TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/23 G306 2220908-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G306 2220908-1/12E

Schriftliche Ausfertigung des am 22.09.2020 mündliche verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Ungarn, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) wurde am XXXX .2019 erneut durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Bundesgebiet betreten und wegen des Verdachtes des Nachgehens der illegalen Prostitution gemäß § 4 lit c., § 5 Abs. 1 und § 9 Abs. 2 lit. a WPG 2011 festgenommen und zur Anzeige gebracht.

2. Am 27.05.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt.

3. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, der BF zugestellt am 03.06.2019, wurde gegen die BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), der BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

4. Mit per E-Mail am 01.07.2020 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Herabsetzung der Befristung des Aufenthaltsverbotes beantragt.

5. Die gegenständliche Beschwerde sowie die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA dem BVwG vorgelegt und langte am 05.07.2019 ein.

6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 15.04.2020 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung G304 abgenommen und der Gerichtsabteilunge G306 neu zugewiesen.

7. Am 22.09.2020 fand eine mündliche Verhandlung an der Grazer Außenstelle des BVwG statt, an jener die RV der BF teilnahm. Die BF blieb der Verhandlung entschuldigt fern und verzichtete die belangte Behörde auf eine Teilnahme.

Nach Schluss der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet und eine Ausfertigung der Niederschrift samt Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG dem RV der BF ausgefolgt.

Eine Ausfertigung der Niederschrift wurde auch dem BFA am selbigen Tag auf elektronischem Wege übermittelt.

Weder die RV der BF noch die BF selbst haben einen Verzicht auf die Erhebung eines außerordentlichen Rechtsmittels an den VwGH oder VfGH abgegeben.

8. Mit per Telefax am 06.10.2020 beim BVwG eingebrachtem Schriftsatz der RV der BF wurde die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehörige der Republik Ungarn.

Es konnte nicht festgestellt werden, wann die BF zuletzt nach Österreich gereist ist und wie lange sie sich durchgehend im Bundesgebiet aufhielt.

Die BF verfügt über keine Wohnsitzmeldungen in Österreich. Es wird dennoch festgestellt, dass die BF sich regelmäßig in Österreich aufgehalten hat und nicht versichert ist.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig, ging aber noch nie einer geregelten Erwerbstätigkeit in Österreich nach, sondern verdient sich ihren Lebensunterhalt durch illegale Prostitution in Österreich.

Anhaltspunkte, welche für eine tiefgreifende Integration der BF in Österreich sprechen könnten, konnten nicht festgestellt werden.

Die BF wurde seit 2014 in regelmäßigen Abstände insgesamt 17-mal wegen des Ausübens der illegalen Prostitution gemäß §§ 4 lit. c, 5 Abs. 1 und 9 Abs. 2 lit. a WPG 2011 verwaltungsstrafrechtlich belangt.

Gegen die BF wurde mit Bescheid des BFA, Zl. XXXX , vom XXXX .2014, wegen bis dahin bereits 7-maliger Belangung wegen Verstößen gegen das WPG 2011 ein 4-jähriges Aufenthaltsverbot, gültig von XXXX .2014 bis XXXX .2018, gemäß § 67 Abs. 2 FPG erlassen. Die BF reiste jedoch trotz wiederholter Inschubhaftnahme und 3-maliger Abschiebungen wiederholt nach Österreich ein und ging immer wieder der unerlaubten Prostitution im Bundesgebiet nach, ohne sich den dafür erforderlichen Gesundheitsuntersuchungen unterzogen und ohne die entsprechenden Meldungen vorgenommen zu haben.

Die BF wurde zwischen XXXX .2014 bis XXXX .2019 weitere 10-mal verwaltungsstrafrechtlich wegen Verstößen gegen das WPG, konkret wegen Ausübung der Prostitution ohne die gesundheitlichen Voraussetzungen, Unterlassen der Meldung der Prostitutionsausübung sowie Anbahnung der Prostitution in Wohngebieten gemäß §§ 4 lit. c, 5 Abs. 1 und 9 Ab.s 2 lit. a WPG 2011 rechtskräftig bestraft.

