TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/21 96/19/1377

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Veröffentlicht am 21.05.1997
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
MRK Art8 Abs2;
SGG §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. März 1996, Zl. 305.441/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 14. März 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung seiner, ihm am 21. Dezember 1993 für den Zeitraum 31. Oktober 1993 bis 31. Oktober 1995 erteilten Aufenthaltsbewilligung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) und § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer vom Jugendgerichtshof Wien mit Urteil vom 26. September 1995, 2 Vr 554/95 Hv 10/95, rechtskräftig am 26. September 1995, gemäß § 12 (nach der Aktenlage: Abs. 1, 2 und 3 Z. 3) des Suchtgiftgesetzes - SGG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, von der ein Teil von neun Monaten unter Setzung einer Probezeit bedingt nachgesehen wurde, verurteilt worden sei. Dieser Verurteilung lagen im Zeitraum von April bis 14. Juli 1995 begangene Straftaten zugrunde.

Die belangte Behörde führte weiters aus, der Handel mit Suchtgift stelle in Anbetracht des um sich greifenden Mißbrauches von Suchtgift eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Menschen, somit eine Gefährdung der Allgemeinheit und damit zugleich eine Bedrohung der inneren Sicherheit der Republik Österreich dar. Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG werde die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit besonders gefährdet, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden sei; einer solchen Verurteilung sei eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht dann gleichzuhalten, wenn sie den Voraussetzungen des § 73 StGB entspreche. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten gezeigt, daß er nicht gewillt sei, die Vorschriften der österreichischen Rechtsordnung einzuhalten und zu respektieren. Die Tatsache der Straftat stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar. Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die Berufungsbehörde festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen, besonders auch in Hinblick auf die Sicherheit der Republik Österreich, überwögen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen (u.a.) ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 FrG vorliegt. Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Der Beschwerdeführer hat - dies steht aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung durch den Jugendgerichtshof Wien fest und wird von ihm auch nicht bestritten - den Tatbestand des § 12 Abs. 1, 2 und 3 Z. 3 SGG verwirklicht.

§ 12 SGG lautet (auszugsweise):

"§ 12. (1) Wer den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge erzeugt, einführt, ausführt oder in Verkehr setzt, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Eine Suchtgiftmenge ist dann als groß anzusehen, wenn die Weitergabe einer solchen Menge geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen.

(2) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die im Abs. 1 bezeichnete Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begeht. Wer jedoch selbst dem Mißbrauch eines Suchtgiftes ergeben ist und die Tat ausschließlich deshalb begeht, um sich für den eigenen Gebrauch Suchgift oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen, ist nur nach Abs. 1 zu bestrafen.

(3) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren ist zu bestrafen, wer die im Abs. 1 bezeichnete Tat

...

3. mit Beziehung auf ein Suchtgift begeht, dessen Menge zumindest das 25fache der im Abs. 1 angeführten Menge ausmacht."

Es bedarf schon allein im Hinblick auf die wiedergegebene Gesetzesbestimmung keiner weiteren Erörterung, daß die Verwirklichung dieses gerichtlich strafbaren Tatbestandes bedeutet, daß der Fremde eine Gefahr jedenfalls für die öffentliche Sicherheit bildet und sein weiterer Aufenthalt daher in aller Regel nicht in Betracht kommt (§ 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG).

Diese zutreffende rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde begegnet im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. September 1996, Zl. 96/18/0246) und das große öffentliche Interesse an ihrer Verhinderung keinen Bedenken.

Der Beschwerdeführer wendet sich weiters gegen die Begründung des angefochtenen Bescheides, soweit sie die bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vorzunehmende Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten Interessen betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich die Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, und zwar derart, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (siehe hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/18/0826, mwN).

Auf dieser Interessenabwägung liegt das Schwergewicht der Beschwerdeausführungen.

Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang in seiner Berufung vom 19. Februar 1996 vorgebracht, sich seit elf Jahren in Österreich zu befinden, derzeit die 3. Klasse der Berufsschule zu besuchen und sich "trotz dieser Verurteilung ansonsten an die österreichische Rechtsordnung angepaßt" zu haben. Auch sei sein Vater in Österreich.

Die von der belangten Behörde - wenngleich nur kurz - vorgenommene Interessenabwägung ist im Ergebnis jedenfalls zutreffend. Der Beschwerdeführer verweist vor dem Verwaltungsgerichtshof (zusätzlich zu seinen knappen Angaben in der Berufung) darauf, "stark" sozial integriert zu sein und keinerlei Kontakte mehr in seine frühere Heimat zu haben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die zu § 16 SGG ergangenen hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 1995, Zl. 95/18/1026, und vom 26. März 1996, Zl. 96/19/0102) besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität. Umso mehr gilt dies für einen Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Z. 3 SGG (Handel mit Suchtgift in einer Menge, die zumindest das 25fache der im Abs. 1 umschriebenen großen Menge ausmacht). Der aktenkundige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit 1984, der Besuch der Berufsschule und der Aufenthalt seines Vaters in Österreich vermögen bei einer Abwägung der Interessen keine Verhältnisse zu schaffen, die ein Überwiegen dieser privaten Interessen über die öffentlichen Interessen an der Auferhaltung der öffentlichen Sicherheit begründen würden (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. März 1996). Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst eine ansonsten völlige soziale Integration des Fremden bei Suchtgiftdelikten in Hinblick auf deren große Sozialschädlichkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aus der Sicht des § 20 Abs. 1 FrG nicht entgegensteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1997, Zl. 97/18/0121, mwN).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191377.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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