umfang Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Note vom 20.12.2019 forderte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführerin unter Einräumung einer zweiwöchigen Frist konkret zur näher bezeichnete Mitwirkung im Verfahren auf: Die Beschwerdeführerin sollte dem Bundesverwaltungsgericht alle bislang nicht vorgebrachten bzw. neuen Tatsachen (insbesondere betreffend ihre Glaubensaktivitäten und Lebenssituation in Österreich) sowie allfällige sonstige wesentliche Änderungen oder Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bekannt geben und alle Beweismittel vorlegen. Überdies sollte die Beschwerdeführerin angeben, ob sie die in der Beschwerde beantragte zeugenschaftliche Einvernahme von Mag. XXXX aufrechterhalte. Sollte Letzteres der Fall sein, forderte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführerin auf, diesen Beweisantrag zu präzisieren und zu konkretisieren.

Des Weiteren beraumte das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 20.12.2019 für 04.02.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung an, übermittelte der Beschwerdeführerin das aktuelle Länderinformationsblatt für den Iran und ersuchte sie abermals um Mitwirkung am Verfahren.

Die Beschwerdeführerin ersuchte im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung mit Eingabe vom 02.01.2020 um eine Fristverlängerung zur Vorlage der Unterlagen. Diesem Antrag entsprach das Bundesverwaltungsgericht und gewährte der Beschwerdeführerin eine Verlängerung der Frist bis 15.01.2020.

Mit Eingabe vom 15.01.2020 erstattete die Beschwerdeführerin im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eine Stellungnahme, hielt den Beweisantrag bezüglich der zeugenschaftlichen Einvernahme von Mag. XXXX unter näherer Konkretisierung aufrecht und legte Bescheinigungsmittel vor.

Das Bundesverwaltungsgericht forderte die belangte Behörde am 03.02.2020 telefonisch auf, zu den Ausführungen in der Beschwerdevorlage bezüglich der in der Einvernahme am 13.03.2018 herangezogenen Dolmetscherin ehestmöglich Beweismittel vorzulegen. Dieser Aufforderung entsprach die belangte Behörde am 03.02.2020 durch Übermittlung entsprechender Unterlagen per Telefax.

In der Verhandlung am 04.02.2020 vernahm das Bundesverwaltungsgericht - im Beisein des bevollmächtigten Rechtsanwalts - die Beschwerdeführerin, ihren Ehegatten, den von der Beschwerdeführerin beantragten Zeugen Mag. XXXX und die – amtswegig geladene – Zeugin XXXX . Die belangte Behörde hatte schon im Vorfeld erklärt, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Teilnahme daran zu verzichten. Die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte und ihre minderjährigen Söhne legten zahlreiche Bescheinigungsmittel zum Beleg ihrer Integration und ihrer religiösen Aktivitäten in Österreich vor.

Die Beschwerden des Ehegatten und der minderjährigen Söhne der Beschwerdeführerin gegen die Bescheide der belangten Behörde wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag ebenfalls als unbegründet abgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Sie ist eine erwachsene, arbeitsfähige weibliche Drittstaatsangehörige, konkret: iranische Staatsangehörige. Ihre Muttersprache, die sie in Wort und Schrift beherrscht, ist Farsi. Die Beschwerdeführerin hat außerdem geringe Deutschkenntnisse (siehe unten). Die Beschwerdeführerin gehört der Volksgruppe der Perser und/ oder der Volksgruppe der Gilaker an und wurde als Muslima (Schiitin) geboren; mittlerweile bezeichnet sie sich als protestantische/ evangelische Christin. Die Beschwerdeführerin leidet an keiner schweren oder gar lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankung. Sie hat keine chronischen Erkrankungen und Leiden. Sie ist gesund. Die Beschwerdeführerin ist mit XXXX (L527 2196424-1) seit 2009 in aufrechter Ehe verheiratet. XXXX (L527 2196426-1) und XXXX (L527 2211711-1) sind die leiblichen minderjährigen Söhne der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten.

Die Beschwerdeführerin wurde in XXXX , in der Provinz XXXX , geboren, wuchs dort auf und lebte dort bis zu ihrer Ausreise, und zwar gemeinsam mit ihrem Ehegatten in einer Wohnung; sie und ihre Familie konnten den Alltag problemlos finanziell bestreiten. Die finanzielle Situation der Familie vor der Ausreise war gut. Die Beschwerdeführerin besuchte in ihrem Herkunftsstaat in XXXX eine Schule und schloss sie mit Matura ab. Anschließend arbeitete die Beschwerdeführerin für etwa zwei Jahre als Textilverkäuferin. Zuletzt führte sie im Herkunftsstaat den Haushalt. Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Herkunftsstaat Familie/ Verwandte, namentlich ihre Eltern, zwei Brüder und vier Schwestern. Der Vater befindet sich bereits im Ruhestand. Ein Bruder arbeitet im Zollbereich und ein Bruder ist als Ingenieur für Motoren in einer Schiffswerft beruflich tätig. Die Mutter und die vier Schwestern führen den jeweiligen Haushalt ihrer Familien. Die Beschwerdeführerin steht mit ihrer Familie oftmals - etwa jeden zweiten oder dritten Tag - in Kontakt.

Die Beschwerdeführerin reiste legal Mitte November 2015 - das genaue Datum kann nicht festgestellt werden - aus dem Iran aus und etwa Mitte Jänner 2016 illegal in Österreich ein. Am 18.01.2016 stellte die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführerin bezieht seit Mitte Jänner 2016 laufend Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber; sie wohnt gemeinsam mit ihrem Ehegatten und ihren minderjährigen Söhnen in einer organisierten Unterkunft für Asylwerber. Die Beschwerdeführerin war und ist nicht legal erwerbstätig. Einstellungszusagen brachte die Beschwerdeführerin nicht in Vorlage.

