Entscheidungsdatum
04.12.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W108 2222389-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 08.07.2019, Zl Jv 53743-33a/19, betreffend Versagung des Nachlasses von Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang/Sachverhalt:
1.1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin brachte am 03.10.2018 zur Aktenzahl 3 C 39/18i des Bezirksgerichtes XXXX eine als „Antrag auf Unterhalt der geschiedene Ehefrau“ bezeichnete Unterhaltsklage ein und ersuchte um Bewilligung der Verfahrenshilfe.
1.2. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 21.11.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, ihr die Verfahrenshilfe zu bewilligen, abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 19.01.2001 zur GZ 17 C 67/99g-54 (rechtskräftig seit 23.01.2001) aus ihrem Alleinverschulden geschieden worden sei. Bereits mit Urteil vom 20.09.2000 sei die Unterhaltsklage der Beschwerdeführerin abgewiesen worden, auch dieses Urteil sei in Rechtskraft erwachsen. In der Folge habe die Klägerin wiederholt Verfahrenshilfeanträge in Zusammenhang mit behaupteten Unterhaltsansprüchen gestellt. Die Verfahrenshilfeanträge seien wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen worden. Eine zu 3 C 25/15a eingebrachte Unterhaltsklage sei in der Folge zurückgezogen worden. Am 03.10.2018 habe die Beschwerdeführerin abermals eine Unterhaltsklage eingebracht, dem Vorbringen sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin nach wie vor davon ausgehe, dass ihre Ehe mit dem Beklagten nicht geschieden sei. Die Klagsführung sei als aussichtslos zu bewerten, da für den Zeitraum bis 20.09.2000 ein rechtskräftiges Urteil und für den Zeitraum bis 23.01.2001 Verjährung vorliege. Die Klägerin habe angesichts des im Scheidungsurteil enthaltenen Verschuldensausspruches auch keinen nachehelichen Unterhaltsanspruch, weshalb der Verfahrenshilfeantrag wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen gewesen sei.
1.3. Dem von der Beschwerdeführerin gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22.01.2019, Aktenzahl: 43 R 32/19b, nicht Folge gegeben und der Revisionsrekurs für jedenfalls unzulässig erklärt.
Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Bezirksgerichtes, dass das Unterhaltsverfahren als aussichtlos zu beurteilen sei. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin ihre rechtskräftige Scheidung nicht zu akzeptieren vermöge, sei bereits in zahlreichen Verfahren Gegenstand gewesen. Das Unterhaltsverfahren würde von einer Partei, die die Sach- und Rechtslage verständig würdige, nicht betrieben werden.
1.4. Im Einbringungsverfahren wurde die Beschwerdeführerin für die Einbringung ihrer Unterhaltsklage (siehe oben Punkt 1.1.) mit Lastschriftanzeige vom 06.02.2019 zur Aktenzahl 3 C 39/18i-1-VNR1 des Bezirksgerichtes XXXX zur Bezahlung der Pauschalgebühr gemäß der Tarifpost (TP) 1 des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) in der Höhe von EUR 2.919,00 aufgefordert.
2.1. Mit Schriftsatz vom 18.02.2019 stellte die Beschwerdeführerin einen Nachlassantrag im Sinne des § 9 Abs. 2 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) und ersuchte um Befreiung der ihr mit Lastschriftanzeige vom 06.02.2019 vorgeschriebenen Gerichtsgebühren von EUR 2.919,00.
Die Beschwerdeführerin führte (soweit für das gegenständliche Verfahren relevant) aus, dass sie schon seit über 18 Jahren um ihren gesetzmäßigen Anspruch auf Unterhalt kämpfe. Das Bezirksgericht XXXX habe ihr schon am 20.09.2000 mit Unterhaltsurteil zur GZ 17 C 170/99a einen vorläufigen Unterhaltsbetrag zuerkannt. Sie sei sehr überrascht gewesen, dass sie verpflichtet sei, EUR 2.919,00 an Gebühren zu bezahlen. Sie sei Pensionistin und bekomme monatlich EUR 389,20. Im Jahr 2012 sei sie wegen ihres Gesundheitszustandes als „beschädigte Person“ anerkannt worden.
2.2. Der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien als zur Entscheidung über Anträge nach § 9 GEG zuständige Justizverwaltungsbehörde (und belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) erließ nach Einholung eines Versicherungsdatenauszuges den nunmehr angefochtenem Bescheid, mit dem dem Antrag der Beschwerdeführerin, die im Grundverfahren des Bezirksgerichtes XXXX zur GZ 3 C 39/18i vorgeschriebenen Gerichtsgebühren im Betrage von EUR 2.919,00 gemäß § 9 Abs. 2 GEG nachzulassen, nicht stattgegeben wurde.
