Entscheidungsdatum
26.11.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I421 2237038-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , StA. Marokko, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost vom 20.10.2020, Zl. 1270019708/201015432, zu Recht erkannt:
A)
I.
Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis VII. wird als unbegründet abgewiesen.
II.
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. wird stattgegeben und das Einreiseverbot behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein, wobei er am 16.10.2020 polizeilich aufgegriffen wurde und vor den Polizeiorganen einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
2. Dazu wurde der BF von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.10.2020 erstbefragt. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte der BF dazu befragt aus, in Marokko sei nur sehr schwer Arbeit zu finden und gäbe es dort keine Zukunft. Ein Freund des BF sei politisch aktiv gewesen, von der Polizei festgenommen und in weiterer Folge über seine Freunde ausgefragt worden. Der BF sei dann im Jahr 2018 willkürlich für zwei Monate im Gefängnis eingesperrt gewesen und geschlagen worden. Es gäbe keine Menschenrechte in Marokko.
3. Am 17.10.2020 erfolgte auch die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde). Dabei gab der BF zu Protokoll, seine wirtschaftliche Situation in Marokko sei schlecht gewesen. Wäre diese gut gewesen, so hätte er Marokko nicht verlassen. Es gäbe in Marokko keine Arbeit, nur Hungerlöhne. Auch habe er Probleme mit der Regierung. Der Nachbar habe den BF beschuldigt, jemanden umgebracht zu haben und habe dieser der Regierung auch Geld gegeben, damit diese den BF einsperre. Nach einem Monat sei der BF aus dem Gefängnis gekommen und freigesprochen worden. Nach einiger Zeit sei er von anderen Personen wieder beschuldigt worden, sodass der BF wieder zur Einvernahme geholt worden sei. Das habe sich insgesamt dreimal wiederholt, jedes Mal habe der BF wieder in Untersuchungshaft müssen, einmal sogar für ein Jahr ins Gefängnis (2007-2008), weil er ein Tattoo habe. Er sei aufgrund von Diebstahl und Suchtmittelhandel verurteilt worden und wolle in Österreich einen Neuanfang starten. Er habe aus wirtschaftlichen Gründen und dem Wunsch nach einem besseren Leben Marokko verlassen.
4. Im Zuge einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 20.10.2020 gab der BF zu Protokoll, dass er nichts mehr zur Einvernahme vom 17.10.2020 ergänzen wolle und sich keine maßgeblichen Änderungen ergeben haben. Er wolle in Österreich bleiben, weil man hier Rechte habe.
5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.10.2020, Zl. 1270019708/201015432, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt V.). Ihm wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Zudem wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).
6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang, welche am 17.11.2020 per Fax bei der belangten Behörde einlangte. Darin wurde ausgeführt, der BF sei mehrfach willkürlich festgenommen, ins Gefängnis gesperrt und geschlagen worden. Er befürchte bei einer Rückkehr, dass dies nochmals passiere. Er habe in Marokko keine Zukunft, da es keine Arbeit gäbe. Auch habe der BF den Asylantrag nicht missbräuchlich gestellt, weshalb um Aufhebung bzw. Herabsetzung des Einreiseverbotes und um Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ersucht werde.
7. Mit Schriftsatz vom 17.11.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 19.11.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige BF ist ledig, kinderlos und Staatsangehöriger von Marokko. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er spricht muttersprachlich Arabisch, weiters auch Französisch. Seine Identität steht nicht fest.
Er reiste von Marokko aus per Flugzeug in die Türkei, bevor er über Griechenland, Albanien, Montenegro, Serbien und Ungarn schließlich Österreich erreichte. Spätestens im Oktober 2020 reiste der BF unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.10.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Seit dem 19.10.2020 ist der BF melderechtlich im Bundesgebiet mit Hauptwohnsitz erfasst.
Er ist gesund und arbeitsfähig. Der BF fällt nicht unter die Risikogruppe gemäß der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/2020.
