Entscheidungsdatum
08.02.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
G314 2230711-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde 1. der XXXX und 2. des XXXX , gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2020, XXXX , wegen Gerichtsgebühren A) beschlossen und B) zu Recht erkannt:
A)
1. Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Herabsetzung, in eventu Stundung, der Gebühren wird wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zurückgewiesen.
B)
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
C)
Die Revision ist jeweils gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Zweitbeschwerdeführer (BF2), ein XXXX , brachte am 09.09.2019 als Vertreter der Erstbeschwerdeführerin (BF1) im Verfahren XXXX des Bezirksgerichts XXXX im elektronischen Rechtsverkehr eine Besitzstörungsklage gegen eine beklagte Partei ein.
Nach einem erfolglosen Versuch, die Pauschalgebühr einzuziehen, wurden der BF1 mit dem als Mandatsbescheid erlassenen Zahlungsauftrag vom XXXX .2019 die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG von EUR 107, die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG von EUR 8 sowie der Mehrbetrag gemäß § 31 GGG von EUR 22 (insgesamt daher EUR 137) zur Zahlung vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass der BF2 hinsichtlich des Mehrbetrags und der Einhebungsgebühr als Bürge und Zahler zahlungspflichtig sei.
Dagegen erhoben die BF eine gemeinsame Vorstellung an die Präsidentin des Landesgerichts XXXX , die sich auch auf in anderen Verfahren des Bezirksgerichts XXXX erlassene Zahlungsaufträge bezieht. Daraufhin wurden der BF1 mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid für das oben angeführte Grundverfahren folgende Gerichtsgebühren vorgeschrieben:
Pauschalgebühr TP 1 GGG (Bemessungsgrundlage: EUR 750) EUR 107
Einhebungsgebühr § 6a Abs 1 GEG EUR 8
Mehrbetrag § 31 GGG EUR 22
Summe EUR 137
Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass für den Mehrbetrag und die Einhebungsgebühr auch der BF2 als Bürge und Zahler zahlungspflichtig sei. Mit demselben Bescheid wurden den BF auch Gerichtsgebühren in derselben Höhe für zahlreiche andere Besitzstörungsklagen vorgeschrieben, die vom BF2 als Vertreter der BF1 beim Bezirksgericht XXXX eingebracht worden waren und die im Bescheid jeweils durch Angabe des Namens der beklagten Partei sowie der Aktenzeichen des Grundverfahrens, des Vorschreibungsverfahrens und des Revisors/der Revisorin konkretisiert werden.
In der Begründung des Bescheids werden Grund und Höhe der zu entrichtenden Gebühren unter Angabe der gesetzlichen Grundlagen detailliert angeführt und dargelegt, dass gegen das System der Gerichtsgebühren keine (verfassungsrechtlichen) Bedenken bestünden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gemeinsame Beschwerde der BF, mit der sie beantragen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu, die Gebühren herabzusetzen, in eventu, sie bis zum Abschluss des Grundverfahrens zu stunden, sowie gemäß Art 267 AEUV eine Vorabentscheidung einzuholen oder die Angelegenheit zur Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art 140 B-VG dem Verfassungsgerichtshof vorzulegen. Außerdem wird beantragt, der Beschwerde „bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dieser Angelegenheit“ die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Beschwerde wird zusammengefasst damit begründet, dass der Bescheid nichtig sei, weil nicht ersichtlich sei, welche Aktenzahl welcher Partei zugeordnet sei. Die BF könnten daher nicht kontrollieren, welches Verfahren welche Aktenzahl trage und zu welcher Partei gehöre. Außerdem seien die Gerichtsgebühren zu hoch, sodass der Zugang der BF1 zum Recht vereitelt werde. Für die Haftung des BF2 gebe es keine grundrechtskonforme Rechtfertigung. Das System der Gerichtsgebühren sei nicht verfassungskonform; es verletze Art 6 EMRK und Art 7 B-VG. Art 18 B-VG werde durch die überhöhten Gerichtsgebühren, für die es keine sachliche Rechtfertigung gebe, umgangen. Es würden nicht alle, die keine ausreichenden Mittel zur Finanzierung eines Rechtsstreits hätten, Verfahrenshilfe erhalten. Personen, denen die Verfahrenshilfe nicht bewilligt werde, könnten ihr Recht aus finanziellen Gründen weder aktiv noch passiv geltend machen. Die Gebühren seien unabhängig vom Prozessaufwand und von der Verfahrensdauer bei der Einbringung der Klage zu entrichten; dies widerspräche dem Recht auf ein faires Verfahren. Es sei absurd, wenn jemand in einem Verfahren obsiege und trotzdem die Gerichtsgebühren tragen müsse, weil der Gegner die Kosten nicht zahle. Es sei unverständlich, dass die Gerichtsgebühren am Beginn eines Verfahrens zu zahlen seien, obwohl mitunter Monate bis zur ersten Tagsatzung vergingen. 110 % der Justizkosten in Österreich würden durch Gebühren finanziert, die daher eine unzulässige Steuer seien. Es sei unverständlich, dass die Gerichtsgebühren vom Streitwert abhängig seien, zumal der Aufwand für das Gericht nicht mit dem Streitwert ansteige. Richter würden die Nichtzahlung von Gerichtsgebühren (zu Unrecht) als Missachtung des Gerichts ansehen. Die Pauschalgebühr von EUR 107 sei zwar auf den ersten Blick gering; die BF1 sei aber auf einmal mit ungefähr 500 Besitzstörern konfrontiert gewesen und müsse gegen jeden von ihnen vorgehen. Ihr Zugang zum Recht werde faktisch vereitelt, weil es in Summe um Gerichtsgebühren von EUR 68.500 gehe. Der EGMR und der EuGH hätten bereits ausgesprochen, dass der Rechtsvertreter nicht zur Haftung für Gerichtsgebühren gezwungen werden dürfe. Dazu wurden mehrere Artikel vorgelegt, die u.a. die Höhe und das System der Gerichtsgebühren in Österreich kritisieren.
