TE Bvwg Erkenntnis 2021/1/4 L518 2177855-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.01.2021
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Entscheidungsdatum

04.01.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch


L518 2177855-1/30E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 22.09.2020 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich (im Zeitpunkt der Verkündung, nunmehr RA Dr. Blum mit der Vollmacht, die schriftliche Ausfertigung zu beantragen und diese in Empfang zu nehmen), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom 13.10.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.09.2020 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe :

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als „bP“ bezeichnet), ist Staatsangehörige der Republik Armenien und brachte nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 17.08.2017 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

I.2.1. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP im Wesentlichen Folgendes vor:

„Ich nahm in Armenien an mehreren Demonstrationen, die von XXXX organisiert wurden, teil. Die erste Demonstration fand am XXXX 2016 vor XXXX statt. Wir wollten, dass die Ermordung von Artur Sargsyan in Haft im Jahr 2016 aufgeklärt wird. Wir gingen in XXXX zum Gebäude der Nationalversammlung. Da kam die Polizei und nahm einige Teilnehmer der Demonstration fest. Darunter auch mich. Ich wurde bei der Polizei mit Schlagstöcken geschlagen und bekam Verletzungen an der rechten Hand, weil ich meinen Kopf schützen wollte. Ich musste bei der Polizei 3 Tage bleiben. Ich wurde von der Polizei bedroht, dass meinen Eltern etwas angetan wird. Ich wurde auch verwarnt, dass ich an solchen Demonstrationen nicht mehr teilnehmen sollte. Das habe ich aber nicht befolgt. Am XXXX 2017 gegen 16:00 Uhr kamen zu uns in die Wohnung zwei Polizisten und wollten mich mitnehmen. Mein Vater hat die Polizisten weggestoßen und sagte zu mir, dass ich flüchten soll, weil mir Gefahr drohte. Ich bin geflüchtet, hielt mich versteckt bis zur Dunkelheit und fuhr dann mit einem Taxi nach XXXX zu meinem Freund. Ich habe dann erfahren, dass am XXXX 2017 unser Haus angezündet und verbrannt wurde. Ein Freund von mir fand dann in den Trümmern unseres Hauses die teilweise verbrannte Kopie meines Reisepasses und brachte diese zu mir an die Armenisch-georgische Grenze. Mein Freund hat mir auch mitgeteilt, dass meine Eltern durch den Brand schwer verletzt wurden und sich im Krankenhaus befinden. Dies sind die Gründe, weshalb ich mein Land verlassen habe.“

I.2.2. Vor der belangten Behörde brachte die bP zum Fluchtgrund im Wesentlichen Folgendes vor:

LA: Waren oder sind Sie im Heimatland Mitglied einer politischen Organisation oder eines politische Vereins?

VP: Ich war kein Mitglied einer politischen Partei, ich nahm einfach an Demonstrationen teil.

LA: Leisteten Sie jemals einen offiziellen Militärdienst? Wenn ja, in welcher Verwendung?

VP: Ja, als Soldat. Von 2001 – 2003. Auf Nachfrage, in XXXX . Auf Nachfrage, Truppe Nr. 1 für Kommunikation.

LA: Zu Ihrem Reisepass, Sie hatten ein griechisches Visum? Wo und wann wurde dies ausgestellt?
VP: Mein Freund hat dort meine Ausreise organisiert. Dort habe ich meine Fingerabdrücke abgegeben, ich weiß es nicht ob es die griechische Botschaft war. Es war in XXXX . Auf Nachfrage, es war im Mai 2017.

LA: Wann reisten Sie aus Armenien aus?

VP: Am XXXX 2017.

LA: Wann brannte das Haus ab?

VP: Am XXXX 2017.

LA: Es befanden sich im Haus, der Reisepass mit Visum und sonst. Unterlagen?
VP: Ja, der Reisepass mit Visum, die Geburtsurkunde und das Wehrdienstbuch.

Anm. EV kurz unterbrochen – Abfrage im Visainformationssystem wurde durchgeführt. Ergebnis – Das Visum wurde am XXXX .2017 von der Konsularabteilung von Griechenland, in Yerewan ausgestellt. Gültig von XXXX 08.2017.

Reisedokument (Reisepass) XXXX ausgestellt von Armenien, am XXXX 2017 gültig bis XXXX 2017.

Im Akt befindet sich eine verbrannte Kopie eines Passes. Ersichtlich darauf, sein Name und Geburtsdatum, XXXX , Ausgestellt am XXXX .2013 gültig bis XXXX 2023.

Adresse angeführt Armenien, XXXX .

LA: VP wird belehrt im Rahmen der Mitwirkungspflicht die Wahrheit zu sagen!
VP: Ich sage die Wahrheit.

LA: Sie waren beim Visaantrag vor Ort und haben persönlich den Antrag eingebracht?
VP: Ja.

LA: So, wo ist der 2. Pass, welcher am XXXX 2017 in Armenien ausgestellt wurde, welchen Sie zur Erlangung des Visum an der Konsularabteilung Griechenland, in Yerewan vorgelegt haben?

VP: Das ist der, welcher in der Wohnung verbrannt. Auf Nachfrage, in meinem Elternhaus. Auf Nachfrage, das ist der alte Pass, die verbrannte Kopie. Mein Freund sagte mir, dass der neue Pass im Haus verbrannt sei.

LA: VP wird nochmals belehrt!

VP: Ich sage es noch einmal, der neue Pass ist im Haus verbrannt.

LA: Sie führten aus, dass das Elternhaus, am XXXX 05.2017 abgebrannt sei und der Pass den Sie vorgelegt haben wurde am XXXX .06.2017 ausgestellt und das Visum wurde am XXXX .07.2017 ausgestellt! Ihr Antrag wurde am XXXX 2017 gestellt. Sagen Sie die Wahrheit!

VP: Die Polizei wollte mich verfolgen und die Vorfälle passierten am 5. Mai, ich blieb bei meinem Freund einige Zeit. Er wollte mich helfen und mich aus dem Land bringen.

Anm. VP schweift aus.

LA: Besteht ein offizieller Haftbefehl gegen Sie im Heimatland?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie von Seite der armenischen Regierung/staatlicher Seite verfolgt oder bedroht?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit Probleme in der Heimat?

VP: Nein.

LA: Würden Sie nun bitte alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung hier in Österreich ausführlich darlegen? Versuchen Sie Ihre Gründe nach Möglichkeit so detailliert darzulegen, dass diese für eine unbeteiligte Person auch zu verstehen sind. Was ist alles passiert? Warum konnten oder wollten Sie nicht mehr in der Heimat bleiben? Was haben Sie alles erlebt? Wie hat alles begonnen? Wie hat sich alles entwickelt?

