TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/18 I403 2237615-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.12.2020
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Entscheidungsdatum

18.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I403 2237615-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" und "Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH", Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.10.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wird Folge gegeben und Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt IV. zu lauten hat:

„Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina, stellte erstmalig am 13.03.2013 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Studenten" gemäß § 64 NAG, welche ihr mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung zunächst bis zum 13.03.2014 erteilt und ein weiteres Mal bis zum 13.03.2015 verlängert wurde.

2. Am 23.02.2016 stellte die Beschwerdeführerin einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Schüler" gemäß § 63 NAG, welche ihr mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung zunächst bis zum 02.03.2017 erteilt und ein weiteres Mal bis zum 02.03.2018 verlängert wurde.

3. Am 22.02.2018 stellte die Beschwerdeführerin wiederum einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Studenten" gemäß § 64 NAG, welche ihr mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung zunächst bis zum 02.03.2019 erteilt und ein weiteres Mal bis zum 02.03.2020 verlängert wurde.

4. Am 27.02.2020 stellte die Beschwerdeführerin neuerlich einen Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung "Studenten" gemäß § 64 NAG, welche mit Bescheid des Amtes der XXXX Landesregierung vom 25.03.2020, rechtskräftig mit 02.06.2020, abgewiesen wurde, nachdem die Beschwerdeführerin den für eine Erteilung erforderlichen Studienerfolg nicht nachzuweisen vermochte.

5. Am 21.07.2020 stellte die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK" gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ("Aufenthaltsberechtigung plus"). In einer diesem Antrag angeschlossenen schriftlichen Antragsbegründung, datiert mit 16.07.2020, führte sie inhaltlich im Wesentlichen aus, sie lebe seit März 2013 und somit seit über sieben Jahren durchgehend im Bundesgebiet und habe sich ein „breites soziales Netz“ von Freunden und Bekannten in Österreich aufgebaut. Wenngleich ihr Studienerfolg im vergangenen Jahr nicht ausreichend für eine Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung "Studenten" gewesen sei, so habe sie abseits ihres Studiums anderweitige Ausbildungsschritte gesetzt und sei dennoch weiterhin bestrebt, ihr Studium fortzusetzen. Darüber hinaus sei sie auch erwerbstätig gewesen und habe einen Arbeitsvorvertrag mit einem privatwirtschaftlichen Unternehmen geschlossen, sodass ihre Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben sei. Zudem spreche sie „die deutsche Sprache fließend“, engagiere sich seit dem Jahr 2014 ehrenamtlich in einem Verein und habe an integrationsfördernden Projekten sowie einem Fachsprachkurs für Imame und muslimische SeelsorgerInnen teilgenommen. Ihre Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat seien hingegen „als relativ lose“ zu bezeichnen. Ihre Eltern und volljährigen Geschwister würden in Bosnien und Herzegowina leben und besuche sie diese etwa fünfmal jährlich zu diversen Anlässen. Dem Antrag angeschlossen waren insgesamt acht Empfehlungsschreiben, ein Arbeitsvorvertrag mit einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, Bestätigungsschreiben hinsichtlich ihres ehrenamtlichen Engagements in einem Verein sowie des Besuchs eines Fachsprachkurses, ein Zeugnis über einen im Jahr 2014 absolvierten Vorstudienlehrgang, ein Mietvertrag, ein KSV-Auszug sowie Kopien ihres Reisepasses und ihrer Geburtsurkunde.

6. Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 10.08.2020 ("Verfahrensanordnung / Parteiengehör zu ihrem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK") wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass eine Unterschrift auf ihrem verfahrensgegenständlichen Antrag fehle, dieser nicht vollständig ausgefüllt sei und sie überdies ihren Reisepass und ihre Geburtsurkunde im Original vorzulegen habe. Ihr wurde eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt, um die aufgezeigten Mängel zu beheben.