In Marokko hat der BF acht Jahre lang die Schule besucht und war als Elektriker unregelmäßig beschäftigt. Im Bundesgebiet geht der BF keiner Erwerbstätigkeit nach, er bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
In Marokko leben nach wie vor die Mutter sowie die Geschwister des BF (eine Schwester sowie ein Bruder) in einem Haus, welches in ihrem Eigentum steht und wo auch der BF bis zu seiner Ausreise gelebt hat. Zur Mutter steht der BF regelmäßig in Kontakt und pflegt zu ihr ein gutes Verhältnis. Zudem leben noch viele weitere Verwandten des BF in Marokko, mit welchen er jedoch nicht in Kontakt steht. Ein weiterer Bruder des BF lebt in Belgien, eine Tante mütterlicherseits in Frankreich.
Im Bundesgebiet verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte und keine maßgeblichen privaten Beziehungen. Eine Integration des BF in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt nicht vor.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Der BF hat für das Verlassen seines Herkunftsstaates in erster Linie wirtschaftliche Gründe angeführt.
Der BF wird in seinem Herkunftsland Marokko weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt und ist in seinem Herkunftsstaat nicht gefährdet, aus solchen Gründen verfolgt zu werden.
Der BF wird im Fall seiner Rückkehr nach Marokko mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner realen Gefahr der Folter, einer unmenschlichen Bestrafung oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt sein. Im Fall seiner Rückkehr nach Marokko droht dem BF nicht die Gefahr, durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt in seinem Herkunftsstaat in seiner körperlichen Integrität verletzt zu werden. Ihm droht im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat auch keine reale Gefahr, in seiner Existenz bedroht zu werden.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Hinsichtlich der aktuellen Lage in Marokko sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 20.10.2020 getroffenen Feststellungen keine Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko, Stand 08.11.2019, letzte Information eingefügt am 09.07.2020, zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sind auch keine Änderungen der Lage bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Zudem gilt Marokko als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung.
COVID 19-Situation in Marokko
(https://covid19.who.int/region/emro/country/ma)
Basierend auf den Daten der WHO (Stand: 19.11.2020) ergeben sich 306.995 bestätigte COVID-19-Fälle mit 5.013 Verstorbenen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.10.2020 und vor der belangten Behörde am 17.10.2020 sowie am 20.10.2020, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz vom 17.11.2020. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR), des Betreuungsinformationssystems über die Grundversorgung (GVS) und des Strafregisters eingeholt, weiters auch ein Sozialversicherungsdatenauszug. Zudem wurde Einsicht in die Homepage der WHO genommen.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Volljährigkeit, Staatsangehörigkeit, zum Familienstand, zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu den Sprachkenntnissen sowie zur Herkunft des BF ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom 17.10.2020, S 1 & 2) und jenen vor der belangten Behörde (Protokoll vom 17.10.2020, S 4 & 5). In Ermangelung der Vorlage eines identitätszeugenden Dokumentes konnte seine Identität nicht festgestellt werden.
Hinsichtlich der Reiseroute gilt es, auf die Angaben des BF im Zuge seiner Erstbefragung (Protokoll vom 17.10.2020, S 5) zu verweisen. Der Aufgriff des BF samt Asylantragstellung ist in der Meldung der Polizeiinspektion Wien vom 16.10.2020 verschriftlicht.
In Zusammenhang mit der melderechtlichen Erfassung im Bundesgebiet gilt es, auf den Auszug aus dem Zentralen Melderegister zur Person des BF zu verweisen.
Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom 17.10.2020, S 4) und vor der belangten Behörde (Protokoll vom 17.10.2020, S 3 & 5) gab der BF zu Protokoll, an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden, welche den BF an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden, an keinen schweren Erkrankungen zu leiden, nicht regelmäßig Medikamente einzunehmen und gesund zu sein. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF gesund ist, zumal auch aus dem unbestrittenen Akteninhalt nichts Gegenteiliges entnommen werden konnte. Damit ergeben sich auch keinerlei Hinweise auf medizinische Indikationen für die Zuordnung des BF zur COVID-19-Risikogruppe entsprechend der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung), BGBl. II Nr. 203/202. Es konnte daher die Feststellung getroffen werden, dass der BF nicht unter die COVID-19-Risikogruppe fällt.