VP: Am XXXX 2017 gab es Vorfälle in Yerewan, gegenüber dem Opernhaus. Es wurde dort eine große Demonstration organisiert, eine Versammlung. Die von XXXX organisiert wurde und auch von ihm geleitet wurde. Der Grund der Versammlung war die Unterstützung von Artur SARGSYAN. Artur SARGSYAN war die Person, welcher im Jahr 2016 den festgenommenen Aufständischen, den im Sommer ein Militärstützpunkt gestürmt haben und Geisel genommen haben, Essen ins Gefängnis gebracht hat. Dabei wurde er festgenommen von den Behörden. Er wurde in der Haft misshandelt, ohne Essen gehalten, wodurch er im Jahr 2017 in Haft gestorben ist. Wir protestierten gegen eine derartige Behandlung von Personen.

LA: Wann genau verstarb er?

VP: Am 17. April 2017. Auf Nachfrage, das Gefängnis weiß ich nicht, wo er verstorben ist. In Yerewan, aber wo genau, weiß ich nicht.

LA: Weiter!

VP: Die Demonstration ging zum Haus der Nationalversammlung. Wir protestierten dagegen, dass dieser unschuldige Mann, getötet wurde. Wir wollten von den Behörden gehört werden. Die Polizei verriegelte das Regierungsgebäude und wollte nicht zulassen, dass wir zu dem Gebäude näher kommen. Unter den Demonstranten gab es auch Polizisten in Zivil, die verdeckt gearbeitet haben. Die haben Panik ausgelöst unter den Demonstranten. Die Polizei ging auf die Demonstranten mit Schlagstöcken vor und wollte die Demonstration auflösen. Wir saßen, damit meine ich mit einigen Demonstranten, wir saßen auf der Straße. Wir haben die Straße blockiert – die Straße „ XXXX “. Einige Polizisten haben mich getreten. 2-3 Polizisten zogen mich in ihr Fahrzeug und ich wurde zur Polizei gebracht, ich wurde bedroht und geschlagen an der Hand. Ich hatte eine Verletzung an der rechten Hand. Ich wurde bedroht, dass wenn ich weiter an solchen Demonstrationen teilnehme, jemand meiner Familie etwas antun würde. Ich habe gesagt, diese Frage betrifft auch sie, sie sollen uns schützen. Warum diese Person im Gefängnis umgebracht wurde. Während der Einvernahme wurde ich mit einem Gummischlagstock gegen den Kopf geschlagen und wurde bewusstlos. Dann wurde ich mit einem kalten Wasser übergossen ich kam zu mir.

Und wurde dann 3 Tage lang eingesperrt. Nach 3 Tagen wurde ich freigelassen. Man hat mir gedroht, wenn ich das Fortsetze wird mit meiner Familie so umgegangen wie jetzt mit mir.

Am XXXX 2017 wurde ich aus der Haft entlassen, gegen 22 Uhr, es war schon finster. Es ist von Yerewan in meine Ortschaft ca. 60 km entfernt, ich nahm mir ein Taxi und fuhr nach Hause. Meine Eltern haben mich gesehen, dass ich zahlreiche Hämatome im Gesicht und den Händen hatte. Mein Vater ersuchte mich, an keinen weiteren Demonstrationen teilzunehmen, ansonsten würde mir was angetan. Ich habe meinem Vater gesagt, dass dies nicht so weitergehen kann, ich muss weiter an Demonstrationen teilnehmen, die Situation ist nicht befriedigend. Am XXXX Mai nahm ich wieder an Demonstration teil und wurde wieder bedroht. Auf Nachfrage, für Artur SARGSYAN und auch dagegen, dass Demonstranten so feindlich behandelt werden. Es kamen am 5. Mai gegen 16 Uhr 2 Polizisten zu uns in die Wohnung. Sie haben mich bedroht und sagten, dass sie mich zur Polizei mitnehmen wollen. Mein Vater hat diese gefragt, warum sie seinen Sohn mitnehmen und die haben geantwortet, wenn sie etwas erfahren wollen, folgen sie uns. Beim Rausgehen hat mein Vater die Polizisten gestoßen und sagte zu mir, dass ich flüchten soll. Es gibt Videoaufnahmen, welche aus dem Fahrzeug meines Vaters gemacht wurden. Auf Nachfrage, diese Videokamera ist ständig im Fahrzeug meines Vaters eingeschalten.

LA: Wer fuhr davon?

VP: Keiner, das Auto stand im Hof und die Videofunktion ist dauernd eingeschalten. Auf Nachfrage, diese Kamera ist im inneren des Autos am Spiegel montiert. Dann bin ich geflüchtet, ca. 1 km in die Felder und versteckte mich zwischen den Steinen und Felsen, bis in die tiefe Nacht. Damit ich nicht gefunden werde. Gegen 12 Uhr Mitternacht oder 1 Uhr in der Früh, ging ich Richtung Autobahn, hielt ein Taxi an und ersuchte den Taxifahrer, mich nach XXXX zu meinem Freund zu bringen. Auf Nachfrage, der Freund heißt XXXX .

LA: Wo lebt dieser genau?

VP: Im Dorf XXXX . Auf Nachfrage, dass ist in der Umgebung von XXXX entfernt, ca. 5 km. Auf Nachfrage, ich weiß die genaue Adresse nicht. Auf Nachfrage, ich habe ihn angerufen.

LA: Weiter.

VP: Ich habe ihn ersucht dort einige Zeit zu bleiben. Er sagte mir auch, ich soll mich von den Demonstrationen fernhalten. Er hat sich bereit erklärt, als Freund einige Zeit bei sich aufzunehmen. Nach einiger Zeit, bis 29. Mai 2017, dann ist sein Vater gekommen XXXX XXXX er hat gesagt, es besteht die Gefahr, dass du gefunden wirst und bist hier nicht in Sicherheit. XXXX hat gesagt, er wird mir helfen, das Land zu verlassen. Danach hat er mich mit seinem Jeep zur Autobahn gebracht. Er hat dann einen LKW angehalten, der Fahrer war ein Russe namens „Fedja“ und er hat gesagt, dass er Richtung Georgien fährt und XXXX hat den Fahrer ersucht mich mitzunehmen. Ich weiß nicht wie viel er dort bezahlt hat. So kam ich zur georgischen Grenze. Am XXXX 2017 kam ich zur georgischen Grenze. Gegen 10 Uhr Vormittag. Dann sagte mir der LKW Fahrer, dass ich für den Grenzübertritt ich ein Dokument brauche. Ich habe aber gar nichts mitgehabt. Ich rief meinen Freund XXXX an und ersuchte ihn, mir ein Dokument aus meiner Wohnung zu bringen. Ich wartete bis auf den nächsten Tag, 31. Mai 2017 auf ihn. Als XXXX bei mir angekommen ist, erzählte er mir, dass es in unserem Haus einen Brand gab. Er hat gesagt, ich konnte nur mehr die verbrannte Kopie vorfinden. Er erzählte, dass in Folge des Brandes meine Eltern ins Krankenhaus gekommen sind. Also der Freund sagte, er kann sich nicht mehr um meine Ausreise kümmern, da es gefährlich sei. Wenn unser Haus angezündet wurde und dies meinen Eltern angetan wurde, könnte es sein, dass ich auch umgebracht werde. Dann hat er mir diese verbrannte Passkopie übergeben und den USB Stick gegeben. Mein Freund bat dem Fahrer Geld an um mich nach Georgien mitzunehmen, nach Grenzübertritt ließ er mich nach ca. 3-4km aussteigen und sagte, dass er in eine andere Richtung fahre.

