Entscheidungsdatum
07.12.2020Norm
BDG 1979 §118 Abs1Spruch
W136 2231694-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wolfram PROKSCH, Teinfaltstraße 8/5.01, 1010 Wien, gegen den Beschluss der Disziplinarkommission Senat 1, beim Bundesministerium für Inneres, vom 03.04.2020, GZ: BMI-40063/0009-DK/1/2020, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem im Spruch genannten Beschluss leitete die belangte Behörde gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden kurz BF) wegen des Verdachtes der schuldhaften Verletzung seiner Dienstpflichten gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 1 BDG 1979 ein, weil der Verdacht bestehe, der BF habe, (im Folgenden wörtlich, Anonymisierung durch das BVwG):
„1.) am 10.12.2019 Herrn XXXX (Kulturverein XXXX ) - ohne dass hierfür ein Bedarf vorgelegen war - im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit der Erstellung eines Konzepts für die alleinige (also ohne die Projektpartner IC XXXX und der pädagogischen Hochschule XXXX ) Planung und Durchführung der Vorstellungen des Theaterstückes XXXX durch den Kulturverein XXXX sowie eines Kostenvorschlages beauftragt, ohne den Bestimmungen des Beschaffungserlasses vom 20.08.2018, GZ BMI-BH1110/0325-III/11/a/2018 zufolge eine Prüfung des Vorhabens durch die zuständige Förderabteilung (Abteilung V/4-Förderungen) sowie ohne die budgetäre Bedeckung der Konzepterstellung und des Konzepts durch die für budgetäre Angelegenheiten der Sektion XXXX zuständige Fachabteilung (Abteilung V/11-Ressourcen) veranlasst, ohne mit der zuständigen Fachabteilung im BMI für Vergabe- und Vertragsangelegenheiten (Abteilung III/11) Kontakt aufgenommen bzw. dieselbe befasst und ohne die Neuaufstellung der Migrationskommunikationsprojekte vorab mit der Sektionsleitung abgeklärt bzw. dieser ein alternatives Gesamtkonzept vorgelegt sowie keine Bedarfsprüfung und Bedarfsfestlegung vorgenommen und dies nicht dokumentiert sowie in Missachtung der Bestimmungen des Beschaffungsworkflow Erlasses GZ BMI-BH1110/0411-IV/IR/C/2016 keine Erfassung im elektronischen Beschaffungsworkflow vorgenommen,
[…]
2.) im Zuge des ad 1. angeführten Gesprächs Herrn XXXX gegenüber angemerkt, dass IC XXXX nur aus politischen Motiven beauftragt worden wäre und man unter den Beamten einmal richtig aufräumen müsse, womit er den Beamten des Bundesministeriums für Inneres eine nicht rechtskonforme – weil nur politisch motivierte – Aufgabenerfüllung unterstellte, […]“
Begründend wurde ausgeführt, dass sich der angelastete Sachverhalt, aus der Disziplinaranzeige vom 17.02.2020, GZ: 2020-0.108.557 bzw. aus dem Schreiben des Bundesministeriums für Inneres, Referat I/1/f vom 20.02.2020, GZ: 2020-0.115.683 ergeben würde. In der Disziplinaranzeige werde zum Sachverhalt wie folgt ausgeführt (auszugsweise):
„Wie sich aus dem Bericht (Beilage 2), welcher von Herrn XXXX übermittelt wurde, ergeben würde, habe am 10. Dezember 2019 auf Initiative des BF ein Gespräch zwischen diesem (Abteilungsleiter XXXX ), Mag. XXXX (Mitarbeiter Abteilung XXXX ) sowie Herrn XXXX (Kulturverein XXXX ) stattgefunden (zur Initiative siehe auch Beilage 4.1, Beilage 5). Inhalt dieses Gesprächs sei eine vom BF geplante Neuausrichtung des Theaterprojekts „ XXXX “ in Form einer direkten Beauftragung von Herrn XXXX (bzw. des Vereins XXXX ) sowie die Beauftragungen mit einer hierauf ausgerichteten Konzepterstellung gewesen:
- [Der BF] gab in diesem Gespräch an, dass er die Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule XXXX und dem International Center XXXX (IC XXXX ) beenden wollte und das Projekt „ XXXX “ mit XXXX als unmittelbaren Vertragspartner führen möchte. [Der BF] gab an, dass er statt bisher rund 17 Vorstellungen pro Semester 90 Vorstellungen pro Semester durchführen lassen und darüber hinaus auch in weiteren Bundesländer Vorstellungen abhalten will.
- [Der BF] gab weiters an, dass er die zusätzlichen Leistungen durch Einsparungen – aufgrund des Wegfalls bisheriger Projektpartner (Anmerkung: gemeint waren IC XXXX sowie die PH XXXX als bisherige Projektpartner) – finanzieren wolle.
- Wie sich dem Protokoll entnehmen lässt, gab [der BF] gegenüber Herrn XXXX weiters an, dass er sehr wohl Widerstand für seine Pläne erwarte.
