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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §29;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde 1. des C,
2. des M, 3. des G, 4. des F, 5. des E und 6. des J, alle vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 12. April 1996, Zl. 6/66/3-BK/Mi-1996, betreffend Umsatzsteuer sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer waren im Streitjahr Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie traten unter einer gemeinsamen Bezeichnung als Musikgruppe auf, die der musikalischen Unterhaltung auf Bällen, Zeltfesten und ähnlichen Veranstaltungen diente.
Für das Streitjahr wurde von der Gesellschaft bei einem Umsatz von S 513.635,90 ein Verlust aus Gewerbebetrieb von S 92.952,-- erklärt. Neben anderen Ausgaben wurden für die einzelnen Gesellschafter Tagesgelder (Diäten) geltend gemacht.
Über Aufforderung des Finanzamtes legte die Gesellschaft eine Aufstellung der Diäten vor.
Das Finanzamt versagte den geltend gemachten Diäten für die an verschiedenen Orten abgehaltenen Proben die Anerkennung als Betriebsausgaben. Es kürzte bei den Beschwerdeführern die Diäten und die daraus abgezogenen Vorsteuern entsprechend. Begründend führte es aus, ein Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Musikgruppe liege im gemeinsamen Proben. Mit einiger Regelmäßigkeit benützte Proberäume seien daher als Mittelpunkt der Tätigkeit anzusehen. Eine Reise liege nur vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entferne. Die Fahrten zwischen den Wohnungen der einzelnen Musiker und den öfters benützten Probelokalen stellten daher keine Reisen dar.
In der dagegen erhobenen Berufung wies die Gesellschaft auf die Notwendigkeit von Proben hin, dies insbesondere im Hinblick auf das Ausscheiden und den Neuzugang von Gesellschaftern im Streitjahr. Da kein fixes Probenlokal zur Verfügung stehe, würden die Proben immer dort, wo sich die günstigste Gelegenheit ergebe, abgehalten, z.B. vor und nach Auftritten bei Veranstaltungen in den jeweiligen Gasthäusern oder in einer Garage bzw. im Keller bei den einzelnen Gesellschaftern. Die Begründung eines weiteren Mittelpunktes der Tätigkeit liege nur dann vor, wenn sich die Tätigkeit auf einen anderen Ort durchgehend oder wiederkehrend über einen längeren Zeitraum erstrecke. Von einem längeren Zeitraum könne nur gesprochen werden, wenn der Abgabepflichtige an diesem Ort durch mehr als eine Woche oder bei zeitlicher Unterbrechung durch mehr als zehn Tage im Monat tätig sei. Diese Grenzen seien das ganze Jahr nicht überschritten worden, weshalb beantragt werde, die Fahrten zu den jeweiligen Probelokalen als Reise anzuerkennen.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 29. Dezember 1993 als unbegründet ab und führte aus, die Orte, an denen die Proben stattgefunden hätten, seien als ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit anzusehen. Die Fahrten zwischen den Wohnorten der Gesellschafter und den Probeorten seien keine Reise im Sinne des § 4 Abs. 5 EStG 1988. Dazu komme, daß die jeweils benutzten Probenlokale am Wohnort bzw. in dessen Nahbereich eines Mitgliedes der Gruppe gelegen seien, sodaß davon ausgegangen werden könne, daß jedenfalls ein Mitglied über die günstigste Verpflegungsmöglichkeit in der Umgebung Kenntnis gehabt habe. Auch eine Beschränkung in der Disposition sei durch die Reisebewegung nicht gegeben, weil die Unterbrechung der Proben zum Zwecke der Essenseinnahme in der Disposition der Mitglieder gelegen sei.
Die Gesellschaft beantragte die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie wiederholte im wesentlichen das Berufungsvorbringen und führte ergänzend aus, da kein fixes Probenlokal zur Verfügung stehe, könnten die Fahrten zu den Proben nicht als Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte angesehen werden. Auf die Kenntnis der günstigsten Verpflegungsmöglichkeit und das Fehlen einer Einschränkung der Dispositionsmöglichkeit komme es bei der Anwendung des § 4 Abs. 5 EStG 1988 nicht an.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die bei der belangten Behörde angefochtenen Bescheide wurden dahin abgeändert, daß der geltend gemachte Verpflegungsmehraufwand nicht nur für die Proben, sondern auch für die Veranstaltungen nicht als Betriebsausgabe anerkannt wurde.
