TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/30 L527 2190595-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.12.2020
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Entscheidungsdatum

30.12.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


L527 2190595-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2018, Zahl XXXX :

I. den Beschluss gefasst:

A) Soweit die Beschwerde die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 AsylG 2005 beantragt, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II. zu Recht erkannt:

A) Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat Iran am XXXX legal, mittels Flugzeugs, und reiste am selben Tag legal (Visum C) in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 27.11.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. In der Erstbefragung am selben Tag gab er als Fluchtgrund an, dass er seit ca. vier Monaten zum Christentum übergetreten sei. Er sei von seinen Cousins mütterlicherseits, die der Revolutionsgarde angehören, bedroht worden. Einmal sei er auf der Straße von ihnen geprügelt worden. Aus Angst um sein Leben habe er beschlossen, sein Heimatland zu verlassen. Befragt, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, erklärte der Beschwerdeführer, er habe Angst um sein Leben. Weiters gefragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, sowie ob er im Falle der Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätte und mit welchen allenfalls, verneinte der Beschwerdeführer.

In der Einvernahme am 26.02.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde) begründete der Beschwerdeführer die Ausreise aus dem Iran bzw. das Stellen des Asylantrags damit, dass er Christ geworden sei und das Land habe verlassen müssen. Im Zuge der weiteren Befragung erklärte der Beschwerdeführer auf das Wesentliche zusammengefasst, dass sein Cousin mütterlicherseits davon erfahren und gedroht habe, den Beschwerdeführer zu töten. Mit dem Christentum sei er über seine damalige Freundin bzw. in weiterer Folge Ex-Freundin, die Christin sei, in Berührung gekommen. Zwei Jahre nach der Trennung haben sich die beiden beim Begräbnis seiner Mutter am 28.11.1394 auf dem Friedhof wieder getroffen und seine ehemalige Freundin habe ihm eine Bibel gegeben. Bei der Jahrestrauerfeier seines Vaters Ende 02/1395 sei die ganze Familie beim Beschwerdeführer und einer seiner Schwestern, mit der er das Haus gemeinsam bewohnt habe, zuhause gewesen. Dabei haben seine Cousins die Bibel gesehen und seien verärgert gewesen. Sie haben ihm gesagt, das sei der Weg der Ungläubigen; er müsse seinen Weg ändern. Seine Cousins arbeiten für die Sepah und die Regierung. Am 01.04.1396 haben ihn seine Cousins gemeinsam mit drei weiteren Personen auf dem Nachhauseweg angehalten und er sei von allen fünf Personen mit Händen und Füßen geschlagen worden. Einer seiner Cousins habe gesagt, er sei berechtigt, den Beschwerdeführer zu töten. Er, der Beschwerdeführer, solle vor dem Cousin die Bibel zerreißen und abschwören. Da sie miteinander verwandt sind, habe der Cousin den Beschwerdeführer in Ruhe gelassen. Ab diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer keine Ruhe mehr gehabt und den Entschluss zur Ausreise gefasst. Befragt, was er im Falle der Rückkehr in den Iran zu befürchten habe, behauptete der Beschwerdeführer, dass er mit Iranern kein Problem habe; er habe Probleme mit der iranischen Regierung. In Österreich habe sich der Beschwerdeführer der katholischen Kirche angeschlossen.

Mit Stellungnahme vom 02.03.2018 äußerte sich der Beschwerdeführer zu seinem religiösen Leben in Österreich und zur behördlichen Einvernahme. Er nahm außerdem zu den Länderinformationen Stellung und führte unter anderem aus, dass im Lichte derselben seine Angst vor staatlicher Repression bis hin zu Leibesstrafen angesichts seines Glaubenswechsel absolut nachvollziehbar sei.

Die belangte Behörde erachtete die vom Beschwerdeführer für das Verlassen seines Herkunftsstaats angegebenen Gründe und eine Hinwendung zum Christentum aus innerer Überzeugung für nicht glaubhaft. Mit dem angefochtenen Bescheid wies sie den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die belangte Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran (Spruchpunkt V) aus und bestimmte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens übermittelte der Beschwerdeführer einen Taufschein der Römisch-katholischen Kirche sowie ein Schreiben des (damaligen) XXXX pfarrers der XXXX pfarre XXXX , die ÖSD Zertifikate Deutsch A1 und A2, eine Bestätigung des Besuchs von Deutschunterricht und zwei Empfehlungsschreiben an das Bundesverwaltungsgericht.

Am XXXX 2020 reiste der Beschwerdeführer im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet aus und in seinen Herkunftsstaat Iran zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Bei der Bezeichnung von Aktenbestandteilen verwendet das Bundesverwaltungsgericht in der Folge Abkürzungen: AS: Aktenseite(n); S: Seite(n); OZ: Ordnungszahl(en); VA: (von der belangten Behörde mit der Beschwerde vorgelegter) Verwaltungsverfahrensakt; f: folgende [Aktenseite/Seite]; ff: folgende [Aktenseiten/Seiten].

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zum bisherigen Verfahren:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Er ist ein erwachsener, arbeitsfähiger männlicher Drittstaatsangehöriger, konkret: iranischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest. Er gehört der Volksgruppe der Perser sowie der moslemischen Glaubensgemeinschaft schiitischer Ausrichtung an. Der Beschwerdeführer leidet nicht an schweren psychischen Störungen und auch nicht an schweren Krankheiten, er ist gesund. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX , in der Provinz XXXX geboren, wuchs dort auf und lebte großteils dort bis zu seiner Ausreise, und zwar zuletzt zusammen mit einer seiner Schwestern. Zeitweise lebte der Beschwerdeführer auch in XXXX und XXXX . Er besuchte in seinem Herkunftsstaat zwölf Jahre die Schule und belegte anschließend vier Jahre ein universitäres Wirtschaftsstudium. Der Beschwerdeführer war mehrere Jahre berufstätig und zwar als Handelsvertreter und als Autoverkäufer. Der Beschwerdeführer hat in seinem Herkunftsstaat, konkret in XXXX und in XXXX , Familie/Angehörige namentlich zahlreiche Geschwister, weiters Onkel Tanten und Cousins. Der Kontakt zu den Geschwistern blieb aufrecht, auch nachdem der Beschwerdeführer den Iran verlassen hatte und nach Österreich gereist war. Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben.