Die Beschwerdeführerin verfügt über Deutschkenntnisse, die es ihr erlaubten, die in der Verhandlung am 04.02.2020 in deutscher Sprache gestellten (einfachen) Fragen auf einfache Weise gerade zu beantworten. Die Beschwerdeführerin besucht(e) in Österreich mehrere Deutschkurse: Deutschkurs für Asylwerber am Bundesgymnasium XXXX (Schuljahr 2015/16), Deutschkurs der Caritas - Niveau Basiskenntnisse Deutsch im Ausmaß von sechs Unterrichtseinheiten wöchentlich (Juli bis September 2017) und Deutschkurs für Asylwerber am Bundesgymnasium XXXX - Niveau A2. Ferner hat die Beschwerdeführerin die Prüfung hinsichtlich des Deutschkurses Niveau Basiskenntnisse Deutsch mit sehr gutem Erfolg absolviert und die Prüfung „ÖSD Zertifikat A1“ „gut bestanden“ (Prüfungsdatum: 04.07.2019). Die Beschwerdeführerin hat zudem am 09.11.2017 am Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds teilgenommen.

Abgesehen von der Mitgliedschaft in einer christlichen Gemeinde (evangelische Pfarrgemeinde A.B. XXXX ) und der Teilnahme am Gemeinschaftsleben der Glaubensgemeinschaft (siehe 1.2.) ist die Beschwerdeführerin nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv; sie ist ansonsten auch nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich und auch nicht ehrenamtlich/ gemeinnützig tätig.

Die Beschwerdeführerin hat - abgesehen von ihrem Ehegatten und ihren zwei minderjährigen Söhnen - keine Verwandten in Österreich. Die Beschwerden ihres Ehegatten und ihrer minderjährigen Söhne gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2018 (bezüglich des Ehegatten und des älteren minderjährigen Sohns) und vom 22.11.2018 (bezüglich des jüngeren minderjährigen Sohns) wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag ebenfalls rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin verfügt hier über einen Freundes- und Bekanntenkreis, dem auch österreichische Staatsangehörige beziehungsweise in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigte Personen angehören. Dabei handelt es sich vor allem um Personen, die die Beschwerdeführerin über Mag. XXXX - einen Theologen, Religionspädagogen und Ethiklehrer - kennt, der Taufpate der beiden minderjährigen Söhne ist. Beispielsweise sind hier XXXX , der zusätzlich die Funktion des Taufpaten für eines der minderjährigen Kinder übernahm, und Prok. XXXX , Msc. sowie Mag.a XXXX und MMag. XXXX zu nennen. Schließlich jene Personen, die die Beschwerdeführerin als XXXX , XXXX , XXXX und XXXX bezeichnet und etwa aus ihren christlichen Gemeinden und aus einer Unterkunft für Asylwerber kennt. Diese Personen und die Beschwerdeführerin stehen privat in Kontakt und unternehmen gelegentlich gemeinsam Freizeitaktivitäten, z. B. treffen sie sich und trinken Kaffee oder kochen, feiern gemeinsam Weihnachten und Ostern oder unternehmen gemeinsame Ausflüge. Auch wird die Beschwerdeführerin von diesen Personen, etwa durch Zurverfügungstellung von Bekleidung für die minderjährigen Kinder oder bei Behördenkontakt, unterstützt. Die Beschwerdeführerin hat (neben Schreiben zu ihrer religiösen Betätigung) im gegenständlichen Verfahren mehrere Unterstützungserklärungen von zuvor genannten Personen vorgelegt. Zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Bekannten/ Freunden besteht kein ein- oder wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf die Beschwerdeführerin keine Verurteilung auf.

1.2. Die Beschwerdeführerin war im Iran keiner aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle ihrer Rückkehr dorthin mit nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt. Dazu sei hervorgehoben:

1.2.1. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und den geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr:

1.2.1.1. Die Beschwerdeführerin ist aus ihrem Herkunftsstaat nicht geflohen, sie hat ihn legal verlassen, sie wurde dort nicht verfolgt oder bedroht. Namentlich wurde sie nie von Behörden in ihrem Herkunftsstaat verfolgt; es gab keine Übergriffe oder Misshandlungen durch Vertreter von Behörden. Die Beschwerdeführerin war im Iran nie in Haft, wurde nie strafrechtlich verurteilt und es besteht auch kein Haftbefehl gegen sie. Die iranischen Behörden such(t)en nicht bzw. der iranische Staat sucht(e) nicht nach der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin war in ihrem Herkunftsstaat weder aus Gründen der Religion noch aus anderen Gründen (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Die Beschwerdeführerin hatte weder wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch wegen ihrer politischen Gesinnung oder Religion Probleme.

Die Beschwerdeführerin pflegt in Österreich einen progressiven Kleidungsstil und trägt kein Kopftuch. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin sich mit den „westlichen“ Werten und einer „westlichen“ Lebensweise eindringlich auseinandergesetzt hat. Sie hat auch keine Lebensweise angenommen oder verinnerlicht, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung von Grundrechten zum Ausdruck kommt, wie sie in der Herkunftsregion der Beschwerdeführerin nicht möglich wäre. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin während ihres Aufenthalts in Österreich eine Lebensweise oder Werthaltung verinnerlicht hat, die ein Leben im Herkunftsstaat im Sinne einer Verfolgung, Gefahr oder Bedrohung, unmöglich machen würde (etwa wegen gesellschaftlicher oder kultureller Einschränkungen).

Von etwaigen oberflächlichen Informationen, wie sie allenfalls durch Schulbildung und allgemeinen, das heißt nicht spezifisch auf christliche Inhalte ausgerichteten, Medienkonsum erlangt werden können, abgesehen, hatte die Beschwerdeführerin vor ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat keine Kenntnisse über das Christentum. Die Beschwerdeführerin hatte sich vor ihrer Ausreise aus dem Iran nicht mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt, ihn nicht praktiziert und auch nicht beschlossen, Christin zu werden. Dergleichen und ein Abfall vom Islam wurden und werden der Beschwerdeführerin auch nicht unterstellt.