7. Am 18.08.2020 fand sich die Beschwerdeführerin persönlich in den Amtsräumlichkeiten der belangten Behörde ein und brachte ihren Reisepass und ihre Geburtsurkunde im Original sowie ein vollständig ausgefülltes Antragsformular in Vorlage. Überdies legte sie eine Vergleichsausfertigung sowie einen Scheidungsbeschluss des Bezirksgerichts XXXX hinsichtlich ihrer im Jahr 2016 geschlossenen und im Jahr 2018 wieder geschiedenen Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen, einen Versicherungsdatenauszug, einen Bescheid des AMS vom Oktober 2019 hinsichtlich der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG, eine aktuelle Studienzeitbestätigung, eine "Bestätigung des Studienerfolges" und ein "Studienblatt der Ordentlichen Studierenden" der Universität XXXX , überdies diverse Zeugnisse einer Handelsakademie aus den Jahren 2014 bis 2017 vor.

8. Am 09.10.2020 wurde die Beschwerdeführerin niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Hierbei gab sie im Wesentlichen an, den verfahrensgegenständlichen Antrag eingebracht zu haben, da sie in Österreich bleiben wolle. Sie habe in Österreich bislang ein Handelsschulabendkolleg besucht sowie Pädagogik studiert, jedoch weder die Schule noch das Studium abgeschlossen. Zudem habe sie geringfügig als Kellnerin sowie als Reinigungskraft in einem Architekturbüro gearbeitet. Derzeit gehe sie keiner Erwerbstätigkeit nach und lebe von der finanziellen Unterstützung ihrer Eltern, welche sie von Bosnien und Herzegowina aus mit etwa 600 Euro monatlich unterstützen würden. Ihre Eltern, zwei Schwestern sowie ein Großvater und eine Großmutter würden gemeinsam in einem Haus in Prijedor leben. Der Vater würde einen kleinen Bauernhof mit Schafzucht betreiben, die Mutter sei Hausfrau, eine ihrer Schwestern habe das Gymnasium absolviert, eine andere würde noch zur Schule gehen. Die Beschwerdeführerin habe etwa einmal wöchentlich telefonischen Kontakt zu ihren Angehörigen in Bosnien und würde sie in etwa vier- bis fünfmal jährlich, jeweils für einige Tage, besuchen. Die Beschwerdeführerin selbst habe in Prijedor neun Jahre die Schule besucht und im Anschluss den Beruf einer geodätischen Technikerin erlernt und im Rahmen dieser Ausbildung auch ihre Hochschulreife erworben. Sie habe in Bosnien jedoch keine Arbeit bekommen und sei auch mit den Traditionen in ihrem Dorf nicht einverstanden gewesen. Nachdem ihr eine Freundin von ihrem Leben in XXXX erzählt habe, habe sie sich entschlossen, ebenfalls nach Österreich zu gehen. In Österreich habe sie keine Angehörigen, nur Freunde und Bekannte. Wenngleich der Studienerfolg der Beschwerdeführerin ausgeblieben sei, da sie einige Prüfungen nicht geschafft habe, so wolle sie dennoch weiterstudieren und auch in Österreich arbeiten, wobei sie bereits einen Arbeitsvorvertrag geschlossen habe. Auch arbeite sie nunmehr ehrenamtlich für das Rote Kreuz und sei krankenversichert. Ihr Leben sei hier in Österreich, in Bosnien sei es hingegen schwer, eine Arbeit zu bekommen und seien in ihrer Heimatstadt vorwiegend nur ältere Leute, sodass sie sich ihr Leben dort wieder von Null auf aufbauen müsse. Ergänzend brachte die Beschwerdeführerin noch die Bestätigung über die Absolvierung einer "Basisausbildung Familientreffen – Integrationshilfe für Flüchtlinge" des Roten Kreuzes vom 19.09.2020 im Umfang von zwölf Unterrichtseinheiten in Vorlage.

9. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23.10.2020 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 20.07.2020 gemäß „§ 55 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF“ abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß „§ 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF“ wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß „§ 52 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ erlassen (Spruchpunkt II.) und es wurde gemäß „§ 52 Abs. 9 FPG“ festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß „§ 46 FPG“ nach Bosnien-Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß „§ 55 Abs. 4 FPG“ wurde ihr keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.) sowie einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß „§ 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG“ die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

10. Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 25.11.2020 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

11. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 11.12.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

Die volljährige Beschwerdeführerin ist geschieden und kinderlos, Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Sie ist gesund und erwerbsfähig. Ihre Identität steht fest.

Die Beschwerdeführerin stammt aus Prijedor, wo sie neun Jahre die Schule besucht und im Anschluss den Beruf einer geodätischen Technikerin erlernt hat, wobei sie im Rahmen dieser Ausbildung auch ihre Hochschulreife erworben hat. Die Kernfamilie der Beschwerdeführerin, bestehend aus ihren Eltern, zwei Schwestern, einem Großvater und einer Großmutter, lebt nach wie von in einem gemeinsamen Haus in Prijedor. Der Vater betreibt einen kleinen Bauernhof mit Schafzucht, ihre Mutter ist Hausfrau, eine ihrer Schwestern hat das Gymnasium absolviert, die andere Schwester geht noch zur Schule. Die Beschwerdeführerin steht in regelmäßigem telefonischen Kontakt zu ihren Angehörigen in ihrem Herkunftsstaat und besuchte diese seit ihrem Aufenthalt in Österreich in etwa vier- bis fünfmal jährlich, jeweils für einige Tage. Zuletzt ist sie am 02.03.2020 wieder von Bosnien und Herzegowina nach Österreich eingereist.

Seit dem 25.02.2013 hat die Beschwerdeführerin durchgehend einen Hauptwohnsitz in Österreich angemeldet.

Die Beschwerdeführerin verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte.

Am 24.09.2016 heiratete sie vor dem Standesamt XXXX einen österreichischen Staatsangehörigen, wobei diese Ehe mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 14.03.2018, Zl. XXXX wieder einvernehmlich geschieden wurde. Es bestehen keinerlei gegenseitige vermögensrechtliche Ansprüche zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ex-Mann.

Ab dem Sommersemester 2013 besuchte die Beschwerdeführerin einen Vorstudienlehrgang der XXXX Universität im Ausmaß von zwölf Wochenstunden, welchen sie im Juli 2014 mit der Note Befriedigend hinsichtlich Deutsch-Kenntnissen auf Sprachniveau B2+ abschloss. Überdies legte sie als außerordentliche Studierende am 21.10.2014 eine Ergänzungsprüfung für den Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache ab, welche sie mit der Note Genügend bestand.

Ab dem Schuljahr 2014/15 bis zum Schuljahr 2016/17 besuchte sie ein Kolleg für Berufstätige an einer Handelsakademie, welches sie jedoch ohne Abschluss verließ.

Seit dem Sommersemester 2018 ist sie für ein Bachelorstudium der Pädagogik an der Universität XXXX inskribiert. Die Regelstudienzeit dieses Studiums beträgt sechs Semester und umfasst dieses insgesamt 180 ECTS-Punkte. Die Beschwerdeführerin hat bislang in Summe Prüfungen im Umfang von 20 ECTS-Punkten abgelegt, die letzte hierbei am 28.06.2019.

Die Beschwerdeführerin ging in Österreich ab dem 03.04.2014 durchgehend bis zum 29.06.2020 angemeldeten Erwerbstätigkeiten als geringfügig beschäftigte Arbeiterin, zunächst als Kellnerin und in weiterer Folge als Reinigungskraft in einem Architekturbüro, nach. Seit dem 29.06.2020 geht sie keiner Erwerbstätigkeit nach und bestreitet ihren Lebensunterhalt über private Zuwendungen ihrer Eltern aus Bosnien und Herzegowina, welche sie mit etwa 600 Euro monatlich unterstützen. Sie bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist im Rahmen einer Studentenversicherung gemäß § 16 Abs. 2 ASVG bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert.