Begründend führte die belangte Behörde aus, eine Reise liege nur dann vor, wenn sich der Unternehmer zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten oder aus sonstigem betrieblichen Anlaß vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entferne, ohne daß dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben werde. Der Mittelpunkt der Tätigkeit des Unternehmers sei dort, wo er den größten Teil des Jahres tätig sei bzw. wo der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit liege. Ein solcher Schwerpunkt sei auch der Ort, wo sich die einzelnen Mitglieder zum Zwecke der gemeinsamen Proben regelmäßig zusammenfänden. Da im vorliegenden Fall die Orte, wo die Proben durchgeführt worden seien, regelmäßig und wiederkehrend von den Mitgliedern der Musikgruppe aufgesucht worden seien, sei an jedem dieser Orte ein Mittelpunkt der Tätigkeit begründet worden. Die Fahrten zum Ort der Betriebsstätte seien nicht als Reise im Sinne des § 4 Abs. 5 EStG 1988 anzusehen, weshalb Ausgaben für den Verpflegungsaufwand nicht als Betriebsausgabe anerkannt werden könnten. Dazu komme, daß sich die regelmäßig benutzten Probenorte am Wohnort (oder in dessen Nahbereich) eines Mitgliedes der Musikgruppe befunden hätten, sodaß davon auszugehen sei, daß an den regelmäßig benutzten Probenorten jeweils ein Mitglied über die günstigste Verpflegungsmöglichkeit in der Umgebung Kenntnis gehabt habe. Auch eine Beschränkung in der Disposition durch die Reisebewegung sei offensichtlich nicht gegeben, weil die Unterbrechung zum Zwecke der Essenseinnahme in der freien Disposition der Mitglieder gelegen sei. Im Hinblick darauf sei davon auszugehen, daß kein Verpflegungsmehraufwand im Zusammenhang mit den Proben angefallen sei. Voraussetzung für die Anerkennung eines solchen Mehraufwandes sei aber, daß Aufwendungen der fraglichen Art überhaupt anfielen und daß der Steuerpflichtige die damit verbundenen Kosten aus eigenem zu tragen habe. Mangels Anfalles von Verpflegungsmehraufwand komme die Zuerkennung von Diäten nicht in Betracht.
Unbestritten sei, daß den Mitgliedern der Gruppe an den Veranstaltungsorten die Verpflegung von den Veranstaltern der Bälle etc. zur Verfügung gestellt worden sei. Ein Verpflegungsaufwand sei somit nicht angefallen, weil die Verpflegung vom Dritten kostenlos zur Verfügung gestellt worden sei. Damit bestehe kein Raum für eine Berücksichtigung des geltend gemachten Verpflegungsmehraufwandes als Betriebsausgabe.
Da den Mitgliedern der gegenständlichen Musikgruppe der Abzug der geltend gemachten Diäten nicht zustehe, seien die Bescheide entsprechend abzuändern gewesen. Bei der Umsatzsteuer sei die Vorsteuer um die auf die Diäten entfallenden Vorsteuern zu kürzen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 5 EStG 1988 ist Voraussetzung für die Anerkennung von Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft deren Verursachung durch ausschließlich betrieblich veranlaßte Reisen. Unter Reise im Sinne dieser Gesetzesstelle versteht man ein Entfernen vom Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit, das über dessen Einzugsbereich hinausgeht, zum Zweck der Verrichtung betrieblicher Obliegenheiten, ohne daß dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben wird (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar2, Rz 333 zu § 4, Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, 173, je mit Nachweisen aus der hg. Rechtsprechung).
Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren betonen die Beschwerdeführer den Umstand, daß sie im Streitjahr keinen ständigen Probenraum besessen hätten und daß sie an keinem der Proben- bzw. Auftrittsorte ununterbrochen mehr als eine Woche oder insgesamt mehr als zehn Tage im Monat tätig gewesen seien.