- Weiter wörtlich dem Protokoll entnommen: ‚Gerade das IC XXXX wäre nach Meinung [des BF] nur aus politischen Gründen involviert und würde viel zu viel Geld bekommen. [Der BF] wurde dann sehr emotional, wirkte fast aggressiv und kündigte an, er würde an die Öffentlichkeit gehen, sollten Weisungen erfolgen, die seiner Entscheidung entgegenwirken. Man müsste unter den Beamten einmal richtig ‚aufräumen‘.
- Auf die Frage, ob die Neuausrichtung des Projekts mit Herrn SC XXXX abgesprochen und koordiniert sei, gab [der BF] an, dass er alle Belange in diesem Bereich eigenmächtig entscheiden könne.
Herr XXXX sei im Rahmen dieses Gesprächs vom [BF] mit der Erstellung eines Konzepts beauftragt worden. Konzeptinhalt sollte eine direkte Vergabe des Projekts „ XXXX “ an Herrn XXXX sein und sohin IC XXXX und die PH XXXX von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem BMI ausgeschlossen sein. Danach sei Herr XXXX von Mag. XXXX zweimal angerufen worden und habe „recht genaue Vorgaben für Inhalte und Formulierungen innerhalb dieses Konzeptes“ erhalten (vgl. Beilage 4.1. Email vom 6. Februar 2020, 08:54 Uhr). Es sollte unbedingt mehrfach betont werden, dass die Organisation von „ XXXX “ aus einer Hand deutliche Vorteile gegenüber dem derzeitigen Modell brächte (Beilage 4.1.).“
Nach einem Überblick über die Förderverträge zwischen IC XXXX und dem BMI seit März 2017 bzw. der Beauftragung des Herrn XXXX durch das IC XXXX wurde in der Disziplinaranzeige ausgeführt, dass im Rahmen des noch laufenden IC XXXX -Vertrags Ende 2019 bereits die Weiterentwicklung des Planspiels sowie die Produktion von Erklärvideos im Gange gewesen sei und weitere Aufführungen des Theaterstücks „ XXXX “ unter der Leitung von Herrn XXXX (Verein XXXX ) im Frühjahr 2020 geplant worden seien. Diese Planungen hätten bereits berücksichtigt, dass es zu einer kostenneutralen Verlängerung des bisherigen Fördervertrages mit IC XXXX bis Juni 2020 kommen wird. Dass die kostenneutrale Verlängerung des IC XXXX -Fördervertrages notwendig und im Interesse des BMI sei, sei seit dem Sommer 2019 Gegenstand diesbezüglicher Besprechungen und sämtlichen Beteiligten bekannt gewesen. Es habe keine Anzeichen gegeben, dass der BF eine kostenneutrale Verlängerung des Fördervertrags ablehne und gegen die Zusammenarbeit mit IC XXXX gerichtete Verhandlungen mit Herrn XXXX führe. Der BF sei seit seiner Betrauung als Abteilungsleiter der Abteilung XXXX mehrfach über die Rahmenbedingungen des IC XXXX -Fördervertrages informiert bzw. seien ihm die Notwendigkeit und die Rahmenbedingungen einer kostenneutralen Verlängerung des IC XXXX -Vertrags erklärt worden (siehe auch Beilagen 6, 7, und 9). Ebenso sei er wiederholt über die Zustimmung von SC XXXX zu einer kostenneutralen Verlängerung informiert worden (Beilagen 7). Er habe auch weder im Rahmen der diesbezüglichen Gespräche, noch in Folge Bedenken in Bezug auf die kostenneutrale Verlängerung des Fördervertrages geäußert bzw. die Sektionsleitung von der geplanten und getätigten Ablehnung informiert. Dennoch habe der BF im November 2019 gegenüber der Förderabteilung – völlig überraschend – betreffend die geplante kostenneutrale Verlängerung des IC XXXX -Vertrags negative Stellungnahmen abgegeben, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass eine Nicht-Verlängerung des Fördervertrages mit IC XXXX sowie auch eine direkte Auftragsvergabe an Herrn XXXX in direktem Widerspruch zu den Vorgaben der Sektionsleitung standen. Nach den vorliegenden Informationen seien die näher angeführten Vorgaben des Beschaffungserlasses (GZ: BMI-BH1110/0325-III/11/a/2018) in Verbindung mit dem Beschaffungsworkflow-Erlass (GZ: BMI-BH1110/0411-IV/IR/c/2016) des BMI im konkreten Fall offenbar nicht eingehalten worden (Beilage 11, 12 und 13). Der BF habe unter Ausnützung seiner amtlichen Stellung ein angesehenes Projekt der Sektion XXXX und des BMI gefährdet. Er habe einen Vertrauensverlust bei einem Vertragspartner von IC XXXX ausgelöst und den Ruf des IC XXXX , einem bedeutenden strategischen Partner des BMI, geschädigt. Der BF habe gegen Weisungen seines Vorgesetzten verstoßen bzw. diese missachtet und dem BMI hierdurch einen konkreten finanziellen Schaden verursacht (€ 560,-). Seine Handlungen würden sich wissentlich gegen die Interessen seines Vorgesetzten richten und im direkten Widerspruch zu dessen Vorgaben stehen. Weiters habe sich der der BF gegenüber einem Dritten und einem Mitarbeiter der Sektion XXXX in abwertender Weise über die Beamten des Innenministeriums geäußert. So sei das IC XXXX nur aus politischen Motiven beauftragt worden und müsste unter den Beamten einmal richtig aufgeräumt werden. Er habe den Beamten des BMI damit eine nicht rechtskonforme – weil nur politisch motivierte – bisherige Aufgabenerfüllung unterstellt. Außerdem habe er den Eindruck erweckt, dass er den Sektionsleiter mit dieser Aussage in Verbindung bringe. Seine Äußerungen, gegebenenfalls an die Öffentlichkeit zu gehen, würden eine Ankündigung darstellen, das Amtsgeheimnis zu brechen und einer treuen und gewissenhaften Aufgabenerfüllung diametral entgegenstehen bzw. auch im direkten Widerspruch zu seiner Verpflichtung stehen, seinen Vorgesetzten zu unterstützen und dessen Weisungen zu befolgen.