Sie hat einen Arbeitsvorvertrag mit einem privatwirtschaftlichen Unternehmen im Bereich „Baumanagement“ geschlossen.

Die Beschwerdeführerin hat in Österreich diverse Bekanntschaften geschlossen. Überdies hat sie sich ehrenamtlich in einem "Verein XXXX " sowie beim Roten Kreuz engagiert, einen Erste-Hilfe-Grundkurs im Ausmaß von sechzehn Stunden, ein Ausbildungsseminar "Moxa & Schröpfen" im Umfang von sechzehn Unterrichtseinheiten, einen "Fachsprachkurs für Imame und muslimische Seelsorger/innen (Basismodul)" im Ausmaß von 168 Unterrichtseinheiten, sowie den Kurs "Basisausbildung Familientreffen – Integrationshilfe für Flüchtlinge" im Ausmaß von zwölf Unterrichtseinheiten besucht.

Die Beschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten.

Es besteht keine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Sie verfügt über umfangreiche familiäre Anknüpfungspunkte in ihrem Herkunftsstaat und wird bis zum Entscheidungszeitpunkt nach wie vor von ihren Eltern finanziell unterstützt. Gemäß § 1 Z 1 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019) gilt Bosnien und Herzegowina als sicherer Herkunftsstaat. Es sind im Falle einer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina auch keine Umstände hinsichtlich etwaiger staatlicher Repressalien oder anderweitig gearteter Probleme bekannt bzw. wurden solche nicht vorgebracht.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bosnien und Herzegowina.

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister, dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister und der Grundversorgung wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Identität der Beschwerdeführerin steht aufgrund ihres im Original in Vorlage gebrachten (sowie sich in Kopie im Akt befindlichen) Reisepasses Nr. XXXX der Republik Bosnien und Herzegowina fest.

Die Feststellungen zu den Lebensumständen, den Familienverhältnissen in Bosnien und Herzegowina, ihrer Herkunft, ihrer Schul- und Ausbildung, ihrem Gesundheitszustand, ihrer Erwerbsfähigkeit und ihrer Konfession ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren, wobei den insoweit getroffenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid im Beschwerdeverfahren auch nicht entgegengetreten wurde.

Die Feststellungen zum Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt in einer Zusammenschau mit eingeholten Auskünften aus dem zentralen Melderegister und dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister. Dass sie zuletzt am 02.03.2020 wieder von Bosnien und Herzegowina nach Österreich eingereist ist, ergibt sich aus einem betreffenden Einreisestempel in ihrem Reisepass.

Die Feststellungen zur seitens der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsangehörigen geschlossenen und wieder geschiedenen Ehe ergeben sich aus dem in Vorlage gebrachten Scheidungsbeschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 14.03.2018 zur Zl. XXXX . Der Umstand, dass keinerlei gegenseitige vermögensrechtliche Ansprüche zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ex-Mann bestehen, ergibt sich überdies aus einer in Vorlage gebrachten Vergleichsausfertigung des Bezirksgerichts XXXX vom 14.03.2018 zur Zl. XXXX .

Der seitens der Beschwerdeführerin besuchte Vorstudienlehrgang an den XXXX Universitäten, welchen sie im Juli 2014 mit der Note Befriedigend hinsichtlich Deutsch-Kenntnissen auf Sprachniveau B2+ abschloss, sowie ihre abgelegte Ergänzungsprüfung zum Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache ergeben sich aus diesbezüglich in Vorlage gebrachten Zeugnissen und Kursbestätigungen, zudem aus einer vorgelegten Studienzeitbestätigung und einem "Studienblatt der Ordentlichen Studierenden" der Universität XXXX .

Ihr Besuch eines Kollegs für Berufstätige an einer Handelsakademie ab dem Schuljahr 2014/15 bis zum Schuljahr 2016/17 ergibt sich aus insgesamt fünf diesbezüglich in Vorlage gebrachter Semesterzeugnisse.