Der Beschwerdeführer beherrscht Farsi, die Amtssprache seines Herkunftsstaats, in Wort und Schrift, es handelt sich um seine Muttersprache. Er hat außerdem geringe Englischkenntnisse und geringe Deutschkenntnisse (siehe unten).

Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat am XXXX legal mit einem Visum C (Aufenthaltsdauer: neun Tage), mittels Flugzeugs, und reiste am selben Tag legal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 27.11.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Diesen Antrag begründete der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit, dass ihn Cousins mütterlicherseits wegen seiner behaupteten Konversion zum Christentum bedroht und geschlagen haben sollen. In Österreich habe er sich der katholischen Kirche angeschlossen; wegen der – behaupteten – Konversion zum Christentum habe er Angst vor staatlicher Repression bis hin zu Leibesstrafen.

Die belangte Behörde erachtete die vom Beschwerdeführer für das Verlassen seines Herkunftsstaats angegebenen Gründe und eine Hinwendung zum Christentum aus innerer Überzeugung für nicht glaubhaft. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.03.2018 wies sie den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die belangte Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran (Spruchpunkt V) aus und bestimmte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Am XXXX 2020, also nach Erhebung der gegenständlichen Beschwerde, reiste der Beschwerdeführer im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet aus und in seinen Herkunftsstaat Iran zurück.

Es leben keine Angehörigen des Beschwerdeführers in Österreich und er lebte hier während seines Aufenthalts nicht in einer Lebensgemeinschaft. In Schweden lebt eine Schwester des Beschwerdeführers. Er schloss in Österreich gewöhnliche soziale Kontakte in Form eines Freundes- und Bekanntenkreises. Finanzielle oder sonstige Abhängigkeiten zu in Österreich lebenden Personen bestehen und bestanden nicht. In Österreich verrichtete der Beschwerdeführer keine gemeinnützigen Arbeiten und leistete auch keine offizielle ehrenamtliche Tätigkeit; er war hier auch nicht legal erwerbstätig. Während des Großteils der Zeit, die der Beschwerdeführer im Bundesgebiet aufhältig war, war er auf Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber angewiesen. Der Beschwerdeführer nahm im Jahr 2018 an einem Werte- und Orientierungskurs teil und belegte in Österreich Deutschunterricht. Das höchste Niveau, auf dem er eine Deutschprüfung ablegte, ist A2 und seine Deutschkenntnisse entsprechen diesem Niveau. Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Katholischen Kirche in Österreich; ansonsten war und ist er in Österreich nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Verurteilung auf.

1.2. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat Iran keiner aktuellen unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre bzw. ist auch im Falle seiner Rückkehr dorthin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt:

Namentlich war der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat nicht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Der Beschwerdeführer lief(e) auch nicht ernstlich Gefahr, bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer drohte nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel ist festzustellen, dass die Rückkehr bzw. Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran keine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 EMRK oder des 6. und 13. ZPEMRK bedeutete und für den Beschwerdeführer als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich brachte bzw. bringen würde. Der Beschwerdeführer hat bzw. hätte auch nicht um sein Leben zu fürchten, es fehlt ihm nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

2.1.2. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.

2.2. Der Beschwerdeführer wurde mehrfach eingehend über seine Pflicht bzw. Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurde (vgl. AS 3 [Merkblatt Pflichten und Rechte von Asylwerbern], 93 ff). Vor diesem Hintergrund geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer über die Eingaben vom 19.12.2018, OZ 6, (Taufschein der Römisch-katholischen Kirche, Schreiben des [damaligen] XXXX pfarrers der XXXX pfarre XXXX , ÖSD Zertifikat Deutsch A1, Bestätigung des Besuchs von Deutschunterricht), vom 28.03.2019, OZ 7, (ÖSD Zertifikat Deutsch A2), vom 02.03.2020, OZ 12, (Empfehlungsschreiben von XXXX ) sowie vom 24.06.2020, OZ 15, (Empfehlungsschreiben von XXXX ) hinaus im Beschwerdeverfahren kein weiteres Vorbringen zu erstatten und keine weiteren Bescheinigungsmittel vorzulegen hatte, da er sich im Übrigen nicht mehr geäußert hat. Hätte der Beschwerdeführer ein weitergehendes Vorbringen zu erstatten oder Bescheinigungsmittel vorzulegen gehabt, hätte er dies im Rahmen seiner Pflicht bzw. Obliegenheit und schon im eigenen Interesse getan. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf allfällige Sachverhaltsänderungen in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten, sondern insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Umstände des Beschwerdeführers, die dieser der Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat; vgl. § 15 AsylG 2005; VwGH 14.02.2002, 99/18/0199; sowie generell zur Mitwirkungsobliegenheit im Verwaltungsverfahren z. B. VwGH 15.11.1994, 94/07/0099, und Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 10, 16 (Stand 1.7.2005, rdb.at).

2.3. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zum bisherigen Verfahren:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich im Wesentlichen aus seinen insoweit weitgehend gleichbleibenden, nachvollziehbaren und damit glaubhaften Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren (AS 1 ff, 65 ff, 95 ff), teils auch in Zusammenschau mit dem (von der Behörde sichtlich für unbedenklich befundenen und dem Bundesverwaltungsgericht nicht im Original vorliegenden) iranischen Reisepass (AS 15 ff [Kopien], 75 ff [Kopien]; vgl. auch AS 172, 214), weiteren vom Beschwerdeführer vorgelegten unbedenklichen Bescheinigungsmitteln (z. B. AS 83 ff; OZ 6, 7 12, 15) bzw. vom Bundesverwaltungsgericht aktualisierten Bescheinigungsmitteln (OZ 21 [Auszug aus dem Zentralen Melderegister, Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem, Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, Auszug aus dem Strafregister]). Dass der Beschwerdeführer insofern Gründe haben könnte, falsche Angaben zu machen, ist nicht hervorgekommen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers weitgehend den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zur Person des Beschwerdeführers und seinem (allfälligen) Privat- und Familienleben entsprechen (AS 178 ff), denen der Beschwerdeführer in der Beschwerde (AS 251 ff) nicht entgegentrat. Einige wenige Feststellungen – etwa zur Mitgliedschaft in der Katholischen Kirche und zu den Deutschkenntnissen – waren aufgrund der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel abweichend von den Feststellungen der belangten Behörde zu treffen. Das Bundesverwaltungsgericht stellt insbesondere in Anbetracht der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Empfehlungsschreiben (OZ 12, 15) nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer in Österreich private Kontakte zu österreichischen Staatsangehörigen bzw. in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen unterhielt. Unter Bedachtnahme auf die Ausführungen in den Empfehlungsschreiben kann jedoch keinesfalls ein Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung festgestellt werden. Hinsichtlich der Feststellung zur Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers verweist das Bundesverwaltungsgericht auf seine Erwägungen unten unter 2.4.