1.2.1.2. Nach ihrer Einreise war die Beschwerdeführerin zwei Tage in XXXX wohnhaft, wo sie eine Person namens Bruder XXXX kennenlernte. Durch diese Person fand sie Zugang zu einer christlichen Gemeinschaft und wurde am 04.04.2016 nach dem Ritus der „Perzische[n] Kerk Kores“ in Österreich getauft. Nach mehrmaliger Verlegung ihres Wohnsitzes in XXXX fand sie über iranische Staatsangehörige im Herbst 2016 Zugang zur evangelischen Pfarrgemeinde A. und H.B. XXXX und anschließend nach einem weiteren Wohnsitzwechsel im Frühjahr 2019 zur evangelischen Pfarrgemeinde XXXX . Seit Herbst 2016 besucht die Beschwerdeführerin regelmäßig in der evangelischen XXXX bzw. später in der evangelischen Pfarrgemeinde XXXX den – dort in deutscher Sprache gehaltenen - Gottesdienst am Sonntag, wobei sie in der evangelischen Pfarrgemeinde XXXX mehrmals als Lektorin die Bibellesung in Farsi vornahm. Des Weiteren besucht die Beschwerdeführerin monatlich einen in der Vergangenheit in XXXX und nun in XXXX - in Farsi gehaltenen – Glaubens- bzw. Bibelkurs des XXXX . In der Vergangenheit nahm die Beschwerdeführerin zudem mit ihrer Familie häufig am Eltern-Kind-Kreis der Pfarrgemeinde XXXX teil. Außerdem hilft die Beschwerdeführerin nach dem Gottesdienst in ihrer Kirchengemeinde regelmäßig, namentlich beim Kirchenkaffee, nimmt an anderen Veranstaltungen/ Aktivitäten dieser Gemeinschaft teil und engagiert sich - wenn Hilfe benötigt wird - in den unterschiedlichen Bereichen der Gemeinde. Seit ihrem Eintritt am 23.05.2019 ist sie formell Mitglied der Evangelischen Kirche A.B.

Die Beschwerdeführerin hat Grundkenntnisse vom Christentum im Allgemeinen und von den Grundlagen der protestantischen Glaubensrichtung im Besonderen.

Am 16.05.2018 brachte die Beschwerdeführerin die Erklärung über den Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft beim XXXX XXXX XXXX ein.

Die Beschwerdeführerin hat sich nicht tatsächlich vom islamischen Glauben abgewandt, erst recht nicht aus innerer Überzeugung. Die schriftliche Anzeige des Austritts aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft ist allein asyltaktisch motiviert. In den vergangenen Jahren mag die Beschwerdeführerin zwar ein gewisses – geringes – Interesse am Christentum entwickelt haben, sie ist aber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und der christliche Glaube ist nicht wesentlicher Bestandteil der Identität der Beschwerdeführerin. Ihre Hinwendung zum Christentum erweist sich als eine Scheinkonversion, die der Erlangung des Status der Asylberechtigten dienen soll. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat weiterhin mit dem christlichen Glauben befassen oder nach dem christlichen Glauben leben oder sich privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen würde. Die Beschwerdeführerin missioniert nicht und würde in ihrem Herkunftsstaat auch nicht christlich missionieren.

Bei den Personen im Herkunftsstaat, die vom Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft, von der christlichen Taufe und den christlichen Aktivitäten der Beschwerdeführerin Kenntnis haben (können), kann es sich nur um Personen handeln, die die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte (zumindest mittelbar) selbst informiert haben und von denen sie nichts zu befürchten haben. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin von ihren Eltern und Geschwistern sowie ihre Schwiegerfamilie im Zusammenhang mit dem Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft, der christlichen Taufe und den christlichen Aktivitäten keine (intensiven) Übergriffe zu befürchten.

Die Behörden im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin haben von der – nicht aus innerer Überzeugung geschehenen – Konversion keine Kenntnis und es ist auch nicht davon auszugehen, dass sie vom christlichen Engagement und der Taufe der Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran Kenntnis erlangen würden. Dasselbe gilt im Hinblick auf den - ebenso wenig aus Überzeugung - erklärten Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in schriftlicher Form.

Selbst für den Fall, dass weitere Angehörige, das übrige soziale Umfeld, sonstige Privatpersonen oder die Behörden im Herkunftsstaat vom Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft, von der Taufe oder den religiösen Aktivitäten der Beschwerdeführerin in Österreich Kenntnis haben oder erlangen sollten, liefe die Beschwerdeführerin nicht ernstlich Gefahr, im Zusammenhang damit, im Zusammenhang mit der behaupteten Konversion zum Christentum oder wegen eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Der Beschwerdeführerin würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung oder eine andere aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung drohen.

1.2.2. Zur allgemeinen Lage im Iran und der Situation der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

1.2.2.1. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel ist festzustellen, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Iran keine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 EMRK oder des 6. und 13. ZPEMRK bedeuten würde und für die Beschwerdeführerin als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Die Beschwerdeführerin hätte auch nicht um ihr Leben zu fürchten, es würde ihr nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung fehlen. Vgl. die folgenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts.

Die von der Beschwerdeführerin geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr fußen in erster Linie auf der – nicht zutreffenden – Prämisse eines Abfalls vom Islam und/ oder einer echten inneren Konversion zum Christentum (AS 13, 59, 283; OZ 16, S 32). (Auch) ansonsten hat die Beschwerdeführerin kein substantiiertes Vorbringen erstattet und hat nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachgewiesen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 2 oder 3 EMRK oder dem 6. und dem 13. ZPEMRK widersprechende Behandlung drohen würde.

1.2.2.2. Die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers in den Iran bedeutet nicht allein wegen der dort vorherrschenden allgemeinen Situation eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art 2 und 3 EMRK geschützten Rechte.

Im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin bestehen zwar latente Spannungen und es kommt verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie (vor allem in Minderheitenregionen) zu terroristischen Zwischenfällen, im gesamten Iran herrscht aber nicht ein derart hohes Niveau an willkürlicher Gewalt, dass die Beschwerdeführerin allein durch ihre Anwesenheit einem realen Risiko für ihre körperliche Unversehrtheit oder ihr Leben ausgesetzt wäre. Die Beschwerdeführerin stammt, wie bereits festgestellt, aus XXXX XXXX in der Provinz XXXX , wo nach wie vor mehrere Familienangehörige, etwa die Eltern, zwei Brüder und vier Schwestern, ohne Probleme leben.