In der Begründung wurde nach Darlegung des Verfahrensganges/Sachverhaltes und der Angaben der Beschwerdeführerin (wie oben dargestellt) Folgendes ausgeführt:
Gemäß § 9 Abs. 2 GEG könnten Gerichtsgebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn – von dem hier nicht geltend gemachten Fall des öffentlichen Interesses abgesehen - die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre. Nach ständiger Judikatur seien die das Gerichtsgebührengesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane an die Entscheidungen der Gerichte gebunden. Das Bezirksgericht XXXX habe festgestellt, dass die Scheidung aus dem Alleinverschulden der Beschwerdeführerin im Jahr 2001 erfolgt sei und dass hinsichtlich des Begehrens von ehelichem Unterhalt eine entschiedene Rechtssache bzw. Verjährung vorliege sowie hinsichtlich nachehelichen Unterhalts keine Aussicht auf Erfolg bestehe. Auch das Rekursgericht habe diese Rechtsansicht bestätigt. Eine Partei, die die Sach- und Rechtslage richtig würdige, würde den Unterhalt nicht betreiben und ein Verfahren als aussichtlos beurteilen. Das gegenständliche Verfahren sei daher mutwillig betrieben worden und aussichtlos gewesen, weshalb dem Antrag auf Nachlass der Erfolg zu versagen gewesen sei.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, in welcher sie im Kern wie folgt ausführte: Das Gericht habe sie mit dem Urteilsspruch „Das Verschulden trifft die beklagte Partei alleine“ grundlos beschuldigt, ihr Ehegatte habe dem Gericht keine Beweise vorgelegt. Das Gericht habe ihr schon am 20.09.2000 mit Unterhaltsurteil zur GZ 17 C 170/99a einen vorläufigen Unterhaltsbetrag zuerkannt. Sie sei in finanzieller Not und ihre letzte „Rechnung" [gemeint: Kontostand] bei der „ XXXX “ sei EUR 268,36. Ihre monatliche Pension sei EUR 389,20, wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes sei sie als „gesundheitlich beschädigte Person“ anerkannt, was erhöhte Lebenserhaltungskosten bedeute. Wenn sie monatlich die gesamten Rechnungen und Medikamente bezahle, würden ihr EUR 126,00 für Nahrungsmittel verbleiben. Im Hinblick auf ihre schwere finanzielle Lage ersuche sie um Befreiung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren.
Der Beschwerde beigelegt wurden folgende Schriftstücke:
? Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 20.09.2000, GZ 15 C 170/99a, mit welchem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Unterhalt und einstweiligen Unterhalt abgewiesen wurde
? Ein ärztlicher Befund in XXXX Sprache vom 16.11.2018
? Eine Kopie eines – nach den Angaben der Beschwerdeführerin Behindertenausweises in XXXX Sprache, ausgestellt am 31.07.2012
? Eine eidesstattliche Erklärung einer Zeugin im Ehescheidungsverfahren der Beschwerdeführerin vom 23.08.2005
? Ein Kontoauszug vom Konto der Beschwerdeführerin bei der „ XXXX “ vom 30.06.2019, welcher einen Kontostand von EUR 286,36 aufweist
? Ein Dokument der „ XXXX “ in XXXX Sprache vom 29.11.2018, aus welchem sich nach den Angaben der Beschwerdeführerin eine monatliche Pension von EUR 389,20 ergibt.
? Ein Schreiben der Generalprokuratur vom 22.10.2018 betreffend die Weiterleitung eines Schreibens der Beschwerdeführerin an die Oberstaatsanwaltschaft Wien
? Ein Schriftsatz der Beschwerdeführerin an das Bezirksgericht XXXX vom 09.02.2004
? Ein Schriftsatz der Beschwerdeführerin an „das Österreichische Verfassungsgerichtshof“ vom 28.08.2003
? Ein Schriftsatz der Beschwerdeführerin an „den Vorsitzenden des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien“ vom 12.07.2003 betreffend eine Beschwerde über die Vorgangsweise des Bezirksgerichtes XXXX vom 12.07.2003
? anwaltliche Korrespondenz vom 25.11.2003
5. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt werden festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem „Antrag auf Unterhalt der geschiedene Ehefrau“ vom 03.10.2018, dem Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 21.11.2018, 3 C 39/18i-9, dem Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22.01.2019, Zl. 43 R 32/18b, dem angefochtenen Bescheid sowie der Beschwerde. Die relevanten Ermittlungsergebnisse und Urkunden liegen in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ein. Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides den maßgeblichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit der Aktenlage richtig festgestellt. Diesem Sachverhalt trat die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht bzw. mit bloß unsubstantiiertem Vorbringen entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:
Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.
3.3. In der Sache:
3.3.1. Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Bei § 9 Abs. 2 GEG handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, doch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz genannten Alternativvoraussetzungen abhängig. Hinsichtlich des Tatbestandselementes der „besonderen Härte“ kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowohl eine besondere Härte infolge einer sachlichen Unbilligkeit der Einbringung als auch eine solche infolge Vorliegens individueller Gründe in Betracht, die die Einbringung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren als besondere Härte erscheinen ließen. Diese Voraussetzung hat die Justizverwaltungsbehörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen (vgl. etwa VwGH 26.01.1996, 93/17/0265; 21.12.1998, 98/17/0180; 18.03.2002, 2001/17/0176; 23.06.2003, 99/17/0029 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Gemäß § 63 Abs. 1 ZPO ist die Verfahrenshilfe einer Partei so weit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt. Als mutwillig ist die Rechtsverfolgung besonders anzusehen, wenn eine nicht die Verfahrenshilfe beanspruchende Partei bei verständiger Würdigung aller Umstände des Falles, besonders auch der für die Eintreibung ihres Anspruchs bestehenden Aussichten, von der Führung des Verfahrens absehen oder nur einen Teil des Anspruchs geltend machen würde.
3.3.2. Die belangte Behörde verneinte im Fall der Beschwerdeführerin die Voraussetzung des Bestehens einer „besonderen Härte“ im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG und sah in der konkreten Gebühreneinbringung keine persönlich oder sachlich bedingte Unbilligkeit. Dem ist zu folgen:
3.3.2.1. Eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 236 BAO, welche ebenfalls auf die Unbilligkeit abstellt, vor, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt (vgl. VwGH 29.09.2011, 2011/16/0171).
Davon kann aber im Beschwerdefall nicht gesprochen werden, da, wie bereits die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, die Beschwerdeführerin die Gebührenschuld, von der sie nunmehr im Nachlassweg nach dem GEG befreit werden will, mutwillig herbeigeführt hat.
Sowohl das Bezirksgericht XXXX als auch als Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien haben in ihren jeweiligen Beschlüssen vom 21.11.2018 bzw. 22.01.2019 ausgeführt, dass die Klagsführung der Beschwerdeführerin als aussichtlos zu beurteilen ist. Eine Partei, die die Sach- und Rechtslage verständig würdige, würde nach den Ausführungen der Gerichte das gegenständliche Unterhaltsverfahren nicht betreiben. Trotz der ihr bereits in der Vergangenheit mehrfach mitgeteilten Aussichtslosigkeit ihres Begehrens durch verschiedene Gerichte und trotz der von ihr angegebenen angespannten finanziellen Lage stellte die Beschwerdeführerin jedoch im Laufe der letzten Jahre immer wieder Verfahrenshilfeanträge für die Einbringung von Unterhaltsklagen gegen ihren Ex-Ehemann, die allesamt wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen wurden. Eine bereits im Jahr 2015 erhobene Unterhaltsklage wurde von der Beschwerdeführerin zurückgezogen. Die Beschwerdeführerin musste sich daher im Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 03.10.2018, die zur Entstehen der Gebührenschuld in Höhe von EUR 2.919,00 geführt hat, der Aussichtslosigkeit ihrer Verfahrenshandlung bewusst sein. Eine Partei, die die Sach- und Rechtslage verständig gewürdigt hätte, hätte im vorliegenden Fall aufgrund offenkundiger Aussichtslosigkeit jedoch kein Unterhaltsverfahren eingeleitet, sodass keine Gerichtsgebührenschuld entstanden wäre. Somit ist durch die mutwillige Verfahrensführung der Beschwerdeführerin das Entstehen der Gebührenschuld allein ihr anzulasten.
Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass das Nachlassverfahren nicht den Zweck hat, vorher unterlaufene Fehler des Gebührenpflichtigen zu beseitigen. Liegen Fehlleistungen vor, die der Gebührenschuldner selbst zu vertreten hat, besteht kein Raum für einen Nachlass (vgl. VwGH 12.11.1981, 81/15/0088; 03.12.1986, 86/16/0024). Dazu kommt noch, dass gerade im Bereich des Gerichtsgebührenrechts aufgrund der dort geltenden formalen Betrachtungsweise nicht darauf Bedacht zu nehmen ist, ob Parteien (warum auch immer) unnötiger- und überflüssigerweise Akte setzen, die Tatbestände der Gerichtsgebühren verwirklichen (vgl. VwGH 25.09.1997, 97/16/0367).
Ausgehend davon sind im Beschwerdefall Hinweise auf eine sachliche Unbilligkeit der Gebühreneinbringung gerade nicht ersichtlich. Auch die Beschwerdeführerin legt (in der Beschwerde) keine derart außergewöhnlichen Umstände dar, aufgrund derer von einer ungleichen, unbilligen Betroffenheit der Beschwerdeführerin von der Gebührenvorschreibung und somit vom Vorliegen einer besonderen – sachlich begründeten – Härte auszugehen wäre (vgl. auch VwGH 12.11.1987, 86/16/0142).
Wenn die Beschwerdeführerin die Unrichtigkeit der ergangenen gerichtlichen Entscheidungen im Unterhaltsverfahren behauptet bzw. sie sich gegen die Gebührenvorschreibung wendet, ist sie auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Einwendungen gegen die Richtigkeit der rechtskräftig festgesetzten Gerichtsgebühr und der zu Grunde liegenden gerichtlichen Entscheidungen nicht im Nachlassverfahren geltend gemacht werden können (vgl. etwa VwGH 14.3.2016, Ra 2016/16/0011, VwGH 11.1.2016, Ra 2015/16/0132). In einem Verfahren nach § 9 GEG ist kein Raum dafür, nochmals die Frage der Richtigkeit von Entscheidungen im Grundverfahren oder der Gebührenbemessung aufzurollen (vgl. VwGH 23.11.2005, 2005/16/0197; VwGH 28.04.2005, 2005/16/0025; VwGH 19.12.2017, Ra 2016/16/0039).
3.3.2.2. In Ermangelung des Bestehens einer besonderen Härte infolge einer sachlichen Unbilligkeit wäre im vorliegenden Fall der Nachlass aus dem Grund der besonderen Härte somit vom Vorliegen individueller Gründe abhängig, die die Eintreibung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühr als besondere Härte erscheinen ließen. Solche Gründe lägen etwa dann vor, wenn durch die Einbringung der Gerichtsgebühren der notwendige Unterhalt des Nachlasswerbers gefährdet wäre (vgl. VwGH 26.01.1996, 93/17/0265).
Hinsichtlich dieses verbleibenden Anwendungsbereiches des § 9 Abs. 2 GEG ist jedoch auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach es in einem Verfahren über den Nachlass von Gerichtsgebühren Sache des Antragstellers ist, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die der Nachlass gestützt werden kann. Zu den für eine verlässliche Beurteilung der Frage des allfälligen Vorliegens der von § 9 Abs. 2 GEG geforderten besonderen Härte unerlässlichen Umständen gehört naturgemäß die Frage, ob der Nachlasswerber über Vermögen verfügt und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bzw. welcher Art (vgl. VwGH 29. 10.1998, 98/16/0149, mwN). Den Antragsteller trifft somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 29.06.2006, 2006/16/0021 mwN; vgl. auch VwGH 29.04.2013, 2010/16/0182). Daraus folgt, dass eine Abweisung eines Nachlassantrags nicht erst dann zu erfolgen hat, wenn feststeht, dass der Antragsteller über Mittel verfügt, die das Vorliegen einer besonderen Härte durch die Einbringung ausschließen, sondern schon dann, wenn substantiierte Zweifel daran bestehen, dass es ihm an derartigen Mitteln mangelt.
In Bezug auf die Frage des Vorliegens individueller (persönlicher) Gründen, die die Einbringung als besondere Härte erscheinen ließen, vermochte die Beschwerdeführerin der Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, dass keine persönliche Unbilligkeit, keine Existenzgefährdung der Beschwerdeführerin (und ihrer Familie) vorliege, nichts Entscheidendes entgegenzusetzen.
Die Beschwerdeführerin hat bloß partiell Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht, insbesondere hat sie weder im behördlichen Verfahren noch in der Beschwerde ihr (allfälliges) Vermögen dargelegt, geschweige denn, bescheinigt. Damit fehlt es von vornherein an der für eine Entscheidung gemäß § 9 Abs. 2 GEG erforderlichen verlässlichen Grundlage (vgl. etwa VwGH 11.09.2014, 2011/16/0165). Die Beschwerdeführerin hat keine Angaben zu ihrer wirtschaftlichen Situation getätigt, die einwandfrei und unter Ausschluss jeglicher Zweifel eine besondere Härte im Sinn des § 9 Abs. 2 GEG annehmen lassen.
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 27.05.2014, 2011/16/0241) dargetan, dass eine besondere Härte im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG nicht vorliegt, wenn sich der Zahlungspflichtige in wirtschaftlichen Schwierigkeiten vorübergehender Natur befindet. Wirtschaftliche Schwierigkeiten vorübergehender Natur rechtfertigen zwar eine Stundung (Ratengewährung) gemäß § 9 Abs. 1 GEG, aber keinen Nachlass gemäß § 9 Abs. 2 GEG (VwGH 18.09.2007, 2007/16/0144 mwN). Zu beachten ist nämlich, dass das GEG die Möglichkeit eines Widerrufes eines Nachlasses nicht vorsieht (vgl. etwa VwGH 25.06.1992, 91/16/0060). Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, setzt die Gewährung eines Nachlasses nach § 9 Abs. 2 GEG voraus, dass sowohl die Entrichtung zu einem späteren Zeitpunkt als auch die Entrichtung in – allenfalls sehr kleinen – Monatsraten noch immer eine besondere Härte darstellen würde, sodass nur mehr die endgültige Erlassung die Härte beseitigt.
Die Beschwerdeführerin hat auch in dieser Hinsicht das Vorliegen einer besonderen Härte, eine persönliche Unbilligkeit der Gebührenentrichtung, nicht aufgezeigt. Zum einen hat sie –mit dem Hinweis auf ihre angespannte finanzielle Situation und ihren schlechten Gesundheitszustand – nicht dargelegt, dass sich ihre wirtschaftliche (und gesundheitliche) Situation in Zukunft keinesfalls mehr ändern kann und die Entrichtung des in Rede stehenden Betrages auch zu einem späteren Zeitpunkt ausscheidet. Zum anderen wurde nicht behauptet, dass sie zur Bezahlung des Betrages in – allenfalls sehr kleinen – Monatsraten nicht in der Lage ist. Auch angesichts der Höhe des geschuldeten Betrages sind keine Umstände ersichtlich, weshalb eine Gebührenentrichtung - in sehr kleinen Monatsraten – für die Beschwerdeführerin nicht bewältigbar sein sollte.
Im Fall der Beschwerdeführerin kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass aufgrund individueller Gründe eine „besondere Härte“ gemäß § 9 Abs. 2 GEG, die die Gewährung eines Nachlasses rechtfertigt, vorliegt.
3.3.2.3. Dass die Gewährung des Nachlasses im öffentlichen Interesse gelegen wäre bzw. dass das allgemein bestehende öffentliche Interesse an der Einhebung der Gebühren eindeutig überwogen werden würde, wurde nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich geworden (vgl. dazu auch VwGH 27.02.1997, 95/16/0005 und VwGH 31.10.1991, 90/16/0227). Ein öffentliches Interesse des Bundes unmittelbar am Nachlass von vorgeschriebenen Gerichtsgebühren/Gerichtskosten ist nicht schon durch das subjektive Interesse des Zahlungspflichtigen an einer Entlastung von diesen Gerichtsgebühren erfüllt (vgl. VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132).
3.3.2.4. Nach dem Gesagten liegen die Voraussetzungen für die Gewährung eines vollen bzw. teilweisen Nachlasses der in Rede stehenden Gebühr nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht vermag nicht zu erkennen, dass die Entscheidung der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin den Nachlass der Gebührenschuld gemäß § 9 Abs. 2 GEG zu versagen, rechtswidrig wäre.
3.3.3. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheides liegt daher nicht vor. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Bescheid aus anderen, nicht geltend gemachten Gründen rechtswidrig wäre. Da dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht anhaftet, ist die Beschwerde abzuweisen.
3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG und gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall liegt kein Parteiantrag auf Durchführung einer Verhandlung vor. Weiters konnte auch deshalb von einer Verhandlung abgesehen werden, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich ist (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132 [betreffend ein Nachlassverfahren nach dem GEG], wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühr nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen).
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden (vgl. etwa VwGH 25.09.2015, Ra 2015/16/0085, mwN). Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
Schlagworte
Aussichtslosigkeit besondere Härte Gerichtsgebühren - Nachlass Gerichtsgebührenpflicht Mutwillen Nachlass von Gerichtsgebühren Nachlassantrag notwendiger Unterhalt Pauschalgebühren sachliche Unbilligkeit Unterhaltsverfahren Verfahrenshilfeantrag Vermögensverhältnisse wirtschaftliche SituationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W108.2222389.1.00Im RIS seit
02.03.2021Zuletzt aktualisiert am
02.03.2021