Die Feststellungen zum bisherigen Verfahren waren aufgrund des unbedenklichen Akteninhalts zu treffen (vgl. insbesondere AS 1 ff [Niederschrift der Erstbefragung vom 27.11.2017], 91 ff [Niederschrift der Einvernahme vor der belangten Behörde vom 26.02.2018], 127 ff [Stellungnahme des Beschwerdeführers vorwiegend zu den Länderinformationen], 155 ff [angefochtener Bescheid], 251 ff [Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht]; OZ 16, 17, 18 und 20 [Unterlagen im Zusammenhang mit der freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat]). Hervorzuheben ist, dass dem Bundesverwaltungsgericht das vom Beschwerdeführer am 14.07.2020 – im Bewusstsein, dass er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte (siehe die Erklärung zur beabsichtigten freiwilligen Rückkehr) – unterschriebene Antragsformular für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe, Zieldestination Iran, in Kopie vorliegt (OZ 16), ebenso die amtssignierte Mitteilung der belangten Behörde, dass die Heim- bzw. Ausreisekosten übernommen werden (OZ 17). Dass der Beschwerdeführer tatsächlich am XXXX 2020 im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet in den Iran ausreiste, ist angesichts der Ausreisebestätigung der International Organization for Migration (IOM) (OZ 18) nicht zweifelhaft. Der Beschwerdeführer bezieht auch – wegen der freiwilligen Heimkehr - keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr (OZ 20, 21) und ist überdies in Österreich nicht mehr im Sinne des Meldegesetzes gemeldet (OZ 21). Es gibt somit auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich wieder nach Österreich zurückkehrt sein könnte. Hinsichtlich der Feststellungen zum Vorbringen, mit dem der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz begründet, verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die folgenden Erwägungen unter 2.4.

2.4. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen und zur Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

2.4.1. In der behördlichen Einvernahme verneinte der Beschwerdeführer ausdrücklich, dass er behördlich gesucht werde, dass gegen ihn ein Haftbefehl bestehe und dass er jemals in Haft gewesen bzw. festgenommen worden sei. Auch die Fragen „Hätten Sie aus politischen Gründen in Ihrem Land Verfolgung oder Bedrohung zu befürchten?“ und „Hätten Sie aus ethnischen Gründen in Ihrem Land Verfolgung oder Bedrohung zu befürchten?“ verneinte er. (AS 137) Dass der Beschwerdeführer insofern einen Grund haben könnte, wahrheitswidrige Angaben zu machen, ist nicht ersichtlich. Das Bundesverwaltungsgericht kann daher ohne Weiteres von den genannten Angaben des Beschwerdeführers ausgehen; vgl. auch bereits die behördliche Beweiswürdigung (AS 216).

2.4.2. Der Beschwerdeführer begründet seinen Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich mit einer behaupteten Konversion zum Christentum und angeblich daraus resultierenden Problemen (vgl. insbesondere AS 9, 101 ff, 127 ff, 251 ff). Dieses Vorbringen ist nicht glaubhaft.

2.4.2.1. Konkret gab der Beschwerdeführer in der Erstbefragung als Fluchtgrund an, dass er seit ca. vier Monaten zum Christentum übergetreten sei. Er sei von seinen Cousins mütterlicherseits, die der Revolutionsgarde angehören, bedroht worden. Einmal sei er auf der Straße von ihnen geprügelt worden. Aus Angst um sein Leben habe er beschlossen, sein Heimatland zu verlassen. Befragt, was er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, erklärte der Beschwerdeführer, er habe Angst um sein Leben. Weiters gefragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, sowie ob er im Falle der Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätte und mit welchen allenfalls, verneinte der Beschwerdeführer. (AS 9)

Nach den Gründen, weshalb er den Iran verlassen habe, gefragt und aufgefordert, die wesentlichsten Gründe für die Ausreise und die Asylantragstellung zu schildern, gab der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 26.02.2018 vor der belangten Behörde an, dass er Christ geworden sei und das Land habe verlassen müssen. (Erst) im Zuge der weiteren konkreten Befragung erklärte der Beschwerdeführer – auf das Wesentliche zusammengefasst -, dass sein Cousin mütterlicherseits davon erfahren und gedroht habe, den Beschwerdeführer zu töten. Mit dem Christentum sei er über seine damalige Freundin bzw. in weiterer Folge Ex-Freundin, die Christin sei, in Berührung gekommen. Zwei Jahre nach der Trennung haben sich die beiden beim Begräbnis seiner Mutter am 28.11.1394 auf dem Friedhof wieder getroffen und seine ehemalige Freundin habe ihm eine Bibel gegeben. Bei der Jahrestrauerfeier seines Vaters Ende 02/1395 sei die ganze Familie beim Beschwerdeführer und einer seiner Schwestern, mit der er das Haus gemeinsam bewohnt habe, zuhause gewesen. Dabei haben seine Cousins die Bibel gesehen und seien verärgert gewesen. Sie haben ihm gesagt, das sei der Weg der Ungläubigen; er müsse seinen Weg ändern. Seine Cousins arbeiten für die Sepah und die Regierung. Am 01.04.1396 haben ihn seine Cousins gemeinsam mit drei weiteren Personen auf dem Nachhauseweg angehalten und er sei von allen fünf Personen mit Händen und Füßen geschlagen worden. Einer seiner Cousins habe gesagt, er sei berechtigt, den Beschwerdeführer zu töten. Er, der Beschwerdeführer, solle vor dem Cousin die Bibel zerreißen und abschwören. Da sie miteinander verwandt sind, habe der Cousin den Beschwerdeführer in Ruhe gelassen. Ab diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer keine Ruhe mehr gehabt und den Entschluss zur Ausreise gefasst. (AS 101 ff) Auf die Frage „Hätten Sie aus religiösen Gründen in Ihrem Land Verfolgung oder Bedrohung zu befürchten?“ erwiderte der Beschwerdeführer „Nein, bis dato nicht.“ Befragt, was er im Falle der Rückkehr in den Iran zu befürchten habe, behauptete der Beschwerdeführer, dass er mit Iranern kein Problem habe; er habe Probleme mit der iranischen Regierung. Gäbe es diese Bedrohung nicht, wäre es ihm möglich, im Iran zu leben, so der Beschwerdeführer. (AS 107 ff)