1.2.2.3. Allein der Umstand, dass eine Person (im Ausland) einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr in den Iran keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Im gegebenen Fall ist den iranischen Behörden nicht bekannt, dass und mit welcher Begründung die Beschwerdeführerin einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Wenn Rückkehrer in einzelnen Fällen zu ihrem Auslandsaufenthalt befragt werden, geht damit keine psychische und auch keine physische Folter einher. Selbst Personen, die das Land illegal verlassen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren, jedenfalls wenn sie sonst keine weiteren Straftaten begangen haben.

1.2.2.4. Ungeachtet der angespannten Wirtschaftslage und der ebenso angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die Grundversorgung jedenfalls durch staatliche Hilfe und das islamische Spendensystem gesichert. Im Iran besteht ein differenziertes Sozialversicherungssystem; kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Das Gesundheitssystem ist fast flächendeckend, in Städten haben 100 % der Bevölkerung Zugang zu ärztlicher Versorgung. Seit der islamischen Revolution hat sich das Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut. Freilich ist die spezialisierte, medizinische Versorgung in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard.

Unter Bedachtnahme auf die festgestellte Lage im Herkunftsstaat und auf die persönliche Situation der Beschwerdeführerin (insbesondere - schulische - Ausbildung, Arbeitsfähigkeit, Berufserfahrung, Gesundheitszustand, Sozialisation im Herkunftsstaat, familiäre Beziehungen, Lebensstandard) ist festzustellen, dass der Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr die wirtschaftliche Wiedereingliederung möglich sein wird. Sie wird in der Lage sein, jedenfalls die notdürftigsten Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz, auch in medizinischer Hinsicht, zu decken. Außergewöhnliche Umstände, die dem entgegenstünden, sind weder in Bezug auf die allgemeine Lage im Iran noch auf die persönliche Situation der Beschwerdeführerin feststellbar.

1.2.2.5. Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlicher Raub, wiederholter schwerer Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, „Mohareb“, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, Drogenkonsum und außerehelicher Geschlechtsverkehr sind im Iran mit Todesstrafe bedroht. Die Todesstrafe wird, vor allem bei Drogendelikten, auch tatsächlich verhängt und vollstreckt. Folter ist zwar offiziell verboten, Verhörmethoden und Haftbedingungen im Iran schließen in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung aber nicht aus. Außerdem verhängen und vollstrecken die Justizbehörden weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkommen. Exemplarisch erwähnt sei, dass im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt wurden.

Die Haftbedingungen im Iran sind auch abseits von Folter, Misshandlungen und Körperstrafen, wovon vor allem politische Häftlinge betroffen sind, problematisch: Überbelegung von Zellen, Unterbringungen von Häftlingen im Freien, gesundheitsschädigende Haftbedingungen, unzureichende Ernährung und medizinische Behandlung, mangelnde Hygiene.

Im Hinblick auf ihr Vorleben im Iran und in Österreich besteht jedoch keine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat der Todesstrafe unterworfen, inhaftiert oder sonst einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein könnte.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

Diese Vorgaben stehen im Einklang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine Person, die internationalen Schutz beantragt und zur Stützung ihres Antrags eine Gefahr der Verfolgung aus religiösen Gründen geltend macht, zur Stützung ihres Vorbringens zu ihren religiösen Überzeugungen keine Erklärungen abgeben oder Schriftstücke vorlegen muss, die sich auf alle Komponenten des Begriffs „Religion“ im Sinne der Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) beziehen. Jedoch obliegt es dem Antragsteller, dieses Vorbringen glaubhaft zu substantiieren, indem er Anhaltspunkte darlegt, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, den Wahrheitsgehalt des Vorbringens zu überprüfen; vgl. EuGH 04.10.2018, C-56/17.

2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; z. B. VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.

Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel; vgl. mwN VwGH 22.06.2020, Ra 2020/19/0151.

In ihrer Entscheidung, namentlich auch in der Beweiswürdigung und bei der Feststellung des Sachverhalts, sind die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht nach dem geltenden Recht nicht an die Erwägungen Dritter gebunden – und zwar auch nicht an die Erwägungen von Pfarrern, Pastoren, Geistlichen und sonstigen kirchlichen oder religiösen Repräsentanten, die im Rahmen ihrer Funktion darüber befinden, ob jemand die Voraussetzungen dafür aufweise, das Sakrament der Taufe zu empfangen; vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0538.

2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.

2.1.4. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.

2.2. Die Beschwerdeführerin wurde mehrfach eingehend über ihre Pflicht bzw. Obliegenheit zur (initiativen) Mitwirkung im Verfahren belehrt (vgl. insbesondere AS 7 [Merkblatt Pflichten und Rechte von Asylwerbern], 48 f; OZ 16, S 4 f). Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt seit Schluss des Beweisverfahrens und der mündlichen Verhandlung (OZ 16, S 58) keine Änderung eingetreten ist, da sich die – anwaltlich vertretene – Beschwerdeführerin seither nicht mehr geäußert hat. Wäre eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zwischenzeitlich eingetreten, hätte die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Pflicht bzw. Obliegenheit dies dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf allfällige Sachverhaltsänderungen in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie der subsidiär Schutzberechtigten, sondern insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Umstände der Beschwerdeführerin, die diese der Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat; vgl. § 15 AsylG 2005; VwGH 14.02.2002, 99/18/0199; sowie generell zur Mitwirkungsobliegenheit im Verwaltungsverfahren z. B. VwGH 15.11.1994, 94/07/0099, und Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 10, 16 (Stand 1.7.2005, rdb.at).

2.3. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus der der belangten Behörde im Original vorgelegten iranischen ID-Card (Kopie, AS 93 f [Übersetzung: AS 95]), der der belangten Behörde im Original vorgelegten iranischen Heiratsurkunde (L527 2196424-1, AS 87 ff) und der der belangten Behörde in Kopie vorgelegten iranischen Geburtsurkunde (AS 63 ff).