Aufgrund des Gesundheitszustandes und des erwerbsfähigen Alters lässt sich auf die Arbeitsfähigkeit des BF schließen. Sowohl vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom 17.10.2020, S 2) als auch vor der belangten Behörde (Protokoll vom 17.10.2020, S 5) gab der BF übereinstimmend zu Protokoll, acht Jahre lang die Schule besucht und als Elektriker gearbeitet zu haben. Der Umstand, dass der BF im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und er Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einem Sozialversicherungsdatenauszug sowie einem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem zur Person des BF.
Die Feststellungen zu den in Marokko lebenden Familienangehörigen samt Kontakt zur Mutter sowie weiters, dass ein Bruder in Belgien und eine Tante mütterlicherseits in Frankreich lebt, beruhen auf den Angaben des BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll vom 17.10.2020, S 5). Weiters ergibt sich aus den Ausführungen des BF, dass das Haus, in dem die Mutter sowie die Geschwister – und bis zu seiner Ausreise auch der BF – leben, im Eigentum der Familie steht (Protokoll vom 17.10.2020, S 4).
Auch der Umstand, dass der BF im Bundesgebiet über keine familiären bzw. sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte oder maßgeblichen privaten Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Ausführungen des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom 17.10.2020, AS 4 & 5). Der Umstand, dass der BF kein Deutsch spricht, basiert darauf, dass der BF selbst ausgeführt hat, keine Sprachkenntnisse in Deutsch erworben zu haben und er befragt nach seinen Sprachkenntnissen ausschließlich Arabisch und Französisch angeführt hat (Protokoll vom 17.10.2020, S 5). Zudem ist der BF nicht Mitglied eines Vereines oder einer sonstigen Organisation und besucht keine Kurse bzw. andere Weiterbildungsmaßnahmen (Protokoll vom 17.10.2020 S 5). Dass der BF keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht aufweist, ist zudem auch dem Umstand geschuldet, dass der BF erst seit (mindestens) 16.10.2020 im Bundesgebiet aufhältig ist und eine Integration in der kurzen Zeit von einem Monat realistischerweise nicht möglich ist, zudem auch nicht vorgebracht bzw. urkundlich nachgewiesen wurde.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF lässt sich dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich vom 19.11.2020 entnehmen.
2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Die Feststellung, dass der BF in Marokko weder aufgrund seiner politischen oder religiösen Einstellung, noch aufgrund seiner sozialen Herkunft, seiner Rasse, seiner Nationalität oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird, ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung seiner Aussagen vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde.
Der BF brachte vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zuge seiner Erstbefragung vor, dass man in Marokko nur sehr schwer Arbeit finden könne. Er führte weiters aus, es gäbe dort keine Zukunft. Ein Freund des BF sei politisch aktiv gewesen, von der Polizei festgenommen und in weiterer Folge über seine Freunde ausgefragt worden. Der BF sei dann im Jahr 2018 willkürlich für zwei Monate im Gefängnis eingesperrt gewesen und geschlagen worden. Es gäbe keine Menschenrechte in Marokko (Protokoll vom 17.10.2020, S 6).
Auch vor der belangten Behörde legte der BF dar, dass seine wirtschaftliche Situation in Marokko schlecht gewesen sei und er Marokko aus wirtschaftlichen Gründen und dem Wunsch nach einem besseren Leben verlassen habe. Wäre die wirtschaftliche Situation gut gewesen, so hätte er Marokko nicht verlassen. Es gäbe in Marokko keine Arbeit, nur Hungerlöhne. Weiters führte er aus, er habe Probleme mit der Regierung. Der Nachbar habe den BF beschuldigt, jemanden umgebracht zu haben und habe dieser der Regierung auch Geld gegeben, damit diese den BF einsperre. Nach einem Monat sei der BF aus dem Gefängnis gekommen und freigesprochen worden. Nach einiger Zeit sei er wieder von anderen Personen beschuldigt worden, sodass der BF wieder zur Einvernahme geholt worden sei. Das habe sich insgesamt dreimal wiederholt, jedes Mal habe der BF wieder in Untersuchungshaft müssen, einmal sogar für ein Jahr (2007-2008) ins Gefängnis, weil er ein Tattoo habe. Er sei aufgrund von Diebstahl und Suchtmittelhandel verurteilt worden und wolle in Österreich einen Neuanfang starten (Protokoll vom 17.10.2020, S 5, 6 & 7).
