TE Bvwg Beschluss 2020/12/9 L519 2237460-1

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Veröffentlicht am 09.12.2020
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Entscheidungsdatum

09.12.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


L519 2237460-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2020, Zl. 235151410-181095446, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:


I.         Verfahrensgang und Sachverhalt

1.Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) weist folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:

- BG XXXX 002 U 4472015k vom 3.4.2015, § 83 StGB, Geldstrafe von 60 TS zu je 4,- Euro, im NEF 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe von 30 TS zu je 4,- Euro, im NEF 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre;

- BG XXXX 017 U 196/2017i vom 31.1.2018, §§ 27 (1) Z.1 1.2. Fall, 27 (2) SMG; Geldstrafe von 100 TS zu je 9,- Euro, im NEF 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe;

- BG XXXX 002 U 134/2018z vom 3.10.2018; § 27 (1) Z.1 1.2. Fall Abs. 2 SMG; Geldstrafe von 160 TS zu je 5,- Euro, im NEF 80 Tage Ersatzfreiheitsstrafe;

- LG XXXX 039 HV 53/2020i vom 9.9.2020; §§ 27 (1) Z.1 1. Fall, 27 (1) Z.1 2. Fall, 27 (2) SMG; §§ 28 (1) 1. Satz 1. Fall, 28 (1) 1. Satz 2. Fall, 28 (1) 1. Satz 3. Fall SMG; §§ 28a (1) 5. Fall, 28a (4) Z.3 SMG; Freiheitsstrafe 4 Jahre:

2. Mit Schreiben des BFA vom 20.4.2020 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot zu erlassen. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, binnen 14 Tagen 25 Fragen, überwiegend zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich, zu beantworten. Gleichzeitig wurden dem BF die aktuellen Länderfeststellung zur Türkei zur Stellungnahme übermittelt.

3. Mit (undatiertem) Schreiben führte der BF im Wesentlichen aus, dass er 1991 mit seiner Familie legal nach Österreich gekommen sei. Er sei auch im Besitz eines Reisedokuments. Er habe Suchtprobleme gehabt und deswegen Therapien absolviert, für eine weitere Therapie habe er sich bereits angemeldet. In Österreich habe er VS und HS absolviert. Er sei ledig, befinde sich aber in einer Lebensgemeinschaft. Bei seiner Lebensgefährtin handle es sich um XXXX , wohnhaft in XXXX , und er wolle diese heiraten. Er habe auch ein Kind, welches bei seiner Mutter in XXXX lebt und für das er unterhaltspflichtig sei. In Österreich leben außerdem seine Eltern, 4 Geschwister sowie 2 Tanten und 2 Onkel. Zuletzt habe er bei XXXX in XXXX gearbeitet, nach der Haft könne er bei der Fa. XXXX KFZ arbeiten. Er habe keinen Besitz in Österreich, jedoch Freunde und Familie. Deutsch beherrsche er in Wort und Schrift. Zur Türkei habe er keinen Bezug.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 5 FPG wurde über den BF ein unbefristetes Einreiseverbot verhängt.

Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

5. Gegen diesen Bescheid des BFA wurde vom BF fristgerecht Beschwerde erhoben und u.a. beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die belangte Behörde habe sich damit begnügt, wegen des vermeintlichen Vorliegens einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den Verbleib des BF in Österreich auf das Erfordernis der sofortigen Ausreise zu schließen. Die vom Gesetz verlangte Erforderlichkeit sei nicht ausreichend begründet worden, weshalb das Verfahren diesbezüglich mangelhaft geblieben sei.

6. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Verwaltungsakt des BFA verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten, werden durch das BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) BGBl I 2012/87, geregelt. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt (§ 1 leg cit).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung in Senaten vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (AsylG, BFA-VG, VwGVG) nicht getroffen, es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

1.Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung aberkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

2.Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

2. Mit Spruchpunkt V. der gegenständlich angefochtenen Bescheide erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG ab.

Nach der derzeitigen Aktenlage und ausgehend vom Antrags- bzw. vom Beschwerdevorbringen besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA –Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Entsprechend der nachvollziehbaren und schlüssigen Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde und des eigenen Vorbringens des BF ist davon auszugehen, dass der weitere Aufenthalt des BF in Österreich nach seiner Entlassung aus der Strafhaft eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen würde, zumal gerade bei Suchtgiftdelikten die Rückfallgefährdung eine sehr hohe ist und damit auch sehr häufig Begleitkriminalität verbunden ist.

Weiters ist weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem Akteninhalt ein Grund hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK), auf Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung (Art. 3 EMRK), auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) oder in seinem Recht betreffend die Abschaffung der Todesstrafe sowohl in Friedens- als auch Kriegszeiten (Protokolle Nr. 6, Nr. 13 zur Konvention) ernsthaft bedroht werden würde, wenn er in seinen Herkunftsstaat Türkei zurückkehrt und dort das Ergebnis des Verfahrens abwartet. Eine enge Bindung zum bei seiner Mutter in einem anderen Bundesland lebenden Sohn konnte der BF ebenso nicht glaubhaft darlegen wie eine aufrechte Lebensgemeinschaft, zumal die angebliche Lebensgefährtin nicht einmal an derselben Adresse gemeldet ist wie der BF vor seiner Haft.

Auch ist weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Herkunftsstaat abzuleiten.

Vor diesem Hintergrund ist – jedenfalls im Rahmen des gegenständlichen Provisorialverfahrens – kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht auch im Ausland abwarten könne. Insofern erfolgte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seitens der belangten Behörde zu Recht.

3. Da die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht erfolgte und die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Gefährdung der Sicherheit strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L519.2237460.1.00

Im RIS seit

03.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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