Die Präsidentin des Landesgerichts XXXX legte die Beschwerde und die Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Akten. In der Beschwerde, die den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht konkret entgegentritt, wird im Wesentlichen die rechtliche Beurteilung der Vorschreibungsbehörde bekämpft.
Somit steht der relevante Sachverhalt anhand der Aktenlage und des Beschwerdevorbringens fest, sodass sich mangels widerstreitender Beweisergebnisse eine eingehendere Beweiswürdigung erübrigt.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) 1.:
Gemäß § 13 Abs 1 VwGVG haben Bescheidbeschwerden grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Da diese hier nicht ausgeschlossen wurde, kann sie der Beschwerde auch nicht vom BVwG zuerkannt werden. Der darauf gerichtete Antrag in der Beschwerde ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Zu Spruchteil A) 2.:
§ 9 Abs 1 GEG erlaubt eine Verlängerung der Zahlungsfrist oder eine Ratenzahlung, wenn die sofortige Einbringung der Gerichtsgebühren mit besondere Härte verbunden wäre. § 9 Abs 2 GEG ermöglicht einen rückwirkenden Gebührennachlass für den Fall, dass deren Zahlung für den Zahlungspflichtigen eine besondere Härte bedeutet. Voraussetzung ist in beiden Fällen ein konkret begründeter Antrag der betroffenen Partei, über den gemäß § 9 Abs 4 GEG der Präsident des Oberlandesgerichts Wien (der mit der Ausfertigung einen Bediensteten der Einbringungsstelle ermächtigen kann) im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid entscheidet.
Hier wurde erstmals in der Beschwerde ein Antrag auf Herabsetzung und auf Stundung der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren gestellt, den nicht damit begründet wird, dass deren Zahlung oder Einbringung eine besondere Härte darstelle, sondern mit der Höhe der Gebühren. Für die Entscheidung über diesen Antrag ist nicht das BVwG, sondern gemäß § 9 Abs 4 GEG der Präsident des Oberlandesgerichts Wien zuständig. Dessen Zuständigkeit besteht erst nach der Entscheidung über den auf Behebung des angefochtenen Bescheids gerichteten primären Beschwerdeantrag, weil die BF1 (arg „in eventu“) in der Beschwerde eine Reihung ihrer Anträge vorgenommen und die Herabsetzung bzw. Stundung der Gebühren hilfsweise nur für den Fall beantragt hat, dass dem Primärantrag auf Behebung des angefochtenen Bescheids nicht Folge gegeben wird (siehe BVwG 01.03.2016, W208 2118846-1/5E). Der Nachlass- und Stundungsantrag ist daher zurückzuweisen.
Die in der Beschwerde als Beleg dafür, dass die BF ein Recht auf Herabsetzung der Gebühren sowie deren Stundung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Grundverfahrens hätten, zitierte Entscheidung des EGMR vom 09.12.2010, 35123/05 Urbanek gegen Österreich, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach dieser Entscheidung kann aus Art 6 Abs 1 EMRK kein Recht auf ein kostenloses Gerichtsverfahren in zivilrechtlichen Angelegenheiten abgeleitet werden. Die Notwendigkeit, Zivilgerichten Gerichtsgebühren zu erstatten, ist für sich genommen keine mit der EMRK unvereinbare Beschränkung des Rechts auf Zugang zu einem Gericht, zumal das Tätigwerden der Gerichte nicht von der Zahlung der Gerichtsgebühren abhängt. Die Einrichtung eines Systems, das Gerichtsgebühren für geldwerte Klagen an den Streitwert knüpft, fällt nach der Ansicht des EGMR in den staatlichen Ermessensspielraum, zumal das Gerichtsgebührensystem in Österreich durch die Möglichkeiten der vollen oder teilweisen Befreiung von Gebühren oder deren Reduktion nach § 63 Abs 1 ZPO sowie § 9 Abs 1 und 2 GEG ausreichend flexibel ist. Aus dieser Entscheidung des EGMR ergibt sich gerade nicht, dass die BF ohne weiteres ein Recht auf eine Reduktion der Gerichtsgebühren oder deren Stundung bis zur Erledigung des Grundverfahrens haben.