Die weiteren Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin, ihren Lebensverhältnissen in ihrem Herkunftsstaat und in Österreich waren auf Grundlage im Wesentlichen stringenter und insoweit glaubhafter Angaben im Verwaltungsverfahren (AS 5 ff, 47 ff) und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (OZ 16, S 14 ff), teils in Zusammenschau mit Bescheinigungsmitteln (z. B. AS 67 ff, AS 105 bis 111; OZ 10, 11, OZ 16, Beilage A), und der Aussage von XXXX , die das Bundesverwaltungsgericht als Zeugin einvernommen hat (OZ 16, Beilage Z1 [ XXXX Pfarrerin der evangelischen Gemeinde XXXX ]) sowie der Aussage von Mag. XXXX , den das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls als Zeugen einvernommen hat (OZ 16, Beilage Z2 [Freund der Familie/ Taufpate der minderjährigen Söhne der Beschwerdeführerin]), zu treffen. Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht noch näher ein:

Zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ist festzuhalten: In der Verhandlung am 04.02.2020 fragte der Richter die Beschwerdeführerin konkret nach (chronischen) Krankheiten und Leiden. Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie gesund und einvernahmefähig sei (OZ 16, S 4; vgl. auch OZ 16, S 14). Auch im behördlichen Verfahren hatte die Beschwerdeführerin stets ausgesagt, gesund zu sein (AS 48). Dass die Beschwerdeführerin Gründe haben könnte, insofern wahrheitswidrige Aussagen zu tätigen, ist nicht im Geringsten ersichtlich.

Die Eheschließung wurde im Verfahren vor der belangten Behörde urkundlich hinreichend durch die iranische Heiratsurkunde im Original (L527 2196424-1, AS 87 ff) nachgewiesen.

Es spricht nicht für die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin, dass diese im verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Verfahren keine gleichbleibenden Angaben zu ihrer Volksgruppe machte; z. B.: Perser (AS 5; OZ 16, S 19) versus Gilaker (AS 50). Weitere Ermittlungen waren insofern jedoch nicht erforderlich, da es inhaltlich nicht darauf ankommt, ob die Beschwerdeführerin etwa der Volksgruppe der Perser oder der Gilaker angehört, zumal sie ohnedies keine Probleme wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit vorbrachte (vgl. OZ 16, S 19). Hinsichtlich des Religionsbekenntnisses legte die Beschwerdeführerin dar, als schiitische Muslima geboren worden zu sein (AS 5, 50). Dass sie sich mittlerweile als protestantische/ evangelische Christin bezeichne, trat in den Einvernahmen vor der belangten Behörde und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zutage (AS 50; OZ 16, S 19, 28 f).

Von den Deutschkenntnissen der Beschwerdeführerin konnte sich das Bundesverwaltungsgericht am 04.02.2020 selbst ein Bild machen (OZ 16, S 14 f); im Übrigen fußen die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen und sprachlichen Qualifizierungsmaßnahmen auf den unbedenklichen im Akt enthaltenen Unterlagen (AS 69, 71; OZ 10, 11).

Dass die Beschwerdeführerin formell Mitglied der Evangelischen Kirche A.B. XXXX ist, folgt aus einem Auszug aus dem Eintrittsbuch der Pfarrgemeinde A.B. XXXX (OZ 10, 11) und einem Bestätigungsschreiben dieser Gemeinde (OZ 10, 11). Die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs am 09.11.2017 ist durch einen Nachweis belegt (AS 67 f). Dass die Beschwerdeführerin nicht erwerbstätig, abgesehen von der Mitgliedschaft in einer christlichen Gemeinde und Teilnahme am Gemeinschaftsleben der Glaubensgemeinschaft nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv, nicht ehrenamtlich/ gemeinnützig tätig und auch nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich ist, ist im Lichte der Aussagen der Beschwerdeführerin und der Bescheinigungsmittel (bisweilen im Umkehrschluss) nicht zweifelhaft.

Dass (und seit wann) die Beschwerdeführerin Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus deren Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 16, S 17) und einem aktuellen Auszug aus dem entsprechenden Register (OZ 20). Die Feststellungen zur gemeinsamen Unterkunft der Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten und ihren minderjährigen Söhnen ergeben sich aus aktuellen Auszügen aus dem entsprechenden Register (OZ 20; L527 2196424-1, OZ 19; L527 2196426-1, OZ 19 und L527 2211711-1, OZ 13). Die Vorlage einer Einstellungszusage unterblieb bislang.

Die Feststellungen zum Stand des Verfahrens ihres in Österreich aufhältigen Ehegatten und ihrer ebenfalls in Österreich aufhältigen minderjährigen Kinder ergeben sich aus der Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zahlen L527 2196424-1, L527 2196426-1 und L527 2211711-1. Dass sie in Österreich ansonsten - abgesehen von ihrem Ehegatten und ihren zwei minderjährigen Söhnen - keine Verwandten hat, ergibt sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (AS 51; OZ 16, S 15). Den Feststellungen zum Freundes- und Bekanntenkreis der Beschwerdeführerin in Österreich liegen - in Zusammenschau mit dem in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegten Fotoalbum bezüglich der Freizeitaktivitäten der Beschwerdeführerin, in welches Einsicht genommen wurde - die Schilderungen der Beschwerdeführerin (OZ 10, 11, 16, S 16), der einvernommen Zeugen (OZ 16, Beilage Z1, S 3 und OZ 16, Beilage Z2, S 3 f) sowie weiterer Unterstützer der Beschwerdeführerin, insbesondere des XXXX , der Prok. XXXX , Msc. und der Mag.a XXXX sowie MMag. XXXX , in deren Empfehlungsschreiben (AS 77, AS 105 ff; OZ 10, 11) zugrunde. Die Verfasser der Schreiben attestieren der Beschwerdeführerin durchwegs positive Charaktereigenschaften, sie heben vor allem ihre positive und sympathische Art, ihre Gastfreundschaft, ihre Großzügigkeit, ihre Hilfsbereitschaft, ihre Höflichkeit und ihre Genauigkeit hervor; Ähnliches ist auch den schriftlichen „persönliche[n] Stellungnahmen“ verschiedener Mitglieder der evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXX zu entnehmen (OZ 10, 11). Dass die Beschwerdeführerin diese Eigenschaften hat, zieht das Bundesverwaltungsgericht nicht in Zweifel. Das Bundesverwaltungsgericht stellt insgesamt ebenso wenig in Abrede, dass die Beschwerdeführerin private Kontakte zu verschiedenen österreichischen Staatsangehörigen bzw. in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen unterhält. Im Hinblick auf die festgestellten und im (gerichtlichen) Verfahren genannten Aktivitäten (z. B. AS 77, AS 105 ff; OZ 10, 11, OZ 16, Beilage Z2, S 3 f) können jedoch keinesfalls ein Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung festgestellt werden. Angesichts dessen, dass die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte und die gemeinsamen Kinder Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, kann auch aus dem Umstand, dass ein Freund der Familie den Kindern Gewand kauft, OZ 16, S 16), nicht auf ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis geschlossen werden. Vielmehr wird es sich um eine freundschaftliche Unterstützung handeln, auf die die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte und die Kinder aber zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse nicht angewiesen sind.