Am XXXX .2019 wurde die BF erneut von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Bundesgebiet betreten und wegen des Verdachtes des Nachgehens der illegalen Prostitution zur Anzeige gebracht.

Der Großteil der Geldstrafen wurden von der BF nicht entrichtet, sodass letztlich eine zwangsweise Vollstreckung der jeweiligen Ersatzfreiheitsstrafen gegenüber der BF angeordnet werden mussten.

Am XXXX .2019 wurde die BF nach Ungarn abgeschoben, wo sie sich seither durchgehend aufhält.

Die BF weist keine familiären Bezüge in Österreich auf. Vielmehr hält sich ihre Familie sowie ihre drei Töchter in Ungarn auf.

In strafgerichtlicher Hinsicht erweist sich die BF als unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Die Abschiebung der BF nach Ungarn am XXXX .2019 sowie der aktuelle Aufenthalt derselben im Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben des RV der BF in der mündlichen Verhandlung.

Die Betretung und Anzeige der BF am XXXX .2019 beruht auf einer Meldung der LPD XXXX ,PI XXXX , Gz.: XXXX , vom XXXX .2019 (sieh AS 261f).

Die jeweiligen Inschubhaftnahmen beruhen auf jeweiligen Ausfertigungen der entsprdchenden Bescheide (siehe AS 111, 170) und ergibt sich die notwendige Anordnung von Ersatzfreiheitsstrafen aus Ausfertigungen der jeweiligen behördlichen Anordnungen (siehe AS 84ff).

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, jenen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten wurde.

Ferner finden sich im Akt einliegend Ablichtungen der jeweiligen Strafverfügungen, womit die BF wiederholt wegen der oben genannten Verstöße gegen das WPG verwaltungsstrafrechtlich belangt wurde (siehe AS 1ff, 61ff, 129, 217ff) sowie des Bescheides, mit jenem das oben genannte seinerzeitige Aufenthaltsverbot erlassen wurde (siehe AS 40). Auch finden sich Berichte hinsichtlich der erfolgten Abschiebungen der BF im Akt. (siehe AS 128, 148, 192 und 214).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Rechtliches:

3.1.1. Der mit „Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse“ betitelte § 29 VwGVG lautet wie folgt:

„§ 29. (1) Die Erkenntnisse sind im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.

(2) Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.

(2a) Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer mündlichen Verkündung die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift ist eine Belehrung anzuschließen:

1.       über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs. 4 zu verlangen;

2.       darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.

(2b) Ist das Erkenntnis bereits einer Partei verkündet worden, kann ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 bereits ab dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem der Antragsteller von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat. Ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 ist den übrigen Antragsberechtigten zuzustellen.

(3) Die Verkündung des Erkenntnisses entfällt, wenn

1. eine Verhandlung nicht durchgeführt (fortgesetzt) worden ist oder

2. das Erkenntnis nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann und jedermann die Einsichtnahme in das Erkenntnis gewährleistet ist.

(4) Den Parteien ist eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. Eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ist in den in Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen auch dem zuständigen Bundesminister zuzustellen.

(5) Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.“

3.1.2. Weder die BF noch ihr RV haben einen Verzicht auf die Erhebung eines außerordentlichen Rechtsmittels beim VwGH oder VfGH nach Verkündung des gegenständlichen Erkenntnisses in der mündlichen Verhandlung und Ausfolgung des entsprechenden Protokolls abgegeben.

Am 06.10.2020 hat der RV der BF auf elektronischem Wege (Telefax) einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung gestellt.

Der besagte Antrag erweist sich als fristgerecht und war diesem zu entsprechen.