Zu Spruchteil B):
Die behauptete Nichtigkeit des angefochtenen Bescheids liegt nicht vor. Der Aufstellung am Anfang des Bescheids (Seite 1 bis 3) kann im Detail entnommen werden, für welche Verfahren Gebühren vorgeschrieben wurden, und zwar jeweils unter Angabe der Bezeichnung der beklagten Partei sowie der Aktenzeichen (zum Begriff siehe § 372 Geo) des Grundverfahrens, des Vorschreibungsverfahrens und des Revisors. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum den BF die Zuordnung und Kontrolle der vorgeschriebenen Gebühren nicht möglich sein sollte, zumal auch ihre Vorstellung zahlreiche, nur mit dem Aktenzeichen des Grundverfahrens bezeichnete Zahlungsaufträge betroffen hat.
Der Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG unterliegen nach Anmerkung 1 zu TP 1 GGG alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen, also auch die von der BF1 als klagender Partei erhobene Besitzstörungsklage, bei der die Bemessungsgrundlage gemäß § 16 Abs 1 Z 1 lit c GGG EUR 750 beträgt. Ausgehend davon ergibt sich aus TP 1 Z I GGG für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz hier eine Pauschalgebühr von EUR 107.
Gemäß § 2 Z 1 lit a iVm TP 1 GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage. Zahlungspflichtig ist dabei gemäß § 7 Abs 1 Z 1 GGG der Kläger. Gemäß § 4 Abs 4 GGG sind jene Gebühren, bei denen der Anspruch des Bundes mit der Überreichung der Eingabe begründet wird, durch Abbuchung und Einziehung zu entrichten, wenn die Eingabe im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht wird.
Gemäß § 31 Abs 1 GGG ist von den zur Zahlung verpflichteten Personen ein Mehrbetrag von EUR 22 zu erheben, wenn der Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe begründet und die Gebühr nicht (vollständig) beigebracht wurde oder die Einziehung von Gerichtsgebühren erfolglos blieb. Für diesen Mehrbetrag haften gemäß § 31 Abs 2 GGG die Bevollmächtigten und die gesetzlichen Vertreter, die den Schriftsatz, durch dessen Überreichung der Anspruch des Bundes auf die Gebühr begründet wird, verfasst oder überreicht haben, als Bürge und Zahler mit den zur Zahlung der Gebühr verpflichteten Personen.
Gemäß § 32 GGG gelten für die Einbringung der Gerichtsgebühren die Bestimmungen des GEG. Gemäß § 1 Z 1 GEG sind Gerichtsgebühren von Amts wegen einzubringen. Werden Gerichtsgebühren nicht sogleich entrichtet oder ist die Einziehung erfolglos geblieben, so sind sie gemäß § 6a Abs 1 GEG durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung, diese binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen, zu enthalten. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr von EUR 8 vorzuschreiben.
Ausgehend von diesen gesetzlichen Grundlagen ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. In diesem Zusammenhang kann auf die ausführliche und zutreffende Begründung der Präsidentin des Landesgerichts XXXX als Vorschreibungsbehörde verwiesen werden.
Das BVwG teilt die in der Beschwerde geäußerten grundsätzlichen verfassungs- und europarechtlichen Bedenken gegen das System der Gerichtsgebühren und gegen deren am Wert des Streitgegenstands orientierte Höhe – ausgehend von den bei Dokalik, Gerichtsgebühren13 bei § 1 GGG und bei TP 1 GGG E 1 ff angeführten höchstgerichtlichen Entscheidungen – nicht, sodass sowohl eine Antragstellung nach Art 140 B-VG als auch ein Vorabentscheidungsersuchen unterbleiben. Gerichtsgebühren sind nicht als Gegenleistungen für konkrete Leistungen konzipiert und unterliegen als solche keinem strengen (Kosten-) Äquivalenzprinzip, das die Erzielung fiskalischer Erträge für den Steuergläubiger ausschließt (siehe VfGH 18.06.2018, E 421/2018).