Mit Stellungnahme vom 02.03.2018 äußerte sich der Beschwerdeführer zu seinem religiösen Leben in Österreich und zur behördlichen Einvernahme. Er nahm außerdem zu den von der belangten Behörde ins Verfahren eingebrachten (AS 117) Länderinformationen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran) Stellung und führte unter anderem aus, dass im Lichte derselben seine Angst vor staatlicher Repression bis hin zu Leibesstrafen angesichts seines Glaubenswechsel absolut nachvollziehbar sei. (AS 127 ff)

2.4.2.2. Im angefochtenen Bescheid traf die belangte Behörde aufgrund des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation für den Iran unter anderem folgende Feststellungen:

„Religionsfreiheit

Die Bevölkerung besteht zu ca. 89% Schiiten, 10% Sunniten, Zoroastrier, Juden, Christen, und 1% Baha'i (Länderdaten o.D., vgl. CIA 12.1.2017, ACCORD 9.2015). Im Iran ist der schiitische Islam (Zwölfer-Schia) Staatsreligion. Anerkannte religiöse Minderheiten – Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) ChristInnen – werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen – Bahá‘í, konvertierte evangelikale ChristInnen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten – werden in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Missionarische Tätigkeit – d.h. jegliches nicht-islamisches religiöses Agieren in der Öffentlichkeit - und Konversion vom Islam sind verboten und werden streng geahndet (ÖB Teheran 10.2016, vgl. AA 8.12.2016, US DOS 10.8.2016, FH 2017).

Statistische Daten über missionarische Tätigkeit bzw. deren regionale Aufteilung liegen nicht vor. Es gibt im Iran anerkannte religiöse Minderheiten, deren Vertreter immer wieder betonen, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Anerkannte religiöse Minderheiten sind laut Verfassung Christen, Juden und Zoroastrier. Diese sind in ihrer Religionsausübung – im Vergleich mit anderen Ländern der Region – nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa – unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke – eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Moslems anwesend sind. Beispiel für die rechtliche Diskriminierung anerkannter religiöser Minderheiten ist, dass ihren Angehörigen höhere Positionen im Staatsdienst verwehrt sind und, dass ihnen in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht nicht dieselben Rechte zukommen wie Moslems. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Dennoch sind die hauptsächlichen Akteure von denen eine Verfolgung ausgeht, staatliche Akteure. Der Auswanderungsdruck ist auf Grund der für alle IranerInnen geringeren wirtschaftlichen Perspektiven auch bei den Angehörigen der anerkannten religiösen Minderheiten weiterhin groß (ÖB Teheran 10.2016).

Grundrechtlich besteht ‚Kultusfreiheit‘ innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der – auch von außen als solche klar erkennbaren – Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen (‚Hauskirchen‘) oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich aus unterschiedlichen Gründen penibel an das Verbot. Mitglieder mancher Glaubensgemeinschaften sind angewiesen, Mitgliedskarten mit sich zu tragen, die von Behördenvertretern außerhalb von Gottesdiensten kontrolliert werden (ÖB Teheran 10.2016, vgl. US DOS 10.8.2016).

Anhänger der Baha'i-Glaubensgemeinschaft, Sufis, die Gemeinschaft der Ahl-e Haqq [Yaresan] und andere religiöse Minderheiten konnten ihren Glauben nicht frei praktizieren und wurden durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert, u. a. im Bildungswesen, auf dem Arbeitsmarkt und bei Erbschaftsangelegenheiten. Dies galt auch für Muslime, die zum Christentum konvertiert waren, und für Sunniten (AI 22.2.2017, vgl. FH 2017).

Christen

Die christliche Minderheit besteht vor allem aus Armeniern verschiedener Konfessionen. Daneben gibt es noch einige Ostchristen, unter denen die Assyrer die größte Gruppe stellen. Die Christen lebten traditionell vor allem im Nordwesten des Landes, außerdem in Teheran und Esfahan. Nach der Islamischen Revolution zogen viele Armenier nach Teheran, so dass heute 75% von ihnen dort leben. Insgesamt gibt es etwa – je nach Quelle – 100.000 (GIZ 3.2017a, vgl. US DOS 10.8.2016) bis 300.000 christliche Iraner, ihnen stehen zwei Parlamentssitze zu (FIS 21.8.2015, vgl. US DOS 10.8.2016).

Das Christentum im Iran kann in ethnische und nicht-ethnische Christen unterteilt werden. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen und beziehen sich auf armenische und assyrische (oder auch chaldäische) Christen, die eine lange Geschichte im Iran vorweisen und ihre eigenen linguistischen und kulturellen Traditionen besitzen. Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah Regimes. Die Mitglieder sind – wenn auch nicht alle – Konvertierte aus dem Islam. Von Repressionen und willkürlichen Verhaftungen von konvertierten Christen, Mitgliedern der protestantischen und evangelischen Kirche wird berichtet (ÖB Teheran 10.2016, vgl. FIS 21.8.2015, ICHRI 2013). Im Dezember 2015 sollen etwa eine Reihe von Privatwohnungen wegen Weihnachtsfeiern von den Behörden gestürmt und rund zehn Personen festgenommen worden sein. Ende 2015 waren Berichten zufolge mindestens 90 Christen wegen ihres Glaubens bzw. ihrem Übertritt zum Christentum in Haft. Den verhafteten Christen werden, zumindest teilweise, nicht die vollen Prozessrechte gewährt - oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Iranische Menschenrechtsgruppen berichteten zudem von einem Anstieg von gewalttätigen Übergriffen in den Gefängnissen im Jahr 2015, welche möglicherweise als Abschreckung gegen einen Übertritt zum Christentum dienen sollte (ÖB Teheran 10.2016). Laut der Gefangenenliste von Open Doors befinden sich mit Stand Dezember 2016 60 Christen in Haft, zwei wurden auf Kaution freigelassen, zwei freigelassen und zehn freigelassen mit Verbot Land zu verlassen (Open Doors 12.2016).