Bei einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 20.10.2020 gab der BF zu Protokoll, dass er nichts mehr zur Einvernahme vom 17.10.2020 ergänzen wolle und sich keine maßgeblichen Änderungen ergeben haben. Er wolle in Österreich bleiben, weil man hier Rechte habe (Protokoll vom 20.10.2020, S 3).
Im Rahmen seiner Beschwerde verwies der rechtsfreundlich vertretene BF darauf, dass er in Marokko willkürlich mehrfach festgenommen, ins Gefängnis gesperrt und geschlagen worden sei. Er befürchte, dass dies im Falle seiner Rückkehr nochmal passiere. Zudem habe der BF keine Zukunft in Marokko, da es keine Arbeit gäbe. Dabei verwies der BF auf die im Länderinformationsblatt enthaltenen Ausführungen zum Thema Folter und unmenschliche Behandlung sowie Arbeitslosigkeit (Beschwerde vom 13.11.2020, S 3 & 4).
Den Ausführungen vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde und im Beschwerdevorbringen ist gemein, dass den BF wirtschaftliche Gründe zur Ausreise bewogen haben. Dabei vermeinte der BF sogar selbst, dass wenn die wirtschaftliche Situation gut gewesen wäre, er Marokko nicht verlassen hätte (Protokoll vom 17.10.2020, S 5). Zusammenfassend lässt sich daher jedenfalls festhalten, dass der BF Marokko verlassen hat, um in Europa eine wirtschaftliche Verbesserung erwirken zu können, er sein Heimatland somit aus wirtschaftlichen Erwägungen verlassen hat.
Das weitere Vorbringen des BF in Zusammenhang mit etwaigen willkürlichen Verhaftungen gestaltet sich dagegen als gänzlich unglaubhaft. Zunächst gilt es diesbezüglich auszuführen, dass der BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes noch vermeinte, aufgrund von Aussagen eines verhafteten und befragten Freundes im Jahr 2018 zwei Monate willkürlich ins Gefängnis eingesperrt gewesen und geschlagen worden zu sein. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde – etwa drei Stunden nach seiner Erstbefragung – gestaltete sich das Vorbringen wiederum gänzlich anders und erfuhr zudem eine erhebliche Steigerung. Nunmehr habe der BF Probleme mit der Regierung gehabt, weil ihn ein Nachbar des Mordes bezichtigt habe, woraufhin der BF für einen Monat im Gefängnis gewesen und dann freigesprochen worden wäre. Insgesamt sei der BF danach noch dreimal von Leuten beschuldigt worden, wobei der BF jedes Mal in Untersuchungshaft gewesen sei. In diesem Zusammenhang gilt es festzuhalten, dass es für den erkennenden Richter gänzlich unplausibel erscheint, dass der Nachbar bzw. danach andere Personen den BF wiederholt – einfach so, ohne jeglichen Grund – beschuldigen hätten sollen. Genauere Angaben vermochte der BF in diesem Zusammenhang nicht vorzunehmen, zumal er ausführte, die „Details“ seien in Marokko und könnte ihm diese seine Mutter schicken (Protokoll vom 17.10.2020, S 6).
Auch seine Ausführungen, dass er sogar für ein ganzes Jahr ins Gefängnis gehen habe müssen, dies, weil er ein Tattoo gehabt habe, gestalten sich gänzlich als unglaubhaft. So führte er befragt nach konkreten Angaben rund um diese einjährige Verurteilung völlig konträr zur vorherigen Aussage aus, er sei wegen Diebstahl und Suchtmittelhandel für die Dauer von einem Jahr verurteilt worden (Protokoll vom 17.10.2020, S 7). Diese Ausführungen wiedersprechen zudem auch den vorher getätigten Angaben des BF vor der belangten Behörde, wo er noch vermeinte, im Herkunftsstaat nicht vorbestraft zu sein und dass es keine Verurteilungen gegen ihn gebe (Protokoll vom 17.10.2020, S 5).
