TE Bvwg Beschluss 2020/11/19 W254 2227388-2

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Veröffentlicht am 19.11.2020
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Entscheidungsdatum

19.11.2020

Norm

AVG §13 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §94
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs2

Spruch

W254 2227393-1/25E

W254 2227388-2/23E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr.in Tatjana CARDONA als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX und 2) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Syrien und beide vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Hubert Wagner, LL.M., gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1) vom 9.12.2019, Zl. 1090541806-190400833 und 2) vom 09.12.2019, Zl. 1090541904-190395325:

A) Die Beschwerdeverfahren werden wegen Zurückziehung der Beschwerden eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Den Beschwerdeführerinnen (in Folge: BF) wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jeweils ein Konventionsreisepass mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 11.01.2021 ausgestellt.

Mit Bericht eines BM.I Mitarbeiters in der österreichischen Botschaft Athen vom 06.09.2018 wurde dem Bundesamt bekannt gegeben, dass die BF in dringendem Tatverdacht stünden, versucht zu haben, am 03.09.2018 die rechtswidrige Einreise von zwei Personen auf dem Flug von Athen nach Wien unter Verwendung von nicht für diese Personen ausgestellten Konventionsreisepässen zu fördern.

Mit Mandatsbescheiden vom 18.04.2019, Zl. 1090541806-190400833 und Zl. 1090541904-190395325 wurden den BF ihre Konventionsreisepässe entzogen.

Die BF erhoben dagegen das Rechtmittel der Vorstellung. Am 16.05.2019 wurde eine Anfrage an die Mitarbeiter der Österreichischen Botschaft in Athen mit der Bitte um Stellungnahme übermittelt.

Mit den verfahrensgegenständlichen Bescheiden vom 09.12.2019 wurden den BF ihre Konventionsreisepässe entzogen und aufgetragen, die Dokumente unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde gemäß § 13 Abs 2 VwGVG ausgeschlossen.

Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass der dringende Tatverdacht bestünde, dass die BF die Konventionsreisepässe verwenden möchten, um Schlepperei zu begehen.

Dagegen wurde vom Vertreter der BF das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit Teilerkenntnissen vom 17.01.2020, W 254 2227393-1/3E bzw. 28.01.2020, W 254 2227388-2/4E wurden die Beschwerden gegen die Spruchpunkte II. der Bescheide betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

Die anberaumten mündlichen Verhandlungen vom 28.05.2020 und 08.09.2020 mussten wegen Krankheit der BF vertagt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.11.2020 in Anwesenheit der BF und ihres Rechtsanwaltes sowie eines Dolmetschers für die arabische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der die anwaltlich vertretenen BF ihre Beschwerden zurückzogen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen

Die BF zogen in der mündlichen Verhandlung am 12.11.2020 ihre Beschwerden gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 09.12.2019 explizit zurück.

2.       Beweiswürdigung

Nach Aufruf der Sache, Identitätsüberprüfung und umfassender Einvernahme der beiden BF teilte der Rechtsanwalt der BF - nach kurzer Verhandlungspause - mit, dass die BF ihre Beschwerden zurückziehen. Die BF bestätigten in der mündlichen Verhandlung vor der entscheidenden Richterin die Zurückziehung ihrer Beschwerden. Diese Aussagen wurde in der Verhandlungsschrift entsprechend protokolliert.

Aus den Erklärungen des Rechtsanwaltes der BF und der BF selbst in der mündlichen Verhandlung am 12.11.2020 ergibt sich zweifelsfrei, dass der Wille der anwaltlich vertretenen BF auf die Zurückziehung der Beschwerden gerichtet ist.

3.       Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 17 VwGVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Eine Zurückziehung eines Anbringens ist grundsätzlich bis zur Entscheidung der Behörde möglich (VwGH 07.11.1997, Zl. 96/19/3024 mwN). Da über die Spruchpunkte II. der angefochtenen Bescheide bereits zwei Teilerkenntnisse erlassen wurden, ist lediglich über die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide abzusprechen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017 (im Folgenden: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung war daher in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen (vgl. VwGH vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Das VwGVG regelt nicht, in welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jenes Verfahrens, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5). Bezogen auf nach dem AVG geführte Rechtsmittelverfahren ist davon auszugehen, dass – auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung – eine Verfahrenseinstellung dann vorzunehmen ist, wenn das Rechtsmittel rechtswirksam zurückgezogen wurde. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (vgl. VwGH vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047 mwN).

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. zu Berufungen Hengstschläger/Leeb, AVG, § 63, Rz 75 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Eine solche Erklärung liegt im vorliegenden Fall vor, weil der Rechtsanwalt der BF aussprach, dass die BF die Beschwerden zurückziehen und die anwaltlich vertretenen BF diese Zurückziehung in der mündlichen Verhandlung bestätigten; einer Sachentscheidung durch das Gericht ist damit die Grundlage entzogen.

Die Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Spruchpunkte I. der Bescheide sind daher mit Beschluss einzustellen (vgl. dazu VwGH 29.04.2015, 2014/20/0047, wonach aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG hervorgeht, dass eine bloß formlose Beendigung [etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes] eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt).

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr beruht der Einstellungsbeschluss auf einer höchstgerichtlich geklärten bzw. ohnehin klaren Rechtslage, die keinen Auslegungsschwierigkeiten unterliegt.

Schlagworte

Beschwerdeverzicht Beschwerdezurückziehung Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Entziehung Konventionsreisepass Schlepperei Verfahrenseinstellung Zurückziehung Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W254.2227388.2.01

Im RIS seit

03.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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