Entscheidungsdatum
04.01.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I403 2152547-1/16E 04.01.2021
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX :
A)
Das Beschwerdeverfahren hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen den ersten Satz des Spruchpunktes III. wird gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III., zweiter und dritter Satz, und Spruchpunkt IV. wird stattgegeben und diese ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 02.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen mit der schlechten Sicherheitslage in Nigeria.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 16.03.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs.1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat NIgeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen, und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei. Für eine freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
Dagegen wurde fristgerecht am 03.04.2017 Beschwerde erhoben und eine Vollmacht für die Vertretung durch die „Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH“ und „Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH“ vorgelegt.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 10.03.2017 vorgelegt. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes wurde die gegenständliche Rechtssache am 01.10.2020 der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin zugewiesen. Mit Schreiben vom 02.10.2020 wurde der Rechtsvertretung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Nigeria übermittelt. Mit Schreiben vom 19.10.2020 informierte die Rechtsvertretung, dass die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gewünscht sei. Eine solche wurde für den 25.01.2020 anberaumt. Mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 23.12.2020 wurde das Bundesverwaltungsgericht darüber informiert, dass die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Becheides zurückgezogen werde. Der Beschwerdeführer verfüge aufgrund der Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht habe, über eine unionsrechtliche Aufenthaltsberechtigung und werde daher beantragt, die Spruchpunkte III. und IV. zu beheben. Im Falle einer antragsgemäßigen Erledigung werde auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Die „Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH“ und „Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH“ legten die ihnen erteilte Vollmacht per 31.12.2020 zurück.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsbürger. Seine Familie lebt in Lagos, er steht mit dieser in Kontakt. Er selbst schloss 2011 ein Studium der Landwirtschaft ab. Nach Aufenthalten als Englischlehrer in der Türkei und in Polen 2013/2014 lebte er in Abuja, scheiterte aber mit dem Aufbau einer selbständigen Tätigkeit. Er begann ein Praktikum, nützte aber eine Einladung einer internationalen Jugendorganisation, um im Oktober 2015 mit einem Visum nach Österreich zu kommen. Nach Ablauf des Visums stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen damit, dass er Angst habe, von Boko Haram getötet zu werden.
Aufgrund seiner Eheschließung am XXXX 2020 wurde dem Beschwerdeführer am 09.07.2020 ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt. Er ist daher rechtmäßig in Österreich aufhältig.
Der Beschwerdeführer zog mit Schriftsatz vom 23.12.2020 seine Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017 explizit zurück.
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA (unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor diesem und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Dass der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel verfügt, ergibt sich aus der von ihm in Kopie vorgelegten Aufenthaltskarte und dem Auszug aus dem Internationalen Fremdenregister. Die Eheschließung ergibt sich durch eine vorgelegte Heiratsurkunde. Dass es sich bei der mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe um keine Aufenthaltsehe handelt, ergibt sich aus einem Schreiben der belangten Behörde vom 13.08.2020, wonach diese die Sicherheitsorgane beauftragt habe, das Vorliegen einer Aufenthaltsehe zu überprüfen, wobei sich der Verdacht aber nicht erhärtet habe.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zum Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):
Mit Schriftsatz vom 23.12.2020 wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des Bescheides zurückgezogen.
§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheids ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die beschwerdeführende Partei ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich. Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen und die Einstellung des betreffenden Verfahrens - in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang - auszusprechen ist (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2015, § 7 VwGVG, Rz 20; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 7 VwGVG, K 5 ff.).
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. zu Berufungen Hengstschläger/Leeb, AVG, § 63, Rz 75 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Eine solche Erklärung liegt im gegenständlichen Fall vor, weil der Beschwerdeführer die Zurückziehung der Beschwerde in seinem Schreiben eindeutig zum Ausdruck gebracht hat; einer Sachentscheidung durch das Gericht ist damit die Grundlage entzogen.
Das Beschwerdeverfahren ist daher bezüglich Spruchpunkt I. und II. mit Beschluss einzustellen (vgl. dazu VwGH 29.04.2015, 2014/20/0047, wonach aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG hervorgeht, dass eine bloß formlose Beendigung [etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes] eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt).
3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides, erster Spruchteil):
Das Vorliegen der formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 ist gegenständlich nicht gegeben und wird dies in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
Die Beschwerde war daher hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides – im Umfang des ersten Spruchteiles - gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.
3.4. Zu den sonstigen Spruchpunkten:
Die belangte Behörde hatte im gegenständlich angefochtenen Bescheid mit dem zweiten Spruchteil des Spruchpunktes III. eine auf § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gestützte Rückkehrentscheidung erlassen.
Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung (und zwar auch dann, wenn es nicht "in der Sache selbst" entscheidet) an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. VwGH, 14.12.2016, Ro 2016/19/0005; VwGH, 16.12.2015, Ro 2014/03/0083).
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrecht nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).
Der Beschwerdeführer hält sich gegenständlich aufgrund eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts durch die Eheschließung mit einer freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgerin rechtmäßig im Bundesgebiet auf, was durch die Ausstellung einer bis zum 08.07.2025 gültigen Aufenthaltskarte dokumentiert ist. Somit ist die Erlassung einer auf § 52 Abs. 2 FPG gestützten Rückkehrentscheidung nicht zulässig (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/20/0274) und wäre das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Rückkehrentscheidung gegen einen Drittstaatsangehörigen wie den Beschwerdeführer, welcher sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, allenfalls am Maßstab des § 52 Abs. 4 FPG zu prüfen.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt sohin zum Ergebnis, dass der Bescheid der belangten Behörde im Umfang des zweiten Spruchteils von Spruchpunkt III. – mit welchem gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde - zu beheben ist, ebenso wie die darauf aufbauenden übrigen Spruchteile von Spruchpunkt III. sowie Spruchpunkt IV. des Bescheides.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).
Da sowohl von Seiten der belangten Behörde, wie auch mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 23.12.2020 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wurde und die Aktenlage eindeutig ist, konnte die bereits anberaumte Verhandlung entfallen und aufgrund der Aktenlage entschieden werden.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Abschiebung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltsrecht Beschwerdeverzicht Beschwerdezurückziehung Ehe Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens ersatzlose Teilbehebung Kassation Rückkehrentscheidung behoben Spruchpunktbehebung subsidiärer Schutz Verfahrenseinstellung Zurückziehung Zurückziehung der BeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2152547.1.00Im RIS seit
04.03.2021Zuletzt aktualisiert am
04.03.2021