Soweit Christen die Ausübung ihres Glaubens ausschließlich auf die Angehörigen der eigenen Gemeinden beschränken, werden sie nicht behindert oder verfolgt. Christlichen Kirchen wurde untersagt, ihre Gottesdienste an einem Freitag und in persischer Sprache abzuhalten. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 8.12.2016, vgl. FIS 21.8.2015, US DOS 10.8.2016). So wurde der Christ Ebrahim Firouzi im Juni 2013 zu 10 Jahren Haft verurteilt, weil er 12.000 Bibeln verteilt und zu Gottesdiensten in sein Haus eingeladen hatte (AA 8.12.2016).

Vor allem evangelikale Christen und Konvertiten sahen sich weiterhin Schikanen und Beobachtung ausgesetzt. Die Behörden verhafteten Christen unverhältnismäßig oft. Viele dieser Verhaftungen passierten während Razzien bei religiösen Zusammentreffen bei denen die Behörden auch religiöses Eigentum beschlagnahmten. Die Behörden verlangen von Kirchengängern Ausweise und hielten muslimische Konvertiten davon ab, assyrische oder armenische Kirchen zu betreten (US DOS 10.8.2016).

Apostasie / Konversion zum Christentum / Proselytismus

Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist im Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund von ‚moharebeh‘ (‚Waffenaufnahme gegen Gott‘), ‚mofsid-fil-arz/fisad-al-arz‘ (‚Verdorbenheit auf Erden‘), oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“. In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der 2015 bzw. für das erste Halbjahr 2016 dokumentierten Hinrichtungen gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurde von mindestens 20 Exekutionen im Jahr 2015 wegen „moharebeh“ berichtet (ÖB Teheran 10.2016).

Im Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind. Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit im Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit ‚Konversion‘ vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese „Konversion“ ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich „konvertierte“ Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Im derzeitigen Parlament sind 22 Sunniten vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 10.2016, vgl. DIS 23.6.2014).

Laut iranischer Verfassung hat ein muslimischer Bürger nicht das Recht, seinen Glauben auszusuchen, zu wechseln oder aufzugeben. Die Regierung sieht das Kind eines muslimischen Mannes als Muslim an und erachtet eine Konversion vom Islam als Apostasie. Obwohl das iranische Strafrecht keine Regelung bezüglich Apostasie beinhaltet, können Richter aufgrund der Scharia Apostasie mit der Todesstrafe belegen. Nicht-Muslime dürfen ihre religiösen Ansichten und Überzeugungen nicht öffentlich ausdrücken, da dies als Missionierung gilt (Proselytismus) und ebenso mit der Todesstrafe bedroht ist. Christen, die vom Islam konvertiert sind, können von staatlichen Behörden bedroht sein, da sie als Apostaten gelten und dies eine Straftat ist (US DOS 10.8.2016, vgl. AA 8.12.2016, ACCORD 9.2015).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken. Die Regierung vollzieht weiterhin das Verbot des Proselytismus. Die Behörden halten Muslime davon ab, kirchliche Grundstücke zu betreten. Kirchen wurden geschlossen und Konvertiten verhaftet. Evangelikale Gottesdienste bleiben auf Sonntag [Werktag] beschränkt. Christliche Gottesdienste auf Farsi sind verboten. Sicherheitspersonal, das vor den Kirchen postiert ist, führt weiterhin Identitätskontrollen der Gläubigen durch. Offizielle Berichte und die Medien charakterisierten die christlichen Hauskirchen weiterhin als ‚illegale Netzwerke‘ und ‚Zionistische Propagandainstitutionen‘ (US DOS 10.8.2016).

Im FFM Bericht des Danish Immigration Service wird von mehreren Quellen berichtet, dass sich Konvertiten in Bezug auf ihren Religionswechsel eher ruhig verhalten, um keine Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zu lenken. Wenn aber ein Konvertit z.B. in Hauskirchen aktiv ist oder missioniert, können sich Probleme mit Behörden ergeben. Es wird weiter berichtet, dass sich an Arbeitsstätten Herasat Büros [Geheimdienst] mit Repräsentanten des Informationsministeriums und der Staatssicherheit befinden, die die Mitarbeiter überwachen. Diese Büros befinden sich auch bei Universitäten, staatlichen Organisationen und Schulen. Auch in privaten Firmen ab einer bestimmten Größe gibt es solche Büros. Wenn Herasat Informationen über eine Konversion einer Person erhält, kann es durchaus sein, dass diese Person gekündigt bzw. von der Universität ausgeschlossen wird. Auch Familienangehörige sind dadurch von einem etwaigen Jobverlust bzw. vom Zugang zu höherer Bildung ausgeschlossen. Seit 1990 gab es keinen Fall mehr, indem ein Konvertit wegen Apostasie exekutiert worden wäre. Der letzte Apostasie Fall war jener von Youssef Naderkhani, einem Pastor der Kirche von Iran, der international großes Medienecho hervorrief. Der FFM Bericht berichtet weiter, dass ab 2009-2010, als Naderkhanis Fall aufkam, Gerichte vom Regime unter Druck gesetzt wurden, Apostasieanklagen gegen Konvertiten zu verwenden. Die Gerichte wären aber eher zögerlich gewesen, da Apostasiefälle den religiösen Gerichtshöfen vorbehalten waren. Religiöse Gerichtshöfe waren die einzigen die Apostasiefälle verhandeln durften und demzufolge würde eine Anklage wegen Apostasie nur bei einem konvertierten Kleriker zur Anwendung kommen. Stattdessen würden Gerichte, die nicht den religiösen Gerichtshöfen zuzurechnen sind, Konversionsfälle eher mit Anklagen wegen Störung der öffentlichen Ordnung als Apostasie bearbeiten. Die einzige größere Änderung seit 2011, wie die Behörden Konvertiten zum Christentum behandeln, scheint darin zu bestehen, dass Apostasie nicht auf christliche Konvertiten anwendbar ist. Die iranischen Behörden gaben offiziell bekannt, dass Hauskirchen in direkter Verbindung mit ausländischen Bewegungen stehen, beispielsweise mit zionistischen Bewegungen oder Organisationen im Ausland, z.B. in den USA. Das Regime sieht die Anstrengungen der evangelikalen Bewegungen als Angriff gegen das iranische Regime an. Als Ergebnis werden evangelikale Kirchen und Hauskirchen als Bedrohung der nationalen Sicherheit gesehen. Diese Sichtweise erklärt auch, dass einige Fälle von Konversionen, im speziellen von Führern von Hauskirchen, ebenso Anklagen, die eher politischer Natur sind, beinhalten. In Bezug auf Naderkhani gibt Christian Solidarity Worldwide im FFM Bericht des Danish Immigration Service an, dass laut ihren Informationen Naderkhani weiterhin als Pastor in Rasht tätig ist. Seitdem Naderkhanis Anklage gekippt wurde, gab es keine Apostasieanklage gegen Christen im Iran. Heutzutage sind alle Anklagen gegen Konvertiten und Pastoren/Hauskirchenführer von politischer Natur, immer im Zusammenhang mit Bedrohung der nationalen Sicherheit oder Spionage, einschließlich Verbindungen zu ausländischen Organisationen und Feinden des Islam. Auch werden Konvertiten häufig mit sehr vagen und weit definierten Anklagen konfrontiert, wie z.B. ‚Bildung einer illegalen Gruppierung‘, ‚Handlungen gegen die nationale Sicherheit durch illegale Versammlungen‘ und anderen Anklagen, die ähnlich unpräzise und eine große Bandbreite an Aktivitäten umfassen können (DIS 23.6.2014).