Im Rahmen seiner Erwägungen führte der erkennende Disziplinarsenat nach Anführung der anzuwendenden Rechtvorschriften und der Inhalte des Beschaffungserlasses des BMI, insbesondere zum Beschaffungsworkflow, im Wesentlichen aus, dass der BF in seiner Stellungnahme zusammengefasst erklärt habe, dass Herr XXXX an ihn herangetreten sei und aus eigenem einen Entwurf eines Konzepts hergestellt habe. Er habe ihn im Rahmen des Gesprächs am 10.12.2019 nicht mit dem Verfassen eines Konzepts beauftragt. Dies könne von Mag. XXXX bestätigt werden. Er habe keine der in der Disziplinaranzeige zur Last gelegten Handlungen begangen, es würde sich bloß um Unterstellung, Verdrehungen und Lügen handeln.
Der Inhalt des erwähnten Gesprächs sei im durchzuführenden Disziplinarverfahren näher zu klären, im Moment würden die Behauptungen des BF dem sich aus dem übermittelten E-Mailverkehr ergebenden Sachverhalt gegenüberstehen. Aufgrund der vorgelegten Beweismittel (Disziplinaranzeige samt beigefügten Beilagen) sei jedenfalls vom Vorliegen eines begründeten Verdachts der Begehung von Dienstpflichtverletzungen auszugehen. Ob sich der Beamte der Begehung der angelasteten Dienstpflichtverletzungen tatsächlich schuldig gemacht habe, würde aber der Klärung des ordentlichen Verfahrens vorbehalten bleiben, zumal es sich beim Einleitungsbeschluss um eine Entscheidung im Verdachtsbereich handle.
Es würde auch – mit näherer Erläuterung - kein Grund vorliegen, unter analoger Anwendung des § 118 BDG kein Verfahren einzuleiten.
Was den behaupteten Verstoß gegen erteilte Weisungen im Zusammenhang mit der seitens der Sektionsleitung befürworteten Weiterführung der Kooperation mit IC XXXX betreffend anbelangt, würde es sich hierbei schon um einen im Rahmen der Disziplinaranzeige vom 13.12.2019 zur Anzeige gebrachten Vorwurf handeln, der bereits im Beschluss ad Punkt I, C lit. a vom 30.03.2020 behandelt worden und sei daher wegen „ne bis in idem“ keiner neuerlichen, weiteren Beurteilung mehr zugänglich.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der BF rechtzeitig am 28.05.2020 Beschwerde und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge das Disziplinarverfahren einstellen, in eventu eine mündliche Verhandlung anberaumen und durchführen und/oder in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Einleitungsbeschluss aufheben, in eventu in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Einleitungsbeschluss zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen. Weiters stellte der BF den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge eine Mutwillensstrafe gemäß § 35 AVG gegenüber HSC XXXX und/oder der belangten Behörde und/oder dem Disziplinaranwalt wegen offenbar mutwilliger Inanspruchnahme der Tätigkeit der Behörde und/oder unrichtigen Angaben in der Absicht, das mutwillig verursachte Disziplinarverfahren zu verschleppen, verhängen. Begründend wurde dazu zusammenfassend im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen und die Beweise des BF völlig ignoriert worden seien und dass der Behauptung des Anzeigers ohne stichhaltige Beweise „blind“ gefolgt worden sei, indem die Behauptung zum Verdacht gemacht wurde. Die Behörde habe die konstruierten Beweise zur Grundlage der Verdächtigungen gemacht und den Einleitungsbeschluss damit rechtswidrig gefasst. Es sei im Lichte der Unparteilichkeit und Objektivität als willkürlich und denkunmöglich zu qualifizieren, wenn die belangte Behörde für die Erlassung des Einleitungsbeschlusses (ausschließlich) auf die Anschuldigungen und selektiven Beweisergebnisse abstellt, um den Umfang des Disziplinarverfahrens abzustecken. Spätestens seit der mit Erkenntnis des BVwG vom 27.04.2020 attestierten Intrige gegen den BF werde die Behörde künftig nicht umhinkommen, zweiseitig zu ermitteln, statt die in Disziplinaranzeigen enthaltenen Anschuldigungen ungeprüft 1:1 als Vorwürfe zu übernehmen. Hätte die Behörde die vom BF zum integralen Bestandteil des Verfahrens gemachten Eingaben, insbesondere das Anbringen vom 25.11.2019 samt Beweisanboten