TE Vfgh Erkenntnis 2020/12/9 V102/2019 (V102/2019-9)

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Veröffentlicht am 09.12.2020
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Index

90/01 Straßenverkehrsrecht

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
StVO 1960 §43, §44 Abs1, §48 Abs1, §52 lita Z13b
Halte und ParkverbotsV des Magistrats der Landeshauptstadt Linz v 16.11.1972
VfGG §7 Abs2, §88

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit eines Halte- und Parkverbots in Linz wegen signifikanter Abweichung des Aufstellungsortes der Verbotszeichen vom räumlichen Geltungsbereich der Verordnung; Kostenersatz für Äußerungen von beteiligten Parteien bei von Gerichten gestellten Anträgen auf Normenprüfung ist Sache dieser Gerichte

Spruch

I. Die Verordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 16. November 1972, Z 101-5/19, war gesetzwidrig.

II. Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs4 (gemeint wohl: Abs1 Z1) B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, der Verfassungsgerichtshof "möge die Verordnung des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 16. November 1972, GZ: 101-5/19, als gesetzwidrig aufheben".

II. Rechtslage

1. Die Verordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 16. November 1972, Z 101-5/19, lautet:

"1. Auf der westlichen Fahrbahnseite der Ritzbergerstraße ist im Bereich vor dem Schuleingang der Römerbergschule in einer Länge von 30m das Halten verboten."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl 159/1960, lauten in der jeweils maßgeblichen Fassung wie folgt:

"§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.

(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

       a) […]

       b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

       1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,

       2. […]

       c) - d) […]

(1a) - (11) […]

§44. Kundmachung der Verordnungen.

(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des §8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.

(1a) - (5) […]

§52. Die Vorschriftszeichen

Die Vorschriftszeichen sind

       a) Verbots- oder Beschränkungszeichen,

       b) Gebotszeichen oder

       c) Vorrangzeichen.

a) Verbots- oder Beschränkungszeichen

       1. - 13a. […]

       13b. 'HALTEN UND PARKEN VERBOTEN'

       [Zeichen]

       Dieses Zeichen zeigt mit der Zusatztafel 'ANFANG' den Beginn und mit der Zusatztafel 'ENDE' das Ende eines Straßenabschnittes an, in dem das Halten und Parken verboten ist. Das Verbot bezieht sich auf die Straßenseite, auf der sich dieses Zeichen befindet.

       […]

       13c. - 25b. […]"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist ein Verfahren über eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 7. August 2019 anhängig. Dem Beschwerdeführer vor dem antragstellenden Landesverwaltungsgericht wurde zur Last gelegt, er habe ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug am 28. März 2019, um 7:46 Uhr, in 4020 Linz, Ritzbergerstraße 2, im Bereich des Verbotszeichens "Halten und Parken verboten" abgestellt. Dadurch habe er gegen §24 Abs1 lit1 StVO 1960 verstoßen, weshalb über ihn gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von € 40,– (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 18 Stunden) verhängt wurde.

2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß Art139 Abs4 (gemeint wohl: Abs1 Z1) B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die Verordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 16. November 1972, Z 101-5/19, als gesetzwidrig aufheben. Der Antrag sei zulässig, weil sich der Strafausspruch nach §99 Abs3 lita StVO 1960 des vor dem antragstellenden Landesverwaltungsgericht angefochtenen Straferkenntnisses auf die genannte Verordnung stütze und diese daher im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht zur Anwendung gelange.

2.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legt seine Bedenken wie folgt dar:

"Mit der angefochtenen Verordnung des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 16. November 1972, GZ: 101-5/19, wurde auf der westlichen Fahrbahnseite der Ritzbergerstraße im Bereich vor dem Schuleingang in einer Länge von 30m das Halten verboten.

Zur Kundmachung sind aktuell Verkehrszeichen an folgenden Stellen angebracht:

Lessingstraße im Bereich der Hausnummer 43: Halteverbot Anfang

Ritzbergerstraße im Bereich der Hausnummer 2: Halteverbot Ende

[…]

Straßenverkehrszeichen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes dort anzubringen, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. Differiert der Aufstellungsort eines Straßenverkehrszeichens von der getroffenen Verordnungsregelung um 5 Meter, kann von einer gesetzmäßigen Kundmachung der Verordnung nicht die Rede sein. (vgl VwGH 25.11.2009, 2009/02/0095).

In seiner Entscheidung vom 24. November 2006, 2006/02/0232, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf die Entscheidungen 2003/17/0138 bis 0193 vom 22.2.2006 festgehalten, dass eine Nichtübereinstimmung der verordnungsmäßig festgelegten Grenzen der Kurzparkzone mit der tatsächlich durch Vorschriftszeichen kundgemachten Verordnung zur Rechtswidrigkeit der Kundmachung und damit zu einer nicht gehörigen Kundmachung führt.

Gegenständlich waren die Verkehrszeichen zum Tatzeitpunkt im Bereich der Liegenschaft Lessingstraße Nr 43 und Ritzbergerstraße Nr 2 aufgestellt.

Aus der Verordnung selbst kann weder entnommen werden, wo das Halteverbot seinen Anfang hat noch wo es enden soll. Ein Aktenvermerk, in dem Ort und Zeit der Kundmachung festgehalten sind, existiert nicht, ebensowenig eine planliche Darstellung des Kundmachungsortes. Der räumliche Geltungsbereich der Verordnung ist daher nicht ausreichend festgelegt.

Die Verordnung hat ein Halteverbot auf der westlichen Fahrbahnseite der Ritzbergerstraße im Bereich vor dem Schuleingang der Römerbergschule in einer Länge von 30m zum Inhalt. Aus de[n] vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz übermittelten Planunterlagen, welche den tatsächlichen Aufstellungsort der Verkehrszeichen (Anfang und Ende) angeben, ergibt sich, dass sich das kundgemachte Halte- und Parkverbot weit über 30m hinaus auch in die von der Verordnung nicht umfasst[e] Lessingstraße erstreckt.

Somit bestehen aufgrund der Unbestimmtheit der Verordnung was ihren räumlichen Geltungsbereich (Anfang und Ende) betrifft und aufgrund der Tatsache, dass das durch Verkehrszeichen kundgemachte Halte- und Parkverbot über den von der Verordnung erfassten 30m-Bereich hinaus geht und sich auch auf die von der Verordnung nicht erfasst[e] Lessingstraße erstreckt, Bedenken an der rechtmäßigen Kundmachung der Verordnung über das Halteverbot in der Ritzbergerstraße zum Zeitpunkt 28. März 2019."

3. Die verordnungserlassende Behörde wies darauf hin, dass sämtliche vorhandene Aktenteile zu der angefochtenen Verordnung bereits dem antragstellenden Landesverwaltungsgericht übermittelt und von diesem im Verfahrensakt dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt worden seien. Im Übrigen erstattete die verordnungserlassende Behörde folgende Äußerung:

"Eine Verordnung zum gesamten Verlauf des betreffenden Halte- und Parkverbotes liegt der Behörde auf Grund des bereits sehr langen Bestehens der Verkehrsregelung nicht mehr vor.

Weiters möchten wir darauf verweisen, dass sobald das Nichtvorliegen der Verordnung auf Grund des landesverwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekannt wurde, ein Verfahren zur Neuverordnung des Halte- und Parkverbotes eingeleitet wurde. Mit der Neuverordnung des Halte- und Parkverbotes am 04.12.2019, GZ 70704/2019 wurde die verfahrensgegenständliche Verordnung vom 16. November 1972, GZ 101-5/19 behoben."

4. Die von der verordnungserlassenden Behörde unter einem vorgelegte Verordnung vom 4. Dezember 2019, Z 70704/2019, hat folgenden Wortlaut:

"I. Aufhebung:

Das 'Halten und Parken verboten', welches mit Aktenvermerk vom 16.11.1972, GZ 101-5/19, an der westlichen Fahrbahnseite der Ritzbergerstraße im Bereich vor dem Schuleingang der Römerbergschule in einer Länge von 30m festgelegt wurde, wird behoben.

II. Verkehrszeichen:

'Halten und Parken verboten' (§52 lita Z13b StVO 1960)

Bereich: An der Westseite der Lessingstraße vor Objekt 43 bis zur Ritzbergerstraße vor Objekt 2, lt. beiliegendem Beschilderungsplan des Magistrates Linz, Planung, Technik und Umwelt, Abt. Verkehrsplanung, vom 13.11.2019;

Die Verkehrsregelung gilt dauernd. "

5. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt beginnend mit VfSlg 20.182/2017 die Auffassung, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (vgl zB VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch VfGH 18.9.2015, V96/2015, sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B-VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.

Die angefochtene Verordnung ist durch – in einem Aktenvermerk festgehaltene – Anbringung der Verkehrszeichen am 17. November 1972 jedenfalls kundgemacht worden, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was am Vorliegen dieser Voraussetzungen zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist begründet.

2.3. Das antragstellende Landesverwaltungsgericht Oberösterreich macht zum einen geltend, dass die angefochtene Verordnung unbestimmt sei, weil ihr weder Anfang noch Ende des verordneten Halteverbotes entnommen werden könne und der räumliche Geltungsbereich der Verordnung daher nicht ausreichend bestimmt festgelegt sei. Zum anderen sei die angefochtene Verordnung im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Aufstellungsort eines Straßenverkehrszeichens um nicht mehr als fünf Meter von der getroffenen Verordnungsregelung differieren dürfe, nicht rechtmäßig kundgemacht: Das durch Verkehrszeichen kundgemachte Halte- und Parkverbot gehe über den von der Verordnung erfassten Bereich von 30 Metern hinaus und erstrecke sich auch auf einen von der Verordnung nicht erfassten Bereich (in der Lessingstraße).

2.3.1. Gemäß §43 Abs1 litb Z1 iVm §44 StVO 1960 sind Halte- und Parkverbote durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft.

2.3.2. Der Vorschrift des §44 Abs1 StVO 1960 ist immanent, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. Zwar ist zur Kundmachung von Verkehrsbeschränkungen keine "zentimetergenaue" Aufstellung der Verkehrszeichen erforderlich (vgl dazu VwGH 13.2.1985, 85/18/0024; 25.1.2002, 99/02/0014; 10.10.2014, 2013/02/0276), jedoch wird dieser Vorschrift nicht Genüge getan und liegt ein Kundmachungsmangel vor, wenn der Aufstellungsort vom Ort des Beginns bzw Endes des verordneten Geltungsbereiches einer Verkehrsbeschränkung signifikant abweicht (vgl VfSlg 15.749/2000 mwN; zu den in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien vgl VwGH 3.7.1986, 86/02/0038; 16.2.1999, 98/02/0338; 22.2.2006, 2003/17/0138; 24.11.2006, 2006/02/0232; 5.9.2008, 2008/02/0011; 21.11.2008, 2008/02/0231; 25.11.2009, 2009/02/0095; 25.6.2014, 2013/07/0294; vgl auch VfGH 14.3.2018, V114/2017).

2.3.3. Mit Verordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 16. November 1972, Z 101-5/19, wurde auf der westlichen Fahrbahnseite der Ritzbergerstraße – im Bereich vor dem Eingang der Römerbergschule in einer Länge von 30 Metern – ein Halteverbot verordnet. Wie sich aus dem unwidersprochen gebliebenen Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich ergibt, war eines der Straßenverkehrszeichen zu dem im Straferkenntnis vorgeworfenen Tatzeitpunkt in einem weit über den in der Verordnung festgelegten räumlichen Geltungsbereich von 30 Metern hinausgehenden Bereich, nämlich in der (nicht von der angefochtenen Verordnung erfassten) Lessingstraße, aufgestellt.

Schon daraus ergibt sich eine signifikante Abweichung. Die Nichtübereinstimmung des verordnungsmäßig festgelegten Halteverbotes mit der tatsächlichen Kundmachung führt zu einer nicht ordnungsgemäßen Kundmachung und damit zur Rechtswidrigkeit der Verordnung.

2.4. Mit Verordnung vom 4. Dezember 2019, Z 70704/2019, hat der Magistrat der Landeshauptstadt Linz eine neue Verordnung betreffend ein Halte- und Parkverbot an der Westseite der Lessingstraße vor dem Objekt 43 bis zur Ritzbergerstraße vor dem Objekt 2 erlassen und die angefochtene Verordnung vom 16. November 1972 behoben.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher gemäß Art139 Abs4 B-VG festzustellen, dass die angefochtene Verordnung vom 16. November 1972 gesetzwidrig war (vgl VfSlg 12.160/1989).

V. Ergebnis

1. Die Verordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 16. November 1972, Z 101-5/19, war gesetzwidrig.

2. Die Verpflichtung der Oberösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §59 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z2 litb Oberösterreichisches Verlautbarungsgesetz 2015, LGBl 91/2014.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, da es im Falle eines auf Antrag eines Gerichtes eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Sache des antragstellenden Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 19.019/2010 mwN).

Schlagworte

Verordnung Kundmachung, Straßenverkehrszeichen, Geltungsbereich (örtlicher) einer Verordnung, VfGH / Kosten, VfGH / Gerichtsantrag, Straßenpolizei

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:V102.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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