Dieser Umstand rechtfertigt allerdings nicht die von den Beschwerdeführern vertretene Auffassung, bei den Wohnorten der einzelnen Mitglieder, wo die regelmäßigen Proben abgehalten worden seien, könne es sich nicht um Mittelpunkte der betrieblichen Tätigkeit handeln. Im Hinblick auf die Art der Tätigkeit der Beschwerdeführer, die die gegenständliche Tätigkeit im Rahmen der Musikgruppe nicht hauptberuflich ausgeübt haben, und das Fehlen eines ständigen Probenraums kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde auf Grund des regelmäßigen Abhaltens von Proben an den Wohnorten der Mitglieder diese Orte als Mittelpunkte der betrieblichen Tätigkeit angesehen hat.
Soweit die Beschwerdeführer ins Treffen führen, daß an einzelnen näher bezeichneten Orten im Jahr 1992 nur eine oder wenige Proben abgehalten worden seien, sind sie darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde betriebliche Mittelpunkte (im Hinblick auf die regelmäßigen Proben) nur an den Wohnorten der Beschwerdeführer, nicht aber an jedem Probenort angenommen hat. Hinsichtlich jener Orte, an denen nur selten Proben stattgefunden haben, ist aber auf Grund der von den Beschwerdeführern vorgelegten Aufstellung davon auszugehen, daß sie im Nahbereich zumindest eines der betrieblichen Mittelpunkte lagen, weil Tagesgelder jeweils nur hinsichtlich einzelner Mitglieder der Gruppe (nicht aber hinsichtlich aller) geltend gemacht wurden.
Die Beschwerdeführer bekämpfen die Richtigkeit der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, daß ihnen an den Veranstaltungstagen die Verpflegung von den Veranstaltern zur Verfügung gestellt worden sei, und machen diesbezüglich Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens geltend.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß die Ladung der Beschwerdeführer zur mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde die Aufforderung enthielt, die schriftlichen Verträge mit den Ballveranstaltern für das Streitjahr zur mündlichen Verhandlung mitzubringen. Bei der mündlichen Verhandlung vom 29. März 1996 legte der Erstbeschwerdeführer einen Engagementvertrag mit einem bestimmten Veranstalter vom 28. Jänner 1996 vor, nach dessen Inhalt den Beschwerdeführern je ein warmes Essen und Getränke nach Wahl kostenlos zur Verfügung zu stellen sind. Über Vorhalt, daß der Vertrag aus 1997 (richtig: 1996) sei, die Berufung aber das Jahr 1992 betreffe, erklärte der Erstbeschwerdeführer, daß die Vereinbarungen auch im Streitjahr so gewesen seien, d.h. es sei die Verpflegung für die Auftrittstage vom Veranstalter übernommen worden. Im Hinblick auf dieses Vorbringen durfte die belangte Behörde, ohne damit Rechte der Beschwerdeführer zu verletzen, davon ausgehen, daß an den Veranstaltungstagen den Mitgliedern der Musikgruppe die Verpflegung von den Veranstaltern zur Verfügung gestellt wurde und somit ein Verpflegungsaufwand nicht anfiel. Der gerügte Verfahrensmangel liegt demnach nicht vor. Daß an außerhalb des Nahbereiches der oben genannten Mittelpunkte der betrieblichen Tätigkeit gelegenen Veranstaltungsorten (z.B. in der Bundesrepublik Deutschland) an anderen als den Veranstaltungstagen Proben stattgefunden hätten, ist der von den Beschwerdeführern vorgelegten Aufstellung nicht zu entnehmen. Soweit Proben an Veranstaltungsorten im Nahbereich eines der betrieblichen Mittelpunkte nicht an den Veranstaltungstagen stattgefunden haben, kommt die Anerkennung von Mehraufwendungen für Verpflegung nicht in Betracht, weil diesbezüglich nach der oben gegebenen Definition keine Reise vorlag.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996140094.X00Im RIS seit
20.11.2000