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66/01 Allgemeines SozialversicherungsgesetzNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litdLeitsatz
Unzulässigkeit eines Parteiantrags auf Aufhebung bestimmter Wortfolgen des ASVG wegen zu engen Anfechtungsumfangs; gewährte Verfahrenshilfe im gerichtlichen Verfahren umfasst auch die Stellung eines Parteiantrags beim VfGHRechtssatz
Die Antragstellerin bringt im Wesentlichen vor, hätte sie nicht ihre eigene behinderte Tochter gepflegt, sondern die gleiche Tätigkeit für ein fremdes Kind am allgemeinen Arbeitsmarkt gegen Entgelt erbracht, so bestünde kein Zweifel, dass sie Anspruch auf Invaliditätspension hätte. Eine Regelung sei aber gleichheitswidrig (und verletzte weiters die Freiheit der Erwerbsbetätigung sowie das Recht auf Achtung des Familienlebens), wenn die unentgeltliche Pflege des eigenen Kindes, die sie erbracht habe, einer erwerbsmäßigen Pflege eines fremden Kindes auf dem Arbeitsmarkt gegen Entgelt nicht gleichgehalten werde, obwohl die Tätigkeiten inhaltlich gleich wären. Für die Beseitigung der Verfassungswidrigkeit genüge die Aufhebung der angefochtenen Wortfolgen "auf dem Arbeitsmarkt" in §255 Abs3 bzw in §273 Abs2 ASVG. Auf Grund einer solchermaßen bereinigten Rechtslage wäre dann ihre Pflegetätigkeit für ihre Tochter einer erwerbsmäßigen Pflegetätigkeit gleichzustellen.
Der VfGH kann hier dahingestellt lassen, ob das ASVG die Gewährung einer Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension in Konstellationen wie der hier gegebenen auch an die Voraussetzung knüpft, dass der Versicherungsnehmer neben Versicherungszeiten unter anderem aus einer Selbstversicherung nach §18a ASVG jedenfalls auch Zeiten aus einer Pflichtversicherung auf Grund einer entgeltlichen Erwerbstätigkeit aufweist. Der lediglich auf die Aufhebung der Wortfolge "auf dem Arbeitsmarkt" in §255 Abs3 bzw in §273 Abs2 ASVG gerichtete Antrag erweist sich nämlich als zu eng, um den vorgebrachten Bedenken Rechnung zu tragen. Die Aufhebung dieser - lediglich das Verweisungsfeld regelnden - Wortfolge könnte nämlich weder die behauptete Verfassungswidrigkeit (läge sie vor) beseitigen, noch versetzt der gewählte Anfechtungsumfang den VfGH im Falle des Zutreffens der Bedenken in die Lage, darüber zu befinden, auf welche Weise die Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die - im arbeits- und sozialgerichtlichen Anlassverfahren gewährte - Verfahrenshilfe im gerichtlichen Verfahren schließt auch die Stellung eines Parteiantrages an den VfGH aus Anlass der Erhebung eines Rechtsmittels gegen die gerichtliche Entscheidung erster Instanz mit ein. Der unter einem mit dem Parteiantrag auf Aufhebung von bestimmten Wortfolgen in §255 Abs3 und §273 Abs2 ASVG gestellte Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe ist daher im Hinblick darauf, dass im gerichtlichen Verfahren Verfahrenshilfe gewährt wurde, zurückzuweisen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Parteiantrag, VfGH / Verfahrenshilfe, SozialversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:G256.2019Zuletzt aktualisiert am
26.02.2021