Die etwaige Verhaftung aufgrund der Angaben eines inhaftierten Freundes in der Dauer von zwei Monaten im Jahr 2018, welche der BF noch vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes – etwa drei Stunden vor seiner niederschriftlichen Einvernahme –als Fluchtgrund angeführt hat, brachte der BF vor der belangten Behörde nicht mehr vor, was weiters gegen die Glaubwürdigkeit des BF spricht, zumal er dies als sein ursprünglich fluchtrelevantes Ereignis vorgebracht hat.
Der BF machte somit bei jeder weiteren von der belangten Behörde gestellten Frage gänzlich unterschiedliche Angaben, welche sich einerseits steigerten, anderseits auch wiedersprachen. Ihnen ist jedoch allen gemein, dass sich sämtliche Schilderungen des BF – trotz wiederholtem Nachfragen seitens der belangten Behörde – auf oberflächliche, nicht hinreichend substantiierte Ausführungen, welches jegliche Details vermissen lassen, die für ein tatsächlich Erlebtes kennzeichnend wären, erschöpfen. Auf die Frage hinsichtlich genaueren Angaben vermeinte der BF nur, die „Details“ seien in Marokko und könnte ihm seine Mutter diese schicken. Diese allgemeinen Behauptungen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, genügen jedenfalls nicht zur Dartuung von selbst Erlebtem (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/20/0314, mwN) (vgl VwGH 12.03.2020, Ra 2019/01/0472).
Auch in Zusammenhang mit etwaigen Verurteilungen wegen Diebstahl und Suchtmittelhandel konnte der BF keinerlei substantiierte Angaben machen, weder aufgrund von welchem Gesetz er verurteilt wurde, noch welcher Strafrahmen vorgelegen habe. Ungeachtet dessen bedarf es einer Abgrenzung zwischen der legitimen Strafverfolgung ("prosecution") einerseits und der Asyl rechtfertigenden Verfolgung aus einem der Gründe des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ("persecution") andererseits. Keine Verfolgung im asylrechtlichen Sinn ist im Allgemeinen dabei in der staatlichen Strafverfolgung zu erblicken (VwGH 06.12.2019, Ra 2019/20/0547), welche jedenfalls in Zusammenhang mit Diebstahl und Suchtmittelhandel gerechtfertigt wäre, wobei eine – von ihm behauptete – einjährige Verurteilung auch im österreichischen Strafrecht seine Deckung findet.
Gegen Ende der niederschriftlichen Einvernahme gab der BF schließlich nochmals an, Marokko aus wirtschaftlichen Gründen und dem Wunsch nach einem besseren Leben verlassen zu haben, was als einziges seiner Vorbringen als glaubhaft anzusehen ist, jedoch keine Asylrelevanz entfaltet.
Für das Bundesverwaltungsgericht besteht daher kein Grund, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln.
2.4. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Marokko gilt als ein sicherer Herkunftsstaat.
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Marokko und den dort zitierten Quellen. Dieser Bericht fußt sowohl auf Berichten verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche dargestellt wird, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von rund einem Monat haben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ergeben. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.
Auch wenn die angespannte wirtschaftliche Lage in Marokko durchaus nicht verkannt wird, steht es für das Bundesverwaltungsgericht nach Würdigung sämtlicher Umstände fest, dass Marokko ein Staat ist, der hinsichtlich seiner Bürger schutzfähig und schutzwillig ist und dass dem jungen, gesunden und arbeitsfähigen BF daher aufgrund der Lage im Herkunftsstaat mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Gefahr an Leib und Leben oder einer unmenschlichen Strafe droht, wenn er nach Marokko zurückkehrt.
Die COVID-19-Daten zu Marokko entstammen dem Dashboard der Website der WHO. In Zusammenhang mit der COVID-19-Situation gilt es anzumerken, dass es sich um eine weltweite Pandemie handelt, somit sowohl Österreich als auch Marokko davon betroffen ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Marokko ist gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 145/2019, ein sicherer Herkunftsstaat.
Zu A)
I. Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 17.11.2017, Ra 2017/20/0404).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. bereits dargelegt, vermochte der BF im gegenständlichen Verfahren keine wohlbegründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen, sondern haben ihn wirtschaftliche Gründe zum Verlassen seines Herkunftsstaates bewogen.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage
Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – „real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0143).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2020, Ra 2020/14/0368).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Wie bereits dargelegt wurde, droht dem BF in Marokko keine asylrelevante Verfolgung.
Auch dafür, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der BF kann in Marokko Berufserfahrung als Elektriker vorweisen. Er ist gesund und arbeitsfähig, es ist daher davon auszugehen, dass er durch die (Wieder)Aufnahme einer Beschäftigung in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt in Marokko sicherzustellen. Darüber hinaus leben seine Mutter, zu welcher der BF in gutem Kontakt steht, sowie zwei Geschwister (eine Schwester und ein Bruder) nach wie vor in Marokko und ist der BF bei einer Rückkehr daher auch nicht auf sich allein gestellt, zumal er auch wieder Unterkunft im Haus der Familie nehmen könnte, wie bis vor seiner Ausreise.
Damit ist der BF durch die Abschiebung nach Marokko nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, zumal die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können.
Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Zumal auch im Zuge des Beschwerdevorbringens diesbezüglich nichts substantiiert ausgeführt wurde, fehlen hierfür im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem gilt Marokko als ein sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Marokko, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
In Zusammenhang mit der COVID-19-Situation gilt es nochmals anzumerken, dass es sich um eine weltweite Pandemie handelt, somit sowohl Österreich als auch Marokko davon betroffen ist. Selbst unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie erweist sich das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs einer allfälligen Erkrankung für den BF als einen gesunden, jungen Menschen ohne Zugehörigkeit zur COVID-19-Risikogruppe als sehr gering.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
3.3.1. Rechtslage
Gemäß § 58 Abs 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG 2005). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG 2005 von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
3.4.1. Rechtslage
Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Dabei hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Auf Grundlage des § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG – wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird – zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Nachdem der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen war, hat sich die belangte Behörde zutreffenderweise auf § 52 Abs 2 Z 2 FPG gestützt.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Punkt 3.3.2. ergaben sich auch keine Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre.
Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.
Dabei stellt die Aufenthaltsdauer für sich zunächst lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289). Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289) und der Aufenthalt des BF zudem auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage beruhte, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durften, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.
Der BF ist seit seiner illegalen Einreise (spätestens) am 16.10.2020, somit rund einen Monat, in Österreich aufhältig. Zwischen der Asylantragstellung am 16.10.2020 und der negativen Entscheidung seitens der belangten Behörde am 20.10.2020 sind lediglich vier Tage vergangen.
Der BF führt kein Familienleben in Österreich. Auch private Anknüpfungspunkte haben sich im Verfahren nicht ergeben. Nennenswerte integrative Merkmale in sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht liegen – schon ob der geringen Dauer des Aufenthaltes von rund einem Monat – nicht vor. Demgegenüber verfügt der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, über sprachliche und kulturelle Verbindungen sowie auch über familiäre Anknüpfungspunkte.
Es sind bei einer Rückkehrentscheidung in weiterer Folge aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen. So sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaige wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0076). Im gegenständlichen Fall ist dahingehend keine besondere Vulnerabilität des BF hervorgekommen. Er wird bei einer Rückkehr durch seine Berufserfahrung in der Lage sein, sich ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.
Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF vermag seine Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet nicht entscheidend zu verstärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).
Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt schwerer, als die nur schwach ausgeprägten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0034; 05.11.2019, Ro 2019/01/0008).
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher – nach Abwägung der privaten mit den öffentlichen Interessen – nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
3.5.1. Rechtslage
Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat Marokko gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.
Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH 25.09.2019, Ra 2019/19/0399).
Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.
Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen.
3.6. Zur Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. und VII. des angefochtenen Bescheides):
3.6.1 Rechtslage
Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt werden, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt. Sichere Herkunftsstaaten sind ua die Herkunftsstaaten, die mit Verordnung der Bundesregierung als sichere Herkunftsstaaten festgestellt wurden (§ 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG).
Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 55 Abs 1a FPG besteht ua eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG erfolgt ist.
3.6.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 20.10.2020 die aufschiebende Wirkung – zu Recht, wie unten auszuführen sein wird – aberkannt.
Marokko gilt gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung als sicherer Herkunftsstaat.
Wie bereits oben erörtert, besteht bei der Rückkehr des BF nach Marokko keine Gefahr, dass diesem die Todesstrafe, die Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist ebenfalls mangels Bestehens eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich nicht zu befürchten. Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen des BF und jenen Österreichs ergibt, wie bereits oben ausgeführt, einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides. Damit waren keine Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG gegeben.
Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 1a FPG sowie § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG zur Anwendung gebracht und erweist sich die Beschwerde daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich der Spruchpunkte VI. und VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
II. Behebung des Einreiseverbotes:
Gemäß § 53 Abs 1 und 2 FPG kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist unter anderem – soweit gegenständlich relevant – dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Z 6 leg. cit.). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des betroffenen Fremden potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessensabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessensabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff).
Der bloße unrechtmäßige Aufenthalt stellt nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde (VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Der Verwaltungsgerichtshof hielt dazu in seiner Entscheidung vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0207, fest: „Mit dem FNG-Anpassungsgesetz 2014 wurde die Anordnung, dass mit einer Rückkehrentscheidung stets ein Einreiseverbot einherzugehen hat, eliminiert; außerdem wurde die 18-monatige Mindestdauer eines Einreiseverbotes beseitigt. Ausschlaggebend dafür waren gemäß den ErläutRV (2144 BlgNR 24. GP 23 f) die Überlegungen in den E vom 15. Dezember 2011, 2011/21/0237, und vom 15. Mai 2012, 2012/18/0029. Nach dieser Judikatur stellt jedenfalls der bloße unrechtmäßige Aufenthalt nach dem System der Rückführungs-RL noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde. Zwar kann eine Rückkehrentscheidung dessen ungeachtet mit einem Einreiseverbot einhergehen, eine zwingende Mindestdauer von 18 Monaten – mag sie auch häufig gerechtfertigt sein – in jedem Fall wird der Anordnung, wonach die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu erfolgen hat, jedoch nicht gerecht. Letztere – zweifellos unmittelbar anwendbare – Richtlinienbestimmung steht daher § 53 Abs 2 FrPolG 2005 insoweit entgegen, als dort – ohne Ausnahme – die Festsetzung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten vorgesehen ist. Umgekehrt kennt das FrPolG 2005 keine kürzere Frist für das Einreiseverbot. Es ist daher davon auszugehen, dass gegebenenfalls, wenn sich das Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beschränkt und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist. Immer dann, wenn auf Grund des die öffentliche Ordnung (oder Sicherheit) bloß geringfügig beeinträchtigenden Fehlverhaltens des Drittstaatsangehörigen die Erlassung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 18 Monaten nicht gerechtfertigt ist, ist überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen.“
Zwar hat sich die belangte Behörde zutreffend auf die Mittellosigkeit des BF gestützt, diese stellt jedoch ob des äußerst kurzen Aufenthaltes von rund einem Monat lediglich eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar. Der BF ist während seines Aufenthaltes weder strafgerichtlich in Erscheinung getreten, noch wurde er wegen Verwaltungsübertretungen bestraft.
Im Ergebnis zeigt sich daher, dass vor dem Hintergrund der vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Judikatur ein Einreiseverbot im gegenständlichen Fall nicht gerechtfertigt ist.
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. war sohin stattzugeben und dieser Spruchpunkt zu beheben.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes folgendermaßen zusammengefasst wurden (vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11, betreffend die inhaltsgleiche Bestimmung des § 41 Abs 7 AsylG 2005): „Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf, zumal seit der negativen Entscheidung seitens der belangten Behörde und dem gegenständlichen Erkenntnis lediglich knapp ein Monat verstrichen ist. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente, es wurde nur unsubstantiiert das bisher vorgebrachte unglaubhafte Fluchtvorbringen neuerlich angeführt. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.
Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom BF im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für den BF kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte. Dabei steht die Regelung des § 21 Abs 7 BFA-VG auch mit Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) im Einklang (VwGH 04.12.2017, Ra 2017/19/0316).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.
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