LA: Wann und um welche Uhrzeit waren diese Demonstrationen, wo Sie teilgenommen hätten?
VP: Eine war am XXXX 2017, eine am 10. April 2017, eine am 15. April 2017 jeweils um 18:00 Uhr. Auf Nachfrage, wir versammelten uns vor dem Opernhaus und gingen zum Haus der Nationalversammlung.

LA: Was war der Grund für die Demonstrationen?

VP: Wegen Artur SARGSYAN und für politische Gefangene, welche im Jahr 2016 den Militärstützpunkt gestürmt haben. Am 16. Juli 2017 wurde der Militärstützpunkt gestürmt. Auf Nachfrage in Yerewan, Bezirk Sari Tagh.

LA: Wie oft haben Sie an Demonstrationen teilgenommen?

VP: 3 Mal. Ich nahm aber auch im Zeitraum vom 16. Juli 2016 bis 29. Juli 2016 einige Male an Demonstrationen, zur Unterstützung von Aufständischen die in diesem Zeitraum den genannten Militärstützpunkt in Yerewan, im Bezirk Sari Tagh, in seine Gewalt brachten, teil.

LA: Gab es in dieser Zeit Probleme mit der Polizei aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen?
VP: Nein. Ich wurde jedoch zur Polizei in die Stadt XXXX geladen und verwarnt.

LA: Haben Sie Fotos von den Demonstrationen – wo Sie ersichtlich/erkennbar sind?
VP: Es gibt schon Videoaufnahmen. Auf Nachfrage, allgemeine Aufnahmen von der Demonstration.

LA: Welche Polizeistation? Wie lief die Aufnahme bei der Polizei ab?

VP: Das war die Polizei der Stadt XXXX , man hat zu mir gesagt, dass es den Behörden bekannt wurde, dass ich an Demonstrationen teilnehme. Auf Nachfrage, dies war am XXXX 2016.

LA: Sie wurden am XXXX .2017 von der Polizei mitgenommen. Wohin und wie verlief die Aufnahme bei der Polizei?

VP: Es wurde gefragt, warum wir gegen die Regierung sind. Es wurde mir gesagt, dass es einen Grund gebe, warum diese Aufständischen festgenommen wurden. Es wurde auch behauptet, dass sich durch die Demonstrationen nichts ändern würde.

LA: Sie wurden zur Polizei gebracht. In einem Raum was passierte mit Ihnen?
VP: Es war ein Raum, 4 Polizisten saßen drinnen. Zuerst wurde mit mir gesprochen. Auf Nachfrage, das was ich oben schon gesagt habe, ich soll die weitere Teilnahme unterlassen.

LA: Gibt es eine Niederschrift? Wurde eine Niederschrift gemacht?

VP: Nein. Es wurde nur der Name eingetragen.

LA: Mussten Sie einen Ausweis vorlegen?

VP: Nein, ich habe dies nur mündlich gesagt.

LA: Wie wurden Sie freigelassen?

VP: Die dürfen nicht länger als 3 Tage eine Person festhalten, ich habe keine Straftat begangen und man durfte nicht länger festhalten.

LA: Welche Polizeistation waren Sie? Wo festgehalten?

VP: In XXXX , aber genau weiß ich es nicht.

LA: Welche Polizei/Polizisten kamen im Mai 2017 zu Ihnen nach Hause? Welche Polizeistation?

VP: Ich weiß es nicht. Ich bin in der Wohnung gesessen.

LA: Welche Verletzungen haben Sie erlitten? Waren Sie in ärztlicher Behandlung?

VP: Eine Verletzung der rechten Hand, eine Narbe ersichtlich ca. 2,5 cm. Sowie der kleine Finger der rechten Hand, der ist schief gewachsen.

Anm. Narbe ersichtlich, welche genäht wurde, 2,5 cm. Foto angefertigt zwecks Vorlage zu einem Arzt um genau Klärung.

LA: Wann passierte dies mit der Hand und dem Finger?

VP: Am XXXX 2017.

LA: Wer versorgte die Wunde?

VP: Meine Mutter und meine Tante.

LA: Diese Wunde wurde genäht.

VP: Nein. Die Wunde wurde nicht genäht.

LA: Ein Krankenhaus oder Arzt suchten Sie nicht auf?

VP: Nein.

LA: Wann verstarb der Artur SARGSYAN in Haft?

VP: Am 17. April 2017.

LA: Ich wiederhole Artur SARGSYAN verstarb am 17. April 2017. Ist dies korrekt?

VP: Ja. Er war ein Jahr in Haft und nahm an Demonstrationen teil und er verstarb 2017.

LA: Hatten sie noch weitere Fluchtgründe?

VP: Nein.

LA: Haben Sie für das Visum ein Foto mitgebracht oder wurde dies im Konsulat angefertigt?

VP: Ich ging im Mai 2017 mit meinem Freund zu einer Botschaft, ich weiß nicht zu welcher um Fingerabdrücke abzugeben. Die Fotos hat mein Freund hingebracht, er hat die Fotos zuerst hingebracht und ich kam später hin um die Fingerabdrücke abzugeben. Auf Nachfrage, das genaue Datum kann ich nicht sagen.

LA: Was war für Sie der ausschlaggebende Grund für die Flucht?

VP: Das man mich bedroht hat, dass ich umgebracht werde.

LA: Was würden Sie im Falle einer Rückkehr in Ihren Heimatstaat befürchten? Was würde Sie dort erwarten?

VP: Das ich festgenommen und umgebracht werde. So wie mit meinen Eltern umgegangen sind, werden sie mich auch so behandeln.

LA: Ihre Eltern sind nicht in Haft?

VP: Nein, sind nicht in Haft.

LA: Warum würden Sie festgenommen und umgebracht werden?

VP: Da ich an Demonstrationen teilnahm.

LA: Wer hat den Brand verursacht in Ihrem Elternhaus?

VP: Das weiß ich nicht. Es hat mir ein Freund erzählt. Auf Nachfrage, ich weiß es nicht, ob es Ermittlungen gibt.

LA: Woher wissen Sie, dass Ihre Eltern jetzt in ambulanter Behandlung sind?

VP: Als mein Bruder telefoniert hat, wegen den Fotos.

LA: Hätten Sie damals die Möglichkeit gehabt, sich im Heimatland wo anders hinzubegeben, um sich den angegebenen Übergriffen/Problemen/Schwierigkeiten zu entziehen? bzw. haben Sie das schon erwogen / versucht – z.B. in ein anderes Gebiet bzw. bestünde diese Möglichkeit jetzt?