Vom EGMR wurde die Einrichtung eines Systems, das Gerichtsgebühren für geldwerte Klagen an den Streitwert knüpft, nicht beanstandet. Die Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtsgebühren widerspricht dem Recht auf Zugang zu einem Gericht nicht (EGMR 19.06.2001, 28249/95 Kreuz gegen Polen), zumal das Tätigwerden der Gerichte nicht von der Zahlung der Gerichtsgebühren abhängt und Möglichkeiten der Gebührenbefreiung (z.B. Verfahrenshilfe, Stundungs- oder Nachlassantrag) bestehen (EGMR 09.12.2010, 35123/05 Urbanek gegen Österreich).
Eine exzessive Höhe der Gebühr liegt hier jedenfalls nicht vor, auch wenn berücksichtigt wird, dass die BF1 eine Vielzahl von Besitzstörungsklagen erhob, zumal gemäß § 63 Abs 2 ZPO auch einer juristischen Person die Verfahrenshilfe bewilligt werden kann, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Art 6 EMRK verwehrt den Vertragsstaaten nicht, Regelungen über den Zugang zu Gericht im Interesse des Funktionierens der Rechtspflege zu treffen. Durch das Institut der Verfahrenshilfe wird sichergestellt, dass auch wirtschaftlich schwächere Personen den gebührenden Rechtsschutz erfahren (RIS Justiz RS0109487). Wenn eine Vielzahl von Verfahren angestrengt wird und die finanziellen Mittel für einige, aber nicht für alle ausreichen, kann die Verfahrenshilfe für die Verfahren bewilligt werden, für die die erforderlichen Mittel nicht mehr (vollständig) aufgebracht werden können. Gemäß den §§ 63 Abs 1, 64 Abs 2 ZPO besteht auch die Möglichkeit einer Teilverfahrenshilfe in Form der Stundung der Pauschalgebühr auf bestimmte Dauer (etwa bis Verfahrenskosten - allenfalls teilweise - von unterliegenden Prozessgegnern einbringlich gemacht werden können). Außerdem besteht die Möglichkeit eines Stundungs- oder Nachlassantrags iSd § 9 GEG.
Die Beschwerde zeigt nicht konkret auf, inwieweit der angefochtene Bescheid in Anwendung von Unionsrecht erging und warum er europarechtswidrig sein soll. Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Sekundärrecht ergibt sich jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür, dass Gerichtsgebühren den Handel oder den Kapital- und Zahlungsverkehr behindern könnten (VwGH 20.12.2007, 2004/16/0138).
Die Pauschalgebühr für die Besitzstörungsklage wurde nicht entrichtet; der Einziehungsversuch blieb erfolglos. Der BF2 hat die Klage, durch deren Überreichung der Anspruch des Bundes auf die Gebühr begründet wurde, als Bevollmächtigter der BF1 verfasst und überreicht. Damit trifft ihn nach § 31 Abs 2 GGG die Haftung für den Mehrbetrag als Bürge und Zahler neben der BF1. Für die Einhebungsgebühr gilt mangels einer entgegenstehenden Bestimmung dieselbe Form der Haftung wie für jene Beträge, zu deren Einbringung der Zahlungsauftrag erlassen wurde. Die Vorschreibung des Mehrbetrages samt Einhebungsgebühr an den BF2 als Bürgen und Zahler ist daher inhaltlich nicht zu beanstanden, zumal ihm als berufsmäßigem Parteienvertreter die Bestimmungen über die Gerichtsgebühren, insbesondere über das Entstehen des Gebührenanspruchs und der Haftungen, bekannt sind und ihm die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zu seinen Klienten obliegt. Ihm daraus erwachsene Nachteile hat er selbst zu verantworten und zu tragen (siehe VwGH 30.06.2005, 2005/16/0082).
Im Ergebnis ist die Beschwerde somit (soweit sie nicht zurückzuweisen ist) als unbegründet abzuweisen.
Eine mündliche Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 4 VwGVG, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt.
Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG bei der vorliegenden Einzelfallentscheidung keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte und sich an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung von mehreren Beschwerden der BF betreffend ähnliche Sachverhalte mittlerweile unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung zum System der Gerichtsgebühren im Zivilprozess abgelehnt.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung Bemessungsgrundlage Besitzstörungsklage Einhebungsgebühr Eventualantrag Eventualbegehren Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Haftung Herabsetzung Mandatsbescheid Mehrbetrag Pauschalgebühren Primärantrag Stundung Stundungsantrag Unionsrecht Unzuständigkeit BVwG verfassungsrechtliche Bedenken Vorstellung Zahlungsauftrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:G314.2230711.1.00Im RIS seit
02.03.2021Zuletzt aktualisiert am
02.03.2021