Dass die Beschwerdeführerin seit dem Sommersemester 2018 für ein Bachelorstudium der Pädagogik an der Universität XXXX inskribiert ist, wobei sie bislang in Summe Prüfungen im Umfang von 20 ECTS-Punkten abgelegt hat, die letzte hierbei am 28.06.2019, ergibt sich aus einer vorgelegten Studienzeitbestätigung, einem "Studienblatt der Ordentlichen Studierenden" sowie einer "Bestätigung des Studienerfolges" der Universität XXXX . Dass die Regelstudienzeit dieses Studiums sechs Semester beträgt und es insgesamt 180 ECTS-Punkte umfasst, ergibt sich aus einer Recherche auf der öffentlich zugänglichen Website der Universität (vgl. XXXX Zugriff 17.12.2020).

Die angemeldeten Erwerbstätigkeiten der Beschwerdeführerin als geringfügig beschäftigte Arbeiterin ab dem 03.04.2014, durchgehend bis zum 29.06.2020, ergeben sich aus einer Abfrage im Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger, ebenso wie der Umstand, dass sie im Rahmen einer Studentenversicherung gemäß § 16 Abs. 2 ASVG bei der Österreichischen Gesundheitskasse krankenversichert ist.

Dass die Beschwerdeführerin keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einer Abfrage in der Applikation "Betreuungsinformation Grundversorgung". Dass sie ihren Lebensunterhalt über private Zuwendungen ihrer Eltern aus Bosnien und Herzegowina bestreitet, welche sie mit etwa 600 Euro monatlich unterstützen, ergibt sich aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben.

Ihr geschlossener Arbeitsvorvertrag mit einem privatwirtschaftlichen Unternehmen im Bereich „Baumanagement“ ergibt sich aus einer Vorlage desselben, datiert mit 18.06.2020.

Die diversen, seitens der Beschwerdeführerin in Österreich geschlossenen Bekanntschaften ergeben sich aus insgesamt acht in Vorlage gebrachten Unterstützungsschreiben.

Ihre diversen Kursbesuche in Österreich ergeben sich aus diesbezüglich in Vorlage gebrachten Bestätigungsschreiben, ebenso wie ihr ehrenamtliches Engagement in einem "Verein XXXX

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Eine Gefährdung der Beschwerdeführerin für den Fall ihrer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina wurde zu keinem Zeitpunkt vorgebracht.

Dass es sich bei Bosnien und Herzegowina um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, ergibt sich aus § 1 Z 1 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten auf Basis des § 19 Abs. 5 Z 2 des BFA-VG als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Wenn gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 abgewiesen wird, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Der mit "Aufenthaltsberechtigung aus Gründen des Art. 8 EMRK" überschriebene § 55 AsylG 2005 (in der Fassung BGBl. I Nr. 69/2020) lautet:

„§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" überschriebene § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020) lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

Es ist sohin zunächst zu prüfen, ob der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführerin zur Aufrechterhaltung ihres Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten wäre.

Bei der Beurteilung, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist bzw. ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nehmen die persönlichen Interessen des Fremden an seinem Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer seines bisherigen Aufenthalts zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist jedoch nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt weiters die Rechtsansicht, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet auszugehen ist. Nur dann, wenn der Fremde die im Inland verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, werden Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach einem so langen Inlandsaufenthalt noch als verhältnismäßig angesehen (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005). Diese Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch auf Fälle übertragen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag (vgl. zu einem ungefähr neuneinhalbjährigen Aufenthalt VwGH 16.12.2014, 2012/22/0169).

Fallgegenständlich hält sich die Beschwerdeführerin seit ihrer Einreise im Februar 2013 nunmehr etwa sieben Jahre und zehn Monate im Bundesgebiet auf. Ihr Aufenthalt war in weiterer Folge bis zur rechtskräftigen Abweisung ihres jüngsten Antrags auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung "Studenten" gemäß § 64 NAG mit 02.06.2020 somit für etwa sieben Jahre und vier Monate rechtmäßig. Es ist daher aufgrund ihrer Aufenthaltsdauer, auch wenn ihr Aufenthalt im Inland überwiegend rechtmäßig war, noch nicht von einem Überwiegen ihrer persönlichen Interessen auszugehen, was nach der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei einem ca. zehnjährigen rechtmäßigen Aufenthalt regelmäßig der Fall wäre.