VP: Ich habe schon die Möglichkeit gehabt, ich habe aber Angst gehabt, dass man mich überall findet.

LA: Was müsste passieren, damit Sie wieder in Ihr Heimatland zurückkehren können?

VP: Wenn ich erfahre, dass mir keine Gefahr droht, dass ich nicht umgebracht werde, würde ich gerne zurückfahren.

LA: Wo leben Sie derzeit in Österreich?

VP: Bei meinem Bruder.

LA: Wo wohnt dieser?

VP: In Wien. Die genaue Adresse kenne ich nicht.

LA: Wer wohnt in dieser Wohnung?

VP: Mein Bruder und seine Frau. Auf Nachfrage, XXXX . Auf Nachfrage, sie haben auch eine Tochter, XXXX .

LA: Wovon leben Sie bzw. wie bestreiten Sie hier in Österreich Ihren Lebensunterhalt?

VP: Von meinem Bruder.

LA: Wann haben Sie Ihren Bruder in Österreich gefunden?

VP: Ich saß in einem Kaffeehaus, mir gegenüber saß ein armenischer Mann, er telefonierte und habe ihn angesprochen. Dieser hat mit seinen Freunden telefoniert. Ich ging zu ihm und habe ihn getroffen aufgrund des Bekannten XXXX .

LA: Haben Sie in Österreich Verwandte?

VP: Nur meinen Bruder.

LA: Besuchen Sie Kurse (z.B. Deutschkurs) oder machen Sie Ausbildungen?

VP: Nein. Auf Nachfrage, ich bin noch nicht in der Lage. Ich habe Alpträume.

LA: Wie sehr haben Sie sich bereits in Österreich eingelebt?

VP: Anm. VP schweift aus und erzählt nur von seinem Bruder, wie gut es seinem Bruder hier geht. VP aufgefordert auf die Frage zu antworten –diese bezieht sich auf ihn und nicht auf den Bruder.

VP: Ich fühle mich sicher.

I.2.3. Die bB führte eine Internetrecherche zu Artur Sargsyan durch und machte eine Abfrage aus dem VIS System. Der bP wurden Länderfeststellungen zur Lage in Armenien zur Stellungnahme ausgehändigt. Es wurde Einsicht in die mittels CD vorgelegten Videos genommen und ein Aktenvermerk darüber angefertigt, in welchem die einzelnen Videos erörtert wurden.

Vorgelegt vor dem BFA wurde von den bP:

?        CD mit Videos

?        Fotos

?        Kopie Teil eines armenischen Reisepasses

I.3. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen gewährt.

I.3.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid):

Im Rahmen Ihrer Erstbefragung am 18.08.2017 gaben Sie gefragt nach Ihrem Fluchtgrund an, dass Sie in Armenien an mehreren Demonstrationen, welche von XXXX organisiert worden wäre, teilgenommen hätten. Die erste Demonstration hätte am XXXX 2016 vor der XXXX stattgefunden. Sie hätten gewollt, dass die Ermordung von Artur Sargsyan in dessen Haft im Jahr 2016 aufgeklärt werden soll. Sie wären in Yerewan zum Gebäude der Nationalversammlung gegangen. Da wäre die Polizei gekommen und hätte einige Teilnehmer der Demonstration festgenommen. Darunter auch Sie. Sie wären von der Polizei mit Schlagstöcken geschlagen worden und hätten eine Verletzung an der rechten Hand erlitten. Sie wären 3 Tage bei der Polizei verblieben. Sie seien von der Polizei bedroht worden, indem man Ihren Eltern etwas antun hätte wollen. Sie seien verwarnt worden, dass Sie an solchen Demonstrationen nicht mehr teilnehmen hätten sollen. Dies hätten Sie nicht befolgt. Am XXXX 2017 gegen 16:00 Uhr wären 2 Polizisten in Ihre Wohnung gekommen und hätten Sie mitnehmen wollen. Ihr Vater hätte die Polizisten weggestoßen und hätte zu ihnen gesagt, dass Sie flüchten sollen, da Ihnen Gefahr drohen würde. Sie wären geflüchtet und hätten sich bis zur Dunkelheit versteckt und seien danach mit einem Taxi nach XXXX zu Ihrem Freund gefahren. Sie hätten danach erfahren, dass am XXXX 2017 Ihr Haus angezündet worden wäre und verbrannt sei. Ein Freund hätte in den Trümmern Ihres Hauses die teilweise verbrannte Kopie Ihres Reisepasses gefunden und hätte Ihnen diese Kopie an die Armenisch-georgische Grenze gebracht. Ihr Freund hätte Ihnen zudem noch mitgeteilt, dass Ihre Eltern bei diesem Brand schwer verletzt worden wären und sich im Krankenhaus befinden würden. Dies wären Ihre Gründe, weshalb Sie das Land verlassen hätten.

Am 20.09.2017 begründeten Sie vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Ihre Flucht mit denselben Fluchtgründen.

Sie führten in der Erstbefragung, als auch in der Einvernahme die Teilnahme an einer Demonstration ins Treffen. In der Erstbefragung nannten Sie als Datum der Teilnahme, den XXXX 2016. In der Einvernahme vom 20.09.2017 sei die Teilnahme an der Demonstration am XXXX 2017 gewesen. Sie konnten nicht glaubhaft darlegen, dass es bei dieser Demonstration zu körperlichen Übergriffen gegen Ihre Person gekommen wäre.

Zur Unterstreichung Ihrer Aussage, der Teilnahme an der Demonstration, brachten Sie eine CD mit Videoaufnahmen in Vorlage.

Nach Einsichtnahme der Videos, sind Sie deutlich erkennbar, wie Sie stehen und im Demonstrationszug mitmarschieren. Auf einem Video ist erkennbar, dass die Polizei seitlich steht und sich der friedliche Zug von Demonstranten weiterbewegt. Auffällig war, dass eine Person, welche sich immer hinter Ihnen befunden hat, gerade Sie, immer filmte. Sie drehten sich in den Sequenzen regelmäßig um und blickten zur Kamera. Es lässt sehr den Anschein, dass ein Bekannter gezielt Sie filmte um dieses Filmmaterial in Österreich zur Unterstreichung Ihres Fluchtgrundes vorzulegen. In den vielen Videos, welche vom XXXX 2017 sind – dieses Datum mit unterschiedlichen Urzeiten, sind in der Datei angegeben und ersichtlich- sieht man, wie ein friedlicher Zug von Demonstranten, welche in Polizeibegleitung einer Straße entlang gehen. Leider hat es Ihr persönlicher Kameramann verabsäumt die angeblichen Vorfälle, welche Sie in der Einvernahme vom 20.09.2017 schilderten, die Panik welche die Polizisten in Zivil ausgelöst hätten, sowie der Übergriff mit Schlagstöcken der Polizei auf die Demonstranten und zuletzt der von Ihnen erwähnte Vorfall, wo Sie von Polizisten in ein Fahrzeug gezogen worden wären, zu filmen.

