RS Vfgh 2020/11/24 E191/2020 ua

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
22/02 Zivilprozeßordnung

Norm

B-VG Art138 Abs1 Z2
ASVG §29, §74, §238, §242
ZPO §532
VfGG §7 Abs2, §35, §46

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Nichtigerklärung eines Bescheides der Stmk Gebietskrankenkasse und Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die Abweisung eines Wiederaufnahmeantrags sowie die Abweisung der Wiedereröffnung eines Verfahrens; Zurückweisung eines Antrags auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Oberlandesgericht Graz und dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Höhe von Pensionsbeitragsgrundlagen

Rechtssatz

Gemäß §532 Abs1 ZPO ist ua für die Nichtigkeitsklage das Gericht zuständig, von dem die durch die Klage angefochtene Entscheidung gefällt worden ist. Da die Antragstellerin die Nichtigerklärung eines Bescheides der Stmk Gebietskrankenkasse, von drei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) und "der gerichtlichen Maßnahmen und Rechtsakte, auf die sich die Vorlage der Bescheidbeschwerde" der Antragstellerin "an die Gerichtsabteilung G305 des BVwG lediglich 'zur Erledigung' stützt", begehrt, ist der VfGH dafür nicht zuständig, sodass ihr Antrag auf Nichtigerklärung des genannten Bescheides und der drei genannten Entscheidungen des BVwG schon aus diesem Grund zurückzuweisen ist. Für die Nichtigerklärung "der gerichtlichen Maßnahmen und Rechtsakte, auf die sich die Vorlage der Bescheidbeschwerde" der Antragstellerin "an die Gerichtsabteilung G305 des BVwG lediglich 'zur Erledigung' stützt", findet sich keine Rechtsgrundlage, sodass der Antrag auch diesbezüglich zurückzuweisen ist. Damit kann weiterhin offen bleiben, ob und inwieweit §35 Abs1 VfGG es überhaupt erlaubt, die Vorschriften der ZPO über die Nichtigkeitsklage sinngemäß anzuwenden.

Das Oberlandesgericht Graz (OLG) als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat mit seinem Beschluss vom 10.11.2011 das Berufungsverfahren gemäß §74 Abs1 ASGG unterbrochen, "bis über die strittige Vorfrage der Höhe der Beitragsgrundlagen der klagenden Partei in den Jahren 1965 bis 2008 als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen entschieden worden ist, dies einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofverfahrens" und "[b]ei den jeweils zuständigen Versicherungsträgern [...] die Einleitung des Verfahrens in Verwaltungssachen angeregt". Da die Voraussetzungen des §74 Abs1 ASGG im konkreten Fall gegeben waren (Strittigkeit der maßgebenden Beitragsgrundlage als Vorfrage in einer Rechtsstreitigkeit nach §65 Abs1 Z1 leg cit), hat das OLG seine Zuständigkeit zur Entscheidung der genannten Vorfrage zu Recht verneint.

Der VwGH hat in E v 30.01.2018, Ra 2017/08/0042, ua ausgesprochen, dass es im vorliegenden Feststellungsverfahren Aufgabe der Stmk Gebietskrankenkasse gewesen sei, die Beitragsgrundlagen der Antragstellerin auf Grund der Beschäftigungsverhältnisse festzustellen, die zu einer Pflichtversicherung nach dem ASVG in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich geführt hätten. Sie sei hingegen nicht dafür zuständig gewesen, auch die Ersatzzeiten und/oder monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen festzustellen. Die monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen nach §242 ASVG würden (nur) der Bildung der Bemessungsgrundlage für die Pension nach §238 leg cit dienen, weshalb ihre Ermittlung Teil des Leistungsfeststellungsverfahrens sei, was auch der systematischen Stellung des §242 ASVG im Vierten Teil dieses Gesetzes betreffend die Pensionsversicherung entspreche. Sie habe demgemäß durch den Pensionsversicherungsträger zu erfolgen. Da auch diese Rechtsansicht vor dem Hintergrund des §29 ASVG sowie des Vierten und Siebenten Teiles dieses Gesetzes korrekt ist, hat der VwGH seine Zuständigkeit in diesem Bereich zu Recht verneint.

Dieser Ansicht des VwGH ist das BVwG in seinem Erkenntnis vom 26.03.2018 gefolgt und hat daher ua die von der Stmk Gebietskrankenkasse in ihrem Bescheid vom 27.08.2015 angenommene Unzuständigkeit, die Ersatzzeiten und/oder die monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen iSd §242 ASVG festzustellen, unbeanstandet gelassen (und auch selbst keine derartigen Feststellungen getroffen). Aus den Ausführungen zum VwGH ergibt sich, dass auch das BVwG seine diesbezügliche Zuständigkeit zu Recht verneint hat.

Entscheidungstexte

  • E191/2020 ua
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 24.11.2020 E191/2020 ua

Schlagworte

Arbeits- u Sozialgerichtsbarkeit, VfGH / Kompetenzkonflikt, Verwaltungsgericht Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E191.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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