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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des XY, vertreten durch Mag. Anton Hintermeier, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Andreas-Hofer-Straße 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. September 2020, L529 2169605-1/26E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 19. August 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Mit Bescheid vom 16. August 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die belangte Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
7 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 11.11.2020, Ra 2020/14/0117, mwN).
8 Zu ihrer Zulässigkeit bringt die vorliegende Revision vor, das BVwG habe zu Unrecht eine drohende Verfolgung des Revisionswerbers auf Grund des ihm zugesprochenen Naheverhältnisses zu Saddam Hussein bzw. der Baath-Partei verneint und es aufgrund dieser falschen rechtlichen Beurteilungen unterlassen, nähere Feststellungen zu seiner Zugehörigkeit zu dieser verfolgten Gruppe zu treffen. Diese unterlassenen Feststellungen stellten weiters einen Verfahrensmangel dar. Darüber hinaus habe das BVwG die Ermittlungspflicht insofern verletzt, als es zur Familiensituation des Revisionswerbers in Österreich kaum Erhebungen vorgenommen habe. Er sei seit 2018 verheiratet, seine Gattin genieße im Bundesgebiet seit zehn Jahren subsidiären Schutz und sie hätten eine gemeinsame Tochter. Bei einer Rückkehr in den Irak wäre der Revisionswerber von seiner Familie getrennt und könnte sich nicht entsprechend um die Tochter kümmern. Durch die nicht hinreichende Klärung des Sachverhaltes sei das BVwG zu einem unrichtigen rechtlichen Ergebnis gelangt.
9 Soweit die Revision eine unrichtige rechtliche Beurteilung und daraus folgende Feststellungsmängel betreffend die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten releviert, übersieht sie, dass das BVwG im Abschnitt zur Beweiswürdigung mit ausführlichen Erwägungen zum Ergebnis gekommen ist, dass dem Revisionswerber mangels konkreter, nachvollziehbarer Bedrohungen keine Verfolgung im Herkunftsstaat drohe - auch nicht wegen der Parteizugehörigkeit seines Vaters. Das BVwG hat also nicht in Lösung der Rechtsfrage die Asylrelevanz der Verfolgung von (auch nur vermuteten) Sympathisanten der Baath-Partei verneint, sondern eine individuelle Verfolgung bezogen auf den Revisionswerber auf Feststellungsebene ausgeschlossen. Dass die betreffende Beweiswürdigung des BVwG unvertretbar wäre (vgl. zum diesbezüglichen Prüfmaßstab im Revisionsverfahren VwGH 19.11.2020, Ra 2020/14/0192 bis 0196, mwN), zeigt die Revision nicht auf.
10 Als Verfahrensmangel führt die Revision im Zulässigkeitsvorbringen weiters das Unterbleiben von weiteren Erhebungen zur Familiensituation an. Werden derartige Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 11.11.2020, Ra 2020/14/0149, mwN).
11 Jene Umstände, die der Revisionswerber diesbezüglich anführt (seine 2018 nach islamischen Ritus geschlossene Ehe zu einer in Österreich subsidiär schutzberechtigten irakischen Staatsangehörigen, die gemeinsame Tochter und die drohende Trennung) hat das BVwG jedoch ohnehin festgestellt und seiner Beurteilung zu Grunde gelegt. Welche zusätzlichen Feststellungen zu treffen gewesen wären und warum diese zu einer für den Revisionswerber günstigeren rechtlichen Beurteilung geführt hätten, zeigt die Revision jedoch nicht auf.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. Jänner 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140500.L00Im RIS seit
01.03.2021Zuletzt aktualisiert am
01.03.2021