Ebenso unglaubwürdig erscheint der von Ihnen geschilderte Vorfall zu dem angeblichen Aufenthalt bei der Polizei, wo Sie, im Zuge dieser Festnahme vom XXXX .2017, 3 Tage lang eingesperrt gewesen wären.

Sie wären von der Polizei im Zuge der Festnahme aufgefordert worden, an keinen Demonstrationen teilzunehmen. Eine Niederschrift hätte es bei der Polizei nicht gegeben, lediglich sei Ihr Name eingetragen worden, welchen Sie mündlich – ohne Vorlegen eines Ausweises bekanntgegeben hätten (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 13-14, vom 20.09.2017).

Sie waren nicht in der Lage, die Polizeistation mit Adresse zu benennen, lediglich Yerewan.

Aufgrund dessen, das die Polizei nun Ihren Namen wissen würde, wären Sie weiterhin verfolgt worden.

Da Sie keinen Ausweis, woraus Ihre Identität hervorgeht in Vorlage gebracht hätten. So hätten Sie auch einen anderen Namen nennen können. Ihr diesbezügliches Vorbringen erscheint sehr unglaubwürdig.

Zum Grund der Teilnahme an der Demonstration Ihrerseits, führten Sie Artur SARGSYAN ins Treffen, welcher laut Ihren Ausführungen am 17.04.2017 in Haft getötet worden wäre, da man ihm ohne Essen in Haft „gehalten“ hätte und dieser in der Haft auch misshandelt worden wäre. Sie wurden von der Einvernahmeleiterin mehrmals zu dem Todestag des Artur SARGSYAN befragt, Sie erklärten jedes Mal, der Todestag sei der 17.04.2017 gewesen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 11, 15-16, vom 20.09.2017).

Es erscheint sehr eigenartig, weshalb gehen Sie im März 2017 aufgrund des Todes – der angeblichen Ermordung - für Artur SARGSYAN demonstrieren, wenn dieser laut Ihren Ausführungen erst am 17.04.2017 gestorben ist.

Die Internetrecherche zum Tod von Artur SARGSYAN ergab, dass dieser am 16.03.2017 als er bereits aus der Haft entlassen wurde und im „ ´s Armenia Medical Center“ nach der Diagnose Bauch Hernie verstarb. Im Februar 2017 trat Artur SARGSYAN von sich aus für 3 Wochen in Hungerstreik. Als Todesursache wäre Herz-Kreislauf Ausfall/Versagen und Organversagen in der Todesurkunde vermerkt (Internet: http://hetq.am – Anfrage zum Tod von Artur SARGSYAN, vom 20.09.2017)

Sie haben sich zu Ihrem Vorbringen leider nicht optimal vorbereitet, ansonsten hätten Sie den wirklichen Todestag von Artur SARGSYAN gewusst.

Zur Steigerung Ihres Vorbringens brachten Sie den XXXX 2017 ins Treffen, wo gegen 16 Uhr 2 Polizisten zu Ihnen nach Hause gekommen wären. Diese hätten Sie bedroht und zur Polizei mitnehmen wollen. Beim Rausgehen aus dem Haus, hätte Ihr Vater die Polizisten weggestoßen und hätte zu Ihnen gesagt, dass Sie flüchten sollen. Über diesen Vorfall würde es eine Videoaufnahme geben. Ihr Vater hätte in seinem Auto ständig eine Videokamera laufen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 11, 15-16, vom 20.09.2017).

Auf der von Ihnen vorgelegten CD befindet sich ein Video, welches an eine Aufführung, eines Laientheater anmutet.

Auf dem Video ist zu sehen, ein Auto, darüber oder daneben – anzumerken ist nicht im inneren des Autos – filmt jemand, die Kamera wackelt etwas und es sind Hintergrundgeräusche zu hören. Es gehen 2 Personen in ein Haus und es dauert nicht allzu lange, kommt eine Katze aus dem Hausheraus, mit Hintergrundgeräusch - Hundegebell, wo der Hund ist, ist nicht ersichtlich, danach kommen diese 2 Personen aus dem Haus und halten eine Person mit dem Kopf nach unten gedrückt in deren Mitte und bringen diese Person aus dem Haus raus. Dahinter kommt ein etwas behebiger Mann hinterher – vermutlich Ihr Vater? – und gibt einer Person, einen leichten Schupps, sodass beide Personen die gehaltene Person loslassen und diese Person läuft, nicht allzu schnell durch die Büsche im Hintergrund weg. Die beiden „weggeschubsten“ Personen laufen nicht einmal der angeblich flüchtenden Person hinterher, dann ist das Video aus.

Also, wenn dies wirklich geschulte Polizisten gewesen wären, so hätten sich diese, durch den Schupps der anderen Person nicht so leicht wegstoßen lassen. Außerdem ist nicht ersichtlich, wer die Person in der Mitte war, leider konnte man kein Gesicht sehen. Es ist auch sehr eigenartig, dass das Video plötzlich aus war. Da die Kamera ja immer laufen würde, wäre es Interessant gewesen, wie sich die Situation danach vor dem Haus abgespielt hat. Wie bereits erwähnt, handelte es sich dabei um eine normale Aufnahme, mit Kamera oder Handy. Sie erklärten, dass sich die Kamera beim Spiegel im Auto befinden würde.

In der Datei auf der CD ist ersichtlich, dass dieses Video am 18.07.2017 um 00:32 geändert wurde.

Es war schon sehr amüsant, dieses Homevideo zu sehen, welchen Aufwand Sie da so betreiben. Ähnlich wie die Filme, vom Handy bei der Demonstration.

Sie wären nach diesem Vorfall von zu Hause geflüchtet und hätten sich bis zum 29.05.2017 bei einem Freund aufgehalten. Sie seien am XXXX .2017 zur georgischen Grenze verbracht worden und an dieser Grenze hätte Ihnen der LKW Fahrer, welcher Sie nach Georgien bringen hätte sollen erklärt, dass Sie für den Grenzübertritt ein Dokument brauchen würden. Daraufhin hätten Sie Ihren Freund telefonisch kontaktiert und dieser hätte Ihnen am nächsten Tag, dem XXXX 2017 eine verbrannte Kopie des Reisepasses gebracht. Ihr Freund erzählte Ihnen, dass es in Ihrem Elternhaus einen Brand gegeben hätte und alles sei verbrannt, bis auf diese verbrannte Kopie (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 13, vom 20.09.2017).

Auch hier zu legten Sie eine Kopie eines Reisepasses vor, auf welchem Ihr Name, die Geburtsdaten und unter anderem die Reisepassnummer ersichtlich ist, jedoch fällt auf, dass das Papier verbrannt ist, die Umrisse und es mutet an, dass man mit einem Feuerzeug runterherum und 3 Mal in der Mitte, dies der Kopie zugeführt hat.

Es ist schon seltsam, dass alles verbrennen würde, lediglich eine Kopie eines Reisepasse „überlebt“ fast unversehrt.