Wann die Beschwerdeführerin den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist in unbedenklichen Urkunden/ Unterlagen dokumentiert (AS 7; OZ 14 [Auszug aus Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister]) und wurde nicht in Zweifel gezogen. Dass sie illegal in das Bundesgebiet eingereist ist, steht außer Frage, zumal sie bei ihrer Einreise kein (gültiges) Einreisedokument vorlegen konnte. Zu ihrer Einreise in das Bundesgebiet hat die Beschwerdeführerin des Weiteren im Verfahren gleichbleibende Angaben gemacht, die dementsprechend den Feststellungen zugrunde gelegt werden konnten. Selbiges gilt für die Ausführungen der Beschwerdeführerin, ihren Herkunftsstaat legal verlassen zu haben. Da die Beschwerdeführerin in Slowenien im Jänner 2016 behördlich erfasst wurde (AS 29) und sie in Österreich am 18.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte (AS 7), muss - in Zusammenschau mit den Schilderungen der Beschwerdeführerin zu ihrer Reiseroute (AS 11) - ihre Ausreise gegen Ende 2015 erfolgt sein. Dass sie später ausgereist wäre, kann den Angaben der Beschwerdeführerin nicht entnommen werden (AS 9, 57). Die Angaben deuten zwar insgesamt darauf hin, dass die Beschwerdeführerin Mitte November 2015 den Iran verlassen hat, sie stehen aber miteinander nicht völlig im Einklang. So sagte die Beschwerdeführerin in der Erstbefragung am 19.01.2016 in Übereinstimmung mit ihrem Ehegatten, am 13. November (sichtlich gemeint: 2015) den Wohnort verlassen zu haben bzw. aus dem Iran ausgereist zu sein (AS 9; L527 2196424-1, AS 5). In der Einvernahme am 13.03.2018 nannte sie exakt den 24.08.1394 (Umrechnung in gregorianischen Kalender: 15.11.2015) als Tag der Ausreise. Im Rechtsmittelschriftsatz bestätigte die Beschwerdeführerin die beiden Daten implizit und klärte die von der Behörde zutreffend aufgezeigten Widersprüche nicht auf (AS 227 f), indem sie monierte, dass allfällige Unklarheiten, wann der Iran verlassen worden sei (am 13.11.2015 oder am 15.11.2015), möglicherweise auf ein Übersetzungsproblem mit dem Dolmetsch zurückzuführen seien, und indem sie den Tag der Ausreise bzw. des angeblich fluchtauslösenden Ereignisses nicht datumsmäßig bezeichnete (AS 282). Vgl. auch OZ 16, S 18: Der letzte Arbeitstag ihre Ehegatten sei der 24.08.1394 (Umrechnung in gregorianischen Kalender: 15.11.2015) gewesen; sowie OZ 16, S 20. Im Ergebnis kann das Bundesverwaltungsgericht das konkrete Datum der Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Iran daher nicht feststellen; weitere Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin erscheinen angebracht, zumal es - wie noch näher auszuführen sein wird - weder in der Erstbefragung noch in der Einvernahme vor der belangten Behörde Probleme mit dem Dolmetscher/der Verständigung gab. Zudem sei bereits an dieser Stelle festgehalten, dass die nicht stringenten Angaben zum Datum der Ausreise auch gegen die Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens sprechen; näher dazu unter 2.4.2.2.

Ein zusätzliches Indiz für die persönliche Unglaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin ist schließlich der Umstand, dass sie und ihr Ehegatte offensichtlich versuchten, die unterlassene Asylantragstellung in einem anderen Land vor ihrer Einreise nach Österreich unterschiedlich zu begründen. So schilderte der Ehegatte der Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde, dass dies ihr erster Auslandsaufenthalt gewesen sei. Aus Angst hätten sie nicht gewusst, dass sie auch in der Türkei oder in Griechenland in Sicherheit gewesen wären (L527 2196424-1, AS 49). Die Beschwerdeführerin gab hingegen in der Einvernahme vor der belangten Behörde an: „Nachdem unsere Kirche im Iran verraten wurde, mussten wir das Land verlassen. Wir konnten während unserer Flucht die Türen jener Häuser, in welchen uns die Schlepper unterbrachten, nicht öffnen und erfolgten die Einkäufe in der Türkei durch eine Frau namens XXXX . Wir wussten daher auf unserer Reise durch Europa nicht, in welchen Ländern wir uns aufhielten.“ (AS 51). Hinsichtlich dieses Widerspruchs ist zwar festzuhalten, dass es sich dabei um einen bloßen - nicht die Ausreisegründe - betreffenden Nebenaspekt handelt. Dennoch zeigt dies die Einstellung der Beschwerdeführerin, gegenüber den österreichischen Behörden falsche Angaben im Verfahren zu tätigen.

Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung der Beschwerdeführerin aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 20).