Die Sicherheitsbehörden zielten weiterhin auf zum Christentum konvertierte Muslime und Mitgliedern von Hauskirchen ab (HRW 12.1.2017, vgl. FH 2017). Zahlreiche zum Christentum konvertierte Personen wurden bei Razzien in Hauskirchen festgenommen, in denen sie friedlich ihren Glauben praktiziert hatten (AI 22.2.2017, vgl. FCO 21.4.2016, FH 2017).“ (AS 198 ff; Orthografie und Grammatik im Original; Hervorhebungen nicht übernommen)

2.4.2.3. In der gegenständlichen Beschwerde macht der Beschwerdeführer unrichtige Beweiswürdigung, Tatsachenfeststellung und rechtliche Beurteilung geltend und stellt unter anderem den Antrag, dass ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde. Er fasst zusammen, was er vor der belangten Behörde vorgebracht habe und zitiert in der Folge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, und zwar insbesondere Passagen zur allgemeinen Menschenrechtslage, Religionsfreiheit und zur Apostasie, Konversion zum Christentum und zum Proselytismus. (AS 253 ff)

2.4.2.4. Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen lässt der Umstand, dass der Beschwerdeführer während des beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehrte, nur den Schluss zu, dass sein Vorbringen, weshalb er seinen Herkunftsstaat verlassen habe und – bei sonstiger Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung durch die Regierung und/oder einen seiner Cousins – nicht dorthin zurückkehren könne, sowie insbesondere auch eine Hinwendung zum Christentum aus innerer Überzeugung nicht den Tatsachen entsprechen. Es wäre geradezu lebensfremd und widersinnig, würde ein Asylwerber während des laufenden Beschwerdeverfahrens freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren, könnte er dort tatsächlich Verfolgung, Bedrohung oder eine sonstige Gefährdung zu gewärtigen haben. Im konkreten Fall ist überdies zu bedenken, dass der Beschwerdeführer im Iran sozialisiert wurde und (folglich schon deshalb) mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist. Auch kann der Beschwerdeführer einen relativ hohen Bildungsgrad vorweisen. Hinzutritt, dass er auch von den von der Behörde herangezogenen Länderinformationen Kenntnis erlangte und unter Bezugnahme darauf sowohl vor der Erlassung des angefochtenen Bescheids als auch in der Beschwerde geltend machte, dass er aufgrund seines (angeblichen) Glaubenswechsels mit intensiven Eingriffen in die körperliche Integrität (namentlich Leibesstrafen; vgl. AS 129) zu rechnen hätte, weshalb ihm der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen sei. Angesichts dessen kann noch weniger zweifelhaft sein, dass es sich beim Vorbringen des Beschwerdeführers um ein gedankliches Konstrukt handelt, das jeglicher Tatsachensubstanz entbehrt, und dass seine angebliche Hinwendung zum Christentum eine Scheinkonversion ist, die der Erlangung des Status des Asylberechtigten dienen soll. Hätte sich der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung dem Christentum zugewandt bzw. wäre der christliche Glaube Teil seiner Identität, wäre er – in Anbetracht der Lage im Herkunftsstaat – nicht freiwillig in diesen zurückgekehrt. Wegen der freiwilligen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat während des beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens erweist sich das zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erstattete Vorbringen zur Gänze als unglaubhaft und seine Hinwendung zum Christentum als eine Scheinkonversion. Vgl. den Überlegungen des Bundesverwaltungsgerichts ähnlich, wenn auch auf Ebene der Rechtsmittellegitimation, VwGH 08.07.2019, Ra 2019/20/0081, wonach die dortige Revisionswerberin durch die freiwillige Rückkehr in ihren Herkunftsstaat unmissverständlich zu erkennen gegeben habe, dass sie ihre Rechtsstellung als Asylwerberin bzw. ihre Ansprüche auf Asylgewährung in Österreich und die damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensrechte nicht weiter aufrechterhalten wolle und demnach ihr rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über das angefochtene Erkenntnis, das sich für sie nicht mehr nachteilig auswirken kann, bereits vor Revisionserhebung weggefallen sei.

Schon die bisherigen Erwägungen tragen die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat keine intensiven Übergriffe durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung drohen und drohten. Abseits des für unglaubhaft befundenen Vorbringens deutete der Beschwerdeführer eine Verfolgung(sgefahr) nicht einmal an. Der Vollständigkeit halber sei noch festgehalten:

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer selbst (subjektiv) sichtlich nicht vom Risiko einer Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgeht und er dergleichen weder glaubhaft machte noch mit mittels konkreter, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben dartat, kann auch objektiv – im Lichte sowohl der von der Behörde ins Verfahren eingebrachten Länderinformationen als auch aktuellen Judikatur – ein solches Risiko nicht erkannt werden. Denn einerseits ist es ständige – von den Höchstgerichten nicht beanstandete – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass iranischen Asylwerbern, die sich zum Zweck der Asylerlangung in Österreich dem Christentum zuwenden, taufen lassen, eine christliche Kirche besuchen etc. („Scheinkonversion“), grundsätzlich keine Verfolgung droht; vgl. etwa BVwG 19.02.2019, L527 2170861-1/16E, und VwGH 17.09.2019, Ra 2019/14/0434, sowie VfGH 11.06.2019, E 1182/2019-8; BVwG 05.08.2019, L527 2189528-1/17E, und VwGH 22.06.2020, Ra 2020/19/0151, sowie VfGH 24.02.2020, E 3252/2019-14; BVwG 08.08.2019, L527 2181152-1/19E, und VwGH 11.10.2019, Ra 2019/01/0367; BVwG 05.09.2019, L527 2185273-1/14E, und VwGH 09.10.2019, Ra 2019/20/0473, sowie VfGH 28.11.2019, E 3545/2019-9. Diesen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts liegt insbesondere zugrunde, dass nach den maßgeblichen Länderinformationen (siehe bereits oben unter 2.4.2.2. und die im Wesentlichen unveränderte Lage laut aktuellem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 19.06.2020) Konvertiten problemlos zum Islam zurückkehren können. Dazu genügt es, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind. Da sich der Beschwerdeführer nicht aus echtem Interesse und innerer Überzeugung dem Christentum zugewandt hat und der christliche Glaube nicht wesentlicher Bestandteil seiner Identität ist, verfolgt er daher den christlichen Glauben im Iran in keiner Weise weiter. Er kann bzw. konnte daher auch gegebenenfalls ohne Weiteres, insbesondere ohne seine persönliche Glaubensüberzeugung zu verleugnen, erklären, nach wie vor dem islamischen Glauben zu folgen. Andererseits erkennt das Bundesverwaltungsgericht ebenso in ständiger Rechtsprechung iranischen Asylwerbern, die sich aus echter, innerer Überzeugung dem Christentum zuwenden, den Status des Asylberechtigten zu; vgl. z. B. BVwG 20.07.2020, L527 2188415-1/18E, BVwG 14.02.2020, L527 2182985-1/15E, BVwG 21.11.2019, L527 2186920-1/10E.

Schließlich gilt es zu bedenken, dass die Behörde den Beschwerdeführer am 26.02.2018 ausführlich befragte (AS 65 ff, 91 ff) und damit ihrer aus § 18 AsylG 2005 in Verbindung mit § 37 und § 39 Abs 2 AVG resultierenden Pflicht, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, nachgekommen ist; vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236. Auch setzte sich die Behörde im angefochtenen Bescheid in der Beweiswürdigung ausführlich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinander (AS 215 ff). Exemplarisch sei hervorgehoben, dass es in der Tat gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens spricht, dass der Beschwerdeführer noch bis XXXX im Iran verblieb, nachdem angeblich seine Cousins bereits Ende 02/1395 (ca. 19.05.2016) bei ihm zuhause seine Bibel entdeckt hätten und deshalb verärgert gewesen seien und sie ihn weiters am 01.04.1396 (22.06.2017) angeblich geschlagen hätten (AS 218). Zutreffend wies die belangte Behörde auch darauf hin, dass der Beschwerdeführer überdies keineswegs am ersten Tag der Gültigkeit seines Visums den Iran verließ, sondern noch 16 Tage zuwartete (AS 218). Auch die Auffassung der Behörde, dass unwahrscheinlich sei, dass seine ehemalige Freundin dem Beschwerdeführer, nachdem sich die beiden zwei Jahre lang nicht getroffen hatten, ausgerechnet beim Begräbnis der – muslimischen (vgl. AS 109) – Mutter auf dem Friedhof eine Bibel gegeben habe, ist nachvollziehbar (AS 217). Der Behörde ist ferner beizupflichten, dass lebensfremd und folglich unglaubhaft erscheint, dass der Beschwerdeführer die Bibel, die er im Iran bereits gehabt haben will, vor der Abhaltung einer geplanten Trauerfeier in seinem Zuhause, nicht versteckt habe (AS 217). Angesichts der Antworten des Beschwerdeführers etwa auf die Fragen „Aus welchem Grund wechselt man seinen Glauben, wenn man dann seine Familie und sein Land verlassen muss?“ (AS 101) und „Welches lebenseinschneidende Erlebnis führte Sie zum Christentum? Was war der Auslöser? Sie waren ja bekennender Moslem.“ (AS 109) ist auch der Schluss der Behörde, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, durch Darlegung von seriösen Motiven plausibel bzw. glaubhaft zu machen, dass bei ihm eine ernsthafte, aufrichtige und innere christliche Überzeugung vorliege, einsichtig (AS 221). Der Beschwerdeführer konnte weder ein Schlüsselerlebnis angeben noch war, wie der Behörde zuzustimmen ist, zu erkennen, dass sich der Beschwerdeführer mit dem christlichen Glauben tiefgreifend auseinandergesetzt hätte, bevor er den Entschluss gefasst habe, diesen anzunehmen (AS 222). Den – logisch konsistenten, in sich schlüssigen und nachvollziehbaren – Argumenten der Behörde setzte der Beschwerdeführer in der Beschwerde im Ergebnis nichts Entscheidendes entgegen: Soweit er zusammenfasst, was er bisher vorgebracht habe (AS 255), ist darauf hinzuweisen, dass die bloße Wiederholung eines bestimmten Tatsachenvorbringens weder ein substantiiertes Bestreiten der erstinstanzlichen Beweiswürdigung noch eine relevante Neuerung darstellt; vgl. mwN VwGH 31.01.2018, Ra 2018/19/0029. Dass sich die Erstbefragung gemäß § 19 Abs 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, steht außer Frage. Dass die belangte Behörde ihre Entscheidung vorwiegend auf die Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung bzw. auf allfällige Widersprüche dazu im weiteren Verfahren gestützt hätte, zeigt der Beschwerdeführer freilich ohnedies nicht auf, zumal er selbst ausführt, die Behörde berufe sich „unter anderem auch auf die Erstbefragung“ (AS 261). Zudem ist die Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung keineswegs schlechthin unzulässig; vgl. z. B. VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/0168, VwGH 21.11.2019, Ra 2019/14/0429. Worin im Übrigen die vermeintlich unrichtige Beweiswürdigung, Tatsachenfeststellung und rechtliche Beurteilung liege (AS 253), lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Somit bestritt der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung keineswegs substantiiert. Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen, den Feststellungen, der Beweiswürdigung sowie der rechtlichen Würdigung der belangten Behörde dermaßen konkret und substantiiert entgegenzutreten, dass Zweifel an deren Inhalt aufgekommen wären.

2.4.3. Zur allgemeinen Lage im Iran und der Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat ist festzuhalten:

2.4.3.1. Die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers in den Iran bedeutet nicht allein wegen der dort vorherrschenden allgemeinen Situation eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art 2 und 3 EMRK geschützten Rechte.

Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bestehen zwar latente Spannungen und es kommt verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie (vor allem in Minderheitenregionen) zu terroristischen Zwischenfällen, im gesamten Iran herrscht aber nicht ein derart hohes Niveau an willkürlicher Gewalt, dass der Beschwerdeführer allein durch seine Anwesenheit einem realen Risiko für seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer stammt, wie bereits festgestellt, aus XXXX , in der Provinz XXXX , wo nach wie vor mehrere Familienangehörige, ohne Probleme leben.

2.4.3.2. Allein der Umstand, dass eine Person (im Ausland) einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr in den Iran keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Im gegebenen Fall ist den iranischen Behörden nicht bekannt, dass und mit welcher Begründung der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Wenn Rückkehrer in einzelnen Fällen zu ihrem Auslandsaufenthalt befragt werden, geht damit keine psychische und auch keine physische Folter einher. Selbst Personen, die – im Unterschied zum Beschwerdeführer – das Land illegal verlassen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren, jedenfalls wenn sie sonst keine weiteren Straftaten begangen haben.

2.4.3.3. Ungeachtet der angespannten Wirtschaftslage und der ebenso angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die Grundversorgung jedenfalls durch staatliche Hilfe und das islamische Spendensystem gesichert. Im Iran besteht ein differenziertes Sozialversicherungssystem; kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Das Gesundheitssystem ist fast flächendeckend, in Städten haben 100 % der Bevölkerung Zugang zu ärztlicher Versorgung. Seit der islamischen Revolution hat sich das Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut. Freilich ist die spezialisierte, medizinische Versorgung in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard.

Unter Bedachtnahme auf die dargelegte Lage im Herkunftsstaat und auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers (insbesondere - schulische und universitäre - Ausbildung, Arbeitsfähigkeit, Berufserfahrung, Gesundheitszustand, Sozialisation im Herkunftsstaat, familiäre Beziehungen, Lebensstandard) ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer die wirtschaftliche Wiedereingliederung möglich ist. Er ist in der Lage, jedenfalls die notdürftigsten Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz, auch in medizinischer Hinsicht, zu decken. Außergewöhnliche Umstände, die dem entgegenstünden, sind weder in Bezug auf die allgemeine Lage im Iran noch auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers feststellbar.

Dies galt und gilt auch unter Bedachtnahme auf die aktuelle allgemein bekannte COVID-19-Pandemie. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass schon aus dem Begriff der Pandemie folgt, dass sich die Atemwegserkrankung COVID-19 länder- und kontinentübergreifend ausbreitet. Es handelt sich somit weder bei der Pandemie noch bei den von den verschiedenen Staaten weltweit ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung bzw. Verhinderung der Ausbreitung (z. B. Ausgangsregelungen, Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegenden mechanische Schutzvorrichtung; vgl. z. B. die 2. COVID-19-NotMV, BGBl II 598/2020) um auf den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers beschränkte Phänomene. Dasselbe gilt für Auswirkungen von COVID-19 bzw. der ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung bzw. Verhinderung der Ausbreitung auf Arbeitsmarkt und Wirtschaft sowie für Herausforderungen für das Gesundheitssystem; vgl. etwa https://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/10662330/2-08122020-AP-DE.pdf/ (vom 08.12.2020; zuletzt abgerufen am 29.12.2020); https://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/10662309/3-02122020-AP-DE.pdf (vom 02.12.2020; zuletzt abgerufen am 29.12.2020); https://science.orf.at/stories/3202857/ (vom 13.11.2020; zuletzt abgerufen am 29.12.2020); https://info.gesundheitsministerium.at/data/IBAuslastung.csv (Stand: 29.12.2020; zuletzt abgerufen am 29.12.2020). Weiters weist das Bundesverwaltungsgericht daraufhin, dass sich laut der World Health Organization im Iran, der ca. 80 Millionen Einwohner hat, die Zahl der bestätigten COVID-19-Erkrankungen auf 1.152.072 und die Zahl der Todesfälle auf 53.448 beläuft. Im Vergleich dazu weist die Italienische Republik mit ca. 60 Millionen Einwohnern 1.938.083 bestätigte COVID-19-Erkrankungen und 68.447 Todesfälle auf. Bezogen auf den Berichtszeitraum lag die Zahl der bestätigten Neuerkrankungen in den letzten sieben Tagen in Österreich (mit rund 8,9 Millionen Einwohnern) bei 17.598, im Iran bei 51.254. (COVID-19 Weekly Epidemiological Update der World Health Organization [WHO] zum Coronavirus disease [COVID-19], Stand 20.12.2020; https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/situation-reports/20201222_weekly_epi_update_19.pdf [29.12.2020]) Das Bestehen einer außergewöhnlichen Situation im Iran kann vor diesem Hintergrund nicht erkannt werden. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Alters und Gesundheitszustands – er ist gesund – nicht zur notorischen Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer allfälligen Erkrankung an COVID-19 zählt (vgl. auch die COVID-19-Risikogruppe-Verordnung, BGBl II 203/2020).

2.4.3.4. Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlicher Raub, wiederholter schwerer Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, „Mohareb“, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, Drogenkonsum und außerehelicher Geschlechtsverkehr sind im Iran mit Todesstrafe bedroht. Die Todesstrafe wird, vor allem bei Drogendelikten, auch tatsächlich verhängt und vollstreckt. Folter ist zwar offiziell verboten, Verhörmethoden und Haftbedingungen im Iran schließen in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung aber nicht aus. Außerdem verhängen und vollstrecken die Justizbehörden weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkommen. Exemplarisch erwähnt sei, dass im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt wurden.

Die Haftbedingungen im Iran sind auch abseits von Folter, Misshandlungen und Körperstrafen, wovon vor allem politische Häftlinge betroffen sind, problematisch: Überbelegung von Zellen, Unterbringungen von Häftlingen im Freien, gesundheitsschädigende Haftbedingungen, unzureichende Ernährung und medizinische Behandlung, mangelnde Hygiene.

Im Hinblick auf sein Vorleben im Iran und in Österreich be

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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