In der Erstbefragung erklärten Sie, dass Sie im Besitz eines Reisepasses mit griechischem Visum gewesen wären. Dieser Reisepass mit Visum sei im Haus verbrannt.

Eingehender zur Erlangung Ihres Visum in der Einvernahme führten Sie aus, dass Sie im Mai 2017 auf der griechischen Botschaft in Yerewan gewesen wären, zwecks Abgabe der Fingerabdrücke auf der Botschaft (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 9, vom 20.09.2017).

Am XXXX .2017 wäre das Haus abgebrannt und Sie seien aus Armenien ausgereist. Der Reisepass mit dem Visum sei im Haus verbrannt, lediglich die Kopie, welche Sie in Vorlage brachten, wäre übrig geblieben. Zur Unterstreichung Ihres Vorbringens, dem abgebrannten Haus, brachten Sie Fotos in Vorlage aus denen nicht hervorgeht, dass das Haus dermaßen zerstört wurde. Es lässt auch sehr den Anschein, dass diese Fotos in einem Abbruchhaus gemacht wurden, da mehr Baufälligkeit als Brandschaden, darauf erkennbar sind.

Zu Ihrem Visum wurde in das VIS Auskunftssystem Einsicht genommen. Zuvor wurden Sie mehrmals von der Einvernahmeleiterin belehrt die Wahrheit zu sagen (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 10, vom 20.09.2017).

Das VIS Auskunftssystem brachte ein interessantes Ergebnis. Sie brachten beim Griechischen Konsulat in Yerewan am XXXX 2017 den Antrag für ein Visum ein. Am XXXX 2017 wurde dem Antrag stattgeben. Der Höhepunkt bei dieser Abfrage ergab, dass Sie über einen 2. Reisepass verfügen. Passnummer XXXX , ausgestellt am XXXX 2017, gültig bis XXXX 2027.

Im VIS Abfragesystem erscheinen Ihr Foto, sowie Ihre gesamten persönlichen Daten.

Sie wurden von der Einvernahmeleiterin befragt, wo sich der 2. Reisepass befindet und Sie beharrten darauf, dass sich dieser im verbrannten Haus befunden hätte (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 10, vom 20.09.2017).

Diese Aussage Ihrerseits zeigt noch mehr, dass Ihre gesamte Geschichte erlogen ist.

Zum Zeitpunkt des angeblichen Hausbrandes, war der 2. Reisepass noch gar nicht ausgestellt.

Die vorgelegte Kopie Ihres Reisepasses lautend auf Ihren Namen und Geburtsdatum, zeigt die Passnummer XXXX , gültig vom XXXX 2013 bis XXXX 2023.

Eine Verfolgung/Probleme aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit in Armenien verneinten Sie.

Eine Verfolgung oder Bedrohung von Seite der armenischen Regierung/staatlicher Seite verneinten Sie ebenfalls (vgl. Einvernahmeprotokoll, S. 11, vom 20.09.2017).

In der Gesamtschau waren Sie außerstande, vor der Behörde ein nachvollziehbares, glaubhaftes Fluchtvorbringen darzulegen.

Es ist nicht Aufgabe der Behörde, Sie dahingehend anzuleiten, wie Sie Ihr Vorbringen erfolgversprechend formulieren müssten bzw. was Teil eines erfolgreichen Vorbringens sei.

Für die erkennende Behörde ist nun in keiner Weise glaubhaft, dass Sie aufgrund einer Verfolgung bzw. Furcht vor solcher Ihr Heimatland verließen, sondern ist viel mehr davon auszugehen, dass Sie aufgrund des Wunsches nach Emigration Ihr Heimatland verließen.

Eine Verfolgung Ihrer Person in Armenien konnten Sie nicht glaubhaft darlegen.

Die Gründe für Ihre Ausreise mögen im rein privaten Bereich, nämlich der Verbesserung der Lebenssituation gelegen haben, eine Verfolgung Ihrerseits konnten Sie jedenfalls aus obengenannten Gründen nicht glaubhaft darlegen.

Es ist Ihnen nicht gelungen, Ihr Vorbringen glaubhaft zu machen. Sie führten keine aktuelle Bedrohungssituation gegen Ihre Person ins Treffen und konnte daher nicht als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt werden.

I.3.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Armenien bzw. der Herkunftsregion der bP von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der armenische Staat grundsätzlich gewillt und befähigt ist, sich auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Armenien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden. Das Sozialsystem und das Gesundheitswesen sind auch Rückkehrern zugänglich. Darüber hinaus bestehen in Armenien karitativ tätige Organisationen, welche auch Rückkehrern zugänglich sind.

I.3.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

Insbesondere sei selbst im Falle der Wahrunterstellung des Vorbringens von einer Schutzwilligkeit – und Schutzfähigkeit des armenischen Staates auszugehen.

Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar, weshalb Rückehrentscheidung und Abschiebung in Bezug auf Armenien zulässig sind.

I.4. Gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass das Vorbringen der bP glaubwürdig sei und sich im Wesentlichen mit den Länderfeststellungen decken würde. Es käme demnach seitens der Ordnungsmacht zur Anwendung von Gewalt und exzessiven Vorgehen gegen Demonstranten bzw. zu deren willkürlicher Festnahme. Zu den Widersprüchen wolle die bP angeben, dass sie seit den Misshandlungen durch die Polizei Erinnerungsschwächen habe. Beim vorgelegten Video handle es sich um ein echtes und sei der Inhalt nicht wie von der bB angenommen geschauspielert. Das Video sei am 18.07.2017 von der Chipkarte auf den USB Stick kopiert worden und hätte den Chip ein Freund der bP am 31.05.2017 übergeben. Die bB habe die Verletzungen der bP nicht näher untersucht und gewürdigt. Da die Bedrohung vom Staat ausgehe, gäbe es keine relevante interne Schutzalternative. Unter anderem wurde in eventu beantragt, einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 55, 56 und 57 zu gewähren.

I.5. Die Beschwerdevorlage langte am 27.11.2017 beim BVwG ein.

I.6. Am 02.01.2018 reichte die bB die am 22.12.2017 dort vorgelegten Dokumente (Heiratsurkunde, Auszug aus dem Heiratsantrag und ZMR Auszüge) nach. Angemerkt wurde, dass die Ehegattin der bP in Österreich über einen Aufenthaltstitel verfügt und mit dem Bruder der bP namens XXXX ein gemeinsames Kind hat. Da die Mutter nicht für das Kind sorgen kann, wurde die Obsorge auf den Bruder der bP übertragen, weshalb dieser einen Aufenthaltstitel erhielt. Ein ZMR Auszug habe zudem ergeben, dass mit 02.01.2018 kein gemeinsamer Wohnsitz der Ehegatten besteht.

Am 09.03.2018 und 25.09.2018 wurden weitere Unterlagen zur Eheschließung nachgereicht.

