TE Vfgh Beschluss 2020/11/24 G319/2020

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Index

58/03 Sicherung der Energieversorgung

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
HeizkostenabrechnungsG §2 Z4
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung der Legaldefinition des Wärmeabnehmers nach dem Heizkostengesetz wegen zu engen Anfechtungsumfangs

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG begehren die antragstellenden Parteien, die Wortfolge "entweder a) als Eigentümer oder Fruchtnießer des Gebäudes selbst, b) als einer, der sein Benützungsrecht am Nutzungsobjekt unmittelbar vom Eigentümer oder Fruchtnießer des Gebäudes ableitet, oder c) als Wohnungseigentümer" in §2 Z4 des Bundesgesetzes über die sparsamere Nutzung von Energie durch verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Heizkostenabrechnungsgesetz - HeizKG), BGBl 827/1992, in eventu §2 Z4 HeizKG zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die sparsamere Nutzung von Energie durch verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Heizkostenabrechnungsgesetz - HeizKG), BGBl 827/1992, idF BGBl I 35/2020 lauten (die im Hauptantrag angefochtene Wortfolge in §2 Z4 idF BGBl 827/1992 ist hervorgehoben):

"Begriffsbestimmungen

§2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten:

1. […]

4. Wärmeabnehmer: denjenigen, der ein mit Wärme versorgtes Nutzungsobjekt im Sinn der Z5 entweder a) als Eigentümer oder Fruchtnießer des Gebäudes selbst, b) als einer, der sein Benützungsrecht am Nutzungsobjekt unmittelbar vom Eigentümer oder Fruchtnießer des Gebäudes ableitet, oder c) als Wohnungseigentümer nutzt;

5. […]

Information über die Abrechnung (Abrechnungsübersicht)

§18. (1) Jedem Wärmeabnehmer ist eine Information zu übersenden, die in übersichtlicher Form mindestens zu enthalten hat:

1. den Beginn und das Ende der Abrechnungsperiode,

2. die für das gesamte Gebäude (für die wirtschaftliche Einheit) zu verrechnenden Heiz- und Warmwasserkosten summenmäßig, getrennt nach Energiekosten und sonstigen Kosten des Betriebes,

3. die beheizbare Gesamtnutzfläche des Gebäudes (der wirtschaftlichen Einheit), 4. den ermittelten Gesamtverbrauch für das Gebäude (für die wirtschaftliche Einheit) – sei es für Heizung oder Warmwasser –,

5. die beheizbare Nutzfläche des jeweiligen Nutzungsobjekts,

6. die für das jeweilige Nutzungsobjekt ermittelten Verbrauchsanteile – sei es für Heizung oder Warmwasser –,

7. das Verhältnis zwischen den nach Verbrauchsanteilen und den nach beheizbarer Nutzfläche zu tragenden Energiekosten,

8. den auf das jeweilige Nutzungsobjekt entfallenden betragsmäßigen Anteil an den Energiekosten und an den sonstigen Kosten des Betriebes,

9. die für dieses Nutzungsobjekt während der Abrechnungsperiode geleisteten Vorauszahlungen,

10. den sich daraus ergebenden Überschuß oder Fehlbetrag,

11. den Ort und den Zeitraum (Beginn und Ende), an bzw zu dem in die Abrechnung und die Belegsammlung Einsicht genommen werden kann, und

12. einen ausdrücklichen Hinweis auf die Folgen der Abrechnung (§§21 bis 24). (2) Einem Wärmeabnehmer, der sein Benützungsrecht am Nutzungsobjekt nicht selbst ausübt und dem Wärmeabgeber einen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland bekanntgegeben hat, ist die Information über die Abrechnung an die angegebene Anschrift zu übersenden. Unterläßt der Wärmeabnehmer diese Bekanntgabe, so genügt für eine gehörige Rechnungslegung ihm gegenüber die Zusendung der Information über die Abrechnung an die Anschrift des Nutzungsobjekts.

(3) Ein Wohnungseigentümer, der sein Benützungsrecht am Nutzungsobjekt nicht selbst ausübt, sondern dieses vermietet hat, hat dem Mieter auf dessen Verlangen binnen einem Monat Einsicht in die Information über die Abrechnung (Abs1) zu gewähren oder ihm eine Ausfertigung (Abschrift, Ablichtung) der Information zu übermitteln."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellenden Parteien begehrten in einem Verfahren nach §25 HeizKG vor dem Bezirksgericht St. Pölten, den Wärmeabgeber zur Legung einer vollständigen und nachvollziehbaren Abrechnung iSd §18 Abs1 HeizKG zu verpflichten und die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung in Bezug auf das Warmwasser zu prüfen, den Überschreitungsbetrag festzustellen und den Wärmeabgeber zur Rückzahlung zu verpflichten.

Mit Beschluss vom 28. Juli 2020 wies das Bezirksgericht St. Pölten die Anträge mit der Begründung zurück, dass das HeizKG im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei und die antragstellenden Parteien auf Grund ihrer Stellung als Mieter nicht als Wärmeabnehmer iSd HeizKG anzusehen seien.

2. Gegen diesen Beschluss erhoben die antragstellenden Parteien mit Schriftsatz vom 12. August 2020 Rekurs und stellen aus Anlass dieses Rechtsmittels unter einem den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Darin legen die antragstellenden Parteien ihre Bedenken wie folgt dar:

Das Bezirksgericht St. Pölten verweise auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 5. November 2002, 5 Ob 224/02f, und gehe davon aus, dass Mietern nicht die Stellung eines Wärmeabnehmers zukomme und diese keinen mit Wohnungseigentümern vergleichbaren Schutzbedarf hätten, weil sie sich nach den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes (MRG) an den vermietenden Wohnungseigentümer wenden könnten, der den Mietern die Kosten verrechne. Werde, wie im vorliegenden Fall, allerdings der Wärmebereitstellungsvertrag direkt mit dem Mieter abgeschlossen, bestehe keine Möglichkeit, sich zur Überprüfung der Kosten an den Vermieter zu wenden, da der Vertragspartner hinsichtlich der Wärmebereitstellung auf Grund der Direktverrechnung zwischen Mieter und Wärmebereitsteller nicht der Vermieter sei und es sich sohin nicht um Betriebskosten iSd §21 MRG handle. In der zitierten Entscheidung begründe der Oberste Gerichtshof seine Rechtsansicht im Wesentlichen damit, dass den Interessen der Mieter durch die Informationsrechte nach §18 Abs3 HeizKG und die Möglichkeit von Anträgen nach §37 Abs1 Z9, 11 und 12 MRG Rechnung getragen werde. Diese Rechtsbehelfe stünden den antragstellenden Parteien im vorliegenden Fall allerdings nicht zur Verfügung. Die Möglichkeit, allenfalls Rechnungslegungsansprüche nach allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen im streitigen Verfahren durchzusetzen, sei im Hinblick auf die sonstigen Schutzbestimmungen des Außerstreitverfahrens und auf das allgemeine Schutzniveau des HeizKG kein gleichwertiger Ersatz.

Das Gesetz differenziere in der angefochtenen Bestimmung nach dem Nutzungsverhältnis an einer Wohnung und gewähre daran anknüpfend nur bestimmten Nutzern Schutz. Die konkrete Schutzbedürftigkeit hänge aber nicht vom konkreten Nutzungsverhältnis ab und habe keinen Einfluss auf den Wärmebereitsteller oder den Wärmebereitstellungsvertrag. Der Gesetzgeber differenziere sohin nach unsachlichen, weil in der Sache nicht maßgeblichen Kriterien. Für den vorliegenden Fall bedeute das, dass die Wohnungseigentümer des Hauses einen wesentlich größeren gesetzlichen Schutz als die Mieter desselben Hauses genießen würden. Dass Mieter zu einem Zeitpunkt, als noch kein Wohnungseigentum an der Liegenschaft begründet gewesen sei, den vollen Schutz des HeizKG bekommen hätten (als Mieter des Alleineigentümers), während sich aber nach Verkauf einer einzigen Wohnung durch den gleichbleibenden Vermieter die Rechte und Ansprüche gegenüber dem Wärmebereitsteller (der sich ebenfalls nicht geändert hat) im aufgezeigten Ausmaß verringern würden, sei ebenfalls eine Ungleichbehandlung gleicher Tatbestände, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei.

Auf Grund der Tatsache, dass der Wärmebereitstellungsvertrag direkt mit den Mietern abgeschlossen worden sei und die Kosten auch direkt mit diesen verrechnet worden seien, gleiche die Rechtsstellung in Bezug auf das HeizKG der eines Wohnungseigentümers bzw Fruchtnießers oder zumindest der eines Benützungsberechtigten, der sein Benützungsrecht am Nutzungsobjekt unmittelbar vom Eigentümer oder Fruchtnießer des Gebäudes ableite. Dass §2 Z4 HeizKG Mieter eines Wohnungseigentümers als Wärmeabnehmer ausschließe, sei jedenfalls verfassungswidrig, da für einen derartigen Ausschluss keine sachliche Rechtfertigung vorliege. Durch Aufhebung der bekämpften Bestimmung würden sich die antragstellenden Parteien im Anlassverfahren auf die Schutzvorschriften des HeizKG gegenüber dem Wärmebereitsteller berufen können.

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"Das Heizkostenabrechnungsgesetz (im Folgenden: HeizKG) wurde 1992 mit dem Ziel erlassen, eine einheitliche gesetzliche Grundlage für die Heizkostenaufteilung und die sparsame Nutzung von Energie durch verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten zu schaffen. Es ist grundsätzlich auf alle Form[en] des Wohnens, also sowohl auf Miet- sowie Eigentumsanlagen als auch auf schlichtes Miteigentum anwendbar. Erfasst sind gemäß §3 Abs1 HeizKG alle Gebäude und wirtschaftliche Einheiten mit mindestens vier Nutzungsobjekten, die durch eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage mit Wärme versorgt werden und mit Vorrichtungen zur Ermittlung der Verbrauchsanteile ausgestattet bzw auszustatten sind (beispielsweise aufgrund von Auflagen im Rahmen der Wohnbauförderung). Mit dem Ausdruck 'wirtschaftliche Einheiten' sind jene Fälle erfasst, bei denen sich mehrere Gebäude auf einem oder mehreren Grundstücken befinden und diese durch eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage versorgt werden.

Die Heiz- und Warmwasserkosten umfassen gemäß §2 Z8 die Energiekosten sowie die sonstigen Kosten des Betriebes; im Fall von Fernwärmeversorgung die Kosten aufgrund der vertraglich in den Wärmelieferungsverträgen vereinbarten oder behördlich festgelegten Preise. Von den ermittelten Verbrauchsanteilen der einzelnen Wärmeabnehmer (zB mittels Heizkostenverteiler, Verdunstungszähler oder Wärmezähler bei der Heizung bzw Warmwasserzähler beim Warmwasser) werden gemäß §10 Abs1 HeizKG zwischen 55% und 75% der Energiekosten entsprechend dem Verbrauch der einzelnen Wärmeabnehmer, der Rest nach der beheizbaren Nutzfläche aufgeteilt. Der konkrete Prozentsatz ergibt sich aus einer Vereinbarung, die von den Wärmeabnehmern und dem Wärmeabgeber einstimmig schriftlich zu treffen ist. Kommt keine Vereinbarung zustande, so hat die Aufteilung der Energiekosten zu 65% nach den Verbrauchsanteilen und zu 35% nach der beheizbaren Nutzfläche zu erfolgen (vgl §13 HeizKG). Die sonstigen Kosten des Betriebes der Wärmeversorgungsanlage sind gemäß §12 HeizKG nach der beheizbaren Nutzfläche aufzuteilen. Durch einen Wechsel eines Wärmeabnehmers oder des Wärmeabgebers nach Inbetriebnahme der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage wird der bestehende Aufteilungsschlüssel nicht berührt; neue Wärmeabnehmer und -abgeber treten in die Rechte und Pflichten bisher Berechtigter ein (vgl §14 HeizKG). Die gesamten Heiz- und Warmwasserkosten sowie die jeweiligen Verbrauchsanteile sind gemäß §16 HeizKG jeweils für einen Zeitraum von zwölf Monaten vom Wärmeabgeber abzurechnen. Jedem Wärmeabnehmer ist spätestens sechs Monate nach Ende der Abrechnungsperiode eine Information über diese Abrechnung zu übersenden, deren Mindestinhalt in §18 HeizKG geregelt ist.

[…] Wärmeabnehmer im Sinne des HeizKG ist gemäß §2 Z4 derjenige, der ein mit Wärme versorgtes Nutzungsobjekt entweder a) als Eigentümer oder Fruchtnießer des Gebäudes selbst, b) als einer, der sein Benützungsrecht am Nutzungsobjekt unmittelbar vom Eigentümer oder Fruchtnießer des Gebäudes ableitet, oder c) als Wohnungseigentümer nutzt. Der Mieter einer Eigentumswohnung fällt nicht unter diese Definition (vgl dazu die ErlRV 716 dB XVIII. GP 4, wonach ein mit dem Wohnungseigentümer des Nutzungsobjekts abgeschlossener Hauptmietvertrag einem solchen Mieter nicht die Stellung des Wärmeabnehmers verleiht, sondern ungeachtet des Mietvertrags der Wohnungseigentümer Wärmeabnehmer bleibt; vgl auch OGH 5 Ob 224/02f, 5 Ob 13/08k, 5 Ob 175/18y). Zum Schutz des Mieters wurde jedoch in §18 Abs3 HeizKG eine Informationspflicht des Wohnungseigentümers normiert. Nach dieser Bestimmung hat der Wohnungseigentümer dem Mieter auf dessen Verlangen binnen einem Monat Einsicht in die Information über die Abrechnung gemäß §18 Abs1 HeizKG zu gewähren oder ihm eine Ausfertigung (Abschrift, Ablichtung) der Information zu übermitteln. Die Informationsrechte des §18 Abs3 HeizKG kann der Mieter im außerstreitigen Rechtsweg durchsetzen (vgl §25 Abs1 Z8 HeizKG).

[…] Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:

[…] Die Antragsteller sind Mieter einer im Wohnungseigentum stehenden Wohnung und haben einen Wärmelieferungsvertrag mit einem Fernwärmeunternehmen abgeschlossen. Unter Berufung auf §25 Abs1 HeizKG begehrten die Antragsteller beim Bezirksgericht St. Pölten, ihren Fernwärmeversorger zur Legung einer vollständigen und nachvollziehbaren Abrechnung hinsichtlich der Warmwasser- und Heizkosten zu verpflichten sowie die inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung der Warmwasserkosten zu überprüfen. Das Bezirksgericht St. Pölten wies die Anträge auf Legung und Überprüfung der Abrechnung hinsichtlich der Warmwasserkosten mit Beschluss vom 28. Juli 2020 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass das HeizKG nicht anwendbar sei, wenn die Warmwasserkosten ausschließlich nach dem im Nutzungsobjekt gemessenen Verbrauch erfolge. Zugleich wurde der Antrag auf Legung einer Abrechnung hinsichtlich der Heizkosten abgewiesen, da die Antragsteller als Mieter einer Eigentumswohnung keine Wärmeabnehmer im Sinne des §2 Z4 HeizKG seien. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller Rekurs erhoben. Der vorliegende Parteiantrag auf Normenkontrolle wurde anlässlich dieses Rekurses gestellt.

[…] Die Antragsteller beantragen die Aufhebung von Teilen des §2 Z4 HeizKG – in eventu die Aufhebung des gesamten §2 Z4 HeizKG –, der eine Definition des Begriffs 'Wärmeabnehmer' enthält. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat eine Definition keine eigenständige normative Bedeutung, sondern erhält eine solche Bedeutung erst im Zusammenhang mit anderen Regelungen, die diese Begriffe verwenden (vgl VfSlg 17.340/2004, 18.087/2007; VfGH 12.11.2016 G105/2016 ua; 14.6.2018, G298/2017). Die Antragsteller fechten die Definition des Begriffs 'Wärmeabnehmer' jedoch isoliert – und nicht etwa gemeinsam mit Bestimmungen, in denen der Begriff verwendet wird – an. Sowohl der Hauptantrag als auch der Eventualantrag erweisen sich daher als zu eng gefasst.

[…] Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass der Antrag zur Gänze unzulässig ist.

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag dennoch als zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung im Folgenden in der Sache Stellung:

[…] Die Antragsteller bringen vor, dass die angefochtenen Wortfolgen gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, dass dem Wohnungseigentümer der Schutz durch das HeizKG zustehe, dem Mieter des Wohnungseigentümers jedoch nicht, da das jeweilige Nutzungsverhältnis nichts mit der konkreten Schutzbedürftigkeit des Nutzers zu tun habe. Ebenso sei unsachlich, dass die Antragsteller zu einem Zeitpunkt, als noch kein Wohnungseigentum an der Liegenschaft begründet war, als Mieter des Alleineigentümers den vollen Schutz des HeizKG genossen hätten, während sich nach Verkauf einer einzigen Wohnung durch den gleichbleibenden Vermieter ihre Rechte gegen den (denselben) Wärmeabgeber verringert hätten. Diesem Vorbringen wird seitens der Bundesregierung Folgendes entgegengehalten:

[…] Eine Gesamtbetrachtung des HeizKG zeigt, dass die unterschiedliche Rechtsstellung von Wohnungseigentümern und deren Mieter durchaus begründet ist. Die Definition des Wärmeabnehmers in §2 Z4 HeizKG ist nämlich vor dem Hintergrund des gesamten Gesetzes zu sehen. Mit der Eigenschaft als Wärmeabnehmer iSd §2 Z4 HeizKG sind weitreichende – über die von den Antragstellern begehrte Legung und Überprüfung der Abrechnung hinausgehende – Rechte verbunden, die vor allem auch die Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander beeinflussen. Der historische Gesetzgeber hat daher bewusst entschieden, den Mieter des Wohnungseigentümers nicht in die Definition des Wärmeabnehmers aufzunehmen.

[…] Schon anhand der Bestimmungen des §25 Abs1 Z1 bis 7 HeizKG wird deutlich, wie stark ein Mieter einer Eigentumswohnung durch seine Stellung als Wärmeabnehmer in die Gestion der Eigentümer sowie der Eigentümergemeinschaft eingreifen könnte. So kann etwa gemäß §6 HeizKG jeder Wärmeabnehmer die nachträgliche Ausstattung des Gebäudes mit Vorrichtungen zur Erfassung (Messung) der Verbrauchsanteile verlangen und bei Stattgebung durch das Gericht alle Wärmeabnehmer zur Duldung dieser nachträglichen Ausstattung verpflichten (vgl §11 Abs2 HeizKG). Auch bei großen Wohnungseigentumsanlagen mit mehreren 100 Wohnungen oder wirtschaftlichen Einheiten mit mehreren großen (Wohnungseigentums-)Gebäuden könnte daher ein einzelner Mieter eines Wohnungseigentumsobjektes – auch bei kurzer Dauer des Mietvertrages – die Ausstattung aller Objekte mit geeigneten Messvorrichtungen durchsetzen. Ein Mieter eines Wohnungseigentümers wäre auch in der Lage, sämtliche (einstimmig gemäß §13 Abs1 HeizKG von den Wohnungseigentümern geschlossene) Vereinbarungen zur Aufteilung der Energiekosten in verbrauchsabhängige und verbrauchsunabhängige Anteile abändern zu lassen. Überdies könnte er auf Grundlage des §25 Abs1 Z3 iVm §5 Abs2 HeizKG trotz laufender Verbrauchserfassung eine Nutzflächenerfassung herbeiführen.

Derartige Verfahren können zu hohen Kosten führen, welche jedoch nicht vom Mieter, sondern von der Eigentümergemeinschaft bzw den Wohnungseigentümer zu tragen wären. Darüber hinaus könnte der Mieter einer Eigentumswohnung als Wärmeabnehmer nicht nur in die Beschlüsse der Eigentümer bzw der Eigentümergemeinschaft, sondern in von dritten geschlossene (Wärmelieferungs-)Verträge eingreifen und diese auch zu Lasten seines Vermieters abändern lassen. Eine solch starke Stellung eines Mieters würde einen systemwidrigen Eingriff in das bestehende System des Wohnungseigentumsrechts darstellen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die im HeizKG vorgesehene unterschiedliche Rechtsstellung von Wohnungseigentümern und deren Mietern daher sachlich gerechtfertigt.

[…] Den Interessen der Mieter von Eigentumswohnungen wird insbesondere durch §18 Abs3 HeizKG Rechnung getragen, wonach der Wohnungseigentümer dem Mieter auf dessen Verlangen binnen einem Monat Einsicht in die Information über die Abrechnung gemäß §18 Abs1 HeizKG zu gewähren oder ihm eine Ausfertigung (Abschrift, Ablichtung) der Information zu übermitteln hat. Die Informationsrechte des §18 Abs3 HeizKG kann der Mieter im außerstreitigen Rechtsweg durchsetzen (vgl §25 Abs1 Z8 HeizKG). Überdies steht den Mietern die Möglichkeit der Stellung von Anträgen gemäß §37 Abs1 Z9, 11 und 12 MRG zu Verfügung (vgl dazu auch OGH 5 Ob 13/08k). Dass der Rechtsweg des §37 MRG – wie von den Antragstellern vorgebracht – aufgrund der besonderen Sachverhaltskonstellation im Anlassfall nicht offen steht, schadet dabei nach Ansicht der Bundesregierung nicht. So hält der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur fest, dass nicht am Maßstab des Gleichheitssatzes gemessen werden kann, ob das Ergebnis einer Regelung in allen Fällen als befriedigend empfunden wird (vgl VfSlg 10.455/1985, 14.301/1995, 16.814/2003, 20.199/2017). Im Übrigen wird auf die Möglichkeit verwiesen, sämtliche vertraglichen Ansprüche gegen den Wärmeabgeber nach den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen durchzusetzen.

[…] Zudem hält die Bundesregierung fest, dass im konkreten Anlassfall – jedenfalls in Bezug auf die Aufteilung der Warmwasserkosten – anhand der Feststellungen des Bezirksgerichts St. Pölten gar keine ungleiche Behandlung zwischen Wohnungseigentümern und Mietern ersichtlich ist. So können sich auch die Wohnungseigentümer derselben Wohnhausanlage nicht auf das HeizKG berufen. Durch die Anbringung von Wärmezählern vor jedem Nutzungsobjekt fehlt es nämlich bereits an den Voraussetzungen des §3 Abs1 HeizKG (vgl Horvath, Heizkosten Rz 129), da das HeizKG lediglich Regeln für die Aufteilung der Heiz- und Warmwasserkosten aufstellt. Entsprechend erkannte der OGH, dass die Anwendbarkeit des HeizKG von vornherein zu verneinen sei, wenn für jeden Wärmeabnehmer gesondert eine unmittelbare und vom Verbrauch anderer Wärmeabnehmer derselben wirtschaftlichen Einheit völlig unabhängige und unbeeinflussbare Ermittlung der Verbrauchsanteile aufgrund von Einzelverträgen erfolge, es also gar nicht zu einer Aufteilung einer Gesamtsumme an Verbrauch oder Kosten für mehrere Nutzungsobjekte/Wärmeabnehmer komme (vgl OGH 5 Ob 193/09g). Unrichtig wäre somit auch das Vorbringen der Antragsteller, dass die Begründung des Wohnungseigentums – infolge des Verlustes der Wärmeabnehmereigenschaft – zu einer ungerechtfertigten Verschlechterung ihrer Rechtsposition geführt habe, da die Antragsteller mangels Anwendbarkeit des HeizKG (zumindest im Hinblick auf die Aufteilung der Warmwasserkosten) auch zuvor keine Wärmeabnehmer im Sinne des §2 Z4 HeizKG waren.

[…]"

4. Das Bezirksgericht St. Pölten hat mitgeteilt, dass nach Ansicht des Erstgerichtes der Rekurs der antragstellenden Parteien rechtzeitig und zulässig ist.

IV. Zur Zulässigkeit

Der Antrag ist unzulässig:

1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.

1.1. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass des Rekurses gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 28. Juli 2020 gestellt. Mit diesem Beschluss wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art140 Abs1 Z1 litd B-VG).

1.2. Als Antragsteller vor dem Bezirksgericht St. Pölten sind die antragstellenden Parteien Parteien des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit sie zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG berechtigt sind.

1.3. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels haben die antragstellenden Parteien jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass sie den vorliegenden Antrag und das Rechtsmittel am selben Tag erhoben und eingebracht haben (vgl VfSlg 20.074/2016).

Auch geht der Verfassungsgerichtshof auf Grund der Mitteilung des Bezirksgerichtes St. Pölten davon aus, dass der Rekurs rechtzeitig und zulässig ist.

1.4. Ein auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützter Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (VfSlg 20.029/2015; vgl VfSlg 20.010/2015).

Das Erstgericht hat jene Bestimmungen, deren Verfassungswidrigkeit die antragstellenden Parteien behauptet, angewendet. Die angefochtenen Bestimmungen sind somit als präjudiziell anzusehen.

2.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg. 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

2.2. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes kommt Legaldefinitionen in der Regel keine eigenständige normative Bedeutung zu, eine solche wird vielmehr grundsätzlich (zu besonderen Konstellationen siehe VfGH 26.6.2020, G298/2019 ua) erst im Zusammenhang mit anderen Regelungen, die diesen Begriff verwenden, bewirkt (vgl VfSlg 17.340/2004, 18.087/2007; VfGH 12.12.2016, G105/2016 ua).

2.3. Die antragstellenden Parteien fechten Teile der Bestimmung des §2 Z4 HeizKG bzw diese Bestimmung zur Gänze an. §2 Z4 HeizKG enthält die Begriffsbestimmung des "Wärmeabnehmers" für die Zwecke des HeizKG und damit eine Legaldefinition im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes.

Wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung zu Recht ausführt, sind mit der Stellung eines Wärmeabnehmers im Sinne des §2 Z4 HeizKG je nach den einzelnen einschlägigen Regelungen des HeizKG unterschiedliche Rechtspositionen verbunden. Seine konkrete normative Bedeutung erfährt der in §2 Z4 HeizKG definierte Begriff des Wärmeabnehmers daher erst im Zusammenhang mit den einzelnen Regelungen dieses Gesetzes, in denen diese Begriffsbestimmung Verwendung findet.

Vor dem Hintergrund des Anlassverfahrens und der im Antrag geltend gemachten Gleichheitswidrigkeit, dass den antragstellenden Parteien als Mieter (anders als anderen Wohnungsnutzern) der Anspruch auf Information über die Abrechnung nach §18 Abs1 HeizKG nicht zukomme, weil sie nicht unter den Begriff des Wärmeabnehmers fielen, hätten sie daher jedenfalls diese Bestimmung mitanfechten müssen. Ob eine zulässige Anfechtung auch weitere Regelungen, etwa §18 Abs3 HeizKG, zu umfassen hätte, muss hier nicht entschieden werden.

3. Der Antrag ist daher schon wegen des zu eng gewählten Anfechtungsumfanges als unzulässig zurückzuweisen, was auch für den Eventualantrag gilt.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Parteiantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:G319.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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