3.2. Zur Abweisung der Beschwerde:

3.2.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Die BF als Staatsangehörige von Ungarn ist sohin EWR-Bürgerin iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.2.2. Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Einreisverbot“ betitelte § 53 FPG lautet auszugsweise:

„…

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;…

…“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.       in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.       für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.       als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1.         Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2.         Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3.         durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1.       zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.       sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.       drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1.       sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2.       der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3.         der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“

„Angesichts dessen, dass es nach § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 für die Zulässigkeit der Erlassung eines Einreiseverbotes für die Dauer von bis zu fünf Jahren hinreichend ist zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft, hingegen nach § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nur zulässig ist, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des betroffenen Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei das persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, würde es zu einem dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Wertungswiderspruch und zu verfassungsrechtlichen Bedenken führen, wenn in den Fällen des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 ein auf das Fehlverhalten durch Eingehen einer Aufenthaltsehe gestütztes Aufenthaltsverbot mit einer Dauer von mehr als fünf Jahren befristet erlassen werden dürfte. Sohin ist davon auszugehen, dass bei der Prüfung nach § 67 Abs. 2 iVm Abs. 4 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 darauf Bedacht zu nehmen ist, dass in den in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 genannten Fällen auch ein Aufenthaltsverbot nach § 67 Abs. 1 legcit jedenfalls mit keiner höheren Dauer als fünf Jahre befristet werden darf.“ (vgl. VwGH 06.09.2012, 2012/18/0032)

3.2.3. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid war aus folgenden Gründen abzuweisen:

3.2.3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Da von der BF, die aufgrund ihrer ungarischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzung eines rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit fünf noch seit zehn Jahren erfüllt ist, kommt für diese weder der Prüfungsmaßstab des § 66 Abs. 1 FPG noch jene des § 67 Abs. 1 Satz 5 FPG für Unionsbürger, sondern jener nach § 67 Abs. 1 Satz 2 FPG zur Anwendung.

Gegen die BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürgerin ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Die BF hielt sich immer wieder im Bundesgebiet auf und ging der illegalen Prostitution nach. Gegen Sie wurde bereits im Jahr 2014 wegen Übertretungen nach dem WPG ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot in der Dauer von 4 Jahren erlassen. Die BF wurde im Jahr 2014 – innerhalb weniger Monate – 7 Mal wegen Ausübung der unerlaubten Prostitution zur Anzeige gebracht und auch rechtskräftig bestraft. Trotz erlassenem Aufenthaltsverbot ist die BF immer wieder – über Jahre hinweg - in das Bundesgebiet eingereist und ging hier der illegalen Prostitution nach. Die BF wurde in den Folgejahren immer wieder festgenommen, musste offene Verwaltungsstrafen (Strafbescheide wegen Übertretungen nach dem WPG) mittel Verwaltungsstrafhaften absitzen, befand sich mehrmals in Schubhaft und wurde abgeschoben. All diese Maßnahmen zeigte bei der BF keinerlei Wirkung bzw. ließ sie keinen Gesinnungswandel erkennen. Da die BF über die Jahre hindurch, trotz Aufenthaltsverbot, immer wieder illegal nach Österreich kam, hier – ohne die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen – der illegalen Prostitution nachging und letztlich auch im Jahr 2019 unzählige Male in diesem Bereich straffällig wurde, wurde sie am XXXX .2019 festgenommen, gegen ihr das gegenständliche Aufenthaltsverbot erlassen und nach Ungarn abgeschoben.

Unter Einbeziehung der zu erwartenden Erlassung eines Aufenthaltsverbotes stellt dieses Ausmaß an Nachlässigkeit im Hinblick auf das AIDS-Gesetz im Sinne der VwGH-Rechtsprechung (zuletzt: 07.05.2014, 2013/22/0233; 07.11.2012, 2012/18/0098, 19.06.2008, 2007/18/0632) durchwegs eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit auf der Ebene des Gesundheitswesens dar, denke man nur an die gewichtigen negativen Konsequenzen im Falle einer Ansteckung mit Aids oder einer Geschlechtskrankheit.

Daran anknüpfend und wie vom BFA in seinem Bescheid festgehalten, wird die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens erheblich gefährdet und das Grundinteresse der Gesellschaft an der Bekämpfung ansteckender Krankheiten verletzt, wenn aus dem Verhalten der Fremden abzuleiten ist, dass sie weiterhin die Prostitution ausüben werde, ohne ihrer Verpflichtung zu regelmäßigen amtsärztlichen Untersuchungen fristgerecht nachzukommen (VwGH 07.05.2014, 2013/22/0233, siehe oben).