Ausgeführt wurde von der bB in einem Begleitschreiben weiters, dass nach Rücksprache mit der Sozialabteilung im Haus die Ehegattin selbst angegeben habe, dass sie nur geheiratet habe, damit die bP keine Probleme mit dem Aufenthaltsrecht in Österreich habe und beide Kinder vom Bruder der bP stammen würden. Neben dem Verdacht auf Scheinehe sei nicht sicher, ob die Ehe aufgrund der Besachwalterung der Ehegattin rechtens sei.

I.7. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 16.10.2018 wurde die Rechtssache der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt.

I.8. Am 13.02.2019 langte ein Beschluss hinsichtlich der Erwachsenenvertretung der Ehegattin der bP ein.

I.9. Mit Schreiben der bB vom 28.10.2019 wurde eine Verständigung von der Anklageerhebung gegen die bP wegen § 148a (1,2) 1. Fall, 148a (1,2) 2. Fall StGB übermittelt.

I.10. Mit Schreiben vom 31.01.2020 wurden nochmals von der bB Unterlagen zur Eheschließung übermittelt.

I.11. Am 22.04.2020 langte ein Urteil gegen die Ehegattin der bP ein.

I.12. Mit Schreiben der BH vom 05.05.2020 wurde über Anfrage des BVwG mitgeteilt, dass dort mangels dortiger Antragstellung kein Scheineheverfahren eingeleitet wurde, sondern der Sachverhalt der bB mitgeteilt worden ist.

I.13. Am 06.05.2020 langte die Beantwortung der Anfrage des BVwG durch das BG XXXX in der Pflegschaftssache der Ehegattin der bP ein. Demnach wurde für die Ehegattin am 02.05.2016 erstmalig ein Erwachsenenvertreter bestellt. Mitgeteilt wurde überdies, dass rechtlich seit 01.07.2018 der Umstand, dass für eine Person ein Erwachsenenvertreter eingesetzt ist, ohne Einfluss auf die Ehefähigkeit ist. Eine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ist seitdem nicht mehr erforderlich.

I.14. Mit Schreiben vom 06.05.2020 teilte die LPD mit, dass der Sachverhalt des Verdachts auf Scheinehe erst jetzt dort bekannt geworden ist und Erhebungen veranlasst werden.

I.15. Mit 13.07.2020 langte der Amtsvermerk der LPD über die Ermittlungen hinsichtlich des Verdachts auf das Eingehen einer Scheinehe beim BVwG ein. Der Erhebungsbericht wurde nochmals am 03.08.2020 durch die bB übermittelt.

Demnach wurde am 18.06.2020 eine Hauserhebung an der Adresse H.B. Straße 1/1/1 in XXXX durchgeführt. Anwesend war die Ehegattin der bP und die Tochter XXXX und hätte sich ergeben, dass aus den näher ausgeführten Gründen von einer Aufenthaltsehe auszugehen sei.

I.16. Für den 22.09.2020 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Gemeinsam mit der Ladung wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat zugestellt. Ebenso wurde – in Ergänzung bzw. Wiederholung zu den bereits bei der belangten Behörde stattgefundenen Belehrungen - ua. hinsichtlich der Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren manuduziert und wurde die bP aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen.

Am 10.09.2020 langte ein Ersuchen um Einvernahme der Ehegattin der bP als Zeugin im Verfahren ein.

Der bP wurde nochmals die Möglichkeit eingeräumt, ihr Vorbringen zu substantiieren und wurde die Ehegattin der bP, XXXX als Zeugin einvernommen.

Vorgelegt in der Verhandlung wurde von der bP:

?        Heiratsurkunde

?        Geburtenregisterauszug

?        Einstellung des Scheineheverfahrens gegen die bP durch die Staatsanwaltschaft Wien

?        Benachrichtigung über Einstellung des Verfahrens wegen Aufenthaltsehe

?        Besuchsbestätigung in einer Zahnordination der Nare

?        Geburtsurkunde

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die bP wurde iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

Nach Verkündung des Erkenntnisses wurde der bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

Mit Schreiben vom 06.10.2020 wurde die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse durch den hierzu bevollmächtigten Rechtsanwalt begehrt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

II.1.1.1. Bei der bP handelt es sich um einen im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörigen Armenier, welcher aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammt und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennt.

Die bP ist ein junger, gesunder, lediger, arbeitsfähiger Mensch mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer –wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Die bP lebte von Geburt an bis zur Ausreise im Dorf XXXX , Armenien, gemeinsam mit den Eltern in deren Haus.

Nach dem Schulbesuch war die bP als Bauarbeiter tätig.

Familienangehörige (Eltern, ein Bruder, Onkel und Tante mit ihren Familien) leben nach wie vor in Armenien.

II.1.1.2. Die bP leidet an keiner Erkrankung.

Die volljährige bP hat Zugang zum armenischen Arbeitsmarkt und es steht ihr frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.

Ebenso hat die bP Zugang zum –wenn auch minder leistungsfähige als das österreichische- Sozialsystem des Herkunftsstaates und kann dieses in Anspruch zu nehmen.

Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

II.1.1.3.

Die bP hat in Österreich einen Bruder ( XXXX ). Der Antrag des Bruders auf internationalen Schutz wurde im Oktober 2015 abgewiesen. Der Bruder hat mit XXXX ein gemeinsames Kind, welches einen Aufenthaltstitel – wie die Mutter – für Österreich hat. Der Kindesmutter wurde die Obsorge entzogen und wurde dem Bruder aufgrund der Obsorge über sein Kind in Österreich eine Rot Weiß Rot Karte plus im November 2017 erteilt.

Die Ehegattin der bP, XXXX kam 2001 als Minderjährige zu ihrem Vater nach Österreich. Sie hat zwei Töchter im Alter von einem und fünf Jahren ( XXXX ), welche vom Bruder der bP stammen. Sie verfügt über einen Aufenthaltstitel für Österreich und hat am 20.12.2017 die bP geheiratet, wobei es sich um eine Aufenthaltsehe handelt. Sie leidet an einer Persönlichkeitsstörung bei Grenzbegabung (gemessener IQ von 66) und war seit 2012 mehrfach auch in stationärer psychischer Behandlung. Mit Beschluss des BG XXXX 2016 wurde für sie ein Sachwalter vorerst in allen Angelegenheiten bestellt, dessen Wirkungskreis in Folge mit weiterem Beschluss vom XXXX 2018 auf Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern, Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten sowie Vertretung bei über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehenden Rechtsgeschäften eingeschränkt wurde. Nach zwei Vorstrafen wegen Diebstahls wurde sie am XXXX 2017 bzw. XXXX 2018 nach Wiederaufnahme des Verfahrens wegen der zuvor erfolgten Aufhebung wegen der Besachwalterung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe wegen falscher Beweisaussage und Verleumdung nach §§ 288 Abs. 1 und 4, 297 Abs. 1 erster Fall verurteilt (verleumderische Anzeige eines Busfahrers, der sie wegen Fehlverhaltens zur Rede gestellt hat). Es folgte eine Verurteilung wegen § 148a StGB durch das LG für Strafsachen XXXX 2020, Zl. XXXX .