2.4. Zur Feststellung „Die Beschwerdeführerin war im Iran keiner aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle ihrer Rückkehr dorthin mit nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt.“:

2.4.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin am 13.03.2018 ausführlich und eingehend vor der belangten Behörde einvernommen wurde (AS 47 ff). Der Leiter der Einvernahme stellte der Beschwerdeführerin unter anderem zahlreiche Fragen, die durchaus dazu geeignet waren, die Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel zu ermitteln (insbesondere AS 56 ff). Soweit die Beschwerdeführerin im behördlichen Verfahren selbst (AS 49 f), im Wege einer Eingabe eines Unterstützers (AS 101 ff), im Beschwerdeschriftsatz (AS 279 ff) und in der mündlichen Verhandlung (OZ 16, 11 f) das von der belangten Behörde geführte Ermittlungsverfahren bemängelt, hat sie ein weitgehend verfehltes Vorbringen erstattet, was ihre Glaubwürdigkeit ebenfalls schmälert:

In der Einvernahme vor der belangten Behörde unternahm die Beschwerdeführerin den Versuch, die seinerzeitige Einvernahmesituation bei der Erstbefragung zu beanstanden, indem sie vorbrachte, dass ihr die damaligen Angaben nicht rückübersetzt worden seien (AS 49). Vorweg ist festzuhalten: Die Beschwerdeführerin unterfertigte das Protokoll über die Erstbefragung und bestätigte damit, dass ihr die Niederschrift in einer ihr verständlichen Sprache rückübersetzt worden sei, sie keine Ergänzungen/ Korrekturen zu machen habe und dass sie alles verstanden habe (AS 15). Auf einen entsprechenden Vorhalt (AS 49) beschränkte sich die Beschwerdeführerin folglich auch auf die Ausführungen, dass sie zur Reiseroute nicht persönlich befragt, sondern aufgrund der gemeinsamen Ausreise die Angaben ihres Ehegatten übernommen worden seien, welche sich als korrekt erwiesen. Im Übrigen bestätigte die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde zudem, eine Kopie der Erstbefragung erhalten und diese auf Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben überprüft zu haben. Demnach sei alles korrekt protokolliert worden (AS 49 f). Schließlich gestand die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung sogar ein, dass ihr die Niederschrift rückübersetzt worden sei. Korrekturen nahm sie abermals nicht vor (OZ 16, S 11 f). Eine substantiierte Bestreitung der Niederschrift der Erstbefragung kann das Bundesverwaltungsgericht darin daher nicht erkennen. Insoweit werden die Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin zusätzlich durch die von der Beschwerdeführerin im behördlichen Verfahren vorgetragenen – unberechtigten – Beanstandungen betreffend die Erstbefragung verstärkt.

Nachfolgend in der Beschwerde (AS 281 f) monierte die Beschwerdeführerin auch Verständigungsschwierigkeiten mit einem afghanischen Dolmetscher, welcher Dari gedolmetscht habe, bei der Einvernahme vor der belangten Behörde. Dies habe die Qualität des Einvernahmeprotokolls beeinträchtigt. Insbesondere seien allfällige Unklarheiten bezüglich des Datums der Ausreise auf ein Übersetzungsproblem mit dem Dolmetsch zurückzuführen. In der mündlichen Verhandlung legte die Beschwerdeführerin erstmals dar, dass der Dolmetsch vor der belangten Behörde nicht alles übersetzt habe, weshalb der Referent nicht alles verstanden habe, was sie gemeint hätte (OZ 16, S 11).

Was die Behauptung betrifft, dass die Dolmetscherin vor der belangten Behörde nicht alles übersetzt habe, ist vorweg festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin eine Kopie der Niederschrift erhielt (AS 61). Auffällig ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die Beschwerdeführerin in den folgenden Wochen nach dieser Einvernahme in keiner Weise reagierte. Es wäre der Beschwerdeführerin problemlos möglich gewesen, mit einem entsprechenden Schriftsatz gegenüber der belangten Behörde allfällige Klarstellungen vorzunehmen, was die Beschwerdeführerin aber unterließ. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass sich Unterstützer der Beschwerdeführerin, die der deutschen Sprache mächtig sind, sichtlich bemüßigt fühlten, nach der Einvernahme ein Schreiben an die Behörde zu senden (AS 101 ff); auch dieses Schreiben, auf das das Bundesverwaltungsgericht unten noch näher eingehen wird, enthält keine derartigen Klarstellungen. Auch in der mündlichen Verhandlung verneinte die Beschwerdeführerin auf ausdrückliche Befragung, Korrekturen vornehmen zu wollen (OZ 16, S 11). Bereits aus diesem Grunde kann das Bundesverwaltungsgericht eine substantiierte Bestreitung der Niederschrift der Einvernahme vor der belangten Behörde nicht erkennen. Hinzutritt, dass die Dolmetscherin als nichtamtliche Sachverständige eine strafrechtliche Verantwortlichkeit (§ 289 StGB) im Falle einer vorsätzlich falschen bzw. nicht vollständigen Übersetzung trifft und dies bzw. eine Verurteilung hätte wohl erhebliche Auswirkungen auf ihre berufliche Existenz. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb die Dolmetscherin ihre berufliche Existenz wegen der Beschwerdeführerin aufs Spiel setzen sollte. Auch ergab die Niederschrift keine konkreten Anhaltspunkte für die behauptete unvollständige Übersetzung oder das Weglassen von Informationen. Das entsprechende Protokoll ist klar strukturiert und die an die Beschwerdeführerin gerichteten Fragen wurden von ihr auch in unbedenklicher Weise - der jeweiligen gestellten Frage entsprechend - beantwortet. Nach Rückübersetzung der Niederschrift nahm die Beschwerdeführerin auch Ergänzungen bzw. Korrekturen vor (AS 60), weshalb insgesamt festzustellen ist, dass diese Behauptungen der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft sind.