Das Verhalten der BF ist aber genau dem aus dem zitierten Erkenntnis des VwGH gezogenen Schluss zuzuordnen, hat sie doch – ohne regelmäßigen Untersuchungsnachweis – wiederholt die Prostitution ausgeübt bzw. sich zur Prostitution angeboten hat.

Auch der Umstand, dass dieses Erkenntnis erst in der jüngsten Vergangenheit erlassen wurde, zeigt die aktuelle Problematik dieses Themas auf.

Wenn es in der Beschwerde zudem heißt, die BF stelle keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung dar, weil sie anstrebe von der illegalen Prostitution wegzukommen, so ist dem die ständige VwGH-Judikatur zum Gefährdungspotential derartiger Verwaltungsdelikte entgegenzuhalten, wonach der – hier: mehrmalige – Verstoß gegen Vorschriften des Prostitutionsrechts das Grundbedürfnis der Bevölkerung auf Schutz vor ansteckenden Krankheiten verletzt.

So hat die BF aufgrund unterlassener regelmäßiger bzw. vor Aufnahme der Prostitution zu erfolgen habender medizinischer Untersuchungen nicht nur gegen die einschlägigen – zum Zeitpunkt der Vergehen gültigen – Rechtsnormen verstoßen, sondern auch die Gesundheit ihre Kunden potentiell in Gefahr gebracht, zumal sie in Unkenntnis ihres Gesundheitszustandes aufgrund unterlassener auf den Nachweis der Freiheit ansteckender Geschlechtskrankheiten ausgerichteter ärztlicher Untersuchungen, im Wissen um die eigene berufsbedingte Präposition an solchen zu erkranken und solche zu übertragen, die potentielle Übertragung solcher Krankheiten bewusst in Kauf genommen und – zumindest – potentiell gefördert hat.

Festzuhalten ist auch, dass die BF nunmehr über viele Jahre hier im Bundesgebiet der illegalen Prostitution nachgeht, sie unzählige Male festgenommen, bestraft und abgeschoben wurde und dies alles keine Wirkung gezeigt hat. Die BF hätte jedenfalls vor der Aufnahme bzw. Wiederaufnahme der Tätigkeit als Prostituierte sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen müssen und hätte nicht, entgegen der gesetzlichen Bestimmungen die Tätigkeit unter Missachtung der vorgeschriebenen Intervalle aufnehmen bzw. fortführen dürfen.

Mit Blick auf das Verhalten der BF in der Vergangenheit ist davon auszugehen, dass die BF auch zukünftig sich nicht nachhaltig/verlässlich an die geforderten Untersuchungsintervalle bei dennoch vornehmender Prostitution halten wird.

Schließlich wird darauf hingewiesen, dass die BF ihre gesetzwidrige Tätigkeit trotz rechtskräftiger Strafen weiterhin fortgesetzt hat. Das erkennende Gericht schließt daraus nicht auf die in der Beschwerde in Aussicht gestellte Änderung der Verhaltensweise der BF.

Die BF hat ihren Aufenthalt im Bundesgebiet durch wiederholte Verletzungen von Bundes- und Landesgesetzen belastet und sich selbst durch die wiederholte verwaltungsstrafrechtliche Belangung von der weiteren Delinquenz nicht abgehalten gefühlt. Die BF versucht durch das Vorbringen einer untauglichen Rechtfertigung ihre Verantwortung von sich zu weisen, ohne auch nur ansatzweise auf die Tatsche ihres rechtsverletzenden Verhaltens einzugehen. So wäre es der BF aufgrund ihrer Unionsbürgerschaft jederzeit offen gestanden im Bundesgebiet einer geregelten und erlaubten Erwerbstätigkeit nachzugehen, selbst jene der Prostitution, sofern sie die bezughabenden gültigen Normen eingehalten hätte.