Der Bruder ist bereits 2014 aus Armenien ausgereist. Aktuell lebt die bP zwar mit Bruder und Ehegattin (gemäß ZMR seit 18.01.2018) in einem Haushalt, besondere Bindungen oder ein Abhängigkeitsverhältnis können jedoch nicht festgestellt werden.

Die bP möchte offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit 3 Jahren und 2 Monaten im Bundesgebiet auf. Sie reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein. Sie lebt von der Grundversorgung und hat einen Deutschkurs besucht. Sie ist strafrechtlich unbescholten, wobei sie im Verfahren wegen § 148a StGB gegen die Ehegattin, sie und den Bruder nur freigesprochen wurde, weil nicht mit ausreichender Sicherheit ihre Beteiligung aufgrund des Versterbens des 87jährigen Geschädigten festgestellt werden konnte.

Die Identität der bP steht fest.

Bei der volljährigen bP handelt es sich um einen mobilen, jungen, gesunden, arbeitsfähigen Menschen. Einerseits stammt die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es der bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Armenien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Letzte Änderung: 26.6.2020

Armenien (arm.: Hayastan) umfasst knapp 29.800 km² und hatte im ersten Quartal 2019 eine Einwohnerzahl von 2,96 Millionen, was einen Rückgang von 0,3% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres ausmachte (ArmStat 7.5.2019). Davon sind laut der Volkszählung von 2011 98,1% ethnische Armenier. Den Rest bilden kleinere Ethnien wie Jesiden und Russen (CIA 14.2.2019).

Seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 findet in Armenien ein umfangreicher Reformprozess auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene hin zu einem demokratisch und marktwirtschaftlich strukturierten Staat statt. Die vorgezogenen Parlamentswahlen am 9.12.2018 konnten nach übereinstimmender Meinung aller Wahlbeobachter als frei und fair bezeichnet werden. Die im Dezember 2015 per Referendum gebilligte Verfassungsreform zielt auf den Umbau von einer semi-präsidialen in eine parlamentarische Demokratie ab. Die Änderungen betreffen u.a. eine Ausweitung des Grundrechtekatalogs sowie die weitere Stärkung des Parlaments (auch der Opposition). Das Amt des Staatspräsidenten wurde im Wesentlichen auf repräsentative Aufgaben reduziert, gleichzeitig die Rolle des Premierministers und des Parlaments gestärkt (AA 27.4.2020). Der Premierminister und der Präsident werden vom Parlament gewählt. Der Premierminister ist der Regierungsvorsitzende, während der Präsident vorwiegend zeremonielle Funktionen ausübt (USDOS 11.3.2020).

Oppositionsführer Nikol Paschinjan wurde im Mai 2018 vom Parlament zum Premierminister gewählt, nachdem er wochenlange Massenproteste gegen die Regierungspartei angeführt und damit die politische Landschaft des Landes verändert hatte. Er hatte Druck auf die regierende Republikanische Partei durch eine beispiellose Kampagne des zivilen Ungehorsams ausgeübt, was zum schockartigen Rücktritt Serzh Sargsyans führte, der kurz zuvor das verfassungsmäßig gestärkte Amt des Premierministers übernommen hatte, nachdem er zehn Jahre lang als Präsident gedient hatte (BBC 20.12.2018; vgl. AA 27.4.2020). Bei den als „Samtene Revolution“ bezeichneten Demonstrationen im April/Mai 2018 verhielten sich die Sicherheitskräfte zurückhaltend. Auch die Demonstranten waren bedacht, keinerlei Anlass zum Eingreifen der Sicherheitskräfte zu bieten (AA 27.4.2020).

Am 9.12.2018 fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt, welche unter Achtung der Grundfreiheiten ein breites öffentliches Vertrauen genossen. Die offene politische Debatte, auch in den Medien, trug zu einem lebhaften Wahlkampf bei. Das generelle Fehlen von Verstößen gegen die Wahlordnung, einschließlich des Kaufs von Stimmen und des Drucks auf die Wähler, ermöglichte einen unverfälschten Wettbewerb (OSCE/ODIHR 10.12.2018). Die Allianz des amtierenden Premierministers Nikol Paschinjan unter dem Namen „Mein Schritt“ erzielte einen Erdrutschsieg und erreichte 70,4% der Stimmen. Die ehemalige mit absoluter Mehrheit regierende Republikanische Partei (HHK) erreichte nur 4,7% und verpasste die 5-Prozent-Marke, um in die 101-Sitze umfassende Nationalversammlung einzuziehen. Die Partei „Blühendes Armenien“ (BHK) des Geschäftsmannes Gagik Tsarukyan gewann 8,3%. An dritter Stelle lag die liberale, pro-westliche Partei „Leuchtendes Armenien“ unter Führung Edmon Maruyian, des einstigen Verbündeten von Paschinjan, mit 6,4% (RFE/RL 10.12.2018; vgl. ARMENPRESS 10.12.2018).

Zu den primären Zielen der Regierung unter Premierminister Paschinjan gehören die Bekämpfung der Korruption und Wirtschaftsreformen (RFL/RL 14.1.2019; vgl. FH 4.3.2020) sowie die Schaffung einer unabhängigen Justiz (168hours 20.7.2018; vgl. FH 4.3.2020). Seit Paschinjans Machtübernahme hat sich das innenpolitische Klima deutlich verbessert und dessen Regierung geht bestehende Menschenrechts-Defizite weitaus engagierter als die Vorgängerregierungen an, auch wenn immer noch Defizite bei der konsequenten Umsetzung der Gesetze bestehen (AA 27.4.2020).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (27.4.2020): Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien (Stand: Februar2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2030001/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Armenien_%28Stand_Februar_2020%29%2C_27.04.2020.pdf, Zugriff 23.6.2020

?        ARMENPRESS – Armenian News Agency (10.12.2018): My Step – 70.44%, Prosperous Armenia – 8.27%, Bright Armenia – 6.37%: CEC approves protocol of preliminary results of snap elections, https://armenpress.am/eng/news/957626.html, Zugriff 21.3.2019

?        ArmStat - Statistical Committee of the Repbulic of Armenia (7.5.2019): Economic and Financial Data for the Republic of Armenia, https://armstat.am/nsdp/, Zugriff 8.5.2019

?        BBC News (20.12.2018):Armenia country profile, https://www.bbc.com/news/world-europe-17398605, Zugriff 21.3.2019

?        CIA - Central Intelligence Agency (30.4.2.2019): The World Factbook, Armenia; https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/am.html, Zugriff 7.5.2019

?        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Armenia, https://freedomhouse.org/country/armenia/freedom-world/2020, Zugriff 24.4.2020

?        OSCE/ODIHR – Organization for Security and Cooperation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights et alia (10.12.2018): Armenia, Parliamentary Elections, 2 April 2017: Statement of Preliminary Findings and Conclusions, https://w

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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