und Beilagen ./A - ./K, die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien vom 24.01.2020 samt Beilagen ./1 - ./5, die Stellungnahme vom 02.03.2020 samt Beilagen, die Replik an das BVwG vom 09.03.2020 samt Beilagen und Stellungnahme vom 16.03.2020 samt Beilagen, studiert und gewissenhaft geprüft, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass der in diesem Verfahren behauptete Sachverhalt „ an den Haaren“ herbeigezogen und „erstunken und erlogen“ sei, und sie hätte dabei erkannt, dass die die Verdachtslage stützenden „Beweise“ keine Beweise im rechtsstaatlichen Sinn seien, sondern das Produkt einer niederträchtigen und widerwärtigen Intrige. Stattdessen würde die Behörde aber akten- und rechtswidrig behaupten, dass der BF Herrn XXXX „beauftragt“ habe, ein Konzept und einen „Kostenvoranschlag“ vorzulegen, was erstens unrichtig sei, und zweitens im vorliegenden Zusammenhang – dienst- und disziplinarrechtlich – (unbeachtlich) wäre. Überdies würde sie sich als Beweismittel auf die „Disziplinaranzeige samt beigefügten Beilagen“ beziehen, womit sie eindeutig gegen die Vorgaben des AVG verstoßen und den Einleitungsbeschluss auch deshalb rechtswidrig machen würde, zumal eine Disziplinaranzeige – sprich die dort wiedergegebenen Behauptungen/Vorwürfe – kein „Beweismittel“ seien. Entgegen der Ansicht der Behörde würde kein begründeter Verdacht vorliegen. Erstens sei die Stellungnahme des BF vom 16.03.2020 völlig ausgeklammert worden, woran die pro forma Erwähnung der 40 Seiten in einem fünfzeiligen Absatz nichts ändern würde. Zweitens würde der Inhalt dieser Stellungnahme eine erdrückende Beweislast schaffen, die den behaupteten Sachverhalt von HSC XXXX erschüttern würde. Drittens sei der Inhalt der Stellungnahme vom 16.03.2020 durch E-Mails gestützt, welche jederzeit angefordert oder vorgelegt werden hätten können. Diese E-Mails würden aus der Zeit stammen, in der sich die Sache zugetragen hat, während der „E-Mailverkehr“, der in den Beilagen zur Disziplinaranzeige vom 17.02.2020 enthalten sei, im Nachhinein produziert worden sei. Ohne die Produktion dieses nachträglichen E-Mailverkehrs, aus dem sich für die belangte Behörde der die Verdachtslage „begründende“ Sachverhalt ergeben würde, wäre es gar nicht möglich gewesen, Anschuldigungen gegen den BF zu erheben. Der BF habe den behaupteten und ihm nun zum Vorwurf gemachten „Sachverhalt“ bereits in seiner Stellungnahme substantiiert richtiggestellt und wird diese Richtigstellung auszugsweise wiederholt (Stellungnahme vom 16.03.2020, Seite 5ff), da die Behörde davon offenbar keine Kenntnis nehmen möchte. Dabei wird zusammenfassend insbesondere der in der Disziplinaranzeige vom 17.02.2020 angeblich falsch dargestellte Sachverhalt anhand von konkret angeführten E-Mails von Mag. XXXX und Herrn XXXX objektiviert. Wie sich aus einem der E-Mails ergeben würde, habe es berechtigte Gründe gegeben, die Zweckmäßigkeit einer weiteren Zusammenarbeit mit IC XXXX in der bestehenden Form zu prüfen bzw. in Frage zu stellen und würde ein weiteres E-Mail bzw. ein von Herrn XXXX übermitteltes Konzept die Ineffizienz von IC XXXX belegen bzw. in Frage stellen. Ferner würde sich ergeben, dass Herr XXXX den Kontakt mit dem BF gesucht und ohne beauftragt zu sein, von sich aus ein Konzept erstellt habe. Ebenso seien auch keine Kosten angesprochen oder vereinbar worden. Weiters wird versucht, durch Gegenüberstellung der vom BF vorgelegten und der in der Disziplinaranzeige angeführten E-Mails aufzuzeigen, dass es sich bloß um einen konstruierten Sachverhalt handeln würde. Auch die unter Punkt II. der Disziplinaranzeige vom 17.02.2020 dargestellte Dienstpflichtverletzung sei unrichtig, wie näher angeführte Unterlagen belegen würden. Die teils unrichtigen, unvollständigen bzw. verdrehten Ausführungen in der Disziplinaranzeige seien im Ergebnis nicht substantiiert. Anschließend werden die „Notwendigkeit“ einer kostenneutralen Verlängerung des Werkvertrags mit IC XXXX betreffend, um Missverständnissen und weiteren Verdrehungen vorzubeugen, die „nackten“ Tatsachen anhand des E-Mailverkehrs aufgezeigt. So sei es etwa unrichtig, dass der BF keine Bedenken in Bezug auf die kostenneutrale Verlängerung des Fördervertrages geäußert habe. Es habe auch weder eine „Weisung“ und eine „Vorgabe“ von irgendwem und insbesondere auch nicht von dem den BF ignorierenden HSC XXXX gegeben, noch sei ein Schaden für irgendwen entstanden. Ebenso sei die Behauptung falsch, dass der BF Herrn XXXX die Durchführung von rund 90 Theateraufführungen pro Semester zugesichert habe. Zur Untermauerung und zum Beweis der Richtigkeit des wiedergegebenen Sachverhalts werden mehrere E-Mails angeführt und im Original (Beilage ./1 - ./5) vorgelegt. Daraus würde sich selbsterklärend ergeben, dass die Anschuldigungen unrichtig seien und der dem BF im gegenständlichen Einleitungsbeschluss zur Last gelegte Verdacht nicht zutreffen würde. Für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens würden nicht genügend Verdachtsgründe gegen den BF vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Aufgrund der durch das Erkenntnis des BVwG vom 27.04.2020 erschütterten „Grundlage“ und der auf der Hand liegenden Intrige gegen den BF sei das „ex tunc“ geschaffene Beweismaterial des HSC XXXX unbrauchbar, und würden daher weder im Umfang der Disziplinaranzeige, noch auf deren Grundlage genügend Verdachtsgründe vorliegen, sodass es an einer – sachlichen – Rechtfertigung zur Annahme eines konkreten („begründeten“) Verdachts und damit einer möglichen Dienstpflichtverletzung fehlen würde. Unabhängig davon sei der Spruch des Einleitungsbeschlusses im Zusammenhang mit Spruchpunkt II. aktenwidrig. Selbst den Behauptungen von HSC XXXX könnte nämlich nicht entnommen werden, dass der BF im Zuge des Gespräches mit Herrn XXXX am 10.12.2019 den Beamten des BMI insbesondere auch im Zusammenhang mit IC XXXX eine politisch motivierte Aufgabenerfüllung unterstellt habe. Die Unhaltbarkeit dieser Anschuldigung würde sich auch aus der Stellungnahme des BF vom 16.03.2020 und den dazu vorgelegten E-Mails ergeben. Außerdem würde sich aus den E-Mails ergeben, dass Herr XXXX an den BF herangetreten sei und eine Änderung der Modalitäten wegen von diesem angesprochenen Missständen iZm IC XXXX vorgeschlagen habe. Der BF habe weder eine ihm in der Disziplinaranzeige sowie nun im Einleitungsbeschluss zur Last gelegte Handlung begangen, noch irgendetwas unterlassen, was den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung ergeben könnte. Abschließend wird eine Prüfung des § 123 Abs. 2 BDG 1979 durch den VfGH angeregt.
3. Die gegenständliche Beschwerde samt Verfahrensakt wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 03.06.2020 dem BVwG (eingelangt am 08.06.2020) vorgelegt.
4. Mit E-Mail vom 08.07.2020 teilte der BF dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass er mit Wirksamkeit vom 01.07.2020 zum BMK versetzt worden sei und übermittelte das bezughabende Ernennungsschreiben. Dieser Sachverhalt wurde mit Schreiben des BMI vom 03.07.2020, beim BVwG am 10.07.2020 einlangend, ebenfalls mitgeteilt.
5. Mit E-Mail vom 16.11.2020 übermittelte der BF dem Bundesverwaltungsgericht seine Strafanzeige gegen SC XXXX und Mag. XXXX an die StA Wien vom 11.11.2020.
Mit E-Mail vom 18.11.2021 übermittelte der BF dem Bundesverwaltungsgericht seine schriftliche Aussage vom 17.11.2020 gegenüber dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK).
6. Mit Note vom 24.11.2020 übermittelte die Bundesdisziplinarbehörde dem Bundesverwaltungsgericht eine Verständigung des BAK gemäß § 76 Abs. 5 StPO vom 05.11.2020 an das BMK.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt) und Beweiswürdigung:
1.1. Zur Person des BF:
Der am XXXX geborene BF steht als Beamter in einem öffentlich – rechtlichen Dienstverhältnis und wurde mit 15.03.2019 mit der Leitung der Abteilung XXXX – XXXX betraut. Mit Wirksamkeit 01.07.2020 wurde er zum Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie versetzt. Diese Feststellungen konnten unmittelbar aus der unbedenklichen Aktenlage getroffen werden.