Bei der Einzelfallprüfung bedarf es zudem der Beurteilung, ob ein Fremder in der Zeit seines Aufenthalts wesentliche Integrationsschritte gesetzt hat.

So wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2014 einen Vorstudienlehrgang an den XXXX Universitäten positiv abgeschlossen hat und im Zuge dessen auch eine Ergänzungsprüfung für den Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache bestanden hat. In den nachfolgenden Jahren ließ ihre persönliche Historie jedoch nicht die nötige Konsequenz für den Erwerb von Qualifikationen oder eine nachhaltige Integration auf dem österreichischen Arbeitsmarkt erkennen. So verließ sie, nachdem ihre ursprüngliche Aufenthaltsbewilligung "Studenten" gemäß § 64 NAG infolge eines Zweckänderungsantrages auf eine Aufenthaltsbewilligung "Schüler" gemäß § 63 NAG abgeändert worden war, ein Kolleg für Berufstätige an einer Handelsakademie nach fünf Semestern ohne Abschluss und inskribierte sich ab 16.01.2018, nach neuerlicher Änderung ihrer Aufenthaltsbewilligung wiederum zum Aufenthaltszweck "Studenten" gemäß § 64 NAG, für ein Bachelorstudium der Pädagogik an der Universität XXXX , für welches sie nunmehr (Stand Wintersemester 2020) im sechsten Semester inskribiert ist, was zugleich die Regelstudienzeit dieses Studiums darstellt. Jedoch hat die Beschwerdeführerin bislang lediglich 20 von insgesamt 180 ECTS-Punkten – sohin ein Neuntel des gesamten Studienumfangs – absolviert. Ein ernstliches Bemühen an einem Vorantreiben ihres Studiums in Österreich kann darin nicht erkannt werden.

Auch ist keine nachhaltige Integration der Beschwerdeführerin auf dem österreichischen Arbeitsmarkt gegeben. Zwar betätigte sie sich von April 2014 bis Juni 2020 im Rahmen zweier Arbeitsverhältnisse (als Kellnerin sowie als Reinigungskraft) als geringfügig beschäftigte Arbeiterin, räumte jedoch in ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde am 09.10.2020 ausdrücklich ein, auch während dieser Erwerbsausübungen nicht selbsterhaltungsfähig gewesen und von ihren Eltern finanziell unterstützt worden zu sein. Seit 30.06.2020 geht die Beschwerdeführerin überhaupt keiner Erwerbstätigkeit mehr nach und bestreitet ihren Lebensunterhalt ausschließlich über finanzielle Zuwendungen ihrer Eltern, welche sie von Bosnien und Herzegowina aus mit etwa 600 Euro monatlich unterstützen. Auch der von ihr vorgelegte Arbeitsvorvertrag mit einem privatwirtschaftlichen Unternehmen im Bereich „Baumanagement“ vom 18.06.2020 vermag ihre persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib in Österreich nicht in einem besonderen Maß zu stärken, nachdem dieser ausdrücklich an die Bedingung der Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zugang zum Arbeitsmarkt anknüpft. Darüber hinaus gelten die ersten beiden Wochen, wie in dem Vertrag überdies ausdrücklich festgehalten, als Probezeit, in welcher das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsteilen ohne Angabe von Gründen jederzeit aufgelöst werden kann, sodass sich aus dem in Vorlage gebrachten Arbeitsvorvertrag auch keinerlei Garantie auf eine (Weiter-)Beschäftigung ableiten lässt (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch VwGH 13.10.2011, 2011/22/0065, mwN).

Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin in Österreich – nach der Scheidung von ihrem Ehemann im März 2018 – kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben führt.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die Beschwerdeführerin angesichts ihres mehrjährigen Aufenthalts ohne Zweifel ein Privatleben im Bundesgebiet führt, an dessen Aufrechterhaltung sie ein Interesse hat, seien es ihre verschiedenen Sozialkontakte, sei es ihr ehrenamtliches Engagement für einen Verein und das Rote Kreuz oder ihre diversen in Österreich besuchten Kurse und Fortbildungen. Jedoch vermögen auch diese Aspekte nicht zu einem Überwiegen ihres privaten Interesses an einem Verbleib im Bundesgebiet zu führen, da es ihren Integrationsbemühungen im Rahmen einer Gesamtschau an einer maßgeblichen Intensität mangelt, welche ein besonders tiefgreifendes und berücksichtigungswürdiges Privatleben im Bundesgebiet nahelegen würde (zu ähnlich gelagerten Sachverhaltskonstellationen vgl. zuletzt VwGH 04.03.2020, Ra 2020/21/0027; 24.10.2019 Ra 2019/21/0242 mwH).

Gleichzeitig hat die Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat, in dem sie aufgewachsen ist und den Großteil ihres bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen sowie umfangreiche familiäre Anknüpfungspunkte, zumal ihre gesamte Kernfamilie – bestehend aus ihren Eltern, Schwestern und Großeltern - nach wie vor in Bosnien und Herzegowina lebt. Sie steht in regelmäßigem Kontakt zu ihren Angehörigen in ihrem Herkunftsstaat und wird bis zum Entscheidungszeitpunkt von ihren Eltern finanziell unterstützt. Auch hat sie ihre Familie während der letzten Jahre regelmäßig – zumeist etwa vier- bis fünfmal jährlich im Rahmen jeweils mehrtätiger Aufenthalte – in ihrer Heimat besucht. Raum für die Annahme einer völligen Entwurzelung im Hinblick auf ihren Herkunftsstaat besteht sohin nicht.

Den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VfGH 12.03.2002, 98/18/0260; 18.01.2005, 2004/18/0365; 03.05.2005, 2005/18/0076; 17.01.2006, 2006/18/0001; 09.09.2014, 2013/22/0246).

Hinsichtlich der strafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ist festzuhalten, dass diese nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen darstellt (vgl. VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112; 21.01.1999, 98/18/0420), da der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Insgesamt kommt somit den persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet - trotz der Dauer ihres (zum überwiegenden Teil rechtmäßigen) inländischen Aufenthaltes von etwa sieben Jahren und zehn Monaten, des Umstandes, dass sie strafgerichtlich unbescholten ist, der Berücksichtigung ihrer Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2, ihres zeitweisen ehrenamtlichen Engagements und ihrer Sozialkontakte - kein maßgebliches Gewicht zu. Sie hat ihre Schulbildung und ihr Studium in Österreich, wenngleich ihr hierfür über Jahre hinweg Aufenthaltsbewilligungen nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz erteilt worden waren, nicht mit der erforderlichen Konsequenz betrieben und ist auch nicht auf dem österreichischen Arbeitsmarkt integriert. Sie bestreitet ihren Lebensunterhalt über private Zuwendungen ihrer Eltern aus Bosnien und Herzegowina, wobei sie all ihre familiären Bindungen in ihrem Herkunftsstaat hat. Gegenständlich überwiegt das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung die entgegenstehenden persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin. Der Vollständigkeit halber ist überdies festzuhalten, dass es der Beschwerdeführerin auch nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen in das Bundesgebiet zurückzukehren bzw. ist es ihr als Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina gemäß Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001, geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 610/2013, ohnedies gestattet, sich ohne Visum für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufzuhalten, sodass ihr die Pflege etwaiger privater Interessen in Österreich auch durch die gegenständliche Rückkehrentscheidung nicht zur Gänze verunmöglicht wird.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt. Daher war der Beschwerdeführerin auch kein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 zu erteilen.