Den Ausführungen im Rechtsmittelschriftsatz, wonach es im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde auch zu sprachlichen Missverständnissen mit dem beigezogenen (afghanischen) Dolmetscher gekommen sei, ist zur Vollständigkeit dahingehend entgegenzutreten, dass sich bereits aus dem Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme ergibt, dass dieser Einvernahme kein Dolmetscher, sondern vielmehr eine Dolmetscherin beigezogen wurde (AS 47, 61). Dementsprechend präzisierte die belangte Behörde im Zuge der Beschwerdevorlage, dass es sich bei der beigezogenen Dolmetscherin um eine gebürtige Iranerin handle, die seit jeher Farsi spreche und eine äußerst erfahrene und kompetente Übersetzerin sei (OZ 1), wobei die ursprüngliche Herkunft der Dolmetscherin – nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht – auch bescheinigt wurde (OZ 12, 13). Ferner stellte die Beschwerdeführerin auf einen Vorhalt in der mündlichen Verhandlung selbst richtig, dass es keine sprachlichen Schwierigkeiten mit der Dolmetscherin gegeben habe (OZ 16, S 12), und die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführerin gestand ein, dass dies ihr „Fehler“ gewesen sei (OZ 16, S 36, 38). Die im Rechtsmittelschriftsatz geäußerten Einwendungen gegen die Einvernahmesituation im Verfahren vor der belangten Behörde hindern daher nicht die Heranziehung der in formaler Hinsicht mängelfreien Niederschrift der Einvernahme vom 13.03.2018 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, zumal die Frage zum Fluchtgrund von der Beschwerdeführerin in Eigenerzählung beantwortet wurde, ohne dass sie unterbrochen worden wäre oder es zu Unstimmigkeiten oder weiteren Fragen seitens des Verhandlungsleiters (während der freien Schilderung) gekommen wäre. Auch bestätigte die Beschwerdeführerin ihre Angaben auf jeder einzelnen Seite durch ihre Unterschrift. Ebenfalls bestätigte sie separat durch ihre Unterschrift, dass ihr die Niederschrift rückübersetzt worden sei und sie die Dolmetscherin gut verstanden habe. Auch aus der zeitlichen Dauer der Einvernahme ergibt sich keine andere Beurteilung. Dem Bundesverwaltungsgericht ist durchaus bewusst, dass in Asylverfahren aus verfahrenstaktischen Gründen häufig der Versuch unternommen wird, beispielsweise Widersprüche im Vorbringen, auf die Übersetzungstätigkeit des Dolmetschers zu überwälzen. Insoweit der Rechtsvertreter in der mündlichen Verhandlung allerdings eingestand, dass die im Beschwerdeschriftsatz dargelegten Ausführungen zu angeblichen sprachlichen Missverständnissen aufgrund der Beiziehung eines ungeeigneten Dolmetschers, sein „Fehler“ gewesen seien, hat dies hinsichtlich der Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin außer Betracht zu bleiben.

Schließlich ist näher darauf einzugehen, dass in einer schriftlichen Eingabe zweier Unterstützer moniert wurde, dass bei der Einvernahme am 13.03.2018 die Anwesenheit einer Vertrauensperson und eine Mitprotokollierung durch diese gezielt verunmöglicht worden seien (AS 101 ff). Ähnlich äußerte sich die Beschwerdeführerin im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im Rechtsmittelschriftsatz und in der mündlichen Verhandlung, wobei ergänzend angemerkt wurde, dass die sie damals begleitende Vertrauensperson aus ihr unerklärlichen Gründen das Vernehmungszimmer verlassen habe müssen und ihr bei der Einvernahme keinen moralischen Beistand leisten habe können (AS 281; OZ 16, S 13). Dem ist zu entgegnen, dass laut einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 13.03.2018 sowohl die Vertrauensperson als auch die Beschwerdeführerin über die Rolle einer Vertrauensperson informiert wurden. Des Weiteren wurde angemerkt, dass sich XXXX – ein Taufpate des älteren Sohns der Beschwerdeführerin – bezüglich der Glaubensausübung in Österreich als allfälliger Zeuge zur Verfügung gestellt habe, weshalb ihm die Teilnahme an der Einvernahme zu versagen gewesen sei, worüber wiederum beide Personen in Kenntnis gesetzt worden seien (AS 43; OZ 1). Davon abgesehen will das Bundesverwaltungsgericht überhaupt nicht in Abrede stellen, dass die behördliche oder gerichtliche Einvernahme einer Antragstellerin für diese mit einer gewissen emotionalen Anspannung verbunden sein mag. Es zeigt sich jedoch in Würdigung aller Umstände, insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die Antworten der Beschwerdeführerin in der Einvernahme in keiner Weise, dass die Beschwerdeführerin ohne diesen „moralischen“ Beistand unter außergewöhnlichem Druck gestanden wäre. Es wäre ihr zudem auch freigestanden, eine andere Vertrauensperson der Einvernahme beizuziehen. Es fällt zudem auf, dass die Beschwerdeführerin gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht überhaupt nicht darlegte, inwiefern sich diese angeblich fehlende emotionale Vorbereitung auf ihre Angaben in der Einvernahme ausgewirkt hätte. Sie hat nicht einmal vorgebracht, dass sie wegen dieses Umstands nicht in der Lage gewesen wäre, (umfassend) zu antworten, oder deshalb falsche Antworten gegeben hätte. Dass die Beschwerdeführerin nicht genug Zeit gehabt haben könnte, ihr Vorbringen umfassend darzulegen, ist angesichts der Dauer der Einvernahme (einschließlich einer Pause und Rückübersetzung) von 08:35 bis 13:22 h ausgeschlossen. Dass sie nicht genug Zeit oder Gelegenheit gehabt habe, ihren Fluchtgrund zu schildern, ist ebenso ausgeschlossen. Diese Beanstandungen betreffend die Einvernahme am 13.03.2018 sind daher ebenso wenig nachvollziehbar.

Insoweit ist die belangte Behörde – entgegen der Darstellung in der Beschwerde (AS 279 ff) – ihrer aus § 18 AsylG 2005 in Verbindung mit § 37 und § 39 Abs 2 AVG resultierenden Pflicht, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, nachgekommen; vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/1

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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