1.2. Zur im Verdachtsbereich angelasteten Dienstpflichtverletzung:
Der den angelasteten Dienstpflichtverletzungen zugrundeliegende Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus der Aktenlage bzw. aus dem unter Punkt I dargestellten Verfahrensgang und konnte somit der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Der BF bestreitet zwar grundsätzlich nicht, dass es zwischen Herrn XXXX , Herrn Mag. XXXX und ihm am 10.12.2019 zu einer Besprechung bezüglich des Theaterstücks XXXX und zur Übermittlung eines Konzeptes von Herrn XXXX für die Vermittlung, Disposition, Organisation und Durchführung der Vorstellungen des genannten Theaterstücks durch den Kulturverein XXXX ab 2020 bzw. danach zu diesbezüglichen Telefongesprächen von Herrn XXXX und Herrn Mag. XXXX gekommen ist, behauptet aber, dass die Kontaktaufnahme ausschließlich durch Herrn XXXX erfolgt sei und dass dieser nicht vom BF beauftragt worden sei, sondern von sich aus den Entwurf eines Konzeptes erstellt habe. Aus diesem Grund seien auch weder Kosten für das nicht beauftragte Konzept angesprochen noch solche vereinbart worden. Außerdem sei es unrichtig, dass der BF keine Bedenken in Bezug auf die kostenneutrale Verlängerung des Fördervertrages geäußert bzw. dass er eine „Weisung“ oder eine „Vorgabe“ von irgendwem erhalten habe, insbesondere auch nicht von dem ihn ignorierenden HSC XXXX . Ebenso sei kein Schaden für irgendwen entstanden und sei die Behauptung falsch, dass der BF Herrn XXXX die Durchführung von rund 90 Theateraufführungen pro Semester zugesichert habe. Aus diesem Grund sei die Einleitung des Disziplinarverfahrens aus seiner Sicht zu Unrecht bzw. rechtswidrig erfolgt. Der BF hat sich damit in erster Linie gegen den ihm in einem anderen Verfahren (vgl. Disziplinaranzeige vom 13.12.2019) zum Vorwurf gemachten Verstoß gegen erteilte Weisungen im Zusammenhang mit der seitens der Sektionsleitung befürworteten Verlängerung der Kooperation mit IC XXXX gewendet, zu den ihm nunmehr zum Vorwurf gemachten Versäumnissen, nämlich diese (angebliche) Beauftragung ohne den Bestimmungen des Beschaffungserlasses vom 20.08.2018, GZ BMI-BH1110/0325-III/11/a/2018 zufolge eine Prüfung des Vorhabens durch die zuständige Förderabteilung (Abteilung V/4-Förderungen) sowie ohne die budgetäre Bedeckung der Konzepterstellung und des Konzepts durch die für budgetäre Angelegenheiten der Sektion XXXX zuständige Fachabteilung (Abteilung V/11-Ressourcen) veranlasst, ohne mit der zuständigen Fachabteilung im BMI für Vergabe- und Vertragsangelegenheiten (Abteilung III/11) Kontakt aufgenommen bzw. dieselbe befasst und ohne die Neuaufstellung der Migrationskommunikationsprojekte vorab mit der Sektionsleitung abgeklärt bzw. dieser ein alternatives Gesamtkonzept vorgelegt sowie keine Bedarfsprüfung und Bedarfsfestlegung vorgenommen und dies nicht dokumentiert sowie in Missachtung der Bestimmungen des Beschaffungsworkflow Erlasses GZ BMI-BH1110/0411-IV/IR/C/2016 keine Erfassung im elektronischen Beschaffungsworkflow vorgenommen zu haben, jedoch keine näheren Angaben gemacht. Unabhängig davon steht nach Ansicht der erkennenden Richterin jedenfalls eindeutig fest, dass der BF Bedenken hinsichtlich der Fortführung bzw. kostenneutralen Verlängerung des IC XXXX -Fördervertrages gehabt hat, in diesem Zusammenhang eine Besprechung mit Herrn XXXX geführt und von diesem letztlich ein diesbezügliches Konzept erhalten hat. Ferner wurden von ihm am 26. und 27. November 2019 gegenüber der Förderabteilung negative Stellungnahmen betreffend die geplante Verlängerung abgegeben. Schließlich kommt aus dem Sachverhalt auch klar hervor, dass die Einstellung der Sektionsleitung zu diesem Projekt bzw. die Zustimmung von SC XXXX zu einer kostenneutralen Verlängerung des IC XXXX -Vertrages für alle Beteiligten, insbesondere auch für den BF deutlich erkennbar und bekannt war. Diesbezüglich ist insbesondere auf die Ausführungen im Einleitungsbeschluss zu verweisen, wonach hinsichtlich der Bezeichnung der „Weisung“ grundsätzlich jede Art (zum Beispiel Dienstauftrag, Erlass, Richtlinien, Instruktion, Dienstvorschrift, Vereinbarung, Sprachregelung etc.) erlaubt sei (vgl. KUCSKO-STADLMAYER, S 227). Maßgeblich sei, dass der normative Charakter und die Handlungs- und Unterlassungspflicht klar zum Ausdruck kommt (VwGH 5.11.1976, 1337/75, 3.9.2002, 99/09/0118, 20.11.2003, 2002/09/0088, 17.11.2004, 2001/09/0035, 15.9.2004, 2001/09/00239). Damit kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es zu weisungswidrigen Handlungen seitens des BF gekommen ist. Immerhin würden eine Nichtverlängerung des Fördervertrages mit IC XXXX und eine direkte Auftragsvergabe an Herrn XXXX in direktem Widerspruch zu den Vorgaben der Sektionsleitung