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66/01 Allgemeines SozialversicherungsgesetzNorm
B-VG Art138 Abs1 Z2Leitsatz
Zurückweisung eines Antrags auf Nichtigerklärung eines Bescheides der Stmk Gebietskrankenkasse und Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die Abweisung eines Wiederaufnahmeantrags sowie die Abweisung der Wiedereröffnung eines Verfahrens; Zurückweisung eines Antrags auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Oberlandesgericht Graz und dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Höhe von PensionsbeitragsgrundlagenSpruch
I. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Nichtigerklärung des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 27. August 2015, Z MVB/3372110749/Lg, der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. März 2018, Z G305 2117951-1/58E, 27. September 2018, Z G305 2117951-2/7E, und 4. November 2019, Z G305 2117951-3/15Z, sowie "der gerichtlichen Maßnahmen und Rechtsakte, auf die sich die Vorlage der Bescheidbeschwerde" der Antragstellerin vom 25. September 2015 "an die Gerichtsabteilung G305 des BVwG lediglich 'zur Erledigung' stützt", wird zurückgewiesen.
III. Der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Oberlandesgericht Graz und dem Bundesverwaltungsgericht wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Sachverhalt und Vorbringen
1. Die Pensionsversicherungsanstalt erkannte mit Bescheid vom 4. November 2009 den Anspruch der Antragstellerin auf Alterspension (zuzüglich eines Kinderzuschusses für ein Kind) iHv € 1198,80 monatlich an.
2. Dagegen wendete sich die Einschreiterin mit einer auf Zuerkennung einer höheren Alterspension gerichteten Klage an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht, das das Begehren der Klägerin auf Gewährung einer höheren als ihr bereits von der Pensionsversicherungsanstalt zuerkannten Alterspension mit Urteil vom 24. Jänner 2011 abwies und den erwähnten Bescheid wiederholte.
3. Gegen dieses Urteil erhob die nunmehrige Antragstellerin Berufung an das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen, das mit Beschluss vom 10. November 2011 das Berufungsverfahren gemäß §74 Abs1 ASGG unterbrach, "bis über die strittige Vorfrage der Höhe der Beitragsgrundlagen der klagenden Partei in den Jahren 1965 bis 2008 als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen entschieden worden ist, dies einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofverfahrens", und "[b]ei den jeweils zuständigen Versicherungsträgern […] die Einleitung des Verfahrens in Verwaltungssachen" anregte.
4. Mit Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 27. August 2015 stellte diese – nach Behebung und Zurückverweisung ihres ersten Bescheides vom 9. April 2013 durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. September 2014 – fest, dass die Einschreiterin auf Grund ihrer Tätigkeit beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, am Oberlandesgericht Graz und bei der Steirischen Wissenschafts-, Umwelt- und Kulturprojektträger GmbH in näher bezeichneten Zeiträumen in den Jahren 1966 bis 2000 mit genau angeführten Beitragsgrundlagen "zur Sozialversicherung gemeldet ist" (Spruchpunkte 1. bis 3.) und sprach mangels Zuständigkeit nicht über Ersatzzeiten oder neutrale Zeiten (Spruchpunkt 4.) sowie über die höchsten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen ab (Spruchpunkt 5.).
5. Das Bundesverwaltungsgericht behob mit Beschluss vom 9. März 2017 auch diesen Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 27. August 2015 und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an diese zurück.
6. Der mit Revision der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse angerufene Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 30. Jänner 2018, Ra 2017/08/0042, das "angefochtene Erkenntnis" des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. März 2017 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
7. Im fortgesetzten Verfahren stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26. März 2018 fest, dass die Einschreiterin auf Grund ihrer Tätigkeit beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, am Oberlandesgericht Graz und bei der Steirischen Wissenschafts-, Umwelt- und Kulturprojektträger GmbH in näher bezeichneten Zeiträumen in den Jahren 1966 bis 2000 mit genau angeführten Beitragsgrundlagen zur Sozialversicherung gemeldet ist, und wies im Übrigen ihre Beschwerde gegen den erwähnten Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 27. August 2015 als unbegründet ab.
8. Gegen dieses Erkenntnis erhob die nunmehrige Antragstellerin eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, deren Behandlung der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Juni 2018, E1763/2018, ablehnte (der Verwaltungsgerichtshof wies mit Beschluss vom 6. September 2018, Ra 2018/08/0203, die Revision zurück).
9. Ihre beiden Anträge auf Wiederaufnahme dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens wies der Verfassungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 25. September 2018, E2775/2018, und vom 27. November 2018, E3230/2018, ab (auch der Verwaltungsgerichtshof wies einen Wiederaufnahmeantrag der Einschreiterin mit Beschluss vom 16. Oktober 2018, Ra 2018/08/0203, ab).
10. Mit Entscheidung vom 27. September 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der Einschreiterin auf Wiedereröffnung und Ergänzung des dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. März 2018 vorangegangenen Ermittlungsverfahrens "als unzulässig ab[…]".
11. Die Behandlung der dagegen erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 12. Dezember 2018, E4506/2018, ab.
12. Mit (mündlich verkündetem) Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. November 2019, Z G305 2117951-3/15Z, gab das Bundesverwaltungsgericht dem Antrag der Einschreiterin auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. September 2018, Z G305 2117951-2/7E, erledigten Verfahrens nicht statt.
13. Mit Beschluss vom 28. November 2019, E188/2019 ua, wies der Verfassungsgerichtshof ua den Antrag der Einschreiterin auf Wiederaufnahme des mit seinem Beschluss vom 12. Dezember 2018, E4506/2018, abgeschlossenen Verfahrens ab.
14. Mit der vorliegenden auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde begehrt die Einschreiterin die kostenpflichtige Aufhebung des (mündlich verkündeten) Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. November 2019, Z G305 2117951-3/15Z, sowie die Nichtigerklärung des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 27. August 2015, Z MVB/3372110749/Lg, der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. März 2018, Z G305 2117951-1/58E, 27. September 2018, Z G305 2117951-2/7E, und 4. November 2019, Z G305 2117951-3/15Z, sowie "der gerichtlichen Maßnahmen und Rechtsakte, auf die sich die Vorlage der Bescheidbeschwerde" der Antragstellerin vom 25. September 2015 "an die Gerichtsabteilung G305 des BVwG lediglich 'zur Erledigung' stützt", und die Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Oberlandesgericht Graz und dem Bundesverwaltungsgericht.
15. Zur Begründung ihres Antrages auf Nichtigerklärung des genannten Bescheides, der genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes und der näher bezeichneten "gerichtlichen Maßnahmen und Rechtsakte" führt die Einschreiterin – auf das Wesentliche zusammengefasst – aus:
Der Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 27. August 2015 sei mit "Mag. *[.] *[.], Leiter-Stellvertreter der Abteilung MVB" unterfertigt. Hingegen werde die Steiermärkische Gebietskrankenkasse satzungsgemäß nach außen durch den Obmann vertreten. Der in Rede stehende Bescheid hätte daher vom Obmann der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse unterfertigt werden müssen, um nach außen hin rechtswirksam zu sein; dies sei nicht erfolgt, weshalb dieser Bescheid absolut nichtig sei.
Aus der ausführlich dargelegten mehrfachen Unzuständigkeit des erkennenden Richters (Befangenheit; Verletzung der Vorschriften gemäß §6 Abs1 Z1 und 5 Geschäftsverteilungen des Bundesverwaltungsgerichtes für die Jahre 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019; Unüberprüfbarkeit der Anwendung des "Rotationsprinzips" und der "Zuweisungsrunde" bei der Aktenzuweisung) und des damit verbundenen Ausschlusses von der Ausübung seines Amtes erwiesen sich das von ihm erlassene meritorische Erkenntnis des wiederzueröffnenden Verfahrens vom 26. März 2018 und das von ihm erlassene Erkenntnis vom 27. September 2018, mit welchem die Wiedereröffnung des Verfahrens abgewiesen worden sei, als nichtig. Des Weiteren erweise sich aus der ausführlich dargelegten mehrfachen Unzuständigkeit des erkennenden Richters der angefochtene Beschluss vom 4. November 2019, mit dem dem Antrag der Einschreiterin auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht stattgegeben worden sei, als absolut nichtig, weil der erkennende Richter als Zeuge von der Ausübung seines Amtes in diesem Verfahren ausgeschlossen gewesen sei.
16. Zum Vorliegen des behaupteten verneinenden Kompetenzkonfliktes führt die Antragstellerin aus, das Oberlandesgericht Graz habe in seinem Unterbrechungsbeschluss vom 10. November 2011 die eigene Zuständigkeit zur Entscheidung über die Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen gemäß §242 ASVG mit dem Hinweis abgelehnt, dass zur "Feststellung der Höhe der für die Leistungsbemessungsgrundlage entscheidenden Beitragsgrundlage […] der Träger der Krankenversicherung zuständig" sei.
"Um die 180 höchsten monatlichen Beitragsgrundlagen für die Berechnung der Pension der Klägerin heranziehen zu können, ist zunächst die strittige Vorfrage, nämlich die Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen […] im Verwaltungsverfahren zu klären, weshalb das gegenständliche Verfahren nach §74 Abs1 ASGG zu unterbrechen ist. […] Das Gericht darf über eine im §74 Abs1 ASGG genannte Vorfrage in keinem Fall selbst entscheiden (Kuderna, ASGG §74 Erläuterung 5; 10 ObS 221/89).
Nach rechtskräftiger Entscheidung der Vorfrage […] ist das unterbrochene Berufungsverfahren von Amts wegen aufzunehmen (10 ObS 180/08f; 10 ObS 228/00b; RIS-Justiz RS0036835)."
Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse habe als Träger der Krankenversicherung den Bescheid vom 27. August 2015 erlassen, in dem die Feststellung der Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen gemäß §242 ASVG gefehlt habe. Gegen diesen Bescheid habe die Antragstellerin die Beschwerde vom 25. September 2015 an das Bundesverwaltungsgericht erhoben, über die dieses mit dem "meritorischen Erkenntnis" vom 26. März 2018 entschieden habe. Im Abschnitt "Rechtliche Beurteilung" auf Seite 36 dieses Erkenntnisses habe das Bundesverwaltungsgericht – als Rechtsmittelinstanz – die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Beschwerdepunkt "Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen gemäß §242 ASVG" abgelehnt. Die Feststellung der Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen sei dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt.
Die Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt sei vorliegend entscheidungserheblich für das wiederzueröffnende Verfahren zum Erkenntnis vom 26. März 2018 und für das wiederaufzunehmende Verfahren zum Erkenntnis vom 27. September 2018 sowie für die Entscheidung über den angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. November 2019.
II. Erwägungen
1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 und 4 B VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Fragen, ob das Bundesverwaltungsgericht dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des zu einer bestimmten Geschäftszahl des Bundesverwaltungsgerichtes erledigten Verfahrens zu Recht nicht stattgegeben hat, und ob vom Bundesverwaltungsgericht innerstaatliche einfachgesetzliche Normen oder unionsrechtliche Normen anzuwenden waren, insoweit nicht anzustellen (VfSlg 14.886/1997).
Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Bestimmungen behauptet wird, wendet sie sich gegen vom Bundesverwaltungsgericht nicht angewendete und auch nicht anzuwendende Rechtsvorschriften. Im Hinblick auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung könnte sich eine vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmende Rechtsverletzung vielmehr nur aus einer allenfalls unrichtigen Anwendung verfahrensrechtlicher Bestimmungen ergeben, gegen deren Verfassungsmäßigkeit Bedenken nicht vorgetragen werden.
Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Präjudizialität von Rechtsvorschriften (zB VfSlg 11.401/1987, 11.979/1989, 14.078/1995, 15.634/1999 und 15.673/1999) lässt das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
2. Gemäß §532 Abs1 ZPO ist ua für die Nichtigkeitsklage das Gericht zuständig, von dem die durch die Klage angefochtene Entscheidung gefällt worden ist. Da die Antragstellerin die Nichtigerklärung eines Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, von drei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes und "der gerichtlichen Maßnahmen und Rechtsakte, auf die sich die Vorlage der Bescheidbeschwerde" der Antragstellerin vom 25. September 2015 "an die Gerichtsabteilung G305 des BVwG lediglich 'zur Erledigung' stützt", begehrt, ist der Verfassungsgerichtshof dafür nicht zuständig, sodass ihr Antrag auf Nichtigerklärung des genannten Bescheides (vgl den von der Einschreiterin ohnedies beschrittenen Weg der Beschwerde gemäß Art130 Abs1 Z1 B-VG) und der drei genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl den von der Einschreiterin ohnedies beschrittenen Weg der Beschwerde gemäß Art144 B-VG sowie jenen der Revision gemäß Art133 B-VG) schon aus diesem Grund zurückzuweisen ist (für die Nichtigerklärung "der gerichtlichen Maßnahmen und Rechtsakte, auf die sich die Vorlage der Bescheidbeschwerde" der Antragstellerin vom 25. September 2015 "an die Gerichtsabteilung G305 des BVwG lediglich 'zur Erledigung' stützt", findet sich keine Rechtsgrundlage, sodass der Antrag auch diesbezüglich zurückzuweisen ist).
Damit kann weiterhin offen bleiben (vgl VfGH 24.11.2016, E2900/2016, mwN), ob und inwieweit §35 Abs1 VfGG es überhaupt erlaubt, die Vorschriften der ZPO über die Nichtigkeitsklage sinngemäß anzuwenden.
3. Gemäß Art138 Abs1 Z2 B-VG iVm §46 Abs1 VfGG besteht ein vom Verfassungsgerichtshof zu entscheidender verneinender Kompetenzkonflikt ua dann, wenn ein ordentliches Gericht und ein Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof ihre Zuständigkeit in derselben Sache verneint haben, obwohl eine der Behörden zuständig gewesen wäre. Bei der Beurteilung, ob die jeweilige Behörde die Zuständigkeit verneint hat, ist nicht ausschließlich auf die Formulierung des Spruches abzustellen, sondern es muss auch auf die Gründe der Entscheidung Bedacht genommen werden (vgl VfSlg 19.499/2011).
Das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat mit seinem Beschluss vom 10. November 2011 das Berufungsverfahren gemäß §74 Abs1 ASGG unterbrochen, "bis über die strittige Vorfrage der Höhe der Beitragsgrundlagen der klagenden Partei in den Jahren 1965 bis 2008 als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen entschieden worden ist, dies einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofverfahrens" und "[b]ei den jeweils zuständigen Versicherungsträgern […] die Einleitung des Verfahrens in Verwaltungssachen angeregt". Da die Voraussetzungen des §74 Abs1 ASGG im konkreten Fall gegeben waren (Strittigkeit der maßgebenden Beitragsgrundlage als Vorfrage in einer Rechtsstreitigkeit nach §65 Abs1 Z1 leg cit), hat das Oberlandesgericht Graz seine Zuständigkeit zur Entscheidung der genannten Vorfrage zu Recht verneint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem stattgebenden Erkenntnis vom 30. Jänner 2018, Ra 2017/08/0042, ua ausgesprochen, dass es im vorliegenden Feststellungsverfahren Aufgabe der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse gewesen sei, die Beitragsgrundlagen der Antragstellerin auf Grund der Beschäftigungsverhältnisse festzustellen, die zu einer Pflichtversicherung nach dem ASVG in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich geführt hätten. Sie sei hingegen nicht dafür zuständig gewesen, auch die Ersatzzeiten und/oder monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen festzustellen. Die monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen nach §242 ASVG würden (nur) der Bildung der Bemessungsgrundlage für die Pension nach §238 leg cit dienen, weshalb ihre Ermittlung Teil des Leistungsfeststellungsverfahrens sei, was auch der systematischen Stellung des §242 ASVG im Vierten Teil dieses Gesetzes betreffend die Pensionsversicherung entspreche. Sie habe demgemäß durch den Pensionsversicherungsträger zu erfolgen. Da auch diese Rechtsansicht vor dem Hintergrund des §29 ASVG sowie des Vierten und Siebenten Teiles dieses Gesetzes korrekt ist, hat der Verwaltungsgerichtshof seine Zuständigkeit in diesem Bereich zu Recht verneint.
Dieser Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 26. März 2018 gefolgt und hat daher ua die von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse in ihrem Bescheid vom 27. August 2015 angenommene Unzuständigkeit, die Ersatzzeiten und/oder die monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen iSd §242 ASVG festzustellen, unbeanstandet gelassen (und auch selbst keine derartigen Feststellungen getroffen). Aus den Ausführungen zum Verwaltungsgerichtshof ergibt sich, dass auch das Bundesverwaltungsgericht seine diesbezügliche Zuständigkeit zu Recht verneint hat.
Der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Oberlandesgericht Graz und dem Bundesverwaltungsgericht ist daher zurückzuweisen.
III. Ergebnis
1. Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen.
2. Der Antrag auf Nichtigerklärung des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 27. August 2015, Z MVB/3372110749/Lg, der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. März 2018, Z G305 2117951-1/58E, 27. September 2018, Z G305 2117951-2/7E, und 4. November 2019, Z G305 2117951-3/15Z, sowie "der gerichtlichen Maßnahmen und Rechtsakte, auf die sich die Vorlage der Bescheidbeschwerde" der Antragstellerin vom 25. September 2015 "an die Gerichtsabteilung G305 des BVwG lediglich 'zur Erledigung' stützt", ist zurückzuweisen.
3. Der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Oberlandesgericht Graz und dem Bundesverwaltungsgericht ist zurückzuweisen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG sowie gemäß §19 Abs3 Z2 lita leg cit in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Arbeits- u Sozialgerichtsbarkeit, VfGH / Kompetenzkonflikt, Verwaltungsgericht ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E191.2020Zuletzt aktualisiert am
03.03.2021