Vor dem Hintergrund des bisher gezeigten Verhaltens der BF und ihrer nicht ersichtlichen Reue bzw. Einsicht, kann sohin nicht davon ausgegangen werden, dass diese sich zukünftig an Bundes- und/oder Landesgesetze halten wird und der Prostitution in der bisher gezeigten Form nicht mehr nachgehen wird.

Vielmehr zeigt das Verhalten der BF deren nachhaltigen Unwillen sich an gültigen Rechtsnormen und gesellschaftliche Regelungen zu halten eindrucksvoll auf.

Insofern kann der BF, insbesondere vor dem Hintergrund deren Mittellosigkeit, keinesfalls eine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Ein für die BF sprechender nachhaltiger Sinneswandel lässt sich – wie oben ausgeführt – nicht nachvollziehen.

Letztlich geht es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Was die Abwägung und Miteinbeziehung der in § 9 BFA-VG erwähnten Komponenten betrifft, überwiegen die öffentlichen Interessen der Ausweisung der BF jene ihres Verbleibes in Österreich, dies aus folgenden Gründen:

Der von an und für sich schon kurze Aufenthalt der BF im Bundesgebiet (vgl. VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354: wonach dieser selbst einen Aufenthalt von 3 1/2 Jahren als kurz erachtet) muss zudem aufgrund des von der BF wiederholt gezeigten rechtswidrigen Verhaltens eine Relativierung hinnehmen. Anhaltspunkte dafür, dass die BF sich bemüht gezeigt hätte, Integrationsschritte zu setzen (Besuch eines Sprachkurses genügt hier nicht) und/oder berücksichtigungswürdige familiäre und soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet aufweist, konnten nicht erhoben werden. Vielmehr lässt das von der BF bisher gezeigte Verhalten darauf schließen, dass diese im Hinblick auf Österreich kein Integrationsinteresse hegt, was sich zudem im fehlenden Nachweis sozialer und familiärer Bezüge wiederspiegelt.

Im Ergebnis war die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unter Einbeziehung des § 9 Abs. 2 BFA-VG und unter Beachtung der herkunftsstaatlichen Anknüpfungspunkte, daher gerechtfertigt und war die Beschwerde in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

3.2.3.2. Zu den Spruchpunkten II. und III. des angefochtenen Bescheides:
Der mit „Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:

„(1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1.       nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2.       die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden ,wenn diese – wie bereits mehrfach erwähnt – davon ausgeht, dass der BF ein Durchsetzungsaufschub nicht zu erteilen war, zumal von dieser angesichts ihres Verhaltens, nämlich trotz Erfahrens nachteiliger rechtlicher Konsequenzen und unter Missachtung der allfälligen gesundheitlichen Folgen, immer wieder unrechtmäßig und gesetzwidrig die Prostitution ausgeübt und auch sonst gegen die österreichische Rechtsordnung, teils unter Missachtung von Meldeverpflichtungen, verstoßen hat, insbesondere der fehlenden positiven Zukunftsprognose eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Republik Österreich ausgeht.

Was die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde betrifft, bestimmt § 18 Abs. 3 BFA-VG, dass bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden kann, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

In Anlehnung an die Ansicht des BFA ist eine Änderung des gesetzwidrigen Verhaltens aufgrund des konkreten Sachverhalts und der wirtschaftlichen Situation der BF nicht zu erwarten und davon auszugehen, dass sie beim Verbleib im Bundesgebiet weiterhin die gesetzlich verbotene Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle, unter hinzutretender Missachtung der Verpflichtung zu gesundheitlichen Untersuchungen, ausüben, und allenfalls in strafrechtlicher Hinsicht rückfällig, werde.

Ein die Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen iSd. § 18 Abs. 5 BFA-VG rechtfertigender Sachverhalt ist weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren substantiiert vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen.

Aus diesem Grund war die sofortige Ausreise der BF geboten und die Beschwerde auch im Hinblick auf Spruchpunkt II. und III. des bekämpften Bescheides abzuweisen.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Da im gegenständlichen Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Entscheidung in der Sache nicht vorliegt, war die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig zu erklären.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot illegale Prostitution Interessenabwägung öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2220908.1.00

Im RIS seit

04.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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