stehen. Unter diesen Voraussetzungen bzw. unter der Annahme, dass der BF die weisungswidrige Erstellung des genannten Konzepts tatsächlich zu verantworten und dabei nicht die vorgesehenen Fachabteilungen im BMI befasst bzw. die vorgeschriebenen Dokumentationsvorgaben eingehalten hat, läge der begründete Verdacht nahe, dass er dadurch tatsächlich gegen die erlassmäßigen Vorgaben des Bundesministeriums für Inneres, insbesondere gegen den Beschaffungserlass (GZ: BMI-BH1110/0325-III/11/a/2018) sowie gegen den Beschaffungsworkflow-Erlass (GZ: BMI-BH1110/0411-IV/IR/c/2016) verstoßen haben könnte. Auch hinsichtlich Spruchpunkt II. liegen eindeutige Zeugenaussagen vor, welchen das Beschwerdevorbringen zwar deutlich entgegensteht, welches aber dennoch nicht geeignet war, diese bereits im Vorfeld endgültig zu widerlegen. Immerhin liegen bislang keine Gründe vor bzw. sind keine Umstände bekannt, welche die Zeugen bereits im Vorhinein unglaubwürdig erscheinen lassen. Es besteht somit der Verdacht, dass der BF die genannten Dienstpflichten tatsächlich verletzt haben könnte.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Vom BF wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Ungeachtet dieses Antrages wurde vom Bundesverwaltungsgericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Gegenstand gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides notwendige Sachverhalt den Akten zu entnehmen war und einer weiteren Klärung in einer Verhandlung nicht bedurfte. Insbesondere war im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob der BF tatsächlich Dienstpflichtverletzungen begangen hat, sondern ob hinreichende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorliegen. Art 6 Abs. 1 EMRK steht im derzeitigen Verfahrensstadium dem Entfall einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen, da nur die Frage der Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu klären war und zivile Rechte im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK mit der gegenständlichen Entscheidung nicht verändert oder gestaltet werden (VwGH vom 16.09.2010 Zl. 2007/09/0141). Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) kommt im gegenständlichen Fall mangels Vorliegens eines unionsrechtlichen Sachverhaltes nicht zur Anwendung (VwGH vom 09.09.2014, Zl. Ra 2014/09/0017).
Zu Spruchpunkt A):
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333/1979 i.d.F BGBl. I Nr. 98/2020 (BDG 1979) maßgeblich:
„43 (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
……….
§ 44 (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist. [...]
……..
§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.
(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.“
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Wie der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verfahren auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH vom 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).
Nur offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gem. § 118 Abs. 1 BDG 1979 stehen der Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen (VwGH vom 25.06.1992, Zl. 92/09/0056).
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes:
Aufgrund des in der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde dargestellten Sachverhaltes, insbesondere auch des Umstandes, dass der BF nach der Aktenlage letztlich nicht bestreitet, dass er hinsichtlich der Fortführung bzw. kostenneutralen Verlängerung des IC XXXX -Fördervertrages große Bedenken gehabt hat, dass er diesbezüglich eine Besprechung mit Herrn XXXX geführt und von diesem letztlich ein Konzept dazu erhalten hat bzw. dass die Ansicht der Sektionsleitung und die Zustimmung von SC XXXX zu diesem Projekt, insbesondere auch ihm bekannt war, und dass es unter diesen Voraussetzungen bzw. unter der Annahme, dass der BF die weisungswidrige Erstellung des genannten Konzepts tatsächlich zu verantworten und dabei nicht die vorgesehenen Fachabteilungen im BMI befasst und nicht die vorgeschriebenen Dokumentationsvorgaben eingehalten hat, bzw. dass es auch hinsichtlich Spruchpunkt II. eindeutige Zeugenaussagen gibt, kann keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, dass die belangte Behörde ein Disziplinarverfahren eingeleitet hat. Es wird damit vielmehr der Verdacht nahegelegt, dass im konkreten Fall entsprechende Weisungen nicht befolgt bzw. weisungswidrige Handlungen gesetzt oder erlassmäßig geregelte Vorschriften nicht eingehalten und dass Äußerungen getätigt wurden, die geeignet sind, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner bzw. der dienstlichen Aufgaben der Beamtenschaft allgemein zu schädigen. Wie sich nämlich aus den Ausführungen im angefochtenen Bescheid eindeutig ergibt, war die Ansicht der Sektionsleitung bzw. die bereits erfolgte Zustimmung von SC XXXX bei den beteiligten Personen, insbesondere auch beim BF hinlänglich bekannt und waren die Vorbehalte des BF – entgegen seiner Beteuerungen – hingegen bis zu seinen negativen Stellungnahmen offenbar nicht bekannt. Die Besprechung des BF mit Herrn XXXX , dessen Konzept bezüglich einer alleinigen Betrauung mit der Planung und Durchführung der Vorstellungen des Theaterstückes XXXX durch den Kulturverein XXXX und die in der Folge seitens des BF erfolgten negativen Stellungnahmen gegenüber der Förderabteilung sind daher durchaus geeignet, den Verdacht zu begründen, dass er Handlungen gesetzt hat, die in direktem Widerspruch zu den Vorgaben der Sektionsleitung stehen. Unter diesen Voraussetzungen bzw. unter der Annahme, dass der BF das genannte Konzept tatsächlich zu verantworten und dabei nicht die vorgesehenen Fachabteilungen im BMI befasst und nicht die vorgeschriebenen Dokumentationsvorgaben eingehalten hat, liegt der begründete Verdacht nahe, dass er dadurch möglicherweise gegen die erlassmäßigen Vorgaben des Bundesministeriums für Inneres insbesondere gegen den Beschaffungserlass (GZ: BMI-BH1110/0325-III/11/a/2018) sowie gegen den Beschaffungsworkflow-Erlass (GZ: BMI-BH1110/0411-IV/IR/c/2016) verstoßen haben könnte. Dies begründet letztlich den Verdacht, dass der BF Weisungen tatsächlich nicht entsprechend befolgt haben könnte (vgl. § 44 Abs. 1 BDG 1979). Weiters legen die Aussagen des namhaft gemachten Zeugen den begründeten Verdacht nahe, dass der BF Aussagen getätigt haben könnte, die durchaus geeignet sind, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner bzw. der dienstlichen Aufgaben der Beamtenschaft allgemein zu schädigen. Immerhin wird damit nahegelegt, dass der konkrete Fördervertrag bloß aus politischen Motiven zustande gekommen sei und dass die Beamtenschaft im BMI ihre Aufgaben nicht rechtskonform, sondern nur politisch motiviert erfüllen würde. Es ist vor diesem Hintergrund somit nicht gänzlich ausgeschlossen, dass das dem BF vorgeworfene Verhalten (vgl. § 43 Abs. 2 BDG 1979) geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Beamtenschaft zu schädigen. Das Beschwerdevorbringen, wonach der „E-Mailverkehr“, der in den Beilagen zur Disziplinaranzeige vom 17.02.2020 enthalten sei, im Nachhinein produziert worden sei, bzw. die vom BF vorgelegten E-Mails die Vorwürfe gegen ihn selbsterklärend widerlegen würden, vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht bereits im Vorfeld darzutun, zumal bislang keine Gründe vorliegen bzw. Umstände bekannt sind, welche die in der Disziplinaranzeige genannten Zeugen und angeführten Beweismittel bereits im Voraus entkräften können. Die Beweismittel beider Seiten gegenüberzustellen bzw. näher zu prüfen und letztlich festzustellen, ob der BF tatsächlich seine Dienstpflichten verletzt hat, wird wie bereits vom erkennenden Senat festgehalten wurde, im Rahmen des weiteren Disziplinarverfahrens, insbesondere in der mündlichen Verhandlung entsprechend zu prüfen und zu würdigen sein. Nur offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 stehen der Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen (VwGH vom 21.09.1993, Zl. 93/09/0449). Die geschilderten Umstände reichen – entgegen den Ausführungen in der Beschwerde – daher durchaus für das Stadium des Einleitungsbeschlusses aus, um von einem begründeten Verdacht auszugehen. Es liegt somit auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes grundsätzlich der Verdacht nahe, dass der BF diese Dienstpflichten tatsächlich verletzt haben könnte. Ob dieser Verdacht letztlich auch für einen Schuldspruch reichen wird, wird im weiteren Disziplinarverfahren zu klären sein.
Der von der belangten Behörde verfügte Einleitungsbeschluss betreffend Vorliegen von Dienstpflichtverletzungen im Verdachtsbereich ist daher nicht rechtswidrig, weshalb die Beschwerde letztlich als unbegründet abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die maßgebliche Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Fassung eines Einleitungsbeschlusses nach § 123 Abs. 2 BDG 1979 wurde in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mehrfach behandelt. Die gegenständliche Entscheidung weicht von dieser nicht ab. Auf die unter Spruchpunkt A zitierte Judikatur wird verwiesen.
Schlagworte
Dienstpflicht Dienstpflichtverletzung Disziplinaranzeige Disziplinarkommission Disziplinarverfahren Einleitung Disziplinarverfahren Einleitungsbeschluss Erlass öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Verdacht Weisung WeisungsverstoßEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W136.2231694.1.00Im RIS seit
02.03.2021Zuletzt aktualisiert am
02.03.2021