Es war sohin die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Eine reale Gefahr einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung für den Fall einer Rückkehr der Beschwerdeführerin nach Bosnien und Herzegowina wurde nicht vorgebracht. Vielmehr reiste sie in den vergangenen Jahren selbst regelmäßig - zumeist etwa vier- bis fünfmal jährlich für jeweils einige Tage – in ihren Herkunftsstaat um ihre dort lebende Familie zu besuchen und kehrte zuletzt am 02.03.2020 von Bosnien und Herzegowina nach Österreich zurück.

Zudem gilt Bosnien und Herzegowina gemäß § 1 Z 1 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II Nr. 145/2019) als sicherer Herkunftsstaat.

Auch ergeben sich angesichts der aktuellen COVID-19 Pandemie keinerlei Rückführungshindernisse in Bezug auf die Beschwerdeführerin. Dass sie derzeit an einer COVID-19-Infektion leidet oder im Hinblick auf eine etwaige Vorerkrankung zu einer vulnerablen Personengruppe gehören würde, wurde nicht vorgebracht. Bei jungen Menschen ohne Schwächung des Immunsystems verläuft eine Infektion mit COVID-19 zumeist mit nur geringen Symptomen, vergleichbar einer Grippe. Es fehlt daher an den geforderten, außergewöhnlichen Umständen im Sinne des Art. 3 EMRK.

Die Abschiebung wurde daher zu Recht für zulässig erklärt.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

3.3. Zur Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides):

Die belangte Behörde erkannte gegenständlich einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab und stütze sich hierbei auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG, wonach "die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist".

Begründend wurde ausschließlich auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Erlassung einer Rückkehrentscheidung verwiesen, wo im Hinblick auf eine etwaige Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit durch die Beschwerdeführerin im Wesentlichen festgehalten wurde, dass sie ihrer Ausreiseverpflichtung nach rechtskräftiger Abweisung ihres jüngsten Antrags auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung "Studenten" gemäß § 64 NAG mit 02.06.2020 nicht nachgekommen und beharrlich unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben sei, wobei ihr verfahrensgegenständlicher Antrag aus Sicht der belangten Behörde „zweifellos eine Umgehungshandlung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen“ darstelle.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, genügt es zur Begründung der Notwendigkeit einer sofortigen Ausreise eines Fremden jedoch nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern ist darüber hinaus darzulegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053; 03.07.2018, Ro 2018/21/0007; 12.09.2013, 2013/21/0094).

Derartige besondere Umstände, welche eine sofortige Ausreise der Beschwerdeführerin im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich erscheinen ließen, wurden seitens der belangten Behörde nicht ins Treffen geführt und wurde schlicht auf jenen Sachverhalt, welcher bereits zur Begründung der Erlassung einer Rückkehrentscheidung herangezogen wurde, verwiesen. Auch sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Beschwerdefall keine Umstände zu Tage getreten, welche die sofortige Notwendigkeit einer Aufenthaltsbeendigung der Beschwerdeführerin im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – rechtfertigen würden.

Daher liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG gegenständlich nicht vor und war Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides, mit dem einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, zu beheben.

Da Spruchpunkt V. zu beheben war und die in § 55 Abs. 2 FPG normierten Voraussetzungen unabhängig davon erfüllt sind, war der Beschwerdeführerin nunmehr eine vierzehntägige Frist zur freiwilligen Ausreise zu gewähren. Damit soll ihr die Gelegenheit gegeben werden, ihre persönlichen Verhältnisse zur Organisation der Ausreise zu regeln.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht lediglich etwa zwei Monate liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Die wesentlichen Feststellungen, insbesondere zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin, sind unbestritten geblieben und erwies sich das Beschwerdevorbringen insoweit als unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufschiebende Wirkung - Entfall ersatzlose Teilbehebung freiwillige Ausreise Frist Interessenabwägung Kassation öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Rückkehrentscheidung rechtmäßig Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2237615.1